Nichtoffener Wettbewerb | 07/2021
Neubau Werkstätten der Theodor-Litt-Schule in Gießen
©ZRS Architekten Ingenieure
Visualisierung
2. Preis
Architektur
Erläuterungstext
Der zentrale grüne Lichthof bietet als helle Mitte eine sehr klare Orientierung und vielfältige Blickbeziehungen auch über die Geschosse hinweg. Eine daran angelagerte breite Achse als linearer, innerer Platz erstreckt sich in Ost-West-Richtung. Zum Schulvorplatz hin ist ein kleines Foyer mit Luftraum ausgebildet. Von hier gelangt man über die skulpturale Treppe oder den Personenaufzug von einem Geschoss zum anderen bis auf das Dach oder direkt in den Projektraum, dessen Boden etwas abgesenkt ist, so dass er ebenerdig mit dem tieferliegenden Teil des Vorplatzes verbunden ist. Der Zugang im Erdgeschoss liegt in Verlängerung des arkadenartigen Vorbereichs des Hauptgebäudes. Die Brücke im 1. OG und Dach liegt etwas weiter nördlich in Verlängerung der Hauptachse des Neubaus. Stiche erschließen die Räume, die nicht direkt an der Hauptachse liegen. Durch die Vernetzung mit der zusätzlichen äußeren Erschließung ergeben sich zahlreiche Wegeoptionen.
Das gesamte Gebäude ist barrierefrei. Die Geschosse sind über einen Aufzug verbunden. Im Sanitärkern befinden sich sowohl barrierefreie WCs als auch Radfahrerduschen.
Alle Werkstätten können direkt angeliefert werden. Zusätzlich kann vom Ubbelohdeweg aus in die Haupterschließungsachse angeliefert werden. Hier befindet sich auch die Option für einen Lastenaufzug, der sofort gebaut oder zur Nachrüstung vorgesehen werden kann.
Raumprogramm und Struktur:
Das Raumprogramm ist gemäß der Auslobung in Clustern auf die beiden Geschosse verteilt. Die Cluster bilden dabei zugleich Brandabschnitte, die entsprechend entfluchtet werden können.
Das Gebäude bietet eine hochflexible und -variable Grundstruktur als Holzskelettbau, die mit 10 bis 20 Meter (beidseitig belichtet) tiefen Zonen zu Veränderung und Fortschreibung des Raumangebots einlädt. Entsprechend ist die überwiegend offen unter der Decke geführte Technik einfach umzurüsten.
Auf der Dachfläche ergeben sich mit den großen Gärten, der SHK-Außenfläche und der Möglichkeit für Freiluftklassen zusätzliche Raumangebote.
Das ganze Gebäude regt zur aktiven Aneignung durch die Mitglieder der Schule an: Vielleicht stellen die Bienenfreunde die Körbe aufs Dach, vielleicht werden in der Holzwerkstatt Nistmöglichkeiten für unterschiedlichste Vogel- und Fledermausarten gebaut und am Stahlgerüst befestigt, vielleicht baut die Metallwerkstatt eine Saftpresse, um die Obsternte der Dachgärten in Flaschen zu bringen, usw. usf.
Kreislaufgerecht heute – nutzen, was da ist:
Das neue Werkstattgebäude der Theodor-Litt-Schule in Gießen steht buchstäblich auf dem Fundament des Vorgängerbaus. Anstatt konventionell rückzubauen und Bauschutt abzufahren, um anschließend eine ähnliche Menge Beton anzufahren, wird die komplette Gründung ertüchtigt und nachgenutzt. D.h. der Bestand wird nur bis zur Bodenplatte / Decke über Kriechkeller selektiv zurückgebaut, die Fundamente an erforderlichen Stellen durch Kopplung zu Streifenfundamenten verbessert. Aus den abgetragenen Bauteilen und Baustoffen wird möglichst viel Ressource geborgen und wiederverwendet: aus den Teilen des alten Stahltragwerks wird ein vor den Neubau gestelltes farbiges dreigeschossiges Gerüst mit Außentreppen, welches als Fluchtweg und optionale Erschließung dient, den Sonnenschutz aufnimmt sowie im Bereich des Daches Möglichkeiten für Installationen (SHK) bietet. Die mineralischen Bestandswände und Dachelemente (Mauerwerk und Porenbeton) werden rezykliert und zusammen mit Lehmbeimischung zu neuen Schüttungen für die Decke verarbeitet. Die alten Fenster, Türen und Tore erhalten über den Weg einer Bauteilbörse ein zweites Leben. Gemeinsam mit Lernenden und Lehrenden werden Bauteile für Selbstbauprojekte reserviert und eingelagert (z.B. für einen Pavillon oder ein Gewächshaus im Garten).
