Einladungswettbewerb | 03/2024
Neuer Innovations-Campus in Stühlingen-Weizen
©Atelier TATA
Visualisierung
Anerkennung
Preisgeld: 7.500 EUR
Architektur
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Mitarbeitende:
Barbara Holzer, Volker Mau, Ingo Böhler, Paola Ferrari, Jordi Bochnig Juan, Tim Krups
ifb frohloff staffa kühl ecker
Tragwerksplanung
Brandschutzplanung
Visualisierung
Erläuterungstext
Mit der Anordnung der gesamten Forschungs- und Entwicklungsbereiche unter einem Dach entsteht ein flächen- und volumenoptimiertes Gebäude, dass sich als dichter, lebendiger und eigenständiger Organismus versteht sowie den hochstehenden architektonischen und funktionalen Anforderungen gerecht wird. Die geringe Grundfläche ist Ausdruck eines haushälterischen Umgangs mit der Ressource Boden und bietet vielfältige Potentiale für eine qualitätsvolle und in Teilen naturnahe Außenraumgestaltung, die der Auenlandschaft gerecht wird. Die Kompaktheit des Baukörpers und der Zusammenschluss des Raumprogramms in einem Gebäude erzeugt die räumliche Nähe und einen niederschwelligen Austausch aller Akteur:innen.
Beurteilung durch das Preisgericht
Der Entwurfsansatz, die 3 Gebäudetypologien Hohe Halle, Mehrgeschossige Halle und Geschossbau, in einem Volumen zu vereinen, überrascht und führt zu angeregten Diskussionen innerhalb des Beurteilungsgremiums. Die Entwurfsverfasser verspricht sich dadurch eine hohe Innovationskraft aufgrund der kurzen und informellen Verknüpfungen innerhalb der Mitarbeiterschaft. Das dadurch entstehende sehr kompakte Gebäudevolumen und vor allem der geringe Fußabdruck des Gebäudes wird von allen Beteiligten positiv im Sinne der nachhaltigen Projektziele gemäß Auslobung bewertet und führt, auch im Quervergleich, zu wirtschaftlichen Projektkennwerten. Trotz dieser Kompaktheit sind zahlreiche und teilweise große Unterschreitungen der Sollwerte des Raumprogramms festzustellen.
Aufgrund des kompakten Volumens und der Situierung sind weitere (aktuell nicht geplante) Campus-Erweiterungen theoretisch möglich und denkbar. Die adäquate städtebauliche Vernetzung bzw. Anknüpfung des Neubaus an das Stammwerk im Norden wird aufgrund der solitären Stellung und der langen Fassadenabwicklung entlang der B314 allerdings in Frage gestellt und bleibt letztendlich abstrakt. Das Parkhaus wird über den gewählten Ansatz nicht integrativer Teil der Campus-Erweiterung und bleibt gegenüber dem großen Neubauvolumen isoliert und wirkt etwas verloren. Die Aussenraumgestaltung wirkt leider sehr schematisch und kann nicht überzeugen. Im Sinne der Resilienz werden mögliche zukünftige Projektanpassungen wie z.B. eine bauliche Etappierung oder Veränderungen des Raumprogramms über das zusammengefasste und gestapelte Gebäudevolumen deutlich erschwert.
Die Entwurfsidee wird in der inneren Organisation und Struktur des Gebäudes konsequent und schlüssig weiterverfolgt. Die «Rue Interieur» bildet die zentrale Bewegungsachse und wird durch die Erschließungskerne in der doch beträchtlichen Dimension und Längenausdehnung rhythmisiert. Gerade im Erdgeschoss führt die fehlende natürliche Belichtung allerdings zu räumlichen Einbußen. In den ersten zwei Geschossen teilt die Erschließungsachse die zwei Hallenstrukturen im Back-to-BackPrinzip, logische Folge ist aber eine Reduktion der natürlichen Belichtungsmöglichkeit über die innere Längsfassade. In den zwei folgenden Geschossen befinden sich die Büround Laborbereiche, die über die eingeschnittenen Höfe und den hohen Fensterflächenanteil für günstige Tageslichtverhältnisse sorgen. Aufgrund der Kammstruktur und der Lichthöfe kann auch eine effiziente Querlüftung gewährleistet werden. Die geforderte Nutzungsflexibilität und Anpassbarkeit der Flächen ist hier allerdings aufgrund der trennenden Fingerstruktur beeinträchtigt bzw. verunmöglicht. Die gewählte Grundrissorganisation wird trotz des konzeptionellen innovativen Ansatzes daher eher als gruppenbildend und trennend bewertet und führt zu langen Wegen zwischen den einzelnen Abteilungen. Entlang der mittigen Erschließungsachse entstehen in den Obergeschossen an den Hofeinschnitten natürlich belichtete Aufenthalts- und Kommunikationszonen. Diese erscheinen allerdings aufgrund der systematischen Wiederholung zu zahlreich und damit zu groß bemessen für die tatsächliche Mitarbeiteranzahl. Das Schulungszentrum am Kopf ist richtig platziert und wird visuell und räumlich über die interne 2-Gechossigkeit mit dem darüber befindlichen Oberlicht aufgewertet. Die einseitige LKW-Anlieferung über den Kopf im Osten wird aufgrund des vorgelagerten Wendekreises als technisch machbar und sinnvoll beurteilt.
Der Lösungsansatz mit zwei Fluchttunnel im 1. Untergeschoss wird verstanden und befreit das Erdgeschoss von Fluchtthematiken. Allerdings verbleiben bewilligungsrechtliche 13 Bedenken bzgl. Fluchtweglängen und Entfluchtungskonzept im nördlichen Bürobereiche im 3. Obergeschoss. Die Kaskadentreppen als gestaltprägendes und charakteristisches Element der Südfassade in Richtung Wutach werden aufgrund Ihrer Dimension und Ausformulierung in Frage gestellt.
Bei den Parametern NUF, BGF und BRI befindet sich die Arbeit unter dem Durchschnitt.
Der architektonische Ausdruck des Gebäudes mit der Collage an Materialien und Strukturen unterstreicht den innovativen Ansatz und identifiziert das Gebäude als gewerbliche Denkfabrik, die bewusst keinen Bezug zur bestehenden Campusarchitektur des Stammareals sucht. Die Zusammenfassung aller Baukörper sorgt zudem für eine geringe Flächenversiegelung und lässt Platz für eine noch auszuformulierende und klimaresiliente Außenraumgestaltung. In Kombination mit soziokulturellen Flächen auf den Dächern, reduziert sich jedoch die stromproduzierende Fläche auf ein Minimum, wobei auch das Potenzial in den Fassaden nicht genutzt wird. Das gewählte Konstruktionsprinzip im Sinne des Cradel2Cradle-Prinzips ist nachvollziehbar und scheint auch aufgrund des ökonomischen Konstruktionsrasters sinnvoll. Durch die Holzhybridkonstruktion wird der Anteil nachwachsender Rohstoffe erhöht und die Graue Energie reduziert.
Insgesamt liefert die Arbeit mit ihrer kompakten Lösung einen guten und vor allem wirtschaftlichen Beitrag im Verfahren, kann allerdings aufgrund der isolierten Stellung und Haltung zum Gesamtensemble das Preisgericht nicht maßgeblich überzeugen.
©Holzer Kobler Architekturen
Lageplan
©Holzer Kobler Architekturen
Konstruktion
©Holzer Kobler Architekturen
Ansicht Nord
©werk5
Modell
©werk5
Modell