Nichtoffener Wettbewerb | 03/2025
Neugestaltung Freianlagen Schulcampus Nord in Neubrandenburg
©Simons & Hinze Landschaftsarchitekten
Perspektive Grundschule
3. Preis
Preisgeld: 6.000 EUR
ErlÀuterungstext
ErlÀuterung zu den Freianlagen
StÀdtebaulicher Kontext / Einordnung in die Umgebung
Der Schulstandort âNordâ am Reitbahnsee ist von der umgebenden stĂ€dtebaulichen Struktur stark geprĂ€gt. Dieser liegt in Mitte einer Plattenbausiedlung aus den 80er Jahren, welche von geometrischer Strenge dominiert wird. Die GebĂ€udezeilen fassen meist einen gröĂeren GrĂŒnraum im Inneren, auĂen begrenzt der StraĂenraum. Am Schulstandort fassen allerdings nicht die GebĂ€ude das GrundstĂŒck, sondern öffnen sich zum Stadtraum, so als ob der Schulhof den öffentlichen Platz darböte. Um dem Campus einen Rahmen zu geben, damit er sich zur Mitte hin konzentrieren kann, werden die Raumkanten als grĂŒner Rahmen ausgebildet. Aber nicht nur rĂ€umlich, sondern auch zur freien Entfaltung der SchĂŒler werden die umlaufenden Grenzen zum Schutz der Kinder mit einem grĂŒnen Puffer bepflanzt. Dieser Rahmen fasst auch beide Schulen, die zwar funktional getrennt, aber rĂ€umlich zum Campus so zusammengefasst werden.
Die beiden Schulen wurden in den vergangenen Jahren saniert, die angrenzenden FreiflĂ€chen teilweise bereits erneuert und thematisch mit unterschiedlichen Themen belegt. Die Grundschule erhielt unter dem Thema âReitbahnsee, Wellen, Strandâ ein Hochbeet mit wellenförmiger Mauereinfassung. Die Regionale Schule hat einen GroĂteil ihrer Freianlagen bereits erneuert, welche thematisch sich auf âPlanetenâ bezieht. Ablesbar ist dieses durch Kreise im Bodenbelag an den EingĂ€ngen, sowie einer runden Podestanlage auf dem sĂŒdlichen Schulhof.
Konzept âInselnâ
Der Entwurf fĂŒr die neuen Freianlagen der SchulhofflĂ€chen greift die Themen Kreis und Welle auf und mĂŒndet in das integrative Konzept von âInselnâ, um in einer gemeinsamen Sprache fĂŒr den gesamten Raum einen Zusammenhalt und Campuscharakter zu schaffen. Die Inseln als kreisrunde SpielflĂ€chen werden in unterschiedliche Nutzungszonen unterteilen. Diese Inseln bieten den Kindern ein breites, flexibles Angebot, das den BedĂŒrfnissen nach Bewegung, Entdecken, Entspannen und Orientierung gerecht wird. Der Entwurf hat zum Ziel, eine funktionale und gestalterisch ĂŒberzeugende Schulhoflandschaft zu schaffen, die sowohl die pĂ€dagogischen Anforderungen der Ăberschaubarkeit als auch die sozialen BedĂŒrfnisse der SchĂŒler in den Mittelpunkt stellt.
Die RĂ€ume beinhalten ein Angebot mit flexibler und multifunktionaler Nutzung. So gibt es einige festeingebaute Spiel- und Sportelemente, aber auch freie BewegungsflĂ€chen, und Bereiche zur individuellen Entfaltung (Ruhebereiche, Naturbereiche mit Strandgut aus BaumstĂ€mmen). Diese unterschiedlichen RĂ€ume sind verschiedenen Bereichen zugeordnet: so sind mittig eher die lauten schnellen AktivitĂ€ten und zum Rand hin Orte, die ruhiger gestaltet sind und RĂŒckzugsmöglichkeiten bieten, sowie kontemplative NaturrĂ€ume beinhalten. Trotz der vielfĂ€ltigen RĂ€ume ist dem pĂ€dagogischen Personal eine gute Ăberschaubarkeit geboten, da auf raumtrennnende Elemente in der Schulhofmitte verzichtet wird. Nichts desto trotz lieben Kinder Höhlen und Verstecke und sollen einen sicheren geborgenen Ort finden, an dem sie sich ausleben können. Deshalb wird von der Mitte zum Rand die Vegetation kulissenartig gestaffelt. Die Schulhofmitte erhĂ€lt nur Bodendecker und hochstĂ€mmige BĂ€ume, zum Rand im naturnahen Bereich kommen Stauden und BlĂŒhgehölze hinzu. Eingefasst wird die SchulhofflĂ€che mit einer buschigen Heckenpflanzung als grĂŒner Puffer, zum Schutz der SchĂŒler (um Einsehbarkeit zu vermeiden und Abgrenzung zu schaffen).
