modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 06/2024

Neubau Wohnanlage in Sulzberg-Ried

Modell

Modell

2. Preis

Preisgeld: 12.000 EUR

UA URBAN ARCHITECTURE

Architektur

Planstatt Senner

Landschaftsarchitektur

VERKEHRSPLANUNG LINK

Verkehrsplanung

Architekturmodelle Boris Degen Modellbau

Modellbau

Erläuterungstext

Städtebau
Der Ort Ried ist geprägt durch eine offene und heterogene Bebauung von Einfamilienhäusern und grossen Hofstellen. Der Ausblick in die Weite des von Wiesen geprägten Landschaftsraums mit den Bergen im Hintergrund dominiert das Grundstück. Der Entwurf nimmt diese Strukturen auf und fügt sich ein. Zwei längliche Gebäuderiegel fassen den Raum und öffnen sich in die Landschaft. Der Ausblick wird räumlich gefasst und gestärkt. Zwischen den beiden Riegeln spannt sich ein Anger, eine neue Mitte auf. Dieser soziale Raum bietet den Bewohnern des Quartiers Gelegenheit zum Austausch, Treffen und einem Miteinander. Auch die öffentliche Durchwegung vom Bahnhof nach Süden läuft durch die Mitte. Die Ost-West Orientierung der Riegel lässt Morgen- und Abendsonne in die Wohnungen und vermeidet eine Überhitzung im Sommer. Die angelagerten Laubengänge dienen als effiziente Erschließung der Wohnungen durch den Entfall von beheizten Treppenhäusern. Darüber hinaus bietet er den Mehrwert durch die Nutzung als erweiterter Wohnraum. Diese halb öffentliche, halb private Vorzone im Hof oder im Laubengang ist den Bewohnern direkt zugeordnet und lässt eine individuelle Gestaltung zu. Dies aktiviert den Anger, lässt persönlichen Austausch zwischen den Bewohnern zu und fördert die Identifikation mit dem Wohnort.
Zwei weitere Gebäude, ein Fahrradschuppen und das Dorfhaus fassen den Raum in nördliche und südliche Richtung. Die Barrierefreiheit wird durch zwei Aufzüge, die bis in TG reichen, sichergestellt. Im Untergeschoss sind neben der Haustechnik weitere Fahrradabstellräume, Abstellräume der Wohnungen, der Müllraum sowie 32 Stellplätze untergebracht.

Dorfhaus
Das Dorfhaus schliesst das Quartier in südliche Richtung ab. Es steht gut sichtbar leicht erhöht und in direkter Sichtbeziehung zur Marienkapelle am Ortsrand von Ried. Das Dorfhaus steht den Bewohnern des Quartiers und allen Bewohnern von Ried zur Verfügung. Orientiert an der Durchwegung ermöglicht es zwangslose Begegnungen und stärkt das soziale Miteinander in Ried. Es bietet Raum für eine Vielzahl von Veranstaltungen, für Bürgertreffs, Lesezirkel, dem örtlichen Häkelklub, Geburtstagsfeiern oder als erweitertes Spielzimmer für Kinder bei Schlechtwetter. Der vorgelagerte Freiraum wird durch das Dorfhaus bespielt. Die vorgeschlagene Umwidmung des Gemeinschaftsraums in ein Haus für Ried stärkt die Akzeptanz des Quartiers im bestehenden sozialen Gefüge und erhöht die Nutzungsfrequenz. Typologisch spiegelt es den vorhandenen Typus der Scheune wieder. Die Holzbauweise und die vorvergraute Fassade der Boden-Deckelschalung sind an historischen und vorgefundenen Beispielen orientiert. Den Innenraum prägt das sichtbare belassene Holz des Brettsperrholzes. Öffenbare Verglasungen verbinden den Raum mit dem Anger und das Haus bespielt den vorgelagerten Freiraum mit einer langen Sitzbank. Tische und weitere Sitzmöglichkeiten befinden sich im Lagerraum.

