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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2009

Planungswerkstatt Freiheitstraße

3. Rang

club L94

Landschaftsarchitektur

Halfmann Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Verknüpfung von Stadt und Land

Die Stadt Remscheid bildet mit Wuppertal und Solingen das Bergische Städtedreieck und ist Teil des Mittelbergischen Landes. Das Siedlungsgebiet ist geprägt von Tälern, Bergland und Hochflächen, wobei sich die bebauten Stadtteile auf Höhenrücken und Riedel konzentrieren. Die grünen Täler werden von einem charakteristischen Gewässernetz aus einzelnen Bächen durchflossen, die schon früh in der Geschichte der Region zur Ansiedlung von Wasserkraftanlagen zur Herstellung von Werkzeugen führten. Insgesamt weist der besiedelte Bereich einen Höhenunterschied von ca. 300m auf.
Die Wechselbeziehung zwischen besiedeltem Höhenrücken und grünen Tälern ist ein reizvolles Wesensmerkmal Remscheids. Leider erschöpft sich diese Attraktion auf einen grandiosen Fernblick in die Landschaft. Die physische Verknüpfung von Stadt und Landschaft wird durch querende Barrieren behindert. Diese Barrieren sind in erster Linie Verkehrsachsen, die - topographisch selbstverständlich -parallel zu den Hängen verlaufen.
Im Laufe der Siedlungsgeschichte Remscheids wuchsen die bandartig bebauten Flächen immer mehr zusammen und bildeten hauptsächlich Straßenrandbebauungen entlang der Höhenrücken. So entstand am südlichen Hang des Remscheider Stadtkegels eine dichtere Blockbebauung entlang der heutigen Freiheitsstraße, die die wichtigste Ost-West Verkehrsachse des Stadtteils Stachelhausen darstellt.

Heute wird Stachelhausen von mehreren markanten Ost-West-Verkehrsverbindungen durchschnitten:
- Von der Bahntrasse nach Solingen und Wuppertal,
- von der Freiheitsstraße,
- sowie von der „Trasse des Werkzeuges“, eine ehemalige Bahntrasse, die zur Fuß-und Radwegeverbindung umgestaltet wurde.
Von diesen Verkehrsverbindungen stellen die Freiheitsstraße und die Bahnlinie schwer zu überwindende
Hindernisse für die Nord-Süd-Verknüpfungsfunktion des Stadtteils dar.

Projektidee: Bindeglied Stachelhausen

Das Planungsgebiet Stachelhausen erfüllt jedoch eine Bindeglied-Funktion zwischen der Remscheider Innenstadt im Norden und den Wohngebieten Kremenholl, Honsberg und Blumenthal sowie den landschaftlich attraktiven Tälern im Süden der Stadt.

Ziel des Planungskonzeptes ist daher insbesondere die Stärkung und Verbesserung dieser Verknüpfungsfunktion durch die Schaffung von Verbindungen in Gestalt von Achsen, Wegen und Trittsteinen aus öffentlichen Plätzen und Grünflächen, die gleichzeitig den Mangel an Freiraum im Stadtgebiet aufheben und die Lebensqualität aufwerten.
Attraktivierung der Ost-West Verbindungen
Der Verkehr auf der Freiheitsstraße als wichtigste Verkehrsverbindung im Plangebiet hat eine hohe Emissionsbelastung für die angrenzende Bebauung zur Folge. Das Konzept sieht eine Reduzierung des Straßenquerschnittes vor, um so den Verkehr von den Gebäudefassaden abzurücken. Straßenbegleitende Baumreihen schirmen den Verkehr zusätzlich ab und bilden gemeinsam mit Bürgersteigverbreiterung und einseitiger Parkreihe einen Puffer zwischen Gebäuden und Straße, um die Akzeptanzprobleme bei der Vermarktung zu mindern. Die Straßenrandbebauung selbst wird durch das Konzept nicht berührt. Sie bildet einen wirksamen Schallschutz für die dahinterliegenden Wohngebiete.

