Nichtoffener Wettbewerb | 03/2022
Neustrukturierung Freizeit-, Kultur- und Schulzentrum „Auf'm Ohl” in Lennestadt-Meggen
©club L94
Anerkennung
Preisgeld: 2.200
Landschaftsarchitektur, Stadtplanung / Städtebau
-
Verfasser:
-
Mitarbeitende:
Visualisierung
Erläuterungstext
Die Siedlungsstruktur der Lennestadt ist vom Bergbau, der Lenne sowie den großen Waldflächen geprägt. Das Planungsgebiet liegt zwischen den zwei Stadtteilen Meggen und Altenhundem und wird im Westen halbkreisförmig vom Fluss Lenne sowie der Bundesstraße B236 und im Osten von der Bahnlinie der „Ruhr-Sieg-Strecke“ umschlossen. Die Lenne, welche im Bereich Lennestadt-Meggen renaturiert wurde, wird von dichtem Baumbestand und vom Radweg der Lenneroute begleitet. Die unmittelbare Umgebung des Planungsgebiets ist geprägt von bewaldeten Berghängen mit zahlreichen Wanderwegen.
Die Gebäude der ehemaligen Anne-Frank-Hauptschule im Westen und der ehemaligen St. Barbara Realschule mit eigener Turnhalle im Osten bilden den Schulkomplex der Sekundarschule Hundem-Lenne. Zusammen mit der Sporthalle wird ein zentraler Gemeinschaftsplatz gebildet, der multifunktional für Veranstaltungen außerhalb des schulischen Kontextes genutzt wird.
KONZEPT
Der Gemeinschaftsplatz, als wichtiger Aufenthaltsraum in der Mitte der öffentlichen Gebäude, soll einen vielfältigen attraktiven Freiraum sowohl für die Schuler*innen als auch für die Bürger*innen anbieten.
Der Rahmen des Planungsgebiets wird durch die Lenne, den vorhandenen dichten Baumbestand sowie Einfamilien- und Doppelhäusern im Norden mit privaten Gärten geprägt und wird sich durch das Konzept als „Grüner Rahmen“ entwickeln. Im Gegensatz zum grünen Rahmen befindet sich in der Mitte des Gebiets ein öffentlicher Ort als „aktives Herz“, der unterschiedliche Aufenthaltsmöglichkeiten sowie Aktivitäten anbietet. Dieses Zentrum besteht aus den Freiraumtypologien Platz, Park und Garten.
Verschiedene Aufenthaltsbereiche am Wasser greifen räumliche Beziehungen zum Zentrum auf und stärken den Zusammenhang zwischen dem Gemeinschaftsplatz und der Lenne.
ENTWURF
Aktives Herz
Basierend auf dem heutigen Anne-Frank-Platz wird ein vielfältig nutzbarer öffentlicher Ort gestaltet, der sich in drei Bereiche unterteilt: der Entréeplatz, das Grüne Forum und der Aktionsgarten.
Entréeplatz
Der neugestaltete Entréeplatz im Ankunftsbereich neben der Sporthalle lädt alle zum zentralen Gemeinschaftsplatz ein. Einerseits ist er als ein Verkehrsraum im Sinne des Shared Space für die unterschiedliche Verkehrsarten angelegt, andererseits bildet er durch die Gestaltung mit einem Blütenbaumhain (z.B. Kirschbaum) und einer Wasserschale einen lebendigen Raum mit hoher Aufenthaltsqualität. Der Platz erhält mit Beton- oder Natursteinplatten einen hohe Gestaltungsqualität. Die großkronigen Bestandsbäume werden erhalten und mit neuen Rundbänken staffiert.
Grünes Forum
Im zentralen Bereich des Gemeinschaftsplatzes befindet sich das „Grüne Forum“. Hier werden lange Sitzstufen mit Holzauflagen in die Grünfläche integriert und bieten den Besuchern sonnige Sitzmöglichkeiten, von denen der Gemeinschaftsplatz beobachtet werden kann. Während der Schulzeit kann es als Freiluftklassenzimmer genutzt werden. Außerhalb der Schulzeiten können hier Jugendkultur-Veranstaltungen sowie städtische Feste stattfinden. Durch die abfallende Grünfläche kann das Forum barrierefrei begangen werden. Bei Starkregenereignissen nimmt die geneigte Fläche das überschüssige Wasser auf und führt es ggf. über eine Rigole als Zwischenspeicher an die Lenne ab.