Bewegung und AktivitÀt
Die Inseln bieten auf beiden Schulhöfen Raum fĂŒr verschiedene BewegungsaktivitĂ€ten, die in abwechslungsreiche, rĂ€umlich differenzierte Bereiche gegliedert sind. Sportliche BetĂ€tigung wird durch SpielgerĂ€te, Kletterelemente und ein offenes Spielfeld unterstĂŒtzt, das den Kindern erlaubt, sich frei und vielfĂ€ltig zu bewegen. Diese Inseln fördern die physische Entwicklung und regen die Kinder zu kreativen, kooperativen Spielen an. Unterschiedliche Höhen und Ebenen schaffen einen dynamischen Raum, der sowohl die motorischen FĂ€higkeiten fördert als auch zu eigenstĂ€ndigem Spiel einlĂ€dt.
Lernen und Entdecken
Ein zentraler Aspekt des Entwurfs ist die Integration von Lerninseln, die nicht nur als Ruhezonen dienen, sondern auch kreative und intellektuelle Anreize bieten. Verschiedene thematische Bereiche â wie der Naturraum oder die GrĂŒne Insel â ermöglichen den SchĂŒlern, mit ihrer Umgebung in Kontakt zu treten und neue Erfahrungen zu sammeln. Hier können sie im Freien lernen, forschen und die Natur beobachten. Auf den Holzpodesten kommen die Kinder zusammen und können sich gemeinsam austauschen. ErgĂ€nzt wird dieses Angebot durch den Erlebnisgarten an der westlichen GrundstĂŒcksgrenze, welche durch eine 90 cm hohe StĂŒtzmauer auf der oberen Ebene erweitert wird. Diese RĂ€ume fördern eine ganzheitliche Bildung und sensibilisieren fĂŒr ökologische und gesellschaftliche Themen. Auch fĂŒr die Regionale Schule wurde ein Bereich mit Hochbeeten geschaffen, der groĂe Holztisch aus dem Bestand wird schattig neu positioniert und ist fĂŒr beide Schulen nutzbar.
Aufenthalt und Kommunikation
Die Freianlagen bieten auch zahlreiche RĂŒckzugsorte fĂŒr den Aufenthalt und die soziale Interaktion der Kinder. In den groĂzĂŒgigen Ruhebereichen am Rand finden sie ungestörte PlĂ€tze zum Verweilen, Lesen oder Ausruhen. Die Sitzmöglichkeiten sind so platziert, dass sie sowohl individuelle RĂŒckzĂŒge als auch soziale Begegnungen in kleinen Gruppen ermöglichen. Weiche ĂbergĂ€nge zwischen den Inseln fördern den Dialog und die Vernetzung der SchĂŒler untereinander. Diese Zonen stĂ€rken das GemeinschaftsgefĂŒhl und bieten Raum fĂŒr GesprĂ€che und Kooperation. An den EingĂ€ngen gibt es gröĂere freie FlĂ€chen, um den Verkehrsfluss des Ankommens und Gehens genĂŒgend Raum zu geben.
ErschlieĂung und Orientierung
Die Anordnung der Inseln folgt einem klaren, intuitiv verstĂ€ndlichen ErschlieĂungskonzept. Ăber eine gepflasterte FlĂ€che sind alle Bereiche des Schulhofes barrierefrei und gut erreichbar. Die Wege fĂŒhren die SchĂŒler sicher von einem Bereich zum anderen und gewĂ€hrleisten eine klare Orientierung innerhalb des Areals. Die Gestaltung der ĂbergĂ€nge zwischen den Inseln ist so gewĂ€hlt, dass sie sowohl die funktionale Nutzung als auch Ă€sthetische AnsprĂŒche erfĂŒllt und den Raum harmonisch gliedert.