Freiraum
Der Ort ist geprägt von einer dörflichen Struktur, einer bewegten Landschaft und der Weitsicht auf die Berge. Ziel des Freiraumentwurfs ist es, diese Qualitäten zu erhalten, zu stärken und in den Freianlagen des Projektes abzubilden. Gestärkt wird der Freiraumbezug durch die Stellung der beiden Neubauten, die in die Landschaft verweisen. Die Wohnbebauung wird seitlich eingerahmt durch extensive, baumbestandene Gärten. Die außen liegenden Gartenzonen der Neubauten sollen daran anknüpfen, einen fließenden Übergang bilden und eine naturnahe Gestaltung erfahren. Auf einer blühenden Wiese stehen wenige Bäume, es wachsen Sträucher, es gibt Regenwasserrückhaltezonen und viel Platz zum Spielen. Durch die innen liegenden Loggien ist Privatheit garantiert.
Der Höhenunterschied von ca. 4.50m wird neu organisiert, so dass die Wohnbauten samt Freianlage ca. 0.60m bis ca. 1.50m über der südlichen Straße und ca. 3.00m unter dem Parkplatz des Bahnhaltepunktes liegen. Diese Topografieabstufung wird auch bespielt: vom nördlich erhöhten Bereich führt eine Rutsche in eine Sandkuhle, in der an einer Matschküche erste Sandkuchen gebacken werden. In der Grüninsel gegenüber befindet sich ein bodennahes Klettergerüst aus Holz. Die Erschließung der Wohnbauten erfolgt über den zentral gelegenen Freiraum: den grünen Gartenhof. Dabei ist eine Nord-Süd-Durchlässigkeit und damit eine Anknüpfung an den Bahnhaltepunkt und die freie Landschaft im Süden mit der Marienkapelle die wichtigste Verbindungsachse. Als Belag wird ein Arenapflaster gewählt, das stellenweise mit Rasenfuge verlegt wird. Über eine Landschaftstreppe erfolgt der Zugang von Norden zu den Gebäudeeingängen. Die Hauptdurchwegung durch den Gartenhof orientiert sich am östlichen Rand des Gartenhofs und mündet in einer Aufweitung vor dem ausgelagerten Gemeinschaftsraum, dem Dorfhaus, bevor man eine Rampe nach Süden beschreitet. Diese dient als barrierefreier Zugang von Süden zum Dorfhaus und den Gebäuden. Unterhalb des Laubengangs befinden sich private Vorzonen, welche durch eine abwechslungsreiche Bepflanzung aus Sträuchern (Rosen, Philadelphus, Amelanchier) und Gräsern (Pennisetum, Miscanthus, Poa) gesäumt sind, so dass neugierige Blicke reduziert werden. Vor dem Dorfhaus kann man in der Sonne sitzen und den Ausblick genießen. Prägend für den Wohnhof sind die Einzelbäume (Acer campestre, Quercus cerris) oder mehrstämmigen Solitäre (Carpinus betulus), die auf kleinen Anhügelungen stehen und Schatten bieten. Daneben gibt es eine differenzierte Bepflanzung aus Gräsern, Bodendeckern, Sträuchern und der ein oder anderen Rankpflanze.

Regenwasser
Die neuen Gebäude besitzen ein Satteldach, weshalb das anfallende Regenwasser vorrangig in den Freianlagen zurückgehalten wird. Die Mulden im Gartenhof liegen tiefer als die Fußbodenhöhen des Erdgeschosses. Bei höheren Regenmengen fließt das Regenwasser von den Dächern oberflächennah in Mulden, welche sich auf unterbauten Flächen befinden. Diese sind beidseits des Dorfhauses und östlich der Neubauten. Hier wird das Regenwasser von der Vegetation aufgenommen und verdunstet über die Blattoberflächen oder versickert in Rigolen, welche sich unterhalb der Mulden befinden und das Wasser ebenfalls speichern. Von hier wird es gedrosselt an den Kanal abgegeben.

