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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2024

Neugestaltung Freiraum und Neubau Überdachungsbauwerk am ZOB Göppingen

Blick Richtung Busbahnhof

Blick Richtung Busbahnhof

Anerkennung

Preisgeld: 11.000 EUR

Planstatt Senner

Landschaftsarchitektur

haascookzemmrich STUDIO2050

Architektur

wh-p Ingenieure

Tragwerksplanung

Planungsbüro StadtVerkehr Bernd Schönfuß

Verkehrsplanung

Kardorff Ingenieure Lichtplanung GmbH

Lichtplanung

Erläuterungstext

Architektonisches Konzept
Der neu gestaltete Zentrale Busbahnhof in Göppingen wird ein Leuchtturmprojekt für Klimaresilienz, Mobilität und Nachhaltigkeit. Das Projekt zeigt beispielhaft wie unsere gebaute Umwelt zur Verbesserung des städtischen Mikroklimas und der Biodiversität beitragen kann und zugleich mit geringem CO2-Fußabdruck Nachhaltigkeitsstandards für ein Infrastrukturprojekt setzt.
Die Neuplanung sieht 2 zentrale Bussteige in Ost-West Ausrichtung vor, die durch die kompakte Anordnung zu einer Entsiegelung von 25% gegenüber des Bestands führt. Darüber hinaus können 5 große Bestandsbäume mehr als ursprünglich vorgesehen erhalten und zahlreiche Neupflanzungen erreicht werden. Der neue Busbahnhof fügt sich wie selbstverständlich in den städtischen Kontext ein, nimmt bestehende fußläufige Verbindungen zum Hauptbahnhof, in die Göppinger Innenstadt und die umliegenden Schulen auf und stärkt den barrierefreien und inklusiven Zugang. In direkter Nachbarschaft zum Bahnhof Göppingen entsteht somit ein Mobilitätshub und zentrales „Drehkreuz“ des öffentlichen Nachverkehrs für die Region Göppingen/ Filstal.
Das neue Servicegebäude des ZOB in der Kellereistraße wird optimal mit den Bussteigen verbunden und in Szene gesetzt. Die Busse werden entsprechend ihrer bisherigen Verkehrsströme in Ost-West Richtung entlang der Bahnhofstrasse geführt und steuern dabei auf direktem Weg die jeweiligen Haltepunkte an. Jede Haltestelle wird barrierefrei erreicht und ist unabhängig voneinander sowohl in Ost- als auch in Westrichtung an- und abfahrbar. Ergänzt werden die 2 zentralen Bussteige durch 2 Haltestellen im südlichen Bereich und 1 Haltestelle in der Kellereistraße. Dabei werden nur die aus verkehrstechnischer Sicht wirklich notwendigen Oberflächen mit einem „Grünen Asphalt“ versiegelt. Dieser bindet durch die Beimischung von Pflanzenkohle mehr CO2 als dessen Produktion verursacht. Witterungsschutz und komfortables Ein- und Umsteigen ermöglichen 2 große Holzdächer, die die Bussteige jeweils überspannen. Eine Konstruktion aus Holz, PV-Glas und intensiver Dachbegrünung schaffen helle und offene Aufenthaltsbereiche. Schattenspendende Dächer und verschiedene Arten von unterschiedlicher Begrünung und Retentionswasserflächen sorgen für ein kühles Klima und niedrigeres Temperaturniveau während der Sommermonate. Der bisherige „Hotspot“ wird in eine klimaangepasste innerstädtische Oase verwandelt – die Grüne Lagune
Die neu konzipierten Dächer des ZOB werden neben Photovoltaikanlagen auch mit intensiver Begrünung ausgestattet. Die am Rand der Dächer installierten Photovoltaikanlagen haben ein leichtes Gefälle und leiten das Wasser in die mittig gelegenen Pflanztaschen. Über eine Drainage und einen mit einer Zisterne verbundenen Perlschlauch wird das Wasserniveau auf einem bestimmten Level gehalten. Mittig auf den Dachflächen ist ein Notüberlauf installiert, der das Wasser über einen Pflanztrog in die Zisterne leitet. So entstehen Smart Roofs, die sich zusammen mit der Speicherung des anfallenden Regenwassers in der unterirdischen Zisterne sowie der durch die PV-Anlagen gewonnenen Strom betriebenen Pumpe auch selbst bewässern.
Freiraumplanerisches Konzept
Der zentrale Omnibusbahnhof Göppingen, ein bedeutendes Element der Verkehrsinfrastruktur der Stadt, wird durch ein freiraumplanerisches Konzept deutlich aufgewertet und verändert, sowohl hinsichtlich der Aufenthaltsqualität als auch der Eingangssituation zur Innenstadt.
