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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2022

Neubau Wohnanlage am Trettachkanal in Oberstdorf

Perspektive Quartiersplatz

Perspektive Quartiersplatz

ein 3. Preis

dv architekten deffner voitländer

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

raum + zeit

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Leitidee: Weg als Reminiszenz an den Kanal

Der in Nord-Südrichtung verlaufende Trettachkanal ist ein prägendes Element im städtebaulichen Gefüge von Oberstdorf. Verstärkend wirken die aufgeschütteten Wälle mit dem alten Baumbestand und die auf den Kühberg gerichtete Blickbeziehung. Das Thema, des an der Wasserlinie  der Trettach ausgerichteten Häuserbands findet man etwas weiter nördlich am Bannholz, sowie direkt östlich angrenzend an der Herrmann von Barthstraße. Der Kanal führt heute kein Wasser mehr, kann aber einen Fuß- und Radweg aufnehmen, der von der Holzbrücke am neuen Wasserwerk bis zum Friedhof im Norden verknüpft. Diese Bewegungsrichtung wird von einem neuen Häuserband über dem Kanal aufgegriffen. Die beiden Wälle werden in den Lücken des Baumbestandes so unterbrochen, dass längliche, drumlinartige Hügel übrigbleiben. Auf diese Weise aufgelockert, lassen die Wälle Querverbindungen zu, wirken nicht mehr als Grenze. Das lineare Erscheinungsbild wird gestärkt. Der neue „Kanalweg“ verfolgt genau den Verlauf des ehemaligen Kanals.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Achse des ehemaligen Kanals wird durch eine bewegte Anordnung der Zeilenbauten aufgenommen. Die Zeilenlängen und Abmessungen der Baukörper fügen sich gut in ihre Umgebung ein. Die drei größeren Baukörper im nördlichen Grundstück bilden zusammen mit dem alten Turbinengebäude eine Adresse für das Quartier. Der Maßstab des kleinen Platzes ist dem Quartier angemessen. Das Zurückversetzen der Baukörper im Nordteil zugunsten der Aufnahme des Themas Wasser stellt den Quartiersmittelpunkt mit dem Turbinenhaus städtebaulich gut heraus. Mit dem Brückenschlag zu den Wohngebäuden des Ideenteils entsteht eine qualitativ wertige Mitte. Die beiden Zeilen am Quartiersplatz wirken im Vergleich zur Umgebung allerdings zu niedrig. Wendehammer und Zufahrt der Tiefgarage reichen zu nah an den Quartiersplatz und könnten weiter nördlich liegen. Die Positionierung der südlichen Reihenhauszeilen erscheint eher willkürlich, die Abstände zur Nachbarbebauung im südlichen Grundstücksteil erscheinen fragwürdig.

Positiv bewertet wird das weitestgehend autofreie Quartiert. Die Besucherstellplätze sind am Rand des Wettbewerbsgebietes positioniert. Lediglich die Zufahrt zur TG und die vorgelagerten Besucherstellplätze beeinträchtigen die angrenzenden Wohnungen. Der Wendehammer am nördlichen Ende des Quartierplatzes wurde kontrovers diskutiert. Die Quartiersgarage im Ideenteil scheint eine langfristige Möglichkeit der Parkierung. Die Nord-Süd- und Ost-West-verlaufenden Fußwegverbindungen versprechen eine gute Vernetzung im Quartier und nach Außen. Die Zugänglichkeit des nördlichen Kanalwegs mit einer Neigung von 14 % wirft Fragen, hinsichtlich der Barrierefreiheit und der notwendigen Stützwände, auf. Es ist fraglich, ob die Unterführung der Hermannvon-Barth-Straße realisierbar ist. Der Quartiersplatz bietet mit den städtebaulichen Kanten, dem Turbinenhaus und der Reminiszenz an den Kanal einen identitätsstiftenden, attraktiven Aufenthaltsort und Treffpunkt. Die Freiraumgestaltung verspricht eine Vielzahl an unterschiedlichen Qualitäten und Nutzungsmöglichkeiten. Positiv wird der Erhalt der Bäume im südlichen Bereich des Kanals durch die Einbeziehung des Walls bewertet. Diese müssen teilweise in Bezug auf den Bauraum geprüft werden.

Für die drei Geschosswohnungsbauten schlagen die Verfasser eine Typologie mit 2- bis 4-Spännern vor. Jedoch ergeben sich aufgrund der teilweise geringen Baukörpertiefe unbefriedigende Grundrisslösungen mit teils schlauchartigen Räumen, die weder die notwendige Zonierung noch die geforderte Barrierefreiheit erfüllen. Die dargestellten Haupterschließungen sind mit ihren zum Teil gewendelten Treppen bauordnungsrechtlich nicht zulässig. Die überwiegende Ost-West-Orientierung verspricht gut belichtete Wohnräume. Die Gemeinschaftsfl ächen sind im ehemaligen Pumpenhaus richtig angeordnet. Gestaltprägend für die Fassaden sind die weit auskragenden Balkone, die jedoch gemäß Ortsgestaltungssatzung nicht zulässig sind. Begrüßt wird die ökologische Herangehensweise. Wohngeschosse in Holzbauweise ruhen auf Stahlbeton-Sockelgeschossen. Die fl achgeneigten Dächer sind als Retentionsfl ächen intensiv begrünt und mit Photovoltaikanlagen ausgestattet. Im südlichen Teil sind 22 Reihen-Wohneinheiten angeordnet. Bei der Dimension der vorgeschlagenen Baukörpertiefe hätte ein Geschosswohnungsbau die Zielsetzungen des Auslobers besser erfüllt.

Der Ideenteil weist mit der Quartiersgarage eine wirtschaftliche Lösung auf, der Erhalt der östlichen Bestandsgebäude wie auch des Turbinenhauses wird jedoch in Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit kritisch gesehen. Insgesamt weist der Entwurf eine zu geringe Ausnutzung des Grundstücks für Wohnungen nach KommWFP auf. Die PKW-Zufahrt zu den Reihenhäusern ist sehr beengt, verläuft teilweise unter den auskragenden Gebäuden und gestaltet sich wirtschaftlich ungünstig. Die Tiefgarage der Wohnanlage ist funktional gestaltet, die gewendelte Rampe ist jedoch ungünstig im Gebäude integriert. Tendenziell werden zu viele Fahrräder im Untergeschoss nachgewiesen. Für die Erschließung der Wohnungen werden verhältnismäßig viele Erschließungskerne und Aufzügen benötigt. Die Müllräume für die Wohnanlage sind hausweise und funktional angeordnet. Die Fassade weist wirtschaftlich günstige, vorgehängte Balkone auf.

Perspektive Kanalweg

Perspektive Kanalweg

Lageplan

Lageplan

Erdgeschoss Grundriss

Erdgeschoss Grundriss

Ansicht

Ansicht

Leitidee

Leitidee