Konstruktion / Nachhaltigkeit
Es wird ein Holzbau aus vorgefertigten Brettsperrholzelementen vorgeschlagen. Diese Konstruktionsweise führt einerseits zu einem zügigem, wirtschaftlichen und einfachem Bauablauf. Andererseits prägt die hochwertige Sichtoberfläche aus Weisstanne den Innenraum und bietet ein behagliches Innenklima. Die Oberflächen der Wände und Decken werden mit einem lasierten UV-Schutz versehen. Weitere Schichten / Aufbauten sind innenseitig nicht notwendig und trägt damit zur Kosteneffizienz bei. Leitungen werden auf der Rohdecke bzw. in Leerrohren der HBV-Decke geführt und in die Brettsperrholzwände integriert.
Die Holzbetonverbunddecke über dem Erdgeschoss dient zur sicheren Erfüllung des Brand- und Schallschutzes. Die Spannweiten liegen bei bis zu 7m in einem sehr wirtschaftlichen Bereich und können durch die Wiederholung gleicher Elemente effizient verlegt werden. Ein RC-Beton kann zur weiteren Verbesserung des CO2-Fussabdrucks eingesetzt werden. Die Decke über dem Obergeschoss wird als reine Brettsperrholzdecke mit den gleichen Elementgrössen ausgeführt. Die Fassade wird als lasierte, sägerauhe Leistenschalung (Erdgeschoss) und einer Boden-Deckelschalung aus Weisstanne im Obergeschoss ausgeführt. Die Aussenwände werden mit einer Holzweichfaser gedämmt. Im Laubengang kommt eine Mineralfaser aus Brandschutzgründen zur Ausführung. Diese Fassadengestaltung ist ortstypisch und der Neubau schreibt so die Tradition des Orts weiter. Der Laubengang wird aus vorgefertigten Sichtbetonfertigteilen mit Stahlstützen vor die Gebäude gestellt. Das Satteldach wird mit einer farbig beschichteten Alu-Welle gedeckt. Die Tiefgarage wird als weisse Wanne ausgeführt. Zur Kostenreduzierung kann auf die WU- Bodenplatte bei dem vorhandenen tiefen Grundwasserstand verzichtet werden und mit Verbundpflaster belegt werden. Die Tiefgarage wird über Luftschächte natürlich belüftet.
Die vorgeschlagene Bauweise der Gebäude ist einfach, robust, kostengünstig und sehr etabliert. Insbesondere im Allgäu kann sie durch eine grosse Anzahl von Fachfirmen sicher umgesetzt werden. Die Wertschöpfung des öffentlichen Neubaus verbleibt bei regionalen Firmen.
Die Heiz- und Warmwasserversorgung der Wohnungen erfolgt durch Geothermie, einer Wärmepumpe und einem Heizstab für die Spitzenlast. Auf dem Dach sind PV-Elemente vorgesehen. Die Ost-West Orientierung führt zu einer Stromerzeugung morgens und abends, wenn sie am meisten benötigt werden. Ein Batteriespeicher mit ggfs. einer Notstromfunktion wäre möglich und zu prüfen.

Wirtschaftlichkeit
Der Entwurf basiert auf einer klaren und einfachen Grundordnung. Die Stapelung der kompakten und qualitätsvollen Grundrisse sorgt für geringe Anforderungen an die Statik und die Haustechnik. Die damit auch einhergehende Wiederholung gleicher Elemente der Konstruktion und des Ausbaus reduziert die Komplexität und stärkt die Wirtschaftlichkeit. Die Doppelnutzung der offenen Erschliessung und des Innenhofs als erweiteter Wohnraum erhöht die Wohnqualität. Die beheizte Fläche ist reduziert und senkt die laufenden Kosten der Wohnungen. Die unterirdischen Flächen liegen ausserhalb der ungünstigen geologischen Verhältnisse. Es kommen einfache, naturbelassene und strapazierfähige Materialien, wie Holz, Sichtbeton und Metall zum Einsatz, die vollständig regional verfügbar sind.

Brandschutz
Der Verzicht auf geschlossene Treppenhäuser führt generell zu einer direkten Entfluchtung aus den Wohnungen ins Freie. Die Entfluchtung der Erdgeschosse geht über beide Richtungen des Wohnraums in den Freiraum. Die Wohnungen im Obergeschoss flüchten über den offenen Laubengang zu den beiden Fluchttreppen. Dabei stehen jeder Wohnung zwei unabhängig voneinander erreichbare Fluchtwege zur Verfügung. Bei einem Brand ist somit immer ein sicherer Fluchtweg unter 30m Länge erreichbar. Der zweite Fluchtweg aus den Obergeschossen wird durch Anleitern an die Loggia sichergestellt. Die ebenen Aufstellflächen liegen in den Gärten. Die geschlossene Schalung der Fassade, gedämmt mit Mineralfaser (Laubengang und Brandriegel in Fassade) verhindert ein Ausbreiten eines Brandes in der Fassade. Diese Ausführung ermöglicht die Verwendung von Holz und bodentiefen Fenstern in einem ersten Fluchtweg (Referenzprojekt Trialog Hilden, Brandschutz Pirmin Jung).

