Nichtoffener Wettbewerb | 04/2023
Quartiersentwicklung Quantum Gardens in Ehningen
©asp Architekten
Quantum Gardens
2. Preis
Preisgeld: 30.000 EUR
Stadtplanung / Städtebau
-
Verfasser:
-
Mitarbeitende:
Jesús Antonio Martínez Zárate, Philipp Maué, Melanie Nogales, Tugce Sahin, Hriday Bharaj
Modellbau
Erläuterungstext
Die Transformation des ehemaligen IBM-Standorts Ehningen in ein urbanes Quartier bietet ein enormes Potenzial - für die Gemeinde und die BewohnerInnen sowie für die Entwicklung zukünftiger Technologien. Die große Chance besteht zum einen darin, eine bislang nie da gewesene Verbindung zwischen dem historisch gewachsenen Ortskern und dem früheren IBM-Areal zu schaffen und dadurch die Identität zu stärken. Zum anderen besteht sie darin, durch hochwerti-ge Büro- und Gewerbeflächen einen attraktiven Firmenstandort zu entwickeln, der im Konkurrenzkampf um Gewerbeansiedlungen im Stuttgarter Raum langfristig bestehen kann. Der vorliegende Entwurf antwortet auf diese Herausforderungen mit einem innovativen gemischtgenutzten Quartier, das einen lebenswerten sowie zukunftsweisenden Lebensraum ausbildet.
Gesamträumliches Konzept
Die Neuplanung des IBM-Areals stellt einen wichtigen Baustein im Ehninger Siedlungsgefüge dar und sollte deshalb nicht isoliert entwickelt werden. Der grüne Quartierseingang um das aufge-wertete Biotop fungiert als Scharnier zwischen Siedlungsbereich, Landschaftsraum und Gewerbeflächen. Die unterschiedlichen Schichten wachsen so zusammen. Dennoch bleibt die wichtige Ost-West-Grünverbindung mit ihren klimatischen Funktionen erhalten. Die Verbindung zwischen Siedlung und Entwicklungsfläche gelingt dem Entwurf mit einem konzentrischen Netz aus zwei Erlebnispfaden: ein äußerer und ein innerer Loop. Die beiden Loops vernetzen Ehningens heterogene Siedlungsstruktur und setzen die Prämissen der Stadt der kurzen Wege konsequent um. Die Loops durchlaufen unterschiedliche Sequenzen und passieren dabei Ehningens Zielpunkte. Der äußere Loop durchläuft zum Beispiel den historischen Ortskern, das Sportzentrum oder den nördlichen Ausläufer des Schönbuchs. Dabei ändert sich immer wieder sein Charakter. Von sportlichen, kurzweiligen Mitmachangeboten zu ruhigen, naturbelassenen Naturpfaden. Von Wasserspielmöglichkeiten zu vielfältigen Einkaufsangeboten. Der innere Loop rückt den IBM-Standort bis an das um die Festhalle gelegene gesellschaftliche Zentrum Ehningens und den attraktiven Flussraum der Würm. Die Quantum Gardens bilden ein zukünftiges Herzstück des inneren Loops.
Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Mobilitätswende ist ein attraktiver Anschluss an das ÖPNV-Netz unabdingbar. Zwei Verbindungsachsen binden die Quantum Gardens an den S-Bahn-Haltepunkt an. Die Hauptroute folgt der Wilhelm- und Schlossstraße nach Süden und gelangt schließlich an den Kreuzungspunkt Hildrizhauser Straße / K 1077. Die östliche Route folgt perspektivisch der Schillerstraße nach Süden, passiert die Bildungseinrichtungen und gelangt schließlich über die Brechgasse an die K 1077. Das vorliegende Konzept erkennt das Potential einer nachhaltigen Transformation des Siedlungsgefüges im Bereich des Ideenteils. Anstatt den Rad- und Fußwegeverkehr über aufwendige und kostenintensive Infrastrukturbauwerke vom MIV-Verkehr zu trennen, konzentriert sich der Entwurf auf eine behutsame Nachverdichtung und attraktive Querungsmöglichkeiten. Diese verändern den Charakter und die öffentliche Wahrnehmung der K 1077 vom Kreuzungsbereich mit der Hildrizhauser Straße im Westen bis zum neuen Technologiecampus im Osten. Hier kann ein neuer Stadtraum entstehen, der ebenerdige Querungsmöglich-keiten konfliktfrei zulässt.
