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Offener, einphasiger städtebaulicher Planungswettbewerb | 02/2021

Produktives Stadtquartier Winnenden

Lageplan

Lageplan

Anerkennung

NUWELA Büro für Städtebau und Landschaftsarchitektur

Stadtplanung / Städtebau

vn-a | visual network art architecture

Architektur

Erläuterungstext

Städte leben durch ihre öffentlichen Räume. Die fortdauernde funktionale Trennung im Zuge der Moderne führte zum Rückgang dieser belebten Öffentlichkeit. Privatisierte Wohnsiedlungen, anonyme Gewerbegebiete und konsumgerechte, uniforme Innenstädte waren das Ergebnis. Dabei fühlen wir uns doch am wohlsten, wenn wir uns durch Räume bewegen, wo vieles zueinanderkommt und sich verdichtet. Wo unterschiedliche Menschen einander treffen, wo gewohnt wird, wo gearbeitet und produziert wird, wo gelebt, gefeiert und debattiert wird.

Insbesondere im Zuge der Digitalisierung bietet sich die Möglichkeit, den städtische Raum neu zu verteilen. Mit unserem Vorschlag für ein neues, produktives Stadtquartier wollen wir die Möglichkeiten der Mischung unterschiedlicher Nutzungen und die dadurch entstehenden Räumen für Öffentlichkeit, Produktion, Gemeinschaft aber auch Privatheit und Rückzug erforschen und ein im besten Sinne fortschrittliches Quartier entwickeln. Gerade durch die Corona Pandemie erfährt das Zusammenrücken von Wohnen und Arbeiten einen enormen Schub, was als Chance begriffen werden kann.

Als Grundvoraussetzung für das Entstehen eines kreativen Neben- und Miteinanders und einer symbiotisch wirkenden Gleichzeitigkeit sehen wir die Schaffung einer angemessenen, vergleichsweise hohen baulichen sowie funktionalen und sozialen Dichte. Diese Dichte wiederum muss so entworfen sein, dass sie das Entstehen vielfältiger räumlicher Situationen zulässt, die wiederum diverse Möglichkeiten der Aneignung bieten. Dieser Kontrast und die Erlebbarkeit der Raumabfolgen sind für die Akzeptanz und die Ortbildung innerhalb eines Quartiers entscheidend. Denn genau das soll in Winnenden entstehen: ein neues, innovatives Stück Stadt, ein Quartier, das eine Möglichkeit aufzeigt, wie wir unsere Städte umbauen, weiterbauen und neu bauen können.

Der Entwurf schlägt dabei 4 Grundelemente vor: Ein zusammenhängendes Netzwerk öffentlicher Räume, das effiziente Erschließung sowie Aufenthaltsqualität gleichermaßen gewährt. Dieses Raumkontinuum wiederum bildet klar formulierte Baufelder mit angemessener Größe, die eine flexible Entwicklung garantieren. Auf den Baufeldern schlagen wir ein Konzept hybrider, aufgelockerter Blockrandstrukturen vor. Als 4. Element schließlich setzen sich diese hybriden Blöcke aus flexibel wähl- und kombinierbaren Modulen zusammen. Je nach Schwerpunkt können sowohl Werkhallen mit zugehörigen Büro- und Kreativbereichen oder innovative, gemeinschaftlich orientierte Wohnkomplexe mit erdgeschossigen co-working spaces Initialprojekte für das neue Quartier sein. Ein besonderes Augenmerk kommt dabei den EG-Zonen zu: Die Größe der Baufelder ist so gewählt, dass der Sockel sowohl als flächendeckende Gewerbehalle oder als Blockstruktur mit grünem Innenhof oder Werkhof entwickelt werden kann.

Der Entwurf bildet in seiner Nutzungsverteilung Schwerpunkte. Die nördliche Erschließung über die Marbacher Straße inkl. Anbindung an die B14 bietet die Chance einer industriell geprägten Interpretation der Baufelder. Gewerbehallen, Ideen-Labore und eine Nutzung der großflächigen Dächer durch urbane Landwirtschaft prägen diesen Raum. Die Anlieferung erfolgt effizient über den nördlich gelegenen Logistikbereich, der in die Topgraphie eingebettet wurde. Eine entsprechende Geschoßigkeit und die intensive, nachhaltige Nutzung der Dächer schaffen eine gelungene Erscheinung zur B14 und zum Stadteigang. Der Campus Platz als zentraler Ort für Innovation bildet den Kern des Areals.
Im südlichen Teil des Gebietes erscheint eine stärkere Mischung von Wohnen, Arbeiten und sozialen Einrichtungen wie Kita, Seniorenwohnen sowie Quartiershaus angemessen und schafft eine Verzahnung des neuen Quartiers mit dem Bestand entlang der Schwaikheimer Straße. Der neue Quartiersplatz lädt zu Märkten, Treffen und Spielen ein.