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen eine Bebauung mit zwei länglichen, ost-west-orientierten Baukörpern gleichen Typs vor, die einen leicht nach Süden geöffneten Erschließungsanger zu den Laubengangerschließungen bilden. Auf flachgeneigten Satteldächern mit Alu-Welle-Eindeckung werden PV-Anlagen angeordnet. Ein solitärer Baukörper für den Gemeinschaftsraum fasst den Freiraum nach Süden. Die vorgeschlagene seriell wirkende Struktur fügt sich von der Körnung her städtebaulich unauffällig ein. Hervorzuheben ist bei dieser Lösung, dass die Gebäude auf das südliche Geländeniveau bezogen gesetzt werden und der Hauptgeländeanstieg in den nördlichen Teil des Grundstücks verlegt wird. Dadurch sitzen die zweigeschossigen Gebäude zurückhaltend und für die nördlich bestehenden Gebäude unaufdringlich im Gelände.

Der „grüne Gartenhof“ als Begegnungshof zwischen den beiden Baukörpern ist als positiv zu beurteilen. Verschiedene Zonierungen mit Spielangeboten und Sitzmöglichkeiten gliedern mit Grünzonen und Gehölzpflanzungen die Fläche.

Auch die Zugangsbereiche zu den Laubengängen lassen sich hier gut ablesen. Die beiden Wegeanbindungen zum öffentlichen Raum, im Norden mit einer Treppenanlage mit Sitzstufen und im Süden mit einer Rampe, sind schlüssig. Die nach Osten und Westen orientierten kleineren privaten Gartenbereiche sind aus Sicht der Jury gut vorstellbar und gehen fließend in den Grünraum aus Wiesen,
Rasen und Pflanzflächen über. Bei der Freianlagenplanung ist positiv hervorzuheben, dass aufgrund des tiefen Einbindens der Baukörper in das Gelände, die Grünböschungen Richtung Süden und Osten zum Straßenraum insgesamt moderat ausfallen. Das Regenwassermanagement sieht Retentionsmulden vor, deren Lage und Funktionsfähigkeit kritisch gesehen wird und überprüft
werden müsste. Die Lage und Benutzbarkeit des Fahrradhauses wird kritisch gesehen. Das Verhältnis des Grünanteils zu den befestigten Flächen kann als ausgewogen betrachtet werden. Die Gestaltung der Freianlagen ist dem Ort angemessen und gut gelöst.

Sämtliche durchgesteckte Wohnungen bieten mit ihren Laubengangerschließungen sowohl halböffentliche wie private Freibereiche mit Loggien und gleichwertige Wohnangebote mit durchdachten funktionalen Qualitäten. Die zeitgemäßen und gleichwertigen Wohnangebote in Verbindung mit den differenzierten und sauber ausgearbeiteten Fassaden sind positiv hervorzuheben. Die geforderte Wohnungszahl liegt im Durchschnitt. Der geforderte Wohnungsmix wird mit dem Schwerpunkt auf kleinere Wohnungen jedoch nur eingeschränkt angeboten. Die geforderte Raumbreite von mindestens 2,70 Meter wird nicht durchgehend angeboten. In der von Süd-West erschlossenen Tiefgarage werden die erforderlichen PKW-Stellplätze im Wesentlichen untergebracht. Das Stellplatzangebot für die Fahrräder wird ober- wie unterirdisch nachgewiesen. Die Müllorganisation im Untergeschoss liegt ungünstig.

Die funktional geplanten Baukörper mit ihren offenen Erschließungszonen mit je einem Aufzug lassen eine wirtschaftliche und kostengünstige Bauweise erwarten. Mit der vorgesehenen nachhaltigen Holzhybridbauweise wird eine effiziente und nachhaltige Bauweise vorgeschlagen, die sowohl eine kurze Bauzeit wie Betrieb erwarten lassen.
Erdgeschoss

Erdgeschoss

Schnitt

Schnitt

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Ansicht Ost

Ansicht Ost

Modell

Modell