modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 07/2024

Neugestaltung Leuchtwerkareal in Augsburg

Fußgängerperspektive Quartiersplatz Osram

Fußgängerperspektive Quartiersplatz Osram

Anerkennung

Preisgeld: 10.000 EUR

REICHER HAASE ASSOZIIERTE GmbH

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

GTL Landschaftsarchitektur Triebswetter, Mauer, Bruns Partner mbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Neue Leuchtraft am Lech

Konzept
Das neue Quartier auf dem Leuchtwerkareal zeichnet sich durch einen sensiblen Umgang mit dem Bestand aus. Fast der gesamte Baumbestand sowie drei Gebäude und der Schornstein wurden erhalten, um die Identität und Historie des Ortes zu bewahren. Das Leuchtwerkareal, direkt an der Lech gelegen, weitet sich zur Uferpromenade auf und zeichnet sich durch hohe Naherholungsqualitäten für die Bewohnenden aus. Umarmt von einem neuen Stück Stadtsilhouette erstrahlt hier das Leuchtwerkareal am Wasser. Zur Berliner-Allee bildet die Baustruktur einen starken Rücken mit Wohn- und Gewerbeflächen (WA/MU) aus. Insgesamt entstehen etwa 20.000 m2 BGF für vielfältige Mischnutzung mit aktiven Erdgeschossen und zahlreichen Aktivitätsangeboten entlang der zentralen Achse. Auf 98.500 m2 BFG entsteht qualitativ hochwertiges Wohnen in Holzmodulbauweise, für unterschiedliche Zielgruppen.

Der Rhythmus der Baukörper entlang der Berliner Allee wird durch Grünachsen unterbrochen, die in das Quartier hineinreichen und sich positiv auf das städtische Mikroklima auswirken. Parallel zum Rückgrat verbindet die Quartiersachse als Lebensader des nachbarschaftlichen Lebens die verschiedenen Nahversorgungsangebote sowie Treffpunkte, Spiel- und Aufenthaltsorte. Die Gebäude entlang der Achse bilden mit ihrem abwechslungsreichen Höhenspiel sowie Vor- und Rücksprüngen eine kleinteilige Raumfassung und erzeugen öffentliche/gemeinschaftliche (Frei-)Räume mit Aufenthaltsqualität. Östlich schließt sich die abfallende Wohnbebauung an die Quartiersachse an und öffnet sich in Richtung Lech. Die ruhigen Wohnwege ziehen das Grün tief in das Quartier hinein, hin zur Uferpromenade der Lech, die mit neuen Freizeitangeboten, Badestellen und Aussichtspunkten zum Entdecken einlädt. Die großzügigen grünen Innenhöfe bieten ausreichend Platz und Rückzugsräume für die Bewohnerschaft.

Analog zu den vier Toren des ehemaligen Industriestandorts, entstehen vier Plätze, die die Geschichte der Leuchtmittelproduktion illustrieren und räumliche Qualitäten für die Bewohnenden schaffen. Den Auftakt zum Quartier bildet der Osramplatz. Er ist ein urbaner Platz mit Cafés, Bänken und Freiflächen für Märkte und Veranstaltungen. In Anlehnung an die Halbleiterproduktion erstrahlen die Pflanzflächen in einem besonderen Licht und bilden geometrische Formen auf dem Boden. Weiter südlich liegt der kleinere Quartiersplatz Ledvance. Hier finden nachbarschaftliche Begegnungen statt. Die energieerzeugenden LED-Platten im Boden leuchten hier, wenn der Platz genutzt wird. Ein besonderes Highlight erhält der Wolframplatz: Hier spannt sich zwischen den vorhandenen Bäumen ein Leuchtdraht auf, in Anlehnung an Glühdrähnte einer Glühbirne, und schafft in den Abendstunden eine besondere Atmosphäre. Zwischen den Werkstätten im Norden entsteht ein Werkhof. Hier steht das Handwerk im Mittelpunkt. Kleine Ausstellungen und Märkte finden hier statt.

