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Städtebaulich-freiraumplanerisches Werkstattverfahren | 03/2024

Quartiersentwicklung Am Sandbach in Ratingen

Blick auf das Quartier zum Sandbachpark

Blick auf das Quartier zum Sandbachpark

1. Rang

CITYFÖRSTER architecture + urbanism

Stadtplanung / Städtebau

urbanegestalt

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Das Wettbewerbsgebiet bildet den Auftakt für eine Neustrukturierung des bestehenden Gewerbegebiets zu einem gemischt genutzten Wohnquartier. Zwischen der Kulturachse mit neuer Tram Anbindung im Norden und dem Sandbach mit perspektivischer Parkentwicklung im Süden bietet das Gebiet Potenzial für ein lebendiges Quartier mit Mehrwert für Bewohner:innen, Natur und die Nachbarschaft mit vielfältig nutzbaren Freiräumen, Gebäuden und Angeboten. Der Entwurf basiert auf folgenden Entwicklungsprinzipien:

  • Ein kompakter Städtebau schont die wertvolle Ressource Boden und bietet viel Platz für Natur, Regenwassermanagement und Freizeitnutzungen.
  • Die unversiegelten Flächen ermöglichen eine üppige Vegetation, welche die Biodiversität befördert, ein ausgewogenes Mikroklima erzeugt und atmosphärisch starke Orte schafft.
  • Zur Beförderung des lokalen Regenwasserhaushaltes wird das Regenwasser vor Ort zurückgehalten, versickert, verdunstet, oder zur Bewässerung von Pflanzen in Zisternen gespeichert.
  • Ein vielfältiger Nutzungsmix aus Wohnen, Arbeiten, Versorgung und Freizeitangeboten erzeugt ein lebendiges, „komplettes“ Quartier und reduziert so den Mobilitätsbedarf.
  • Der Ansatz eines Suffizienz-Quartiers reduziert individuellen Besitz (Wohnraum, Fortbewegungsmittel, Konsumgüter etc.) zugunsten von gemeinschaftlichem Wohlstand, und schont so die Ressourcen unseres Planeten.
  • Nachhaltige Baumaterialien wie Holz, Lehm, Stroh etc. kommen zur Anwendung und werden so verbaut, dass sie sortenrein dekomponierbar sind.
  • Flexible (Holz)Systembauweise und kompakte Gebäudevolumen ermöglichen ein kostengünstiges Bauen.
  • Die notwendige Energie wird so weit möglich lokal generiert - PV auf Dächern und teilweise Fassaden, Nutzung von Erdwärme.
  • Ein in der Quartiersgarage organisiertes multimodales Mobilitätsangebot aus Sharing- und E-Mobilitätsangebote, Lastenräder und Fahrradanhänger etc. - die man teilt und nicht besitzt - reduziert den Platzbedarf und ermöglicht eine kostengünstige Nutzung aktueller Technologien.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurfsbereich wird zwischen einer ,Kulturachse‘ (urbaner Charakter) im Norden und einer grünen Achse (,Sandbachpark‘) im Süden aufgespannt. Dieser folgerichtige, klare und städtebaulich robuste Ansatz wird ausdrücklich gewürdigt. Die fünf vorgesehenen Baukörper erzeugen eine klare Ordnung und reagieren logisch auf die ganz unterschiedlichen angrenzenden Stadtgebiete. Die beiden gut dimensionierten Karree’s im Nordosten bzw. Südwesten verleihen dem Gebiet Stabilität. Der Auftakt-Solitär im Nordwesten ist zurückgesetzt und schafft einen platzartigen Raum für die mögliche Stadtbahnhaltestelle und bildet zugleich den Auftakt zum Quartier. Die Quartiersgarage (Parkhaus) am westlichen Teil der Dechenstraße ist richtig verortet. Einzig der Baustein der Seniorenpflege wirkt in der vorgeschlagenen Typologie etwas fremd, ist aber ebenfalls sinnfällig verortet. Der aus der Anordnung der Baukörper resultierende Quartiersplatz im Zentrum ergibt sich fast automatisch und hat eine stimmige Dimensionierung. Der