Nichtoffener Wettbewerb | 05/2025
Neugestaltung Schulcampus Mühlenberg in Wipperfürth
©Loomn
Perspektive
2. Preis
Preisgeld: 38.625 EUR
Architektur
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Verfasser:
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Mitarbeitende:
Landschaftsarchitektur
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Verfasser:
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Mitarbeitende:
Erläuterungstext
STÄDTEBAU UND ARCHITEKTUR
Das Wettbewerbsgebiet wird von der vorhandenen Topografie geprägt und ist von unterschiedlichen Bebauungsstrukturen umgeben: Während in der weiteren Umgebung vorwiegend kleinteilige Wohnbebauung vorhanden ist, weist das direkte Umfeld des Wettbewerbsgebietes durch die Kubaturen der ehemaligen Realschule sowie der Voss-Arena eine größere Maßstäblichkeit auf. Durch die exponierte Lage auf dem Mühlenberg fällt der Bezug zur näheren Umgebung stärker ins Gewicht.
Wir schlagen für den Schulcampus 3 quadratische, gegeneinander versetzte Baukörper unterschiedlicher Größe und Höhe vor. Je ein Baukörper nimmt die Realschule sowie die Hauptschule auf. Zwischen den beiden Schulen wird das Campus-Herz als drittes Bauteil platziert. Das Campus-Herz ist als Zentrum, Treffpunkt und Bindeglied für unterschiedliche Aktivitäten und Versammlungen des Schulcampus konzipiert. Es beinhaltet die gemeinsamen Funktionsbereiche der beiden Schulen und wird von allen Schülern auf kurzem Wege erreicht. Die Verkehrswege von Real- und Hauptschule bleiben dabei klar voneinander getrennt. Die drei Gebäude bilden ein Ensemble und fassen den gemeinsamen Vorplatz an der Ostlandstraße. Auf diese Weise erhalten beide Schulen sowie das Campus-Herz eine Adresse und sind als Baukörper der jeweiligen Schule für Schüler, Lehrer und Eltern klar identifizierbar. Die Pausenhöfe werden rückseitig, auf der Südseite des Wettbewerbsgebiets mit Ausblick ins Tal und über die Stadt platziert.
Die beiden Sportflächen im Außenbereich sind der Voss-Arena zugeordnet und können sowohl über das neue Eingangsbauwerk der Voss-Arena als auch über den Außenraum erschlossen werden. Eine einfache Abschließbarkeit der Sportflächen ist aufgrund der 3-seitig umfassenden Bebauung gegeben.
FUNKTION
Im Erdgeschoss der beiden Schulbauten sind die jeweiligen Verwaltungen, gut erreichbar für Schüler, Lehrer und Eltern, platziert. Ein den Vorplatz umschließendes, offenes Raumkontinuum verbindet die Eingangsbereiche und Verwaltungen der beiden Schulen mit dem Forum, welches sich im Baukörper des Campus-Herz befindet. Bei Bedarf lässt sich das Forum mit der Aula zu einem großen, zusammenhängenden Veranstaltungsbereich zusammenschalten. Rückwärtig zur Aula sind die Musikräume vorgesehen, die so auch als Backstage-Bereich des Bühnenraums der Aula fungieren können. Eine moderate, flexible Absenkung des Bodens der Aula in Richtung der Bühne ermöglicht eine optimale Sichtlinie für alle Zuschauer.
Die Schulbücherei, der Ganztagsbereich und die Mensa befinden sich in nachbarschaftlicher Lage direkt am Forum. Da die Mensa auch für die Regenpause der Hauptschule vorgesehen ist, wird sie in Richtung des Baukörpers der KAH angeordnet. Der zur Mensa benachbarte Ganztagsbereich erhält einen direkten Zugang zum Außenraum und ist mit den Kunst- und Werkräumen über die vertikale Erschließung des Campus-Herz verbunden.
