modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 06/2023

Nidda - Stadt am Fluss / Städtebauliche und freiraumplanerische Gebietsentwicklung

ein 2. Preis

Preisgeld: 6.500 EUR

club L94

Landschaftsarchitektur, Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Das Stadtbild von Nidda wird durch den gleichnamigen, landschaftlich schön gelegenen Fluss geprägt. Durch die Stadt führen die Deutsche Fachwerkstraße und die hessische Apfelweinroute, was ihr wiederum eine besondere Bedeutung verleiht. Das Wettbewerbsgebiet umfasst den Fluss Nidda mit seinen angrenzenden Uferbereichen und hat das Potenzial, einen Naherholungsraum mit einem vielfältigen Wassererlebnis in zentraler Lage zu schaffen. Derzeit ist dieses Potenzial durch wenig Aufenthalts- und Freiraumqualität in seinen angrenzenden Uferbereich kaum genutzt und die Nidda im Stadtraum kaum erlebbar.

Konzept
Durch die Umgestaltung der Flächen entlang der Nidda soll die Stadt näher ans Wasser geführt werden und die Naherholung, durch die Schaffung eines grünen Ufersaums, gestärkt werden. Dieser soll auch gleichzeitig einen hohen Aufenthalts- und Erlebniswert erhalten und die Rad- und Wegeverbindungen verbessern. Unter Berücksichtigung des zentralen Leitbilds des ISEKs ‚Nidda – Stadt am Fluss‘ integriert der Entwurf, den Fluss stärker in das städtische Leben. Dabei wird durch eine rhythmische Abfolge von öffentlichen Räumen, die wie Gelenk in der Stadt positioniert wurden, die Nidda Aue mit den Kernbereichen der Stadt verknüpft.

Entwurf
Durch die städtebauliche Neuordnung des Bereiches 19 entsteht eine Promenade zwischen dem Park am Johanniterturm und der Krötenburgstraße, die für die übergeordneten Wegeverbindungen, vor allem für den durchgehenden Fuß- und Radweg entlang der Nidda, eine besondere Rolle spielt. Die Niddapromenade bietet Sichtbeziehungen auf die Altstadtsilhouette, und besitzt das Privileg, von Süden besonnt zu werden.
Ein kleiner Platz ‚Mühlenterrasse‘ an der Einmündung der Mühlstraße in die Am Wehr markiert den Auftakt in die Altstadt und stärkt zudem den Bezug zum Marktplatz. Im Zusammenhang mit der historischen Brücke an der Stadtmühle und der Fischaufstiegsanlage entsteht hier ein zentraler Anziehungspunkt, an dem Menschen jeden Alters zusammenkommen. Die Rundbank unter der großen Kastanie und die Außengastronomie am Wasser laden zum Verweilen ein.
Die kleinen Entrées an der Bahnhofstraße und der Neuen Straße führen die Fußgänger und Radfahrer zum Park am Johanniterturm und weiter zur Niddapromenade. Die Sichtbeziehung zum Wasser wird durch die Entfernung des Unterwuchses wieder hergestellt. Dadurch entsteht die Möglichkeit, im Schatten der Bestandsgehölze die Nidda näher und direkter zu erleben. Westlich des Trafoturms schafft eine Parkterrasse mit Niddatreppchen die Möglichkeit, von Gastronomie belebt zu werden. Das Niddatreppchen schiebt sich direkt an den Fluss heran und verknüpft damit die angrenzende gastronomische Nutzung stärker mit dem Fluss.
Eine neue Landschaftsbrücke ‚Niddablick‘, die die hessische Apfelwein- und Obstwiesen-Route an die Innenstadt führt, wird in Verlängerung des Jahnwegs verortet. Die skulpturale Form der Brücke und die große Holzbank ermöglichen einen Panoramablick über das Wasser.
Ein Mehrgenerationen Spielplatz ‚Niddakiesel‘ wird in der Nähe des Bürgerhauses und des Freibads konzipiert. Die identitätsstiftende Gestalt, die sich durch ein Ensemble von Felsen in verschiedenen Größen auszeichnet, berücksichtigt die Bedürfnisse der Kinder der verschiedenen Altersgruppen und lädt zum Klettern ein. Vielfältige Wasserspielthemen (spritzen, sprudeln, dampfen, fließen, u.v.m.) schaffen große Attraktion. Da dieser Streckenabschnitt der Nidda der „Unteren Forellenregion“ zugeordnet ist, lässt der Entwurf das Motiv der Forellen auftauchen.
Im Umfeld der Berufsschule wird ein Naturerlebnispfad als Schwerpunkt gesetzt, um die ‚Wilde Nidda‘ näher zu erleben. Er bietet die Gelegenheit, entlang des renaturierten Ufers zu wandern und dabei dessen Flora und Fauna zu entdecken und beobachten.

