modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 03/2022

Neuordnung Schulzentrum I in Müllheim (1. BA) – Erweiterung Michael-Friedrich-Wild-Grundschule und Neubau Mensa

ein 2. Preis

Preisgeld: 8.000 EUR

Schlude Ströhle Richter Architekten BDA

Architektur

Erläuterungstext

neue klarheit

Der neue Campus wird über die Goethestraße betreten. Die bestehenden Gebäude und der neue Baukörper formen gemeinsam die neue stadträumliche Eingangssituation. Das Zusammenspiel der alten und neuen Fassaden prägt das äußere Erscheinungsbild. Die Qualitäten des Bestandes werden so in Szene gesetzt und durch den L-förmigen Neubau zu einer Struktur vervollständigt. Der vorgelagerte Bau fungiert als neue Adresse und öffnet sich im Erdgeschoss durch öffentliche Nutzungen wie die Mensa und Mehrzweckraum in den Außenraum. Schüler*innen und Besucher*innen werden über den Vorplatz zu einem zentralen Eingang geleitet. Dieser ist Schnittstelle und Verbindungsstück zwischen Bestand und Neubau und schafft eine gut organisierte und barrierefreie Eingangssituation. Der Neubau ist in Anlehnung an die Idee aus dem städtebaulichen Wettbewerb geplant. Der dreigeschossige Baukörper gestaltet einen markanten Auftakt. Ein Teppich wird ausgerollt, ein gemeinsamer Campus entsteht. Das Erdgeschoss wird ein fließender Freiraum, in dem Begegnungen stattfinden. Unterschiedliche stadträumliche Situationen, teils überdacht und geschützt, teils großzügig und offen bilden sich zwischen den Gebäuden. Zur besseren Orientierung werden die Gebäude über den großen, zentralen Campusplatz betreten. In Voraussicht auf weitere Bauabschnitte ist die neue Eingangssituation zwischen bestehender Grundschule und Neubau angeordnet. Der alte Eingang wird Nebeneingang und kann im Zuge der Öffnung der Erdgeschosszone zum Innenhofs entfallen. Gestaltungsleitlinien des Bestandes werden durch den Neubau aufgenommen. Staffellungen in unterschiedliche Höhen gliedern die Baukörper und lassen diese durch die Fassadengestaltung miteinander verschmelzen. Liegende Baukörper schieben sich optisch ineinander, wobei der Erdgeschosszone eine besondere Bedeutung zukommt. Diese ist beispielsweise als durch Stützen gegliederter überdachter Schulhof, als zentrale Eingangssituation mit ausragendem Dach oder als verglaste Mensa mit sichtbarem Tragwerk ausformuliert. Die Ergänzung des Gebäudekomplexes durch einen kompakten neuen Baukörper an der Westseite ermöglicht den Um- und Anbau im laufenden Schulbetrieb. Der Neubau, die Anbindung und die Fassadensanierung werden abschnittsweise ausgeführt.

freiraum gestalten

Durch den Anbau werden die bisherigen brandschutztechnischen und organisatorischen Herausforderungen innerhalb des Bestandsgebäudes gelöst. Die Haupterschließung ist großzügig, offen und barrierefrei gestaltet. In Anklang an den Bestand wird ein weiteres Nebentreppenhaus als Fluchttreppenhaus ergänzt. Der direkte Anbau an den Bestand ermöglicht nicht nur die barrierefreie Erreichbarkeit der Räume, sondern erzielt auch neue Gestaltungsfreiheit durch Auflockerung der strengen Flure. Differenzierungsräume und Spielflure sind so Jahrgangsspezifisch den neuen Klassenräumen gleichermaßen wie den alten zugeordnet. Der dreigeschossige Neubau ist im Erdgeschoss mit transparenter Fassade als offener Baukörper gestaltet. Die Mensa strahlt nach außen und bespielt durch die Terrasse den Außenraum. Die Lage am Campuseingang wirkt sich positiv auf die unterschiedlichen Nutzungen und deren Öffentlichkeitsgrade aus. Einerseits als Mensa für die Nutzer*innen des Campus, andererseits als Mehrzweckraum für öffentliche Veranstaltungen. Über der Mensa sind zwei Geschosse angeordnet, in denen sich Lerncluster mit zentralem Differenzierungsraum und einer Loggia befinden. Die Loggia kann von der Schule je nach Wunsch zum grünen Klassenzimmer, Lernloggia oder Schulgarten gestaltet werden.