Kreislaufgerecht morgen – das Neue als Ressource für die Zukunft:
Das neue Werkstattgebäude zeichnet sich durch hohe Flexibilität und Adaptionsfähigkeit aus. Die vorrangige Nachnutzungsoption liegt also beim Gebäude als Ganzes. Ist der Bedarf für ein solches Haus an dieser Stelle in ein paar Jahrzehnten aber trotzdem nicht mehr gegeben, dient das Gebäude als Bauteil-Ressource. Es wird mit reversiblen Verbindungen und rezyklierbar konstruiert. So kann es am Ende seines Nutzungszyklus in einzelne Bauteile zerlegt werden, die an anderer Stelle eine neue Nutzung erfahren und „wieder Haus werden“. Minimierung des Ressourcenverbrauchs bei Herstellung: Neben dem hohen Recyclinganteil wird der Ressourceneinsatz durch die überwiegende Verwendung nachwachsender Rohstoffe und Naturbaustoffe für Konstruktion und Ausbau minimiert. Das neue Werkstattgebäude ist ein hochgedämmter Holzbau mit Dämmstoffen aus Pflanzenfasern und teilweise Lehmoberflächen. Gegenüber einem konventionellen Gebäude aus Stahlbeton werden so ca. 2.187 Tonnen CO2 Äquivalente eingespart. Durch die Nachnutzung der Gründung und der Stahlteile können zusätzliche 292 Tonnen CO2 Äquivalente eingespart werden.
Minimierung des Ressourcenverbrauchs im Betrieb:
Diffusionsoffene Konstruktionen mit sorptionsfähigen Naturbaustoffen reduzieren die Lüftungsbedarfe und erhöhen die Raumluftqualität erheblich. Eine mechanische Lüftung ist nur in den Werkstattbereichen erforderlich. Der Heizwärmebedarf, der über die Nahwärme gedeckt wird, ist durch die hochgedämmten Außenbauteile minimiert. Durch die gute Verschattung sowie die Möglichkeit einer Nachtauskühlung über Lamellenfenster kann auf eine aktive Kühlung verzichtet werden. Bauwerksbegrünungen verbessern das Mikroklima zusätzlich durch Verschattung und Verdunstungskühle und erhöhen zusammen mit den Nistmöglichkeiten die Biodiversität vor Ort – ein Schulhaus als Habitat. Die modulare Logik des Hauses erlaubt es, dass Bauteile oder -elemente wie Fassadenelemente, Innenwände etc. bei Veränderung leicht ausgetauscht bzw. an anderer Stelle wieder eingebaut werden können. Die Dachgärten dienen zugleich als Retentionsdächer. Alle Dachflächen, die nicht als Garten oder Aufenthaltsfläche angelegt sind, werden mit PV-Elementen zur Stromerzeugung ausgestattet; im Bereich des Technikraums in Kombination mit einer extensiven Begrünung.