Dank der Ost-West-Ausrichtung und der Formsprache der neu gestalteten Bussteige entsteht südwestlich ein kleiner Park mit einer Fläche von etwa 500 m². Dieser soll als Grünanlage mit hohem Erholungswert dienen und gleichzeitig als Rückzugsort für viele Tiere und Pflanzen im innerstädtischen Bereich fungieren. Entlang der Kanalstraße wird ein großzügiger Grünstreifen mit einer Baumallee und Sitzbänken angelegt. Dadurch wird die Verbindung zwischen dem ZOB und dem Bahnhof gestärkt. Die Mauer an der südlich gelegenen Gastronomie wird mit bodengebundener Fassadenbegrünung versehen, um die Situation an dieser Stelle zu verschönern. Westlich der Außenterrasse entsteht eine Wildblumenwiese, die als innerstädtische Pollenquelle für Schmetterlinge, Bienen und andere heimische Insekten dient. Durch die Schaffung eines Weges mit sanftem Gefälle wird es Rollstuhlfahrern und Personen mit Kinderwagen zukünftig möglich sein, direkt von der Kanalstraße zum ZOB und umgekehrt zu gelangen. Entlang dieses Weges im Grünbereich entlang der Bahnhofstraße entsteht eine Sitzkante, die es wartenden Fahrgästen ermöglicht, im Grünen und gleichzeitig unter dem Blätterdach der Bäume im Schatten zu sitzen.
In den Randzonen entlang der Bürgersteige des ZOB werden neue Bäume gepflanzt. Bei der Auswahl der Bäume wurde auf Klimaresilienz und Stadttoleranz in Bezug auf Hitze, Trockenheit und Salzgehalt geachtet. Dabei sind sowohl fremdländische als auch heimische Baumarten vertreten, um die Artenvielfalt zu fördern. Bei der Flächendimensionierung wurde darauf geachtet, vorhandene Sichtachsen zu berücksichtigen. Östlich und nördlich erstrecken sich großzügige Grünstreifen als Abgrenzung zwischen Bürgersteig und Straße, ähnlich einem Gürtel. Diese Aufwertungen im Außenraum schaffen angenehme Aufenthaltsbereiche rund um den ZOB. Der Angstraum wird durch die Öffnung enger Räume und die Hinzufügung von mehr Grün freundlicher und einladender gestaltet. Auf den Grünflächen mit den Versickerungsmulden kann die Biodiversität besonders gefördert werden, da die Vegetation in den Mulden und ihrer Umgebung größtenteils aus heimischen Pflanzen bestehen soll. Dies fördert auch die heimische Fauna, da viele Insekten bevorzugt heimische Wildpflanzen als Nahrungs- und Pollenquelle nutzen. Als besondere Attraktion beherbergt dieses Areal einen Steg mit einer kleinen Plattform, von der aus man Naturerlebnisse genießen kann.
Im nördlichen Bereich befindet sich eine weitere offene Mulde, in die das Regenwasser von den nördlich gelegenen Freiflächen des ZOB abgeleitet wird. Die Mulden dienen lediglich der Vorreinigung des Regenwassers und sind mit einer abgedichteten Rigole ausgestattet. Diese leitet das vorgereinigte Wasser zu einer weiteren unterirdischen Rigole an einem Standort mit guten Versickerungswerten, um das Wasser dort dem Grundwasser zuzuführen und der natürlichen Wasserhaushaltsbilanz zu entsprechen. Überschüssiges Wasser aus der Rigole wird an den Regenwasserkanal in der Freihofstraße angeschlossen. Durch den höheren Grünanteil sowie die offenen Versickerungs- bzw. Muldenflächen verbessert sich das innerstädtische Mikroklima in diesem Bereich deutlich. Der Grünanteil, in Verbindung mit der Verdunstungskälte des zu versickernden Regenwassers, schafft ein angenehmes Stadtklima, das zum Verweilen und Durchatmen einlädt und das Warten auf den Bus an heißen Sommertagen angenehmer macht. Die Mulden sind mit Schilfzonen und kleinen Sandinseln versehen, die das Wasser aufbereiten und ein natürliches Bild schaffen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit zeichnet sich durch zwei prägnante, langgezogene Dächer des neuen ZOB aus, die die Platzfläche winkelförmig von Nordwest nach Südost überspannen. Durch die Neuausrichtung der Bussteige gelingt es dem Verfasser den Baumbestand auf der Südseite der Platzfläche weitgehend zu erhalten und hier eine großzügige Grünzone - die sog. grüne Lagune - mit Retentionsflächen zur Regenwasserbewirtschaftung und Aufenthaltsflächen anzubieten. Die Anbindung nach Süden zur Kanalstraße hin ist schlüssig und mit einer barrierefreien Rampe konzipiert und stellt damit eine gute Anknüpfung zum Bahnhofsplatz dar.