In den Obergeschossen der Schulgebäude umschließen die Unterrichtscluster jeweils einen Innenhof, der Tageslicht in die jeweiligen Clustermitten bringt. Die äußerst kompakte Anordnung der verschiedenen Unterrichtscluster ermöglicht sehr kurze Wege für die Schüler, was insbesondere, bei dem für die Realschule vorgesehenen „Lehrerraum-Prinzip“, beim Wechsel der Klassenräume sehr wichtig ist.
Die Spezialisierten Lern- und Unterrichtsräume für Kunst, Werken und Naturwissenschaften, die von beiden Schulen genutzt werden, befinden sich in den Obergeschossen des Campus-Herzes und sind von KAH und HVR getrennt und unabhängig voneinander erreichbar.
FREIFLÄCHEN
Das neue Schulgelände am Mühlenberg wird als nachhaltiger, zukunftsweisender Lern- und Arbeitsort gestaltet. Das Konzept vereint Gemeinschaft, Nachhaltigkeit und Klimaschutz durch eine, klimaresiliente und nutzungsfreundliche Freiraumgestaltung.
Der Vorplatz wird als offener, öffentlicher Raum konzipiert und bildet neben der Erschließung eine wichtige Aufenthaltsfläche für Schüler als auch für Besucher außerhalb des Schulbetriebs. Die Schulhoflandschaft ist bewusst in verschiedene Sport-, Spiel- und Lernbereiche gegliedert. Über den gesamten Schulhof verteilt befinden sich mehrere Spielinseln, die eine abwechslungsreiche Nutzung ermöglichen und die Interaktion und Bewegung der Schüler fördern. Ein multifunktionales Kleinspielfeld mit Volleyballanlage dient als zentraler Treffpunkt für die Schulgemeinschaft. Die "Grünen Klassenzimmer" mit Sitzstufen, werden für den Unterricht im Freien genutzt.
Ein zentraler Bestandteil des Konzepts ist der Erhalt der bestehenden Grünstrukturen und Bäume, wodurch der Bestand im Gelände bewahrt wird. Ergänzend werden klimaresiliente Baumarten wie Amberbaum, Sumpfeiche und Tulpenbaum neu gepflanzt, um zusätzliche Schattenbereiche zu schaffen und das Mikroklima zu verbessern. Teile der Realschule werden als Dachgärten angelegt, um zusätzliche Grünflächen zu schaffen, die sowohl ökologische als auch pädagogische Funktionen übernehmen.
VERKEHR
Es wird ein autofreies Konzept, das eine sichere und barrierefreie Erschließung für alle Nutzergruppen gewährleistet, verfolgt. Um möglichst viel Außenraumfläche für Schulhöfe und Spielbereiche zur Verfügung stellen zu können, werden die PKW-Stellplätze für Schulcampus und Voss-Arena unter Ausnutzung der vorhandenen Topografie, in einem größtenteils offenen Parkdeck angeordnet und erhalten eine witterungsgeschützte Anbindung an den Schulcampus und an das neue Eingangsbauwerk der Voss-Arena. Die Zufahrt zum Parkdeck erfolgt von der Ostlandstraße aus.
Der Verlauf der Straße „Am Mühlenberg“ wird leicht modifiziert: Die Anlieferung für Küche und Mensa erfolgt über diese Straße von Südwesten. Die Stellplätze für das ehemalige Realschulgebäude werden dem Bestandsgebäude räumlich zugeordnet. Außerdem bindet die Straße „Am Mühlenberg“ das südlich gelegene Wohngebiet an. Die Feuerwehrzufahrt zur Voss-Arena über den südlich der Realschule verlaufenden Weg bleibt erhalten.
Die geforderten Fahrradstellplätze werden entlang des Fahrradweges an der Ostlandstraße auf der Höhe des gemeinsamen Vorplatzes mit den Schuleingängen vorgeschlagen.
BAUABSCHNITTE
Im 1. Bauabschnitt wird der Neubau der Hauptschule mit 12 Klassenräumen und der Verwaltung errichtet. Die Klassenräume des Westflügels des Bestandsgebäudes der KAH ziehen in den Neubau um. Der Westflügel und der alte Neubau der KAH können entfallen. Das neue Eingangsgebäude für die Voss-Arena kann bereits im 1.BA realisiert werden.
Im Zentrum des Schulcampus entsteht nun das "Campus-Herz" für die gemeinsamen Funktionen der beiden Schulen. Der restliche Baukörper des Altbaus der KAH kann daraufhin abgerissen werden und die Schulcontainer werden abgebaut. Die Funktionen aus diesen Bauteilen ziehen in das Campus-Herz.
In der dritten Baustufe wird die neue Realschule gebaut. Die ehemalige Realschule wird leergezogen und kann umgenutzt werden.
Durch eine zusätzliche Containeranlage für 12 Schulklassen am Standort des alten Neubaus KAH wäre alternativ eine Verkürzung der Bauzeit auf 2 Bauphasen möglich: Im 1.Bauabschnitt würden dann KAH und Campus-Herz realisiert, im 2.Bauabschnitt die VHR.
NACHHALTIGKEIT
Die geometrisch klare und einfache Abwicklung der Fassaden sowie die kompakten Bauformen, die zu einer Minimierung der Hüllflächen mit einem günstigen A/V-Verhältnis führen, stellen die Grundlage einer wirtschaftlichen Erstellung und Unterhaltung der Fassaden und Gebäuden dar. Die horizontale Gliederung, die dem Gebäude Maßstäblichkeit und strukturelle Ordnung gibt, leitet sich aus der Nutzung sowie der Forderung, große Fensterhöhen zu vermeiden, ab. Die durchlaufenden Brüstungsbänder und die betonten Geschossdecken unterstreichen die horizontale Gliederung und geben dem Baukörper eine unaufdringliche Eleganz und Dynamik. Die Fenster haben einen Flächenanteil von 40%, so dass der solare Energieeintrag, der durch den effizienten, textilen außenliegenden Sonnenschutz minimiert wird, in einem günstigen Verhältnis zur Tageslichtnutzung steht. Die Hülle wird in einer hohen thermischen Qualität errichtet, die ununterbrochene Dämmebene verhindert konstruktive Wärmebrücken. Die Fenster werden mit 3-fach Verglasung versehen.
Die tragende Struktur ist in Holz-Hybridbauweise konzipiert. Durch die Verwendung von Holz und Beton für die tragende Struktur, kann die Betonmenge gegenüber einem reinen Massivbau auf ca. 50% reduziert werden, ohne jedoch „zu leicht“ zu werden. Die Geschossdecken enthalten mit 16cm Beton gerade so viel Masse, dass die Anforderungen an die Akustik im Schulbau erfüllt werden.
Die Technikzentralen für Heizungstechnik, Elektrotechnik und Sanitärtechnik liegen zentral zu den drei Nutzungen im Untergeschoss des Gebäudes und versorgen über Schächte die verschiedenen Bereiche. Die Dächer der Schulbauten sind intensiv begrünt, dies reduziert die Einleitmengen des Regenwassers. PV-Module werden auf den Dächern eingesetzt und tragen zur regenerativen Energiegewinnung bei. Das Regenwasser wird in Rigolen in den Außenanlagen zwischengespeichert. In den WCs werden wassersparende Objekte eingesetzt. Zur Bewässerung der Außenanlagen sind Zisternen vorgesehen. Für alle außenliegenden Räume der Schule ist eine natürliche Lüftung über die Fenster möglich. Für innenliegende Räume, Mensa, WCs ist eine mechanische Belüftung vorgesehen. Ein wirksamer außenliegender Sonnenschutz reduziert die solaren Einträge in die Klassenräume wirksam. Die Beleuchtung aller Räume erfolgt über energiesparende und wartungsfreie LED-Leuchten mit einer hohen Lebensdauer und geringen Betriebs- und Verbrauchskosten.
Beurteilung durch das Preisgericht
Das Preisgericht würdigt die städtebauliche Einfügung des Entwurfs, die durch eine passende Körnigkeit und eine gute Eingliederung in die umgebende Landschaft überzeugt. Die Anordnung der Baukörper ermöglicht eine klare Differenzierung der beiden Schulen und bildet dennoch einen gut ablesbaren gemeinsamen Campus aus. Positiv hervorgehoben wird zudem die barrierefreie Gestaltung der Außenbereiche.
Sehr kritisch gesehen wird die Führung einer Erschließungsstraße zur Garage, die den Vorbereich der Schule durchquert und somit den ansonsten gut gestalteten Vorplatz in seiner Qualität beeinträchtigt. Auch die Anbindung der VOSS-Arena erscheint abgetrennt und wenig in das Gesamtkonzept integriert.
Die gleichwertige Erschließung beider Schulen wird vom Preisgericht positiv bewertet. Die innere Erschließung über natürlich belichtete Bereiche in den Clustern wird begrüßt. Die Tageslichtversorgung über Atrien schafft eine freundliche Atmosphäre in den Bewegungszonen. Gleichzeitig wird die Ausbildung der Clustermitten jedoch kritisch hinterfragt: Die Anordnung von internen Treppen innerhalb der Cluster führt dazu, dass die Mitte funktional zur Verkehrsfläche wird, was den pädagogischen Mehrwert dieser Bereiche mindert.
Das Grundrisskonzept weist insgesamt eine gute Gliederung auf. Die Anordnung der gemeinschaftlich genutzten Fachräume für Technik im UG wird hingegen kritisch gesehen – dies gilt insbesondere hinsichtlich Belichtung, Nutzbarkeit und Anbindung.
Der zusätzliche Untergeschossbereich wirft insbesondere im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit und Nutzung Fragen auf. Die Belichtung der Lehrküche nur über einen Innenhof sowie die geplanten Aufenthaltsbereiche in dieser Ebene werden kritisch beurteilt.
Die Positionierung des Musikraums unmittelbar hinter der Bühne wird mit Blick auf die akustischen Anforderungen thematisiert. Eine angemessene schalltechnische Trennung wäre in einer weiteren Planung zwingend sicherzustellen.
Die Arbeit liegt bei den Errichtungs- und Lebenszykluskosten im mittleren Bereich, während die Nutzungskosten in Teilen noch zu optimieren sind. Insbesondere die Parkgarage wird als kostenintensiv und im Hinblick auf Nachhaltigkeit kritisch gesehen.
Bezüglich der Umsetzung der vorgeschlagenen bauabschnittsweisen Realisierung wird die Machbarkeit eines Teilabrisses des Altbaus kritisch gesehen. Die Errichtung eines alternativen Interimsbaus wird als kostentreibend eingeschätzt.
Die Brandabschnittstrennung ist grundsätzlich mit überschaubarem Aufwand umsetzbar, jedoch erfordert die Abtrennung des Versammlungsraums eine aufwendigere Lösung. Überschreitungen zulässiger Flächen in Lern- und Verwaltungsbereichen sowie offene Decken- und Treppenraumbereiche stellen zusätzliche brandschutztechnische Herausforderungen dar.
Die Arbeit überzeugt durch ihre städtebauliche Setzung, die gelungene Differenzierung der beiden Schulen und die barrierefrei gestalteten Freiräume. Die innere Organisation und die ablesbare Gliederung der Funktionsbereiche tragen zu einem schlüssigen Gesamtkonzept bei, das jedoch in der Organisation der Cluster und der Ausdehnung des Untergeschosses Schwächen zeigt.
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Grundriss Erdgeschoss
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Grundriss 1. Obergeschoss
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Grundriss 2. Obergeschoss
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Schnitte
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Fassade
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Modell