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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2021

Neues Baugebiet VFL-Post-Areal Pliensauvorstadt in Esslingen am Neckar

ein 1. Preis / 2. Rang / nach Überarbeitung

Preisgeld: 19.000 EUR

H|G HĂ€hnig | Gemmeke Architekten und Stadtplaner Partnerschaft mbB

Stadtplanung / StÀdtebau

bÀuerle landschaftsarchitektur + stadtplanung

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit 1014 offeriert ein solides stĂ€dtebauliches GrundgerĂŒst aus drei Blockrand-organisierten Wohnhöfen, die durch ihre gezielte Dimensionierung und Ausrichtung sowohl eine Quartiersmitte formulieren als auch sinnfĂ€llige Verbindungen (Wege- und Sichtbeziehungen) in die Umgebung aufbauen. Die Wohnhöfe bestehen aus unterschiedlichen Bauformen - vom Stadthaus zum Stapelhaus und von der Baugemeinschaft zum Cluster-Wohnen - und lassen so eine starke soziale Durchmischung erwarten. Hinzu kommen GemeinschaftsflĂ€chen, die die Verfasser in GebĂ€udefugen und auf FlachdĂ€chern integrieren, die weitere Impulse im Hinblick auf eine langfristige Ausbildung stabiler Nachbarschaften erwarten lassen. Auch die Sondernutzungen wie Kita und Seniorenwohnen sind geschickt in die Wohnhöfe integriert.


Die Höfe selbst sind weitgehend gut geschnitten und bieten weiteren Raum fĂŒr nachbarschaftliche AktivitĂ€ten. Die Höfe sind nicht unterbaut und können dementsprechend als grĂŒne „Gartenhöfe“ großkronigen Baumbestand aufnehmen und der Retention und Versickerung von Regenwasser dienen. Besonderes Merkmal des Entwurfes ist ein innovatives Verkehrskonzept. Auf kostenaufwĂ€ndige Tiefgaragen wird zugunsten einer Quartiersgarage verzichtet, die im westlichen Teil des Areals verortet wird. Sie wird von Westen her erschlossen, womit das Quartier weitgehend vom Autoverkehr freigehalten wird. Dieses Prinzip wird allerdings durch die lange Zufahrtsmöglichkeit entlang der Hangfußkante konterkariert. Es stellt sich die Frage, ob die StapelhĂ€user im SĂŒdosten des Areals nicht anderweitig fĂŒr den Lieferverkehr angebunden werden können.


Auch passen die StellplĂ€tze vor der Kita nicht zum Anspruch, den Autoverkehr aus dem Quartier herauszuhalten. Es gelingt den Verfassern, die Quartiersgarage sinnvoll in die Gesamtstruktur einzubinden. Durch die Kombination mit dem sĂŒdwestlichen Wohnhof wird die Baumasse geschickt integriert und zusĂ€tzlich der LĂ€rm von Straße und Bolzplatz von den sensiblen Wohnnutzungen abgeschirmt. Die Garage erhĂ€lt ein bespielbares Dach („Activity roof“), die Fassade wird begrĂŒnt oder als Kletterwand nutzbar gemacht. DarĂŒber erhĂ€lt die Quartiersgarage durch eine 5 geschossige punktförmige Eckbebauung – ein sog. Mobility-Hub mit CafĂ© – ein besonderes Gesicht zur Quartiersmitte, trĂ€gt also ihrerseits zur Belebung des öffentlichen Raumes bei. Im Zusammenspiel von robusten Wohnhöfen und Quartiersgarage mit Mobility-Hub schĂ€lt sich mithin ein gut dimensionierter Quartiersplatz heraus. Der Platz fungiert als Mitte, aber auch als Adresse des Quartiers und wird in seiner Bedeutung neben dem Mobility Hub durch ein Werkstatthaus unterstrichen, dass sich im Westen an den Platz anlagert. Es enthĂ€lt RĂ€ume fĂŒr gemeinschaftliche AktivitĂ€ten und ein Quartiersmanagement. Auch die Kita wird ĂŒber den Quartiersplatz angedient, was zu dessen Belebung beitrĂ€gt.


Wie am Quartiersplatz so zeigt sich der Entwurf insgesamt eine ambitionierte Freiraumgestaltung. Im Besonderen versucht er, die waldartigen FreirĂ€ume am Hangfuß mit denen entlang des Champagnebaches zu verbinden und auch eine Verbindung entlang der Weilstraße zum Bolzplatz zu knĂŒpfen. Die Jury wĂŒrdigt diese Geste und begrĂŒĂŸt die Herausarbeitung des Bolzplatzes im Übergang zum nördlich angrenzenden Schulstandort. Sie vermisst aber konkretere Darstellungen zur Renaturierung des Champagnebaches und stellt insbesondere die Breite des Freiraums in diesem Abschnitt in Frage. Der Freiraum entlang der Parkstraße mĂŒsste breiter sein, um weitergehende AufenthaltsqualitĂ€ten fĂŒr die Pliensauvorstadt zu bieten und als wirkmĂ€chtige Kaltluftleitbahn zu fungieren. Sieht man von der zu schwachen FreiraumausprĂ€gung entlang der Parkstraße ab, so ĂŒberzeugt der Entwurf durch die geschickte funktionale und stadtrĂ€umliche VerknĂŒpfung von innovativen Wohnformen und zukunftsweisender MobilitĂ€t. Es entsteht ein neues, gut vernetztes Quartier, das sich in einem heterogenen Umfeld behaupten und eine eigene IdentitĂ€t ausbilden kann.