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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2022

Neubau Wohnanlage an der Oberen Pfalzgrafstraße in Freising - „Erna Angerbach wohnt im Grünen“

Neue Wohnformen am Angerbach

Neue Wohnformen am Angerbach

1. Preis

Preisgeld: 38.000 EUR

Fink+Jocher Gesellschaft von Architekten und Stadtplanern mbH

Architektur

Keller Damm Kollegen GmbH Landschaftsarchitekten Stadtplaner

Landschaftsarchitektur

Uniola AG

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Wohnen am Angerbach
Der Entwurf für die neue Wohnanlage am Angerbach schafft durch ein ansprechendes, freundliches Wesen eine gute Grundlage und die Atmosphäre für eine neues, lebendiges und vielfältiges Wohnquartier. Die schonende Behandlung der bestehenden Freiräume, der Erhalt des Baumbestands und eine freundliche, identitätsstiftende Architektur bilden den Rahmen für eine durchmischte Quartiersgemeinschaft und ein gutes soziales Miteinander.
Die neue Bebauungsstruktur orientiert sich an der vorherigen Zeilenbebauung aus den 1950er Jahren. Dadurch werden möglichst wenige Flächen neu überbaut und der Baumbestand wird geschont. Das städtebauliche Gesamtkonzept umfasst fünf zeilenartige Solitäre und zwei längliche Baukörper, die in Ressourcenschonender Holzbauweise errichtet werden sollen.
Im Gegensatz zur vorherigen Zeilenbebauung erhält die Obere Pfalzgrafstraße ein neues Gesicht, indem sich die Fassaden der Solitäre durch Öffnungen und Balkone der Straße zuwenden. Es entsteht eine grüne, verkehrsberuhigte Wohnstraße mit zeitgemäßem Wohnraum für unterschiedlichste Bewohnergruppen und Lebensmodelle. Der Wohnstraße angegliedert erschließen grüne Höfe die Einzelhäuser, bilden Nachbarschaften und sorgen für eine individuelle Adressierung.
Auf dem noch im privaten Besitz befindlichen Grundstück im nördlichen Bereich des Wettbewerbsgebiets sieht das städtebauliche Gesamtkonzept ein längliches, dem Straßenverlauf folgendes Wohngebäude vor, welches das Wohnquartier von den Schallimmissionen der Isarstraße schützt, und in südlicher Richtung einen grünen Freiraum definiert. Als gemeinschaftlich genutzter „Anger“ entstehen hier großzügige Freiflächen für Jung und Alt. Angegliedert an die Erschließungshöfe der Solitäre entstehen hier „en passant“ ungezwungen nachbarschaftliche Be- gegnungen.
Entlang des Angerbachs wird entsprechend des Langzeitziels der Stadt Freising ein Fuß- und Radweg hergestellt, der die bestehenden Radwege im Südwesten und Nordosten des Wettbewerbsgebiets verbinden soll. Durch freizeitorientierte Nutzungsmöglichkeiten wie Feuerstellen, Holzstege oder Wasserspiele wird das Bachufer aktiviert.
In ihrer Höhenentwicklung finden die vierstöckigen Baukörper Anschluss an die angrenzenden Nachbargebäude.

