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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2012

„Platz da! 15 Orte an denen sich Berlin neu erfinden könnte“

Preis / Moritzplatz

Henningsen Landschaftsarchitekten PartG mbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Kreisel verflüssigen den Autoverkehr, für Fußgänger sind sie jedoch mordsgefährlich. Um dieses Dilemma aufzulösen, hat sich das Planungsbüro Henningsen dafür entschieden, die unterirdische Passage des U-Bahnhofs Moritzplatz aufzuwerten und in die Platzarchitektur zu integrieren. Dazu würde die Decke des Bahnhofs unter der Mittelinsel geöffnet und mit einem großen Glaskubus versehen werden. So käme Tageslicht in den Bahnhof, und die Passanten könnten in der Lichtkuppel, die als begehbare Skulptur verstanden werden kann, in aller Ruhe den sie umkreisenden Autoverkehr beobachten.
Der Fixpunkt des Moritzplatzes wäre somit eine gläserne, von Ziergräsern überwucherte Insel, die sich in die grüne Platzumgebung einfügt und dem Flaneur ganz unprätentiös das Angebot macht: Schau mal rein! Die Mittelinsel, durch die Barriere des fließenden Verkehrs von der Außenwelt abgetrennt, wäre wieder erreichbar - zumindest indirekt - und die weithin verschmähten und vernachlässigten Unterführungen aus der Stadterneuerung der 70er Jahre hätten zumindest an diesem Ort eine Rehabilitierung erfahren.
Der Kubus soll rund anderthalb Meter über den Boden aufragen und wäre damit als interessantes Gestaltungsobjekt auf der langen Achse der Oranienstraße gut sichtbar. Besonders nachts, wenn er von innen leuchtet. Der Moritzplatz hätte dadurch neben Oranienplatz und Heinrichplatz ein eigenständiges, deutlich moderneres Profil gewonnen. Das Aufbau-Haus mit seiner Fassade aus Betonplatten und großen Glasflächen hat zu dieser Profilierung bereits der Grundstein gelegt. Henningsen schlägt vor, die Bebauung an der Oranienstraße bis zum Elsnerhaus zu schließen.
Die historische Quadratur des Platzes möchten die Landschaftsplaner zumindest wieder andeuten. Der Kreisel wird dazu mit stumpfen Ecken versehen. Die alten Platzkanten, erhalten nur noch an der Nordostseite, sollen durch weitere Bebauung vor allem auf der Seite des Wertheim-Grundstücks wiederaufleben. Auf der Nordwestseite würde die vorhandene und leicht verwilderte Grünanlage durch Bänke, Wege und eine Auslichtung des Baumbestandes aufgewertet. Zum Platz hin sollen zwei Stufen an die historische Bebauung erinnern. Vorteilhaft wäre, die Grünanlage mit einem Café zu bereichern, samt großzügiger Außenterasse, von Bäumen beschattet.
Um die Aufenthaltsqualität des Moritzplatzes zu verbessern, schlägt Henningsen vor, den Straßenraum zu verengen und die gewonnenen Fläche zwischen U-Bahnausgängen und Kreisverkehr als Grünzone zu entwickeln. Hier sollen Kirschbäume mehr Farbe auf den Platz bringen. Diese Grünzonen könnten auch als klimatische Puffer zwischen Autoverkehr und den sich aufheizenden Fassaden wirken. Die Prinzessinnengärten auf dem Wertheimgelände könnten in das Platzkonzept integriert werden, auch wenn der Entwurf eine Blockrandbebauung vorsieht. Das hängt natürlich vom möglichen Investor ab. Auch hinter den bestehenden Altbauten am Nordostrand existieren große unbebaute Flächen. Nach einer Erweiterung des Aufbau-Hauses entlang der Oranienstraße soll auch dort ein grüner Hof entstehen.
Der Moritzplatz könnte ein wenig mediterranes Flair entwickeln und damit eine gute Arbeitsatmosphäre für die Kreativen schaffen, die sich schon jetzt im Aufbau-Haus tummeln. Arbeiten und Wohlfühlen, Geldverdienen und Marotten ausleben verstehen sie nicht als Gegensatzpaare, sondern sich anziehende Pole, zwischen denen produktive Energien fließen.

geschrieben von Thomas Loy (Tagesspiegel)