Aktionsgarten
Im Süden des Gemeinschaftsplatzes bilden Hecken einen geschützten Sport- und Spielbereich. Outdoor Fitness-Geräte, Tischtennis und Spielelemente werden auf verschiedenen Bodenbelägen mit natürlichen Materialien (z.B. wassergebundene Wegedecke, Holzhackschnitzel, Sand) errichtet. Die großen erhaltenen Bestandsbäume bilden schattige Aufenthaltsorte und eine hohe Aufenthaltsqualität. Der Aktionsgarten bietet vielfältige Nutzungen für die Schüler*innen und Bürger*innen und erzeugt durch die großflächigen Pflanzflächen ein angenehmes Mikroklima.
Grüner Schulhof
Das Zentrum wird mit einem einheitlichen Betonsteinpflaster homogen und barrierefrei gestaltet. Die Bestandsbäume werden weitestgehend in die Flächen integriert und zum Teil mit neuen Rundbänken attraktive Sitzgelegenheiten im Schatten geschaffen.
Der Schulhof der ehemaligen St. Barbara Realschule wird großteilig entsiegelt und zu Grünflächen und wassergebundenen Wegedecken umgestaltet. Auf einer Fläche neben der Schule kann ein Großteil der Fahrradstellplätze zum Teil überdacht angeboten werden. Im grünen Schulhof werden robuste Sitzmöglichkeiten sowie kleine Spielelemente vorgesehen.
Erleben am Wasser
Entlang der Lenne und dem begleitenden Fuß- und Radweg werden vielfältige Gestaltungselemente geplant, um die Wahrnehmung und Erlebbarkeit der Lenne zu fördern. So können Besucher*innen den Naturraum durch einen Steg oder einen Balkon von oben betrachten, an einer anderen Stelle führen Treppen bis zum Wasser heran. Der Flussraum bietet nicht nur für die Schüler*innen, sondern auch für Bürger*innen sowie Radfahrer*innen einen einladenden Ort zum Entspannen und Erholen.
Lichtkonzept
Im zentralen Bereich sorgen besondere Solitärleuchten (Mastleuchtengruppen) für eine intensivere Ausleuchtung und betonen die Adresse des Gemeinschaftsplatzes. Entlang der Lenne bilden Mastleuchten eine besondere Atmosphäre am Wasser durch ein schlichtes Design und warme Lichtfarben. In den straßenbegleitenden Bereichen werden übliche Straßenlampen verwendet.
FUNKTIONALES
Nördlich der Sporthalle werden die bestehende Stellplatzanlage und Schulbushaltestelle mit vielen Grünflächen, den Bestandsbäumen und Neupflanzungen aufgelockert. Hier entsteht Raum für insgesamt 6 Haltestellen für Schulbusse, ca. 54 Stellplätze für PKW´s (davon 2 Behindertenstellplätze und 7 für E- Autos mit E- Ladenstationen) sowie 4 Taxistellplätze. Im südöstlichen Bereich des Plangebietes (ehemaliger Lagerplatz) befindet sich eine weitere Stellplatzanlage mit ca. 47 Stellplätzen, die bei Großveranstaltungen das Stellplatzangebot erweitern. Außerdem werden im östlichen Bereich des Entréeplatzes ein Kiss & Ride Bereich sowie 2-4 Behindertenstellplätze eingerichtet.
Durch die Umgestaltung des Gemeinschaftsplatzes und des Fuß- / Radweg an der Lenne erhöhen sich die Qualitäten für Fahrradfahrer*innen und Fußgänger*innen. Die Fahrradfahrer*innen teilen sich zukünftig ihre Fahrbahn auf der Straße „Auf’m Ohl“ als auch den Shared Space Bereich auf dem Entréeplatz mit den Autos. Fahrradabstellmöglichkeiten (ca. 452 Stk.) werden sowohl im Ankunftsbereich südlich der Sporthalle (ca. 84 Stk. davon 14 für Lastenräder und E-bikes), im grünen Schulhof (ca. 240 Stk.) als auch im südlichen Bereich des Aktionsgartens dezentral platziert. Nördlich des grünen Schulhofs befindet sich ein Platzhalter für eine kleine Lagerhalle/ Werkstatt (ca.90m²).
Entwässerungskonzept
Das neugestaltete „Grüne Forum“ sowie der grüne Schulhof werden Teil des Entwässerungskonzeptes und bieten Stauvolumen. Die Regenrückhaltung erfolgt über die Grünflächen und ggf. Rigolen als Zwischenspeicher. Alle anfallenden Regenwassermengen im zentralen Bereich entwässern direkt über die Vegetationsflächen. Der Fuß- und Radweg nach Möglichkeit direkt in die Lenne. Das Regenwasser der Parkplatzflächen wird zu den Vegetationsflächen geleitet und von dort über belebte Bodenschichten gereinigt und versickert.