Kreislaufgerecht heute – nutzen, was da ist:
Das neue Werkstattgebäude der Theodor-Litt-Schule in Gießen steht buchstäblich auf dem Fundament des Vorgängerbaus. Anstatt konventionell rückzubauen und Bauschutt abzufahren, um anschließend eine ähnliche Menge Beton anzufahren, wird die komplette Gründung ertüchtigt und nachgenutzt. D.h. der Bestand wird nur bis zur Bodenplatte / Decke über Kriechkeller selektiv zurückgebaut, die Fundamente an erforderlichen Stellen durch Kopplung zu Streifenfundamenten verbessert. Aus den abgetragenen Bauteilen und Baustoffen wird möglichst viel Ressource geborgen und wiederverwendet: aus den Teilen des alten Stahltragwerks wird ein vor den Neubau gestelltes farbiges dreigeschossiges Gerüst mit Außentreppen, welches als Fluchtweg und optionale Erschließung dient, den Sonnenschutz aufnimmt sowie im Bereich des Daches Möglichkeiten für Installationen (SHK) bietet. Die mineralischen Bestandswände und Dachelemente (Mauerwerk und Porenbeton) werden rezykliert und zusammen mit Lehmbeimischung zu neuen Schüttungen für die Decke verarbeitet. Die alten Fenster, Türen und Tore erhalten über den Weg einer Bauteilbörse ein zweites Leben. Gemeinsam mit Lernenden und Lehrenden werden Bauteile für Selbstbauprojekte reserviert und eingelagert (z.B. für einen Pavillon oder ein Gewächshaus im Garten).
Kreislaufgerecht morgen – das Neue als Ressource für die Zukunft:
Das neue Werkstattgebäude zeichnet sich durch hohe Flexibilität und Adaptionsfähigkeit aus. Die vorrangige Nachnutzungsoption liegt also beim Gebäude als Ganzes. Ist der Bedarf für ein solches Haus an dieser Stelle in ein paar Jahrzehnten aber trotzdem nicht mehr gegeben, dient das Gebäude als Bauteil-Ressource. Es wird mit reversiblen Verbindungen und rezyklierbar konstruiert. So kann es am Ende seines Nutzungszyklus in einzelne Bauteile zerlegt werden, die an anderer Stelle eine neue Nutzung erfahren und „wieder Haus werden“. Minimierung des Ressourcenverbrauchs bei Herstellung: Neben dem hohen Recyclinganteil wird der Ressourceneinsatz durch die überwiegende Verwendung nachwachsender Rohstoffe und Naturbaustoffe für Konstruktion und Ausbau minimiert. Das neue Werkstattgebäude ist ein hochgedämmter Holzbau mit Dämmstoffen aus Pflanzenfasern und teilweise Lehmoberflächen. Gegenüber einem konventionellen Gebäude aus Stahlbeton werden so ca. 2.187 Tonnen CO2 Äquivalente eingespart. Durch die Nachnutzung der Gründung und der Stahlteile können zusätzliche 292 Tonnen CO2 Äquivalente eingespart werden.
Minimierung des Ressourcenverbrauchs im Betrieb:
Diffusionsoffene Konstruktionen mit sorptionsfähigen Naturbaustoffen reduzieren die Lüftungsbedarfe und erhöhen die Raumluftqualität erheblich. Eine mechanische Lüftung ist nur in den Werkstattbereichen erforderlich. Der Heizwärmebedarf, der über die Nahwärme gedeckt wird, ist durch die hochgedämmten Außenbauteile minimiert. Durch die gute Verschattung sowie die Möglichkeit einer Nachtauskühlung über Lamellenfenster kann auf eine aktive Kühlung verzichtet werden. Bauwerksbegrünungen verbessern das Mikroklima zusätzlich durch Verschattung und Verdunstungskühle und erhöhen zusammen mit den Nistmöglichkeiten die Biodiversität vor Ort – ein Schulhaus als Habitat. Die modulare Logik des Hauses erlaubt es, dass Bauteile oder -elemente wie Fassadenelemente, Innenwände etc. bei Veränderung leicht ausgetauscht bzw. an anderer Stelle wieder eingebaut werden können. Die Dachgärten dienen zugleich als Retentionsdächer. Alle Dachflächen, die nicht als Garten oder Aufenthaltsfläche angelegt sind, werden mit PV-Elementen zur Stromerzeugung ausgestattet; im Bereich des Technikraums in Kombination mit einer extensiven Begrünung.