Städtebauliche Leitidee
Der Aufgabe, ein lebendiges Stadtquartier zu entwerfen, begegnet der Entwurf mit einem großzügigen, öffentlichen Stadtraum. Hier findet ein lebendiges Nebeneinander von Collision Spaces, innovativer Mobilität und performativem Freiraum ausreichend Platz. Klare Bockstrukturen mit geradlinig gesetzten Baukörpern flankieren diese Mitte und aktivieren mit ihren lebendigen Erdgeschosszonen den öffentlichen Raum. Westlich der Grünen Mitte schirmen robuste Strukturen das Quartier gegenüber den Lärmemissionen der Hildrizhauser Straße ab. Am neuralgischen Kreuzungspunkt von innerem Loop, Grüner Mitte und der Sichtachse zum Quantencomputer spannt sich ein wohldimensionierter Platz auf, der den Höhenversprung zum Quantencomputer spielerisch leicht überbrückt. Ein städtebaulicher Hochpunkt unterstreicht die Wichtigkeit dieses Raumgefüges und stellt über das integrierte Quantum Experience Center auch thematisch die Verbindung zum Quantencomputer her. Das städtebauliche Gerüst reagiert nicht nur auf den Quantencomputer, sondern bezieht die umliegenden Strukturen sowie den Bestand in sein Gesamtbild ein. Das Biotop bleibt in seiner Ursprungsform erhalten. Ein Steg über das Wasser führt die Verbindung vom Bahnhof aus nördlicher Richtung fort und stellt ein ansprechendes, grünes Eingangstor in das neue Areal dar. Das südlich des Biotops gelegene Parkhaus P1 erfährt auf der dem Biotop zugewandten Seite eine behutsame bauliche Erweiterung, die den baulichen Eingang in das Quartier markiert. Das Parkhaus bleibt erhalten und wird um ein nachhaltigen Mobili-tätsangebot im Erdgeschoss ergänzt. Östlich des Biotops rahmen zwei kleinteiligere Baukörper die neue Fuß- und Radwegeverbindung nach Norden und formieren mit dem geschwungenen Hotel des Technologiecampus‘ ein städtebauliches Entrée. Die Bebauung in direkter Nachbar-schaft zum Technologiecampus reagiert auf die freien Formen des Neubaus mit einer aufgelo-ckerten Kante und einer kleineren Platzaufweitung. Das Gebäude 1 fügt sich harmonisch in die neue Bebauung ein, ist direkt mit dem Quartiersplatz verbunden und kann perspektivisch simpel durch einen weiteren Baublock ersetzt werden. Auf dem Bertrandt-Gelände geht die Grüne Mitte in den äußeren Loop über und bildet in Kombination mit einer maßvollen Nachverdichtung einen attraktiven Stadtbaustein.
Nutzungen, Architektur und Nachhaltigkeit
Die Arbeitswelt hat sich stark verändert und wird sich durch die Digitalisierung und die Anforderungen an ein nachhaltiges Wirtschaften und Leben weiter radikal verändern. Lebens- und Ar-beitsorte müssen wir deshalb als vernetzte Wissensorte entwickeln. Strukturelle Flexibilität, programmatische Vielfalt sowie Qualität und Identität der Begegnungsorte sind dabei zentrale Fak-toren neuer Typologien. Für den vorliegenden Entwurf bedeutet das ein attraktives, identitätsstiftendes Arbeitsumfeld mit lebendiger Nachbarschaft zu schaffen. Hierfür werden abwechslungsreiche Erdgeschosszonen ausgebildet, die die öffentlichen Räume bespielen und eine heteroge-ne Nutzungsmischung bewirken. Entlang der Grünen Mitte, an den Eingangssituationen und entlang des Inneren Loops sorgen deshalb kleinteilige Versorgungsmöglichkeiten, Collision Spaces, Showrooms, Ausstellungsflächen, Foyers und Gemeinschaftsräume für ein ansprechen-des Erlebnis der NutzerInnen. Die gemeinschaftlichen Höfe sind multikodiert. Unterschiedliche Freiraumkonzipierungen ermöglichen Begegnung und Austausch unter den NutzerInnen. Sie können sich Freiräume aneignen, ihren Arbeitsplatz in den Außenbereich expandieren, Rückzugsorte aufsuchen oder in größeren Gruppen zusammenkommen.