Beurteilung durch das Preisgericht
Grundkonzept des Entwurfs ist es, den durch die vielgestaltige, heterogene Bebauung geprägten Ort mit einer geometrischen Freiraumstruktur zu klären. Dieser städtebauliche Grundansatz ist überzeugend. Er bettet das Gebäudeensemble in eine parkartige Gestaltung ein, die die Auenfläche zwischen Bahn und Lenne durchzieht. In der Konsequenz werden auch die nördliche Stellplatzanlage und die Bushaltestellen landschaftlich aufgewertet und der Baumbestand ergänzt. Die Umgestaltung dieser Erschließungsfläche ist funktional und gestalterisch überzeugend, reduziert jedoch das Stellplatzangebot erheblich, sodass der Ausweichparkplatz im Süden in Anspruch genommen werden muss. Mit der Konsequenz, dass weitere Verkehre tief in den Freizeit-, Kultur- und Schulcampus geführt werden, ordnen die Verfasser die Kiss & Ride Zone mit den notwendigen Wendeflächen nördlich der ehemaligen Realschule an. Diese Öffnung der Straße Auf ́m Ohl zu mehr Verkehr steht im Widerspruch zur parkartigen Gestaltung des Gesamtraums und wird von der Jury kritisch gesehen. Positiv kann die Lage und die großzügige Dimensionierung der Fahrradstellplätze an der Ostseite des Geländes in unmittelbarer Nähe des Eingangs hervorgehoben werden.
Drei - mal in der Flucht, mal versetzt liegende - rechteckigen Flächen setzen die drei verwinkelten Gebäudekomplexe harmonisch in Beziehung und schaffen vor den Fassaden gut nutzbare Bewegungs- und Kommunikationsbereiche. Um jeweils markante Freiräume zu schaffen, entwickeln sie sich aus den Freiraumtypen Platz, Park und Garten.
Der »Entreeplatz« bildet den Auftakt des Freizeit-, Kultur und Schulzentrums. Die langgezogene Form schafft eine gute räumliche Klammer zwischen Dreifachsporthalle und Schule, die die heutige Spielplatzfläche geschickt zu einem Quartiersplatz verwandelt.
In der Konsequenz muss jedoch die Straße »Auf ́m Ohl« im Bogen über den Platz geführt werden, was deutliche Einbußen der Aufenthaltsqualität mit sich bringt. Es ist für die Jury nicht erkennbar, wie bei dieser Verkehrsführung der zentrale Raum zwischen den Schulgebäuden autofrei gehalten werden kann. Der Vorschlag, den Verbindungsgang zwischen Dreifachsporthalle und Schule rückzubauen, um die Zergliederung der Freiräume entgegenzuwirken, wird vom Preisgericht kritisch gesehen.
Das »Grüne Forum« im Herzen der Anlage besteht aus einer Rasenfläche, die mit Sitzstufen als informeller Aufenthaltsort im Freien und für Veranstaltungen gegliedert ist. Das abgesenkte Gelände schafft Möglichkeiten für Versickerung und Retention.
Zusammen mit der intensiven Schulhofnutzung bestehen jedoch Zweifel, ob das Forum die dargestellte Qualität des grünen Parks und gleichzeitig der Veranstaltungsangebote im Alltag einlösen kann.
Abgeschlossen wird das Freiraumensemble durch den »Aktionsgarten«, der vielfältige Spielangebote zwischen Heckenbändern macht. Vom Preisgericht wird kontrovers diskutiert, ob dieser Ansatz einer zentralen Spielanlage ausreichend breite Angebote macht und nicht zu einer zu starken Konzentrierung dieser Nutzungen führt.
Die Vorschläge zur Aufwertung der Lenneroute und zum Wassererlebnis sind der räumlichen Situation angemessen. Leider werden zum Kreuzungspunkt an der Brücke keine Aussagen getroffen. Ebenso ist der Umgang mit der bestehenden Skate-Sport-Anlage unklar.
Die südliche und die mittlere Grünfläche zwischen den Schulgebäuden müssen für die Zufahrt und Stellflächen der Feuerwehr größenmäßig reduziert oder überfahrbar gestaltet werden.
Die vorliegende Wettbewerbsarbeit kann nach einer weiteren Vertiefung die gesetzlichen Vorgaben alle Anforderungen des Klimaschutzes erfüllen.
Insgesamt präsentiert sich im Gegensatz zum »grünen Rahmen« der zentrale Gemeinschaftsraum stark befestigt, nur mäßig von Bäumen beschattet und wenig abwechslungsreich. Die Gestaltung der Freiraumelemente z. B. Rundbänke, Baumraster mit Baumbeeten und Hochmastleuchten wirkt konventionell und zu wenig ortspezifisch. Angesichts der bleibenden heterogenen baulichen Fassung entwickelt der Freiraum keine ausreichende Eigenständigkeit und verpasst es, die potentielle Aufenthaltsqualität der Lenneaue herauszuarbeiten.
©club L94
©club L94