Durchstich ausgehend vom Quartiersplatz nach Osten, trifft zwar aktuell auf den Baukörper des Kulturlofts, lässt aber die Anbindung an die geplante städtische Parkanlage im Osten des Plangebietes längerfristig zu. Insgesamt zeichnen sich die Grünflächen durch die zusammenhängende Wirkung aus. Im Gegensatz zum Städtebau wird im Freiraum eine differenzierte Qualifizierung vermisst. Insbesondere die Verbindung zum ,Sandbachpark‘ scheint gut gelöst. Der Umgang mit der Gewerbelärmbelastung ist insbesondere durch den weit zurückspringenden Baukörper (Seniorenpflege) gut gelöst. Im Bereich des Durchstichs zum östlichen Veranstaltungsgebäude ist eine Lärmschutzwand zu prüfen. Die übrigen betroffenen kleineren Bereiche, sind durch bauliche Maßnahmen zu lösen. Der urbane Schwerpunkt ist folgerichtig aufgrund der Adressierung, der verkehrlichen Erschließung und der angedeuteten Gestaltung mit harten Platzbelägen im Norden. Der Quartiersplatz im Zentrum ist als Spielplatz ausgewiesen, könnte aber eine multifunktionale Nutzung gut vertragen. Der solitäre Baukörper im Nordwesten könnte mittelfristig in einen städtebaulichen Dialog mit dem eventuell zur Disposition stehenden Kraftwerk treten. Kritisch wird hier angemerkt, dass der Abstand zum Parkhaus und die Platzfläche im Norden eine fast identische Abmessung haben. Diese ambivalente Situation gilt es zu überdenken. Der fast schon landschaftliche Raum im Süden und die Einbeziehung des Wäldchens im Südosten überzeugen hingegen. Die großen Nutzungsbausteine Wohnen, Seniorenwohnen, Kindergarten und Parken sind aus heutiger Sicht richtig verortet. Die klare Gesamtstruktur lässt aber eine Justierung der Nutzungsverteilung zu einem späteren Zeitpunkt allemal zu. Größere Flächen für Dienstleistung oder gar Büro werden als nicht standortgerecht eingeschätzt. Einzelhandelsflächen etwa gegenüber dem Kulturloft werden kritisch gesehen. Die vielfältige Programmierung der Erdgeschoßflächen wird aber grundsätzlich positiv bewertet. Die kompakte Bauweise lässt eine gute Flächeneffizienz und Wirtschaftlichkeit erwarten. Lediglich der Baustein des Seniorenpflege weist hier Defizite aus. Die Philosophie des Entwurfs bezieht sich auf die Werte der europäischen Stadt in wohltuender Selbstverständlichkeit. Als weitgehend autofrei, mit einer Quartiersgarage in kurzer Wegeentfernung zu allen Nutzungsbausteinen, sind die Weichen für die heraufziehende Mobilitätswende richtig gestellt. Die entsprechenden Sharing-Angebote in den Mobility Hub’s sind folgerichtig umsetzbar. Themen der Klimaresilienz sind im aktuellen Planungsstand lediglich angedeutet und bedürfen einer weiteren Vertiefung. Besonderes Augenmerk ist auf die Durchlüftung der beiden Innenhöfe zu richten. Möglicherweise wären, insbesondere im südlichen Karree, größere Einschnitte hilfreich, dies auch um den innerstädtischen Charakter in diesem Karree etwas abzuschwächen. Im Gegensatz zum Städtebau werden die Visualisierungen dem gestalterischen Anspruch des Quartiers, nämlich eine eigene Identität zu entwickeln, nicht gerecht. Das Gestaltungsvokabular und die in Renderings dargestellte Architektursprache überzeugen noch nicht.
Blick von Norden auf den Quartierseingang

Blick von Norden auf den Quartierseingang

Blick in den Hofgarten

Blick in den Hofgarten

Lageplan

Lageplan

Schnitt durch die Quartiersmitte und Sandbachpark

Schnitt durch die Quartiersmitte und Sandbachpark

Leitbild - Leben am Sandbachpark

Leitbild - Leben am Sandbachpark