Innovation und Nachhaltigkeit bilden die beiden Hauptmerkmale des Entwurfs. Innovative Bauformen erlauben höchste Flexibilität, um auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagieren zu können. Das Konzept gibt dabei klare und simple Baukörper vor, die mit unterschiedlichen Konfi-gurationen ausgefüllt werden können. Bauteile und -materialien aus den beiden abzubrechenden Bürogebäuden, dem Pavillon und dem Pförtnergebäude sollen, wo technisch machbar, im Sinne des Zirkulären Bauens weiter- oder wiederverwendet werden. Darüber hinaus ist der Einsatz von ressourcenschonenden sowie leicht rückzubauenden Materialien wie Holz, Lehm oder Recyclingbeton vorgesehen. Mechanische Lüftungs- und Kühlungssysteme senken den Energiebedarf der Gebäude drastisch. Photovoltaikanlagen, Solarthermiepaneele und begrünte Dächer sind für alle Baukörper vorgeschrieben.
Klima, Grünvernetzung und Freiraum
Zukunftsorientierte Stadtentwicklung soll nicht nur den Menschen, sondern auch der Natur zu-gutekommen, beides in Einklang miteinander bringen. Neben Fragen zum Umgang mit dem Klimawandel und rückläufiger Artenvielfalt steht die Qualität von Begegnungs- und Erholungsräumen im Vordergrund. Der Entwurf entwickelt ein robustes Netz an Grünräumen, das das Quartier durchzieht und diesen mit dem umliegenden Landschaftsraum verbindet. Die dabei entstehenden differenzierten Freiräume – grüne Fugen, Quartiersplätze, Rigolen, Gartenterrassen und durchgrünte Dachflächen – bieten den Beschäftigten und BewohnerInnen wie auch den angren-zenden Nachbarschaften ein vielfältiges Angebot und stärken die Identität des Areals. Diese Flächen sorgen für einen geringeren Versiegelungsgrad und eine effiziente blaugrüne Infrastruktur, die einen wichtigen Baustein der klimagerechten Stadtentwicklung darstellt. Ein adäquater Um-gang mit anfallendem Regenwasser, der den Abfluss in die Kanalisation drastisch reduziert, die Kühlung des Quartiers fördert und die Vegetation in Trockenzeiten bewässert, ist unabdingbar. Das Konzept des Regenwassermanagements besteht dabei aus zwei wesentlichen Komponenten: Begrünte Dächer halten den Niederschlag für bestimmte Zeit zurück und reduzieren bei Sonneneinstrahlung die Temperatur der Gebäudehülle. Darüber hinaus ermöglichen Grünflächen, Mulden und Retentionsbecken die Rückhaltung und Verdunstung des Regenwassers im Öffentlichen Raum. Zudem beinhaltet das Konzept die Nutzung von Grauwasser - sowohl innerhalb des Gebäudes, zum Beispiel für die Toilettenspülung als auch außerhalb des Gebäudes für die Bewässerung des öffentlichen Grüns. So können großmaßstäbliche Laubbäume, die einen effizienten Beitrag zur Klimaanpassung im Quartier leisten, langfristig gesichert werden.
Anbindung, Erschließung und Mobilität
Ein innovatives Mobilitätskonzept bildet die Grundvoraussetzung für ein nachhaltiges Stadtquar-tier. Einen wichtigen Bestandteil stellt dabei die S-Bahnhaltestelle Ehningen dar, die über zwei Fuß- und Radwegeverbindungen optimal an das Quartier angebunden wird. Die Grüne Mitte lebt von intensiver Inanspruchnahme unterschiedlicher Nutzergruppen und MobilitätsteilnehmerInnen. Parkierungsanlagen mit direkten Zufahrten an den Quartierseingängen ermöglichen eine auto-arme Nachbarschaft und stärken den Charakter der Grünen Mitte. Designierte Aufstellflächen für Anlieferung ordnen konfliktfrei den öffentlichen Raum. Ein dem Mobilitätszentrum angeschlosse-nes Logistik- und KEP-Zentrum fängt den Großteil der Warenströme bereits am Quartierseingang ab. Hier übernehmen emissionsfreie Transportmittel wie Lastenräder, E-Scooter, Zustellroboter, E-Kleintransporter oder Drohnen die Waren sowie Produkte und beliefern deren EmpfängerIn-nen. Neben Parkierungs- und Logistikfunktionen sowie Angeboten für Car- und Bikesharing ent-steht im Tiefgeschoss des Parkhaus P1 die Energiezentrale, die das nachbarschaftseigene Smart-Grid-System steuert. Ein integriertes Center für Tausch, Recycling und Reparatur ermöglicht die Rückführung von Waren und Produkten in den Stoffstromkreislauf.