Gestalterische Haltung und Materialwahl
Die Gestaltung des Schulhofes setzt auf eine zurĂŒckhaltende, aber auch sinngebende Materialwahl, die die unterschiedlichen Funktionen der Inseln unterstĂŒtzt. So wurde das Bestandspflaster der Regionalen Schule in Art und GröĂe aufgenommen und ein Drainbetonpflaster in Grau nuanciert fĂŒr die befestigten FlĂ€chen gewĂ€hlt, welche als Teppich unter den Inseln liegt und einen Zusammenhalt auf dem Campus schafft. Zudem kann das Drainbetonpflaster durch den Porenanteil auch ein GroĂteil des Regenwassers bereits an Ort und Stelle versickern. Beide SchulhofflĂ€chen erhalten jeweils eine BallspielflĂ€che, welche mit EPDM-Belag ausgefĂŒhrt wird. Dort befinden sich kleine Bolzplatztore mit jeweils einem Basketballkorb, um verschiedene Angebote fĂŒr die SchĂŒler zu schaffen. Gefasst werden diese Bereiche mit einem Ballfangzaun und gestuften Sitzaufkantungen aus Beton. Die Regionale Schule erhĂ€lt eine zweite FlĂ€che aus EPDM, auf welche eine Calisthenicsstange steht. Die Grundschule erhĂ€lt zudem eine groĂe Sandinsel mit einem KlettergerĂŒst aus Seilverspannungen und Rutsche, sowie eine kleinere Sandinsel mit Balancierbalken und Liegenetz. Kleinere Inseln wie Reckstange, Minitischtennis und Trampoline erweitern das Bewegungsangebot auf dem Schulhof. GesĂ€umt werden die BewegungsflĂ€chen am Rand um den gesamten Schulhof durch wellenförmige GrĂŒnflĂ€chen, die im Ăbergang als Wiesenbereich ausgebildet werden und zum Rand hin höher werdende Stauden, StrĂ€ucher und Gehölze (Hecke) erhalten. Die niedrigeren Wiesen fungieren zum einen als Naturerfahrungsraum, aber auch als Retentionsraum fĂŒr das Niederschlagswasser. Dort können die Kinder auf BaumstĂ€mmen und Findlingen mit natĂŒrlichen Materialien in Kontakt treten.
Somit werden natĂŒrliche Materialien wie Holz, Stein und Pflanzen mit modernen Elementen kombiniert, um eine harmonische AtmosphĂ€re zu schaffen, die Inseln sind als Landschaftselemente konzipiert, die nicht nur funktionale RĂ€ume bilden, sondern auch einen Ă€sthetischen Mehrwert bieten und das ökologische Bewusstsein der Kinder stĂ€rken.
Fazit
Der Entwurf verfolgt eine klare Vision: Die Schaffung eines Schulhofes, der den Kindern eine breite Palette an Nutzungsmöglichkeiten bietet und gleichzeitig Raum fĂŒr Ruhe, Bewegung und kreative Entfaltung lĂ€sst. Durch die konsequente Integration von Inseln als multifunktionale Zonen wird der Schulhof zu einem lebendigen und flexiblen Lern- und Erlebnisraum, der sowohl den pĂ€dagogischen Anforderungen als auch den sozialen BedĂŒrfnissen gerecht wird.