Die Trasse des Werkzeuges war im Rahmen der Regionale 2006 ein erster Ansatz, die Barrierewirkung der Bahntrasse zu einem innerstädtischen Verknüpfungselement umzugestalten. Im Rahmen des Planungskonzeptes wird sie durch eine begleitende Baumreihe aufgewertet und ihr Verlauf dadurch betont.

Aufwertung der Nord-Süd Verbindungen
Um eine verbesserte Verknüpfung zwischen den südlichen Wohngebieten und der Remscheider Innenstadt zu ermöglichen, werden „grüne Trittsteine“ im Planungsgebiet Stachelhausen verortet, die in Form von öffentlichen Freiflächen attraktive Stationen bilden und gleichzeitig das Angebot an Freiraum im Stadtteil erhöhen. Im Zusammenhang mit städtebaulichen Ergänzungen sollen auf diese Weise Quartiersplätze und –parks an der Kremenhollerstraße, an der Honsbergerstraße sowie an der Weststraße entstehen.
Schaffung einer Grünen Mitte

Im Gefüge der neuen öffentlichen Freiräume bildet die Grüne Mitte künftig die fußläufige Hauptverbindung in Stachelhausen in Nord-Süd-Richtung. Vorgesehen ist eine Abfolge von befestigten und wassergebundenen Plätzen sowie begrünten Böschungen, die vom E-Werk an der Alexanderstraße über die Trasse des Werkzeuges zum Jugendzentrum Kraftstation führt, von dort aus die Freiheitsstraße platzartig überlagert und an das Frantzengäßchen anschließt. Die Querung der Freiheitsstraße wird an dieser Stelle optisch und effektiv betont; wie durch einen breiten Zebrastreifen soll durch die Überlagerung die Barrierewirkung der Straße aufgehoben und dem Fußgänger Vorrang gewährt werden.

Über Treppen oder Rampen durchläuft der Besucher auf seinem Weg unterschiedlich genutzte Freiräume. Der zu überwindende Höhenunterschied wird dabei als Potenzial für die Aufenthaltsqualität genutzt: Es entstehen eigenständige Plätze auf unterschiedlichen Niveaus, von denen aus sich immer wieder neue Ausblicke in den Naturraum der Täler und Wälder im Süden Remscheids öffnen. Besonders von der großzügigen Freitreppe am Jugendzentrum wird der Blick in den Landschaftsraum in Szene gesetzt. Betonsitzstufen in den Rasenböschungen bieten weitere Sitzmöglichkeiten mit Ausblick. In Anlehnung an das in Remscheid weit verbreitete Material Schiefer sowie dem zur Herstellung von Werkzeugen verwendeten Stahl wäre ein Platzbelag aus Rotschiefer für die befestigten Plätze und Stufen denkbar, der in Kombination mit dem wassergebundenen Belag der unversiegelten Platzflächen einen interessanten Kontrast bilden würde.

Die Grüne Mitte wird städtebaulich mit unterschiedlich genutzten Gebäuden gefasst:
- Drei Stadthausreihen mit terrassierten Gärten verknüpfen die Honsberger Straße mit der Grünen Mitte.
- Der südliche Grundstücksteil der Museumsdestille Frantzen bietet gute Voraussetzungen für Mehrgenerationen-Häuser mit direktem Anschluss an die zentrale Freifläche und ihre Attraktionen.
- Den nördlichen Abschluss der grünen Mitte bildet eine Altentagesstätte an der Wilhelmstraße.
- Für das Gebäude Freiheitsstraße 123 wird eine neue Nutzung als Kindertagesstätte angestrebt. Zur Verbesserung der Sichtbeziehung ins Tal ist auch Rückbau denkbar, wenn ein Erwerb möglich ist.