Nachhaltigkeit
Vegetation
Die Nidda Aue fungiert als Bindeglied zwischen zwei Teilen des Landschaftsschutzgebiets „Auenverbund Wetterau“ und übernimmt die wichtige Rolle der Biotopverbindung. Die Bestandsbäume werden weitestgehend erhalten und durch neue wasserbegleitende Auengehölze ergänzt, um sie als Leitstruktur und Nistmöglichkeit für Vögel und Fledermäuse zu entwickeln. Entlang des südlichen Ufers werden zudem Bereiche mit Hochstauden wie z.B. Blutweiderich, Röhricht, etc. bepflanzt, um Nistmöglichkeiten und Nahrungsangebote für Auentiere zu schaffen.
Eine ‚Allee der Obstbäume‘, die sich auf die Streuobstwiesen der Region bezieht, begleitet die Niddapromenade. Die Mischung aus Apfel-, Birnen- und Kirschbäumen sorgt für eine vielfältige Blütenpracht, die innerstädtische Bienen- und Insektenansiedlung befördert.

Materialität
Die einheitliche Gestaltungssprache der Materialität und Ausstattung verbindet die einzelnen Orte zu einem gestalterischen Gesamtkonzept. In Anlehnung an das Altstadtpflaster wird in der Niddapromenade Granit-Mittelpflaster mit gesägter Oberfläche verwendet und im wilden Verband verlegt. Ein Band aus wassergebundener Wegedecke minimiert den Versieglungsgrad der Promenade und schafft Raum für Obstbäume, Sitzelemente und Mastleuchte. Die Parkwege werden weiterhin aus wassergebundener Wegedecke bestehen. Die Auswahl von Materialien mit langer Lebensdauer, energieschonendem Abbau und hoher Wasserdurchlässigkeit, die Reduzierung der versiegelten (insbesondere der asphaltieren) Flächen und die Maximierung des Grünanteils tragen zur Entwicklung einer klimagerechten Stadt bei.

