modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 10/2015

Nordbad

Ansicht Ost

Ansicht Ost

ein 2. Preis / Zur Überarbeitung aufgefordert

Preisgeld: 18.000 EUR

pbr Architekten Ingenieure

Architektur

club L94

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Das vorhandene Nordbad aus dem Jahr 1971 am Standort Bürgerpark in Darmstadt weist einen erheblichen Sanierungsbedarf auf und soll aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten durch einen Neubau ersetzt werden. Da es vorwiegend von Vereinen und Schulen genutzt wird, soll die Sportorientierung bestehen bleiben. Bei der Realisierung ist zu beachten, dass auf jeden Fall das neue Sportbecken und das Lehrbecken betrieben werden können bevor der Bestand abgebrochen wird. Die vorhandenen Freibecken sind in einem guten Zustand und sollen in die Gesamtfreiflächenkonzeption einbezogen werden. Ebenfalls bei der Planung zu berücksichtigen ist der hohe Grundwasserstand, der ca. 1m unterhalb des NN Niveaus bei 137.00 m zu erwarten ist.

Städtebau
Der Neubau positioniert sich als selbstbewusste Landmark am nordöstlichen Ende des Baufeldes im Bürgerpark und spannt somit das Feld vom Forum mit Schule und Sportzentrum bis zum Neubau des Bades auf. Unter Berücksichtigung der Vorgaben des Bodengutachtens bindet die Beckenlandschaft bis zu einer Höhe von 136,70 m ein, so dass das neue Eingangsniveau ca. 1,50 über Terrain liegt. Auf diese Weise bilden die Becken eine Art Sockel aus, über dem sich die Badelandschaft als gläserne Box unter einem schwebenden Dach präsentiert.
Durch die erhöhte Eingangssituation ergeben sich weite Blicke in den Bürgerpark und zum Forum. In der weitläufigen Situation wird der Bereich barrierefrei ausgeführt, Sitz- und Liegestufen bilden einen Übergang zum umgebenden Freigelände. Durch die Positionierung des Neubaus am nördlichen Ende des Grundstücks gelangt man wie selbstverständlich vom Parkplatz über den Vorplatz zum Badneubau. Entlang der begleitenden Mauer des Vorplatzes bieten Einschnitte ausgewählte Einblicke in den Landschaftspark. Die bereits bestehenden Freibecken sind in einem guten Zustand und werden daher in das Gesamtfreiflächenkonzept einbezogen.

Städtebaulicher Ideenteil
Für eine bessere städtebauliche Verknüpfung des Nordbades mit der westlich angrenzenden Infrastruktur und für eine bessere Erreichbarkeit sieht der Entwurf die Verlegung der Übergänge über die Straßenbahnstraße an der Alsfelder Straße vor, so dass die Besucher zu den Eingängen des Neubaus hingeleitet werden. Die nördlich ankommende Baumallee trifft auf den Vorplatz des Nordbades und endet dort. In der südlichen Fortsetzung gliedern teilweise bereits vorhandene Baumblöcke mit verschiedenen Nutzungsthemen (Parken PKW/Fahrrad, Erholung, zentraler Treffpunkt) den Ideenteil. Diese Strukturierung bewirkt, dass das Forum als räumlicher Mittelpunkt der Schullandschaft mit den schulischen Einrichtungen der Umgebung und dem Nordbad in einen gemeinsamen Kontext gesetzt werden. Sichtachsen sollen dabei die visuelle Verknüpfung von Forum und Nordbad erleichtern.

Funktion
Der Neubau ist übersichtlich und auf einer Ebene konzipiert. Von der Eingangshalle aus bietet sich Besuchern der Blick auf das Wassergeschehen. Auf direktem Wege gelangen sie von ihr aus zu den Individual- und Sammelumkleiden aber auch in den Freibadbereich. Die getrennten Vorreinigungsbereiche sind den jeweiligen Becken zugeordnet und können in Schwachlastzeiten teilweise auch geschlossen werden. Bewegungs- und Kleinkinderbecken sind nahe der Terrasse nach Süden angeordnet und leicht vom übrigen Sportbereich separiert. Über einen Stiefelgang gelangen Zuschauer zur Tribüne, ohne das Innere des Bades durchqueren zu müssen.
Im Obergeschoss ist eine Technikzentrale für die Lüftung vorgesehen, so dass kurze Wege in der technischen Versorgung entstehen. Der Keller wird als so genannter Kriechkeller im Beckenbereich ausgebildet. Die übrigen Technikräume liegen tiefer und werden mit einer Geschosshöhe von 3,80 m ausgebildet, so dass die Vorgaben des Bodengutachtens berücksichtigt werden und eine einfache technische Versorgung ermöglicht wird.