Wir schlagen vor, das neue Quartier über einen shuttle-Bus loop öffentlich an den Bahnhof und die Innenstadt anzuschließen. Darüber hinaus sollen Fuß- und Fahrradverbindungen Richtung Innenstadt, zum Zipfelbach sowie in Richtung Westen in die Landschaft ausgebaut werden. Das gesamte Quartier durchziehen naturnah entwickelte grüne und blaue Freiflächen, die Retention, Erholung sowie positive mikroklimatische Effekte gleichermaßen garantieren. Die öffentliche Streuobstwiese ist gemeinschaftlicher Obstgarten und formuliert den Übergang in die Landschaft.

Beurteilung durch das Preisgericht

Auf den ersten Blick ein Gewerbequartier, wie es viele gibt in der Region. Zusammengebaute Hallen, unterschiedliche Maßstäbe, Verkehrsflächen, was die Produktion halt so braucht. Auf den zweiten Blick zeigt sich ein gestaltetes Quartier: drei grüne Höfe, ein industriell geprägter und zwei Gebäudekonglomerate bilden die städtebauliche Grundform. Der gut erschlossene nördliche Gebäudekomplex ist robust und industriell. Eine Erschließung parallel zur Marbacher Straße hält den Verkehr vom Innern fern, führt aber zu großen versiegelten Flächen. Hier dockt auch die erste von zwei «Scheunen» an, die als Quartierparkhäuser einen großen Teil des ruhenden Verkehrs aufnehmen. Die zweite liegt im Süden an der Schwaikheimer Straße. Zwei Baufelder sind zusätzlich mit konventionellen Tiefgaragen unterkellert.

Die Baufelder sind klug und entsprechend ihren Möglichkeiten und Qualitäten gegliedert. Die Größe ist so gewählt, dass sowohl eine Halle das ganze Erdgeschoss belegen kann oder bei kleinteiligeren Nutzungen ein Innenhof entsteht. Dies ermöglicht auf jedem Baufeld eine Nutzungsmischung und die Anpassung der Strukturen an die örtlichen Gegebenheiten. Dächer sind Terrassen, dienen der Energie- oder der Nahrungsproduktion in Gewächshäusern.

Das Straßennetz weitet sich im Zentrum zum Campusplatz und zum Quartierplatz. Die Lage und Begrenzung dieser Plätze sind nicht zwingend, sie könnten aber als öffentliche Räume im Quartier gut funktionieren. Am Quartierplatz liegt auch die Kita und ein Boardinghouse.

Die offene Gestaltung der Blöcke und Baufelder erlaubt eine selbstverständliche Anordnung von unterschiedlichen Nutzungen und Gebäuden. Dies wirft allerdings auch Fragen auf: Funktionieren die Erschließungsflächen für Anlieferung und Logistik, sind Mischverkehrsflächen die richtige Antwort für die rauen Anforderungen der Produktion? Die Mobility-Hubs würden die Möglichkeiten bieten, mit zentraler Logistik und autonomen internen Lieferfahrzeugen, dieses Problem zu entschärfen. Die Verfassenden schlagen hier Car-Sharing, Lastenfahrradverleih und E-Bike-Stationen vor.

Vielleicht erfinden die AutorInnen eher ein Handwerks- und Werkstadtquartier, als eine für größere, industrielle Ansiedlungen taugliche Struktur. Wobei die verspielte Offenheit zum Weiterdenken einlädt und in ihrer Anlage unterschiedlichste Entwicklungsmöglichkeiten offenlässt.

Einzelne Bausteine sind ausformuliert. Es werden genossenschaftliches Wohnen, Clusterwohnungen, Co-Working-Spaces und unterschiedlichste Arbeitsformen angeboten. Als Bauweisen sind industrielle, rationelle Systeme, teilweise als Holzhybrid vorgesehen. Allerdings fehlt die typologische Schärfe, die in weiteren Planungen Instrumente für eine Sicherung des Prozesses sichtbar macht. Typologien und die Nutzungsmischung bleiben zu wenig entschieden.

Das Projekt bleibt «Werk» mit vielen Offenheiten und Flexibilitäten. Die Anbindungen an die Umgebung scheinen nicht überall zwingend. Die Offenheit der Weiterentwicklung ist sympathisch, könnte aber in der Umsetzung Schwierigkeiten bereiten. Es fehlt die begeisternde Idee für einen neuen Stadtteil.

Für die Erschließung in die Innenstadt wird ein Shuttlebus vorgeschlagen.

Das Projekt liegt bezüglich Ausnutzung im Mittelfeld und die Nutzungsverteilung entspricht den Vorgaben.
Perspektive

Perspektive

Vogelperspektive

Vogelperspektive

Stadtbausteine

Stadtbausteine

Konzept

Konzept

Schnitte

Schnitte

Schnitt 1

Schnitt 1

Schnitt 2

Schnitt 2

Freiräume

Freiräume

Mobilität

Mobilität

Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit

Nutzungen

Nutzungen

Blick ins Quartier

Blick ins Quartier