Beleuchtungskonzept
Die übergeordneten Wege und die Plätze werden nachts beleuchtet, um ihre Nutzung auch bei Dunkelheit zu gewährleisten. Eine smarte und tierfreundliche Beleuchtung mit einem warmen Lichtspektrum, wenig Streulicht und keiner Abstrahlung in den Nachthimmel wird ausgewählt. In den Nachtstunden kann die Lichtstärke gedimmt werden, die bei Bedarf mit Bewegungsmeldern wieder hochgefahren wird.
Inklusive Mobilität
Der Entwurf fördert inklusive Mobilität, indem er unter anderem Fahrrädern und Fußgängern Vorrang vor Autos einräumt. In den Bereichen Am Wehr, Hinter dem Brauhaus und Johanniterstraße werden in Teile der asphaltierten Fläche durch Pflastersteine ersetzt, um das Gefühl des Shared Spaces zu stärken. Die Niddapromenade darf in einem Einrichtungsverkehr Richtung Norden von Anwohnern und Lieferfahrzeugen genutzt werden. Auf Parkplätze direkt am Wasser wird bewusst verzichtet, dafür werden an wichtigen Standorten z.B. an der Mühlenterrasse, in der Niddapromenade ausreichend Fahrradabstellplätze, E-Bike- und E-Auto-Ladestationen sowie behindertengerechte Parkplätze verortet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die gezeigte Ausstattung zum Erlebnisufer (Stege, Aussichtspunkte) wird als vielgestaltig und ansprechend empfunden. Die Funktionserfüllung und Wirtschaftlichkeit scheint gegeben, die technische Realisierbarkeit ist im üblichen Maß ebenfalls gegeben. Die Gastronomie am Trafohaus im Johanniterpark ist gut gelungen. Spielmöglichkeiten sind nicht erkennbar, die Barrierefreiheit muss mit weniger Inanspruchnahme der Flächen des jetzigen Parkplatzes gelöst werden (Flächen stehen nicht zur Verfügung). Die angebotene Grünfläche anstelle des vorhandenen Parkplatzes am Johanniterpark scheint nicht realistisch umsetzbar.
Der Platz Am Wehr zeigt eine einfache quadratische, reduzierte Grundfigur, die Kastanie im Bestand wird als zentrales grünes Element in Szene gesetzt. Bei der geplanten Sitzbank unter der Kastanie wird auf die Beeinträchtigungen durch Fruchtfall hingewiesen. Die Entwicklung des Platzes ist auch ohne Eingriff in das Quartier 19 möglich. Die Nidda-Promenade im Bereich des Quartiers 19 ist wünschenswert, aber nicht zwingend erforderlich. Der Platz Am Wehr mit der schwebenden Platzkante aus Beton kann eine interessante Lösung darstellen, das Aufeinandertreffen des weichen Ufers zur schwebenden Platte sollte im Detail noch verfeinert werden. Die gezeigte Baumreihe in der Straße Am Wehr ist begrüßenswert, die Baumwahl (Obstgehölz) wäre dabei zu überdenken. Eine angepasste stadtklimaverträgliche großkronige Baumart wäre stimmiger.
Die Nidda-Promenade wird mit einer Borde zum Wasser ausgebildet und mit einer geschnittenen Natursteinfläche belegt. Der Bereich ist als Mischfläche – Flanieren/Verkehr - ausgelegt und entspricht in seinem Querschnitt den Anforderungen. Die Landschaftsbrücke ist solide gesetzt und stellt eine Blickbeziehung zur Stadtmitte und dem Platz Am Wehr dar. Ergänzung von Vegetationsstrukturen wären wünschenswert. Es wird empfohlen, den Bereich „Niddakiesel“ nicht dezidiert als Kinderspielbereich auszuweisen bzw. den Bereich auf seine Tauglichkeit, juristische Aspekte (aktuelle Rechtsverfahren!) und TÜV-Fähigkeit hinsichtlich Gefahrenquellen u. ä. zu überprüfen. Die Grundform der Abspaltung einer Insel wird sehr begrüßt. So kann dieser Bereich ein sehr identitätsstiftender Aufenthaltsbereich werden. Die Idee eines durchgängigen Fernradweges entlang der dargebrachten Obstbaumlinie ist per se begrüßenswert, benötigt jedoch dringend einer Prüfung in Bezug auf den Platz Am Wehr sowie auf die Engstellen des Parkplatzes. Der vorgelegte Entwurf besticht insbesondere in seinen weichen landschaftlichen Bereichen links im Bereich Erlebnisufer, sowie rechts – Niddakiesel; einer intensiveren Überarbeitung bedarf der Bereich Platz Am Wehr mit seinen Kanten mit einen Verknüpfungen und im Element Landschaftsbrücke (Defizite der Brücke benennen, fehlt - Ergänzung durch Preisrichter) Insbesondere in Bezug auf die Realisierbarkeit des Teilbereiches des Platzes Am Wehr bis zur Erlebnisbrücke/ Landschaftsbrücke im Sinne eines ersten wesentlichen Bauabschnittes als Vorzeigeelement für die Landesgartenschau und Verflechtungsbereich von Fahrradrouten muss noch besondere Sorgfalt in die weitere Detaillierung und Ausarbeitung gelegt werden.
In Bezug auf den Spielplatz liegt der Schwerpunkt eindeutig im Bereich „Niddakiesel“ mit den daraus sich ergebenden rechtlichen Fragestellungen in Bezug auf Realisierbarkeit und Wassernähe. Weitere Spielmöglichkeiten werden nicht oder kaum angeboten, hier wäre eine Überprüfung zum Beispiel im Bereich Johanniterpark oder an anderer geeigneter Stelle zu einer Nachverdichtung mit Spielmöglichkeiten als Anregung aus dem Preisgericht zu prüfen. Hinsichtlich der Umsetzung des klimaökologischen Leitbildes und klarer Zielvorgaben bleibt der Entwurf in Summe etwas vage und trifft keine detaillierten Aussagen.