Verbunden mit dieser Ausrichtung der Dächer ist eine Neukonzeption der Anordnung der Bushaltestellen. Die Anforderung bzgl. der Anzahl der Bushaltepunkte wird dabei erfüllt, jedoch sind die Abstände der Fahrgassen zu gering und die Breite der Bussteige für die Wartenden sehr schmal gewählt. Auch an der Bahnhofstraße sind die Fahrspuren zu eng und an der Kellereistraße muss bei der Ausfahrt die Gegenfahrbahn mitbenutzt werden. Aufgrund der Länge der Busstände und der Breite der Fahrgassen können mehrere Busse nicht unabhängig voneinander von den Haltepunkten ausfahren. Die Querungsstellen der Fußgängerführung sind teils von den Bussen verdeckt und stellen daher eine Gefahrenquelle in der Übersichtlichkeit für die Fahrgäste dar. Die gemeinsame Führung von MIV und Busverkehr mit Haltestellen in der Bahnhofstraße am Südrand des Platzes wird ebenfalls kritisch gesehen.

Die barrierefreie Erschließung des ZOB und der Bussteige wird positiv gewertet und die lineare Anordnung der Bushalteplätze bietet eine gute Orientierung für die Fahrgäste. Die mittlere Fußgängeranbindung sollte bis zum südlichen Bussteig zur besseren Erschließung fortgeführt werden. Insgesamt weist das verkehrliche Konzept noch Mängel auf, die hinsichtlich einer Umsetzung teilweise noch überarbeitet werden müssten.

Die gestapelte Schichtung der Holzkonstruktion der Überdachungen erscheint sehr aufwändig und materialintensiv. In ihrem Erscheinungsbild wirkt die gesamte Konstruktion daher recht schwer. Die Ausbildung der Stützelemente in Holzbauweise wird hinsichtlich der Langlebigkeit und Anpralllasten kritisch gesehen und muss in ihrer Materialität und Dimension geprüft werden. Die Anlage der Pflanztröge in der Dachkonstruktion führt zu hohen Dachlasten und einer aufwändigen Bewässerungstechnik. Ebenfalls sollte die Entwässerung der einzelnen Tröge mit kleinteiligen und verschiedenen Entwässerungsebenen in die Stützen in der Umsetzung nochmals überdacht werden. Die Eindeckung der Dachfläche in den Randbereichen mit PV-Modulen wird dagegen begrüßt.

Insgesamt stellt der Entwurf einen eigenständigen Lösungsansatz dar, der in der Umsetzung des verkehrlichen Konzeptes jedoch teilweise noch Schwächen aufweist.
Blick Bahnhofstraße Richtung Osten

Blick Bahnhofstraße Richtung Osten

Lageplan

Lageplan

Konzeptdiagramm

Konzeptdiagramm