Nichtoffener Wettbewerb | 05/2022
Neuentwicklung Stadtzentrum in Datteln
©lohrer.hochrein
Gesamteinbindung
ein 3. Preis
Preisgeld: 12.500 EUR
Erläuterungstext
Städtebauliches Konzept | Das Zentrum von Dattel zeigt eine ausgeprägte Heterogenität, in städtebaulicher Dichte, architektonischen Sprache, Werbeanlagen und öffentlichem Raum. Und dies geht einher mit einer aus aktueller Sicht sehr geringen Dichte an innerstädtischem Grün.
An diesem Zuviel an Verschiedenem setzt das vorliegende reduzierende Konzept an und schlägt für den öffentlichen Raum ein einfaches, robustes wie verbindendes Grundprinzip vor:
- einen lesbar hochwertigen Stadtboden, der sich von Fassade zu Fassade erstreckt
- eine kraftvolle, durchgehende Baumreihe an Blütenbäumen
- eine schlichte wie einheitliche Grundausstattung mit Leuchten, Bänken und floralen Kübeln
Mobilität / Barrierefreiheit | der gesamte Bereich wird als Fußgängerzone bzw. als verkehrsberuhigter Geschäftsbereich ausgewiesen. Anlieferungen sind möglich, Parken findet in den angrenzenden Flächen statt. An den Zugängen zur den zentralen Innenstadtbereichen werden jeweils größere Fahrradabstellanlagen mit E-Lade Optionen verortet. Im Innenbereich werden zusätzlich dezentral Fahrradbügel in der Nähe zu den Eingängen der Läden verortet.
Die Flächen sind eben, leicht zu begehen und ohne verstellende Barrieren. Das eingelegte Plattenband inkludiert den erforderlichen Hell- / Dunkel-Kontrast sowie eine leitende taktile Führung.
Stadtboden | Ein warm brauner Klinker in Fischgrät hochkant verlegt bildet die Basis für den neuen Stadtboden. Entlang den Fassaden bindet er mit einer Rollschicht ab.
Ein 60 cm breites Plattenband aus hellbeigem Dolomit (alternativ Betonwerkstein) akzentuiert den Belag und dient der barrierefreien Grundorientierung.
Die Bettung ist dynamisch auf weitgehend vorhandenem Unterbau. Die Entwässrung erfolgt mittels einer begleitenden Rinne. Baumschieben sind offen mit wassergebundener Decke und sicherndem Stabilizer.
Vegetation | für die Aufwertung der Hohen Straße sind Bäume unabdingbar – und dies sowohl aus optischen wie auch aus klimatischen Gründen. Auf den ersten Blick und unter Zugrundelegung der gängigen Standards zu Leitungen und dem Gedanken dauerhafter Baumpflanzungen lässt sich kaum eine höhere Dichte erreichen.
Vier Gedanken liegen dem Konzept zugrunde:
- Bäume sind in hoher Zahl erforderlich
- Bäume im Boden sind nachhaltiger als Kübel
- Bäume mit flachem Wurzelwerk mit geringem Wurzeldruck sind Leitungskompatibel
- Bäume versperren nicht - sie dürfen bei Havarien auch entfernt werden
Das vorliegende Konzept flechtet so die neuen Bäume jenseits der gängigen Standards zum Abstand von Leitungen in das unterirdische Wirrwarr ein. Die vorgeschlagenen Standorte liegen nach den vorliegenden Bestandsplänen im freien Bereich, sodass die Bäume mit einem geringen Mindestabstand und nicht direkt über Leitungen verortet sind. Auf Baumscheinen wird verzichtet, im direkten Umfeld wird der Unterbaum mit vegetationsfähiger Tragschichter ausgeführt, sodass der eingriff in die Tiefe so gering als möglich gehalten wird.
Die vorgeschlagenen Felsenbirnen sind von der Herkunft her eigentlich Großsträucher, die nur durch eine besondere Kultivierung in den Baumschulen optisch im Habitus als kleiner Bäume wirken. Ihr Wurzelwerk ist filigran und Flach. Die blühende Art ist zudem stadtklimaverträglich und kann mit Blick auf eventuelle Havariearbeiten – auch gut verpflanzt werden.
An den bereits bewährten Standorten werden die kleineren Arten durch blaublühende Paulownien ersetzt.
Vor den Fassaden sollen einem gemeinsamen Pflanzkonzept folgend Kübel mit farbenfrohen Blumenflor aufgestellt werden und nach Möglichkeit durch dezente Fassadenbegrünung – z.B. mit Kletterrosen – ergänzt werden.
Wasser | Eingeflochten in das Baum-Alignement finden sich zwei skulpturale Trinkbrunnen. Optional kann ein filigranes Wasserspiel aus tänzelnden Fontänen den öffentlichen Raum beleben.
Anfallendes Regenwasser wird ĂĽber die untenliegende Rinne und begleitende Rigole gedrosselt dem Untergrund / den Baumstandorten zugefĂĽhrt und wird erst in Hochlast direkt abgeleitet.
Ausstattung | Die Ausstattung ist betont zurückhaltend – ein einheitliches Bild von Bänken, Leuchten und Kübeln. Die Bänke sind aus unbehandeltem Lärchenholz mit glimmerschwarz lackierten Stahlteilen.
Private Element wie Bestuhlung, Schirme, Aufsteller etc. sollen werbefrei und dezent entwickelt werden.
Licht | Die Beleuchtung folgt der Hohe Straße gegenüberliegend der Baumreihe mit einer einreihigen Anordnung von Mastaufsatzleuchten mit ca. 5m Lichtpunkthöhe, ohne diese räumlich zu untergliedern. So wird die Verkehrswegmitte für flexible Nutzungsmöglichkeiten freigehalten und die Raumkanten betont. Die Leuchten besitzen eine schlichte, unaufdringliche Formensprache mit einem runden Lichtkopf und fügen sich bei Tag diskret in das Stadtbild ein. Bei Dunkelheit kann als Erweiterung des Funktionslichts ein dezentes farbiges Effektlicht zugeschaltet werden, was die langgezogene Fußgängerzone vor dem Hintergrund einer sehr heterogenen Baustruktur rhythmisiert und für einen hohen Wiedererkennungswert sorgt. Eine präzise asymmetrisch tiefstrahlende Lichtverteilung sorgt für hohen Sehkomfort und lässt den Ort eher wie einen langgezogenen Platz erscheinen, und nicht wie eine Straße. Durch die gezielte Akzentuierung ausgewählter Ausstattungselemente wie z.B. Bankunterleuchtungen entstehen visuelle Anker, was die Orientierung fördert und zum Verweilen einlädt. Die atmosphärische, in warmer Lichtfarbe gehaltene Beleuchtung definiert durch ausgewogene Kontraste das Platzvolumen im nächtlichen Stadtbild und unterstützt eine belebende Außengastronomie. Es entsteht ein öffentlicher Raum mit hoher Aufenthaltsqualität.
©DAY & LIGHT | lohrer.hochrein
Beleuchtungskonzept