Bauabschnitte
Das Phasenkonzept der Quantum Gardens basiert auf einer flexiblen Grundstruktur, die die vor-herrschenden Rahmenbedingungen berücksichtigt und zukünftige Entwicklungen antizipiert. Die Mantelbebauung am Parkhaus P1 verändert das Gesicht des Areals zur Hildrizhauser Straße und kreiert zusammen mit dem aufgewerteten Biotop eine attraktive Eingangssituation. Der Hoch-punkt markiert den nördlichen Abschluss der Quantum Gardens und stellt den Brückenschlag über die K 1077 her. Ein erster kräftiger Baublock knüpft an den gegenüberliegenden Neubau des Technologiecampus an. In der zweiten Phase formen die beiden Baukörper entlang der Hildrizhauser Straße eine klare Adresse nach Westen. Zwei östliche Baublöcke in unmittelbarer Nachbarschaft zum Quantencomputer und ein zweiter Hochpunkts am zentralen Quartiersplatz fassen die großzügige Grüne Mitte. Die umbaute Parkierungsanlage gewährleistet die Funktionsfähigkeit des Baubschnitts. Das Quantum Experience Center im Hochpunkt rückt die Quantum Gardens in das öffentliche Bewusstsein und kann so die letzte Entwicklungsphase initiieren. In dieser ersetzt ein Neubau im Duktus des gesamten Areals das Gebäude 1 und wertet zusammen mit den Ent-wicklungen auf dem Bertrandt-Gelände den südlichen Quartierseingang auf. Der Mobilitätshub wird bei vorhandenem Bedarf in modularer Bauweise errichtet und kann bei sich veränderndem Mobilitätsverhalten rückgebaut und die Baustruktur mit einen weiteren Baukörper ergänzt wer-den.
Gesamträumliches Konzept
Die Neuplanung des IBM-Areals stellt einen wichtigen Baustein im Ehninger Siedlungsgefüge dar und sollte deshalb nicht isoliert entwickelt werden. Der grüne Quartierseingang um das aufge-wertete Biotop fungiert als Scharnier zwischen Siedlungsbereich, Landschaftsraum und Gewerbeflächen. Die unterschiedlichen Schichten wachsen so zusammen. Dennoch bleibt die wichtige Ost-West-Grünverbindung mit ihren klimatischen Funktionen erhalten. Die Verbindung zwischen Siedlung und Entwicklungsfläche gelingt dem Entwurf mit einem konzentrischen Netz aus zwei Erlebnispfaden: ein äußerer und ein innerer Loop. Die beiden Loops vernetzen Ehningens heterogene Siedlungsstruktur und setzen die Prämissen der Stadt der kurzen Wege konsequent um. Die Loops durchlaufen unterschiedliche Sequenzen und passieren dabei Ehningens Zielpunkte. Der äußere Loop durchläuft zum Beispiel den historischen Ortskern, das Sportzentrum oder den nördlichen Ausläufer des Schönbuchs. Dabei ändert sich immer wieder sein Charakter. Von sportlichen, kurzweiligen Mitmachangeboten zu ruhigen, naturbelassenen Naturpfaden. Von Wasserspielmöglichkeiten zu vielfältigen Einkaufsangeboten. Der innere Loop rückt den IBM-Standort bis an das um die Festhalle gelegene gesellschaftliche Zentrum Ehningens und den attraktiven Flussraum der Würm. Die Quantum Gardens bilden ein zukünftiges Herzstück des inneren Loops.
Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Mobilitätswende ist ein attraktiver Anschluss an das ÖPNV-Netz unabdingbar. Zwei Verbindungsachsen binden die Quantum Gardens an den S-Bahn-Haltepunkt an. Die Hauptroute folgt der Wilhelm- und Schlossstraße nach Süden und gelangt schließlich an den Kreuzungspunkt Hildrizhauser Straße / K 1077. Die östliche Route folgt perspektivisch der Schillerstraße nach Süden, passiert die Bildungseinrichtungen und gelangt schließlich über die Brechgasse an die K 1077. Das vorliegende Konzept erkennt das Potential einer nachhaltigen Transformation des Siedlungsgefüges im Bereich des Ideenteils. Anstatt den Rad- und Fußwegeverkehr über aufwendige und kostenintensive Infrastrukturbauwerke vom MIV-Verkehr zu trennen, konzentriert sich der Entwurf auf eine behutsame Nachverdichtung und attraktive Querungsmöglichkeiten. Diese verändern den Charakter und die öffentliche Wahrnehmung der K 1077 vom Kreuzungsbereich mit der Hildrizhauser Straße im Westen bis zum neuen Technologiecampus im