Mobilität
Von der Berliner Allee und dem Radschnellweg entlang des Lechs führen regelmäßige Wegeverbindungen in den zentralen Erschließungsraum der Quartiersachse, an der alle Baufelder liegen. Der Autoverkehr wird durch Mobilty Hubs effizient am südwestlichen Rand gebündelt. Damit ist eine sehr gute Erreichbarkeit der vier Quartiersgaragen gewährleistet und es können hier insbesondere die Nutzungen angesiedelt werden, die nicht gänzlich auf eine Kfz-Anbindung verzichten können. Die Mobilty Hubs bilden die Gelenkpunkte der urbanen Quartiersachse und fangen den Verkehr effizient ab. Die Achse bietet als belebter Shared Space die Möglichkeit der Anlieferung; alle weiteren Stellplätze für Autos befinden sich in den Mobility Hubs, so dass nahezu das gesamte innere Wegenetz weitgehend autofrei bleiben kann. Große Fahrradgaragen befinden sich in den Untergeschossen der Wohntürme entlang des Radschnellweges sowie in den Mobility Hubs, entlang der inneren Achse und dezentral auf den Baufeldern.

Grün- und Freiflächen
Vom geschützten Grünstreifen an der Lech ausgehend, ziehen sie die Baumstrukturen bis weit in das Quartier hinein und verbinden so den Stadt- und den Grünraum miteinander. Zwischen den Gebäuden entstehen in Ost-West-Richtung grüne Korridore, die das Grün bis an die Berliner Allee heranziehen und so den Grünraum von der Lech nicht nur ins Quartier, sondern bis in die Stadt ziehen. Dies wird sich auch positiv auf die sommerliche Erwärmung der Stadt auswirken, da die Korridore die frische und kühle Luft vom Fluss transportieren. Um die Schneise möglichst effektiv zu gestalten, wird die Mitte freigehalten, zu den Rändern hin verdichten sich aber die Baumstellungen, so dass die angrenzenden Fassaden sich nicht aufheizen, da die warme Luft den positiven Effekt mindern würde. Im Uferpark an der Lech entsteht ein zusätzlicher Sparzierweg, so dass Rad- und Fußverkehr sich nicht einen Weg teilen. Entlang des Spazierwegs öffnen sich immer wieder kleine Plätze, die zum Verweilen am Wasser oder im Grünstreifen einladen. Tischtennisplatten und Calisthenics ergänzen hier das Freizeitprogramm. Am Wasser kann in den Sommermonaten auch eine Badestelle entstehen.

Bäume und Pflanzen
Nahezu alle Bestandsbäume im Quartier werden erhalten. Ergänzt werden die Bestandsbäume durch Pflanzung von Klimabäumen. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie mit extremen Regenfällen und durchweichten Böden zurechtkommen, aber auch mit länger anhaltenden Trockenperioden. Um den Boden nicht für jede Baumpflanzung austauschen zu müssen, wird das Gelände teilweise, mit dem vorhandenen Material aufgeschüttet. So erhalten die Bäume genügend Wurzelraum, ohne die alten Aufschüttungen komplett entfernen zu müssen. Eine artenreiche Strauchpflanzung vor den Wohnhäusern, bietet sowohl den Anwohnern Schutz vor Einblicken in die Wohnung als auch einen Lebensraum für viele Vogel- und Insektenarten. Die Grünen Achsen werden an den Rändern durch Stauden- und Gräserpflanzungen begleitet, die durch ihr üppiges und dichtes Wachstum einen niedrigen Pflegeaufwand benötigen. Innerhalb der Versickerungsmulden werden resiliente Stauden und Gräser gepflanzt, die sich auch nach langen Phasen unter Wasser schnell wieder erholen und auch längere Trockenperioden gut überstehen.