Konstruktion und Gestalt
Der Neubau wird als Stahlbetonkonstruktion errichtet. Für den Beckenbereich ist eine offene Hallenkonstruktion, für den Umkleidebereich eine Massivkonstruktion vorgesehen. Um die Atmosphäre und topographische Anmutung des Parks auch im Innenraum wirken zu lassen, wird das Erscheinungsbild dieses auf die Unterseite des Dachs transformiert. Auf diese Weise ergibt sich eine innere Landschaft, die die Beckenpositionen auf eine abstrahierte Art und Weise wiedergibt. Der Baukörper besteht aus einem Sockelbereich und einem freistehenden Dach. Dieses wird über der Badelandschaft und den Innenräumen formal und funktional in verschiedenen Höhen entwickelt und trägt so als innere Landschaft identitätsreich zur Atmosphäre bei.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser spannen in Nord-Süd Richtung als formale Klammer ein klares städtebauliches Passepartout auf, in welchem alle Gebäude, Becken und Außenanlagen klar verortet und definiert werden.

Über die verlegten Bahnübergänge und den angenehm dimensionierten Vorplatz erreichen die Besucher die gut auffindbaren Eingänge zum erhöht liegenden Hallenbad sowie dem Freibad. Dabei ist durch die Positionierung in der nördlichen Ecke die geforderte Bauabschnittsbildung mit Betrieb des 50m- und des Lehrbeckens parallel zum 1. Bauabschnitt gegeben – durch die Höhenlage entstehen hier spannungsvolle Ausblicke und Sichtbeziehungen. Der Vorplatz wird zusammen mit den Baumgruppen und dem Vorbereich der Sporthalle wohltuend als Teil der übergeordneten städtebaulichen Figur vom Forum bis hin zum Eingang aktiviert und bildet eine ablesbare Klammer zwischen Bestand und Neubau.

Die vorgeschlagenen ruhigen Sitzstufen mit Sandstrand im Süden sind gut orientiert, wohingegen die Angebote zum Nordpark mit der Liegewiese als Pedant zum Eventbereich wohltuend sind. Die Fortführung des Außenbereichs in Südrichtung mit den Sommerumkleiden an dieser Stelle wird zwar verstanden, blockiert jedoch unangenehm die Verbindung dieses Bereichs mit dem Freibad.

Der Freibadbereich ist so ein sehr eigenständiger, wenn nicht gar abgekoppelter Bereich, welches die Chance eines Miteinanders von Frei- und Hallenbad an dieser Stelle einschränkt.

Für das einfache und übersichtliche eingeschossige Gebäude des Hallenbads wird von den Verfassern ein großes Dach über der Badelandschaft und den Innenräumen hinweg vorgeschlagen, welches formal und funktional im Inneren in verschiedene Höhen entwickelt ist - und so als innere Landschaft identitätsreich zur Atmosphäre des Bades beiträgt. Auf der Unterseite des Dachs wird ein Art bewegter Himmel aufgezogen der die Bäderlandschaft darunter spannungsreich überwölbt. Allerdings wird für die Belichtung des tiefen Innenraums hier lediglich ein Lichthof vorgeschlagen, der - eingespannt zwischen Sporträume seine Wirkung kaum entfalten kann.

Der Eingang mit Ein- und Ausblicken ist in seiner Orientierung gut gelöst – die Kompaktheit des Bades mit seiner durchschnittlich Kubatur im Vergleich zu anderen Arbeiten - wird allerdings mit einer großen Dichte erkauft, welche die Übersicht im Bad in Teilen einschränkt. Die Trennung von Vereins- und Schulsport ist mit der vorgeschlagenen Verortung der Umkleiden nachgewiesen. Trotz guter Anordnung der Becken untereinander erscheint das zentrale Bewegungsbecken bei aller Nähe zu den Umkleiden allzu einsehbar; die Positionierung der Zuschauer im Norden ist hinsichtlich der zu langen Wege etwas umständlich. Die Nachbarschaft von Kinder- und Sprungbecken ist aus Sicherheitsaspekten problematisch.

Die Integration der Technikflächen in den vorgeschlagenen großen Dachkörper erscheint glaubhaft und trägt zur Kompaktheit der Arbeit bei. Der in den Ansichten gezeigte große Dachrand sowie die umlaufenden Stützen in ihrer rigiden und dichten Struktur sind für den Entwurfsgedanken eher kontraproduktiv. Trotzdem wurde der innovative und spannende Entwurfsansatz vom Preisgericht als ganzes gewürdigt und als guter Beitrag an dieser Stelle und in diesem Kontext betrachtet.

Durch die Höheneinstellung des Neubaus ergibt sich für diesen Zwischenbereich eine gute Zonierung, die allerdings mit vielen Stufen, auch zur angrenzenden Liegewiese erkauft wird. Nicht verständlich ist, dass die Verknüpfung zum Freibad durch Anordnung der mittigen Sanitäreinrichtungen unterbrochen wird.

Der Vorplatz öffnet sich zu einem gut proportionierten Raum, der auf selbstverständliche Weise die bereits vorhandenen Baumpakete aufnimmt und weiterführt.
Ansicht Süd

Ansicht Süd

Schnitt

Schnitt