Beurteilung durch das Preisgericht
Städtebaulich ist das Gebäude gut platziert. Die Anbindung an das Bestandsgebäude erfolgt an der richtigen Stelle. Die Erschließung des Gebäudes über doppel-T-förmige Flure mit mittigem Innenhof schafft gut belichtete Räume mit guten Proportionen. Die Cluster sind kompakt geplant und klar erkennbar, Theorie- und Praxis light-Räume liegen unmittelbar aneinander. Die Projekthalle und der Eingangsbereich sind besonders gelungen. Die Projekthalle wird als Schaufenster zur Vorfläche der Schule ausgebildet und erhält dort auch seine Projektfläche. Die Besonderheit Absenkung der Projekthalle wird dadurch erkauft, dass der Materialtransport aus den Clustern immer über außen erfolgen muss. Die Verbindung Erdgeschoss zu Obergeschoss über einläufige Treppen am Ende der Stichflure bedeuten lange Wege. Die ebenfalls vorhandene Treppe in Projekthalle ändert daran wenig. Der Umgang mit Baumaterialien entspricht, insbesondere hinsichtlich der Wiederverwendung von Baumaterialien, in ausgezeichneter Weise der Bildungsabsicht einer gewerblich-technischen Berufsschule. Dieser Denkansatz Minimierung des Ressourcenverbrauchs wird sehr positiv gesehen – allerdings erscheint die Verwendung der Bestandsfundamente und das Recyceln der Stahlkonstruktion des Bestandes für ein dreigeschossiges Gerüst vor der Fassade nicht vollständig umsetzbar. Ob jedoch die Anbindung und Nutzung des Dachgeschosses mit Klassenräumen, Projektfläche SHK und Retentions- und Biodiversitäts-Gründach den wirtschaftlichen Aufwand des 3. Geschosses der Stahlkonstruktion rechtfertigt, ist fraglich. Sein äußeres Erscheinungsbild, holzverkleidete Holzständerwandfassade mit vorgesetzter Stahlkonstruktion mit Drahtgeflecht, entspricht der Aufgabenstellung = Werkstattgebäude. Die Tageslichtversorgung der Unterrichtsräume und der Erschließungszonen ist bei dieser Arbeit gleichermaßen gut gelöst. Alle Flure sind an die Fassade angebunden und zusätzlich durch den wohl proportionierten Lichthof versorgt. Der Fensterflächenanteil der Fassade ist angemessen und die Fensterpositionierung ermöglicht die Belichtung in die Tiefe des Raumes. Die umlaufenden Fluchtbalkone mit geringer Tiefe schränken die Versorgung nur wenig ein – sorgen jedoch als passiver Sonnenschutz in Kombination mit den beweglichen Raffstore für einen wirksamen Sonnenschutz. Zusätzlich ermöglichen die das Fassadenbild rhythmisierenden Nachtlüftungs-Elemente einen hohen Nutzerkomfort bei energieeffizientem Betrieb. Im Vergleich zum Wettbewerbsmittel liegen die Kompaktheit, die Flächeneffizienz und auch insgesamt der Volumen- und Flächenbedarf im günstigen Bereich, was einen geringen Energiebedarf erwarten lässt. Die gewünschte hohe PV-Eigenstromversorgung wird sich aufgrund der vorgesehen soziokulturellen Nutzungen auf den Dachflächen nur in Teilbereichen umsetzen lassen. Das Deckentragwerk aus BSH-Trägern und Brettsperrholzdecken, die auf Unterzügen und Stützen aufliegen, stellt einen klaren Lastabtrag und eine nachhaltige Bauweise dar. Die Ausbildung der Unterzüge in den Tragachsen ist jedoch unklar und die Querschnittsgrößen sind knapp (Schwingung). Die Arbeit zeigt sowohl im der planerischen Lösung der Aufgabe als auch in dem Ansatz eines verantwortungsbewussten Umgangs mit Ressourcen einen wichtigen Beitrag, der konzeptionell in die Zukunft zeigt.
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Lageplan
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Baukonstruktive Systemskizze
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Grundriss EG
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Schnitt B2