Beurteilung durch das Preisgericht
Der Entwurf nimmt sich im Hinblick auf die freiraumplanerische QualitĂ€t und die QualitĂ€t der landschaftsarchitektonischen Leitidee der Campus- Idee an und setzt diese mit gestalterischen Mitteln als verbindendes Element auf beiden TeilflĂ€chen um. Hierbei wird die Gestaltungsidee der bereits auf der BestandsflĂ€che der Regionalen Schule angewendeten âStraĂe der Planetenâ aufgegriffen und fortgefĂŒhrt. Diese findet Gestalt in den verschieden groĂen, kreisrunden FlĂ€chen, welche die unterschiedlichen Funktionen aufnehmen. Die Kreise sind jeweils zentral in den beiden TeilflĂ€chen angeordnet und werden von GrĂŒnbereichen, die in Teilen auch mit Funktionen und Nutzungsangeboten versehen sind, eingefasst. Dieses Gestaltungsleitbild wurde konsequent angewendet und ĂŒberzeugend in den Entwurf ĂŒberfĂŒhrt.
Die Vorgaben zu funktionalen Inhalten wurden weitestgehend berĂŒcksichtigt, die QualitĂ€t des Nutzungskonzepts somit als hoch beurteilt. Lediglich auf die Einordnung einer Sprintstrecke und einer Weitsprungrube wurde verzichtet. Die zentralen AktivitĂ€tsfunktionen BallspielflĂ€che und Spielen findet sich in beiden TeilflĂ€chen wieder und gewĂ€hrleisten damit jeweils und unabhĂ€ngig voneinander eine umfĂ€ngliche Schulhoffunktion. Gleiches gilt auch fĂŒr die VeranstaltungsflĂ€chen.
Im Hinblick auf die QualitĂ€t und FunktionalitĂ€t der ErschlieĂung sind alle notwendigen ErschlieĂungswege und Raumbeziehungen berĂŒcksichtigt und in das Gesamtkonzept ĂŒberzeugend integriert. Der nicht vorhandene sĂŒdliche Zugang zur Sporthalle Traberallee ist ohne Eingriff in die Substanz des Entwurfes ergĂ€nzbar.
Das Angebot an Spiel- und AktivitÀtselementen ist vielfÀltig und zahlreich und in Bezug auf die Gesamtgestaltung stimmig integriert, daher wird die QualitÀt und FunktionalitÀt der Ausstattungselemente als hoch beurteilt. Der Schulhof der Grundschule bietet insgesamt wenig Struktur und Kleinteiligkeit. Die zentrale FlÀche ist durch den geringen Baumbestand kaum gestaffelt. Eine Raumbildung wird nur in AnsÀtzen erreicht, was im Hinblick auf die AtmosphÀre und AufenthaltsqualitÀt kritisch beurteilt wird. Auf der FlÀche der Regionalen Schule ist die Raumbildung besser gelungen.
Ein barrierefreier Zugang von Westen ist nicht gewĂ€hrleistet und lĂ€sst sich ohne gröĂeren Eingriff in den Entwurf auch nicht realisieren.
Die Kosten sind gering angesetzt und werden in Bezug auf die vorgesehene Ausstattung hinsichtlich ihrer PlausibilitÀt hinterfragt.
Die EntwĂ€sserung erfolgt ĂŒber das GefĂ€lle der OberflĂ€chen in die seitlich angeordneten GrĂŒnbereiche. Diese sollen das gesamte anfallende Wasser als RetentionsflĂ€chen aufnehmen. Die Anordnung von Versickerungsanlagen ist optional vorgesehen. GrundsĂ€tzlich ist die versiegelte FlĂ€che recht hoch und der schattengenerierende Anteil an GrĂŒnflĂ€chen verhĂ€ltnismĂ€Ăig klein. Dies ermöglicht einerseits eine groĂe, zusammenhĂ€ngend nutzbare BewegungsflĂ€che insbesondere auf den Grundschulhof, wird durch das Preisgericht jedoch im Hinblick auf die Nachhaltigkeit und Klimawirksamkeit kritisch beurteilt.
Insgesamt ist der Entwurf gestalterisch konsequent durchgearbeitet und geht weitgehend auf die funktionalen Erfordernisse ein. Im Sinne der Nachhaltigkeit und Integration klimaschonender Aspekte weist er jedoch Defizite auf.
©Simons & Hinze Landschaftsarchitekten
Perspektive Regionalschule
©Simons & Hinze Landschaftsarchitekten
Lageplan
©Simons & Hinze Landschaftsarchitekten
Schnitt Grundschule
©Simons & Hinze Landschaftsarchitekten
Schnitt Regionalschule