Wohnen im Grünen
Die Gestaltung der Freiflächen ist vom Erhalt des Bestandes geprägt. Durch
die bestandsorientierte Positionierung der Baukörper können ein großer Teil der identitätsstiftenden Bestandsbäume erhalten werden. Auch der Asphaltbelag der verkehrsberuhigten Wohn- bzw. Spielstraße wird in der zukünftig, zentralen gemeinschaftlichen Freifläche erhalten und dort, wo die Breite nicht mehr notwendig ist, aufgebrochen und begrünt. Bereiche, die für die Rettungswege erfor- derlich sind, werden mit Natursteinpflaster ergänzt. Blühende Obstbäume charakterisieren diesen neuen Freiraum.
Direkt den einzelnen Häusern und ihren Zugängen zugeordnetes Kleinkinderspiel und freies Naturspiel unter den Bäumen in der grünen Schlucht vor den abschirmenden Baukörpern entlang der Isarstraße ergänzen das Angebot für Kinder und Jugendliche. Baumstämme aus den notwendigen Fällungen werden hier als Spielangebot einer neuen Funktion zugeführt. Ein Boulingrin am Bach- lauf ist nicht nur Aufenthaltsbereich sondern auch Regenwasserretentionsraum im Überflutungsfall.
Großzügige Dachterrassen und Urban Gardening Angebote erweitern das Freiraumangebot am Dach des Multifunktionsgebäudes.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Entwicklung der Gebäude auf den bestehenden Fußabdrücken („Ersatzneubauten“) wird positiv bewertet. Hierbei wird einerseits die räumliche Identität des Städtebaus erhalten und eine neue ästhetische Qualität im Freiraum geschaffen. Die verdichteten Böden des Altbestandes können weiter genutzt werden. Dieser Städtebau in Kombination mit den kompakten Gebäudevolumina in Holzbauweise überzeugt sowohl auf ökologischer als auch ökonomischer Ebene. Durch die Nutzung der bestehenden Bebauungsflächen wird der Baumbestand – mit Ausnahme ostseitig des Multifunktionsgebäudes – geschützt.
Die Höhenentwicklung der Gebäude zueinander und zur umliegenden Bebauung ist stimmig. Das Multifunktionsgebäude und das Wohngebäude entlang der Isarstraße sind in ihrer Längenentwicklung überdimensioniert. Die Differenzierung zwischen privaten und öffentlichen Grundstücken wurde beim nördlichen Gebäude nicht berücksichtigt. Es ist zu prüfen, ob eine getrennte Realisierung möglich ist.
Der riegelförmige Baukörper mit offenen Parkdecks im östlichen Teil des Quartiers behindert die Durchlüftung. Die versiegelten Flächen westlich des Riegels generieren Hitzehotspots.
Die Erschließung über die bestehenden Straßen Am Stengerbach/Obere Pfalzgrafstraße wirkt trennend und der sonst im Gebiet vorherrschenden Aufenthaltsqualität abträglich. Hingegen wird der zur Spielstraße weiterentwickelte westliche Abschnitt der Oberen Pfalzgrafstraße im Zusammenspiel mit den sich öffnenden Gebäude als Bereicherung gesehen.
Die als Holzbauten konzipierten Gebäude öffnen sich über eine vorgestellte Vorhangfassade (grüne Pufferzone) in die gemeinschaftlichen Freiräume hinein. Die kompakte Bauweise ermöglicht eine hohe energetische Effizienz, wobei die Ost-West-Typologie hinsichtlich Tageslichtversorgung und Sonnenschutz negativ zu bewerten ist. Die detailliert ausgearbeitete Fassadengestaltung trägt zum atmosphärisch positiven Siedlungscharakter bei. Die Wohnungsgrundrisse sind schlüssig und zweiseitig orientiert. Das Multifunktionsgebäude bildet ein überhohes Erdgeschoss und weist eine flexibel nutzbare Stützenstruktur auf. Die oberen beiden Geschosse sind im Grundriss klug zoniert. Es gibt ein Spiel aus Nebenräumen und Aufenthaltsflächen in gemeinschaftlich genutzten Erschließungsraum (Quartiersbalkon).
Die Anzahl der angebotenen Stellplätze korrespondiert nicht mit der dargestellten Geschossfläche. In dem Entwurf sind nicht ausreichend Fahrradstellplätze vorgesehen.
Positiv gewertet wird das weitgehend erhaltene und ergänzte Grünvolumen. Der durchgehende Grünkorridor entlang des Angerbaches ist kräftig ausgebildet. Insbesondere fällt die „Bowling Green“ mit ihrer hohen Aufenthaltsqualität positiv ins Gewicht.
Dachflächen-PV und Dachbegrünung werden kombiniert. Für die Wärmeversorgung wird ein über eine zentrale Wärmepumpe betriebenes Wärme-Kälte-Netz vorgeschlagen, mit dem sowohl geheizt als auch gekühlt werden kann. Um das vorgeschlagene Energiekonzept umzusetzen, muss ergänzend eine Energiezentrale eingeplant werden.
Zusammenfassend empfiehlt das Preisgericht, bei einer weiteren Überarbeitung
  • die Zonierung der Freiflächen und deren Aufenthaltsqualität zu überdenken,
  • die Eingangssituation Am Stengerbach im Bereich des Multifunktionsgebäudes hinsichtlich Beschattung und räumliche Aufenthaltsqualität zu verbessern,
  • den Bachkorridor östlich des Multifunktionsgebäudes so zu verbessern, dass die vom Multifunktionsgebäude erzeugte Schluchtwirkung minimiert wird,
  • Lösungen zu finden, dass Durchgangsverkehr (Erdinger Straße–Isarstraße) vermieden wird und
  • die Wiederverwendung von Abbruchmaterialien zu prüfen.
Insgesamt stellt die Arbeit einen hervorragenden Beitrag zur gestellten Aufgabe dar.
Lageplan

Lageplan

Schnitt West-Ost

Schnitt West-Ost

Erdgeschoss

Erdgeschoss