Regenwasserbewirtschaftung
Um ein zukunftsfähiges Quartier zu schaffen, ist es in erster Linie wichtig, die Flächen so umfänglich wie möglich zu entsiegeln. So kann ein natürliches Klima entstehen, mit Versickerung und Verdunstung direkt am Ort. Durch die Belastung der Böden ist dies allerdings mit einem hohen Kostenaufwand verbunden. Der Entwurf sieht vor, das Regenwasser aus dem Quartier gezielt in die vorgesehenen Mulden zu leiten, in denen sich das Wasser sammeln und versickern kann. In diesen Bereichen wird der Boden bis unter die Schichten der Aufschüttungen ausgetauscht, dass das Regenwasser ungehindert bis zum Grundwasser sickern kann. Um dies in die Mulden leiten zu können, wird das restliche Gelände teilweise überhöht. Vor den Gebäuden zur Berliner Allee hin entstehen Raingardens. Das anfallende Regenwasser von den Fuß- und Radwegen und das Regenwasser von den Dachflächen, wird dorthin abgeleitet. Bei Starkregenereignissen, kann durch die Muldenbildung Wasser angestaut werden, dass dann nach und nach versickert. Die Dächer werden begrünt und als niedrige Retentionsdächer ausgebildet. So kann, dass Regenwasser bereits auf den Dächern rückgehalten werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der neue Osramplatz bildet zusammen mit den beiden Industrie-Reminiszenzen ein prägnantes Gelenk aus zwischen dem neuen Quartier und der westlich angrenzenden Stadt und schafft damit eine schlüssige Anbindung die bestehende westliche Quartiersstruktur.

Die klare Raumkante entlang der Berliner Allee wird begrüßt, jedoch wirkt sie durch die Vielzahl unterschiedlicher Gebäudetypologien zu heterogen. Eine zentrale urbane Quartiersachse verläuft annähernd parallel zur Berliner Allee - sie bietet leider zu wenig markante räumliche Differenzierungen in der Abfolge der öffentlichen Räume.

Das Motiv der Wohnhöfe löst sich entlang der Lechaue in Einzelgebäude auf, dadurch wirkt die nordöstliche Stadtkante etwas zu unentschieden. Positiv beurteilt wird, dass sowohl einzelne ausgewählte Bestandsgebäude ihren Platz im Konzept des neuen Stadtviertels finden ebenso wie eine große Anzahl von Bestandsbäumen. Fünf Grünzäsuren bilden wirksame Ventilationsschneisen in Richtung Lech. Die vorgeschlagenen Baumstellungen unterstützen diese stadtklimatischen Effekte. Leider ist zu befürchten, dass die Führung der Tramlinie die südliche Grünfuge empfindlich beeinträchtigen wird und damit das südliche Areal zu stark abtrennen wird. Das Regenwasserkonzept reagiert angemessen auf die besonderen Herausforderungen des Ortes.

Positiv hervorzuheben ist die gelungene programmatische und freiräumliche Organisation es Gewerbeareals unter Einbezug eines Bestandsgebäudes. Die Wohnqualität der Gebäude zwischen Berliner Allee und dem sog. Quartiersplatz Wolfram überzeugt nicht. Positiv beurteilt werden die Mobiliätshubs, die durch ihre Innenhöfe die Nutzungsqualität und Durchquerung deutlich steigern; die Zufahrten zu den Mobilitätshubs sind noch nicht gut gelöst.

Positiv hervorzuheben ist die große Vielfalt des Entwurfs, trotz des verwendeten Modulbausystems. Allerdings ist eine ausgewogene Mischung zwischen struktureller Strenge und differenzierten stadträumlichen Angeboten auch in der Umsetzung wichtig. Die dargestellten Freiräume und Bäume im direkten Umfeld der Wohngebäude müssten hinsichtlich der Anforderungen des Brandschutzes überprüft werden. Positiv hervorzuheben ist, dass die Lechfreiflächen sich sehr gut mit der Wohnbebauung verweben. Die Wohn- und Aufenthaltsqualitäten zum Lech sind dadurch sehr überzeugend.

Der vorgeschlagene Standort der Schule überzeugt, so wie er im freiräumlichen Kontext und als Quartiersabschluss der Wohnbebauung sinnvoll gesetzt ist. Das Beibehalten des Bestandsgebäudes als Quartiers- und Jugendtreff an dieser Stelle wird begrüßt. Für die Gebäudeecksituationen an der Berliner Allee müssten aus Immissionsschutzgründen die Grundrisse optimiert werden.

Insgesamt ist der Beitrag ein wichtiger konzeptioneller Beitrag, der quantitativ sowohl im Bereich der überbauten Fläche, als auch in den Geschoßflächen für Wohnen und Gewerbe im Mittelfeld liegt.
Fußgängerperspektive Grüne Achse

Fußgängerperspektive Grüne Achse

Lageplan

Lageplan

Isometrie Nutzungsverteilung und Höhenentwicklung

Isometrie Nutzungsverteilung und Höhenentwicklung

Szenen aus dem Quartier

Szenen aus dem Quartier