Durch die Anordnung der zu verschiedenen Tageszeiten intensiv von allen Altersgruppen genutzten Gebäude wird die Grüne Mitte nicht nur belebt, sondern auch sozial kontrolliert. Zwei Cafés, eines an der Kindertagesstätte Freiheitsstraße 123, und das andere am neuen Seniorenheim an der Trasse des Werkzeuges, beleben die Plätze darüber hinaus mit Außengastronomie. Ergänzende private und halböffentliche Freiräume werden in Form von, der neuen Bebauung zugeordneten, Gärten und Höfen angeboten. Darüberhinaus integriert das Gestaltungskonzept der Grünen Mitte den Freiraum vor dem Jugendzentrum Kraftstation, dieser wird mit einem Baumrahmen gefasst und mit einem Belag aus wassergebundener Decke und Rasen für unterschiedliche Nutzungen geöffnet.

Alle Platzsituationen der Grünen Mitte bieten idealen Raum für die Ansiedlung von Spielplätzen für alle Altersgruppen. So könnte im Norden der Freiheitsstraße als Erweiterung des bestehenden Spielplatzes an der Wilhelm-Engels-Straße ein Abenteuerspielplatz für Jugendliche entstehen. Im Bereich des neuen Cafés am Museum Frantzen und an der Kindertagesstätte im Zentrum der Grünen Mitte wäre ein Spielplatz für Kinder denkbar. Der Platz südlich der Freitreppe am neuen Seniorenheim bietet Aufenthalts- und Sitzmöglichkeiten für die Anwohner und die Plattform für Quartiersaktivitäten (Nachbarschaftsfeste, Boule-Turniere, Freiluftkonzerte etc.)
Rückbau der Alten Freiheitsstraße

Die Freiräume der Wohngebäude südlich der Freiheitsstraße werden durch den Rückbau der Alten Freiheitsstraße aufgewertet und beruhigt. Auf dem Reinshagengelände werden einzelne Stadthäuser entlang einer begrünten Mischverkehrsfläche angeordnet, die auch die bisherige Erschließungsfunktion der Alten Freiheitsstraße übernimmt. Als quartierbildprägendes Element wird das historische Lagergebäude erhalten und in einen neuen städtebaulichen Kontext eingebunden.

Ausblick

Nach einer denkbaren Aufgabe der industriellen Nutzung zwischen Weststraße und Alexanderstraße lässt sich das vorgeschlagene Verknüpfungskonzept auch östlich des Planungsgebietes fortführen. In diesem Bereich ist eine Fortsetzung der Stadthausbebauung ebenso denkbar wie Geschosswohnungsbau und gewerbliche Nutzung in Form von Büros, Praxen und Läden, die über begrünte Pocketparks und Mischverkehrsflächen miteinander fußgängerfreundlich verknüpft werden können.


Verkehr
Für die Freiheitsstraße ist ein Rückbau auf einen zweistreifigen Querschnitt für den Kfz-Verkehr vorgesehen, der im Grundsatz auch über die Grenzen des Planungsgebietes fortgesetzt werden kann. An den bestehenden signalisierten Knotenpunkten bleiben die vorhandenen Abbiegespuren im Zuge der Freiheitsstraße und in den Nebenrichtungen unverändert.
Durch das Abrücken der Verkehrsflächen für den fließenden Kfz-Verkehr von der angrenzenden Bebauung sind positive Auswirkungen auf die Lärm- und Schadstoffsituation zu erwarten. Diese Effekte sollen durch eine angestrebte Koordinierung der aufeinanderfolgenden Signalanlagen auf einem geringen Geschwindigkeitsniveau unterstützt werden.
Die durch den Rückbau jeweils einer Kfz-Fahrspur pro Richtung gewonnenen Verkehrsflächen werden zur Einrichtung von straßenbegleitenden Parkstreifen mit Baumscheiben sowie zur Verbreiterung der Gehwege genutzt. Durch die vorgesehene Straßenraumgestaltung werden somit niedrige Fahrgeschwindigkeiten im Kfz-Verkehr unterstützt und bestehende Defizite im Fußgänger-und Radverkehr entlang der Freiheitsstraße verbessert.