Nichtoffener Wettbewerb | 07/2024
Neues Kultur- und Bürgerzentrum in Tittling
©Ackermann + Renner Architekten GmbH
Blick auf den Haupteingang
ein 3. Preis
Preisgeld: 8.000 EUR
Ackermann + Renner Architekten GmbH BDA
Architektur
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Verfasser:
Georg Ackermann, Cornelia Renner, Georg Ackermann, Cornelia Renner
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Mitarbeitende:
Beurteilung durch das Preisgericht
Der Wettbewerbsbeitrag überzeugt durch einen kompakten, zweiteiligen Baukörper mit begrüntem Flachdach, welcher durch seine Lage im stadträumlichen Gefüge sowohl die optische Verbindung zwischen Rathaus und Marktplatz stärkt als auch einen angemessen proportionierten Vorplatz vor dem nach Osten ausgerichteten Hauptzugang entstehen lässt. Dieser von Bäumen beschattete Vorplatz wird durch die Freischankflächen des Cafés einladend bespielt und dient zugleich als ausreichend dimensionierte Anlieferzone für den Neubau. Es wird jedoch keine planerische Aussage zur derzeit in diesem Bereich bestehenden Bushaltestelle getroffen. Eine zurückhaltend in das Gelände integrierte Freitreppe grenzt den Vorplatz von der stark geneigten Zufahrt zum Rathaus ab. Im Bereich des Rathauses werden ausreichend Pkw-Stellplätze angeboten. Zwischen Neubau und Zufahrt entsteht eine großzügige Grünfläche, angelegt als blühende Staudenpflanzung mit ergänzenden Baumpflanzungen und Sitzgelegenheiten, welche zur Attraktivierung des Rathausplatzes beiträgt. Den steinernen Charakter des Freiraums entwickelt der Verfasser aus der bestehenden Materialität am Marktplatz und schafft so eine homogene Verbindung von diesem zum Rathaus. Der neu entstehende „Bürgergarten“ im Süden des Neubaus erzeugt einen deutlichen Kontrast zur Belagsfläche. Hinsichtlich der Gestaltung und der Aufenthaltsqualität des Bürgergartens wird jedoch wenig planerische Aussage getroffen. Der Erhalt des Bestandsbaums und die bewusste Neusetzung klimaresilienter Baumarten am Marktplatz sowie auf dem Rathausplatz akzentuiert die Funktionsbereiche innerhalb der Platzflächen. Der Baukörper reagiert in seinen baulichen Dimensionen respektvoll und angemessen auf den städtebaulichen Kontext, insbesondere hinsichtlich der Höhenentwicklung gegenüber der Nachbarbebauung am Marktplatz sowie hinsichtlich des gebotenen Abstands zum Rathaus. Gegenüber dem Rathaus wirkt die über 3-geschossige Fassade aber dennoch äußerst dominant. An die im Norden angrenzende Nachbarbebauung wird direkt angebaut, jedoch unter Erhalt des bestehenden Lichthofs. Der Neubau hebt sich gestalterisch im Sinne einer klaren Adressbildung bewusst, jedoch dezent aus dem städtebaulichen Umfeld ab. Die Fassaden erhalten eine Vorsatzschale aus geschlämmtem Ziegelmauerwerk, welche konsequent durch Fensterbänder, Balkone und Loggien unterbrochen wird. Diese wohl gesetzten Einschnitte in das bauliche Volumen lockern das Erscheinungsbild des orthogonalen Baukörpers auf und ermöglichen eine vorbildliche Verschränkung von Innen- und Außenraum. Die Hauptnutzungen „Kultur- und Bürgerzentrum“ und „Bibliothek“ lassen sich bereits an der Fassade ablesen und zeichnen sich durch eine besonders gelungene Platzierung innerhalb des Gebäudes aus. Von besonderer Qualität ist hierbei die durchgängige, einfache und funktionale Grundrissgestaltung. Die vertikale Erschließung erfolgt über den im Nordosten verorteten Erschließungskern mit Treppenlauf und Aufzug, welcher auch alle weiteren Geschosse andient. Ein weiterer Treppenlauf wird im Nordwesten als zweiter baulicher Rettungsweg angeboten. Die Erschließung innerhalb der Geschosse erfolgt nahezu ausschließlich über die großzügigen Foyers des östlichen Teilbaukörpers. Vom Marktplatz kommend werden der - auch separat von außen erreichbare - Regiomat-Bereich, das Café sowie eine Garderobe und die dem Rathaus zugeordneten, natürlich belichteten, Büros erschlossen. Die Bibliothek wird, obwohl im 1. Untergeschoss auf Ebene des Rathausplatzes liegend, durch zwei Licht- bzw. Lufträume aus dem EG auf Ebene des Marktplatzes visuell wahrnehmbar und öffnet sich über eine Fensterfront auch in Richtung Rathausplatz, leider ohne hier eine Zugangsmöglichkeit anzubieten. Der im 1. Obergeschoss liegende Saal wird über das transparent gestaltete Foyer mit einem zum Markplatz orientierten Balkon verbunden, wodurch Veranstaltungen auch im Außenraum visuell wahrnehmbar werden. Der Saal wirkt aufgrund des darüberliegenden Geschosses tendenziell zu gedrungen, eine Erhöhung der Geschossebene scheint hier empfehlenswert. Im 2. Obergeschoss befinden sich die VHS-Räume sowie die Tittlinger Stuben, für welche überdachte Freibereiche sowohl in Richtung Marktplatz als auch in Richtung Rathausplatz angeboten werden. Auf jeder Geschossebene werden Sanitär- und Nebenräume direkt der jeweiligen Nutzung zugeordnet. Auch die Küche des Cafés bzw. die Cateringküche des Saals werden unmittelbar der Hauptnutzung beigestellt. Im Foyer des Saals entstehen hierdurch unter Umständen kreuzende Personenverkehre durch Anliefernde und Besucher. Das Foyer erscheint aber ausreichend dimensioniert, um diese Mehrfachnutzung abzudecken. Die Kompaktheit der baulichen Kubatur, das günstige Verhältnis von Fassadenöffnungen zu geschlossenen Fassadenflächen, die gewählte Stahlbetonkonstruktion, die mineralfasergedämmten Außenwände mit vorgehängtem Ziegelmauerwerk sowie die vorgesehene Photovoltaiknutzung lassen auf eine wirtschaftliche Umsetzbarkeit, eine hohe Energieeffizienz und geringe Aufwendungen für den Unterhalt schließen. Zusammenfassend betrachtet stellt die Arbeit aus städtebaulicher und architektonischer Sicht einen besonders wertvollen Beitrag zur Wettbewerbsaufgabe dar, welcher trotz geringfügiger Abweichungen im Raumprogramm eine nachhaltige bauliche Lösung für Gebäude und Freianlagen anbietet.
©Ackermann + Renner Architekten GmbH
Lageplan
©Ackermann + Renner Architekten GmbH
Blick vom Marktplatz auf den Haupteingang
©Ackermann + Renner Architekten GmbH
Blick vom Rathausplatz
©Ackermann + Renner Architekten GmbH
Erdgeschoss mit Umgriff - Ebene Marktplatz