material collage

Dem Bestandsgebäude aus Stahlbeton wird ein Neubau in Holzbauweise gegenübergestellt. Holzlamellen prägen die Außenfassade, die durch für Schulen typischen liegenden Fensterbändern durchbrochen wird. Einerseits wird so Bezug auf den Bestand genommen, andererseits verleiht das Gebäude dem Komplex einen zeitgemäßen Charakter. Holz ist die zukunftsorientierte Antwort: Eine nahezu witterungsunabhängige, kurze Bauzeit, hohe Fertigungsqualität, Ökologie und Nachhaltigkeit sprechen für eine vorgefertigte Bauweise in Holz. Besonders beim Bauen im laufenden Betrieb verzeichnet die vorgefertigte Bauweise mit geringen Baustellenbelastungen wenig Beeinträchtigungen. Für die Wärme- und Energiegewinnung wird ein regenerativer Ansatz mit Einbeziehung der vorhandenen Hackschnitzelanlage und Fernwärme gewählt. Durch intelligente Architektur, also eine energieeffiziente Bauweise wird ein minimaler Energieverbrauch mit wenig Technik angestrebt. Bauliche Elemente wie die Lamellenfassade und außenliegender textiler Sonnenschutz wirken sich positiv für den sommerlichen Wärmeschutz aus. Auf eine kostenintensive Lüftungsanlage kann verzichtet werden, da Öffnungsflügel und Lamellenfenster für ausreichend Durch- und Querlüftung sorgen. Die neue Flachdachfläche wird mit einer PV-Anlage besetzt, die Strom zum Eigenverbrauch und zur Einspeisung ins öffentliche Netz erzeugt. In der Grundrissorganisation wird Wert gelegt auf viel natürliche Belichtung und Belüftung durch die größtmögliche Vermeidung innenliegender Räume. Holzbekleidungen begünstigen die Raumatmosphäre und bieten zugleich pflegeleichte robuste Oberflächen.  

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser-Innen der Arbeit 1009 strukturieren ihre Vorgehensweise streng nach dem typologischen, strukturellen Erhalt des Bestandes und einer kompakten Erweiterung im Westen. Kritisch wird hierbei diskutiert, dass die Freihaltung des Baufeldes im Masterplan an der Goethestraße eingeschränkt wird.

Es wird aber gewürdigt, dass der reine Sanierungseingriff im Bestand diesen in seiner hohen Qualität erhält und die tragwerksplanerischen Eingriffe auf ein Minimum reduziert werden. Hiermit kann für die Umsetzung eine hohe Planungs- und Kostensicherheit generiert werden.

Im Neubau hingegen werden durch ein geschicktes Absenken der Sohle und die Anhebung der Decke über EG das notwendige lichte Raumvolumen geschaffen, dass für die Mensa und ihre Nebenräume notwendig ist und das im Bestand nur mit großen Kompromissen umzusetzen ist.

Ebenfalls entsteht zwischen dem gut proportionierten Neubau im Westen und dem Bestand eine neue Adresse für die Mensa als auch die Grundschule. Dies unterstützt insbesondere den Zugang zur Mensa auch für die Schüler-Innen der benachbarten Schulen. 

Die Kombination und Anordnung von Mensa und Mehrzweckraum wird begrüßt. Grundsätzlich ist eine unabhängige Nutzung des Mehrzweckraums, gar des ganzen Erdgeschosses gegenüber der Schule möglich. Auch gefällt die unabhängige, direkte und kurze Andienung der Mensa an der Goethestraße.

In den beiden Obergeschossen gelingt eine zur bestehenden „Flurschule“ ergänzende neue Typologie, mit um eine zentrale Differenzierungszone angelagerten Klassenräumen, die neue pädagogische Ansätze unterstützen helfen.

An der Nahtstelle zwischen Bestand und Ergänzungsbau wird unmittelbar am Haupteingang der Aufzug positioniert, der so die Barrierefreiheit der gesamten Grundschule auf schlüssige Weise garantiert. Die Jury würdigt ebenfalls, dass der Ergänzungsbau unabhängig von wenigen Eingriffen am Bestand unabhängig umgesetzt werden kann und in dieser Zeit der Schulbetrieb weitgehend ungestört bleibt. 

Ebenfalls besteht für die Stadt auf der Grundlage des Entwurfs ein inhaltlich und zeitlich unabhängiger Umgang mit der Bestand-Aula ohne Interimsmaßnahmen oder Vorhaltungen.

Die Arbeit besticht mit ihrer städtebaulichen Setzung und einer gelungenen, in unsere Zeit weitergeführte DNA des Bestandes und leistet damit einen hervorragenden Beitrag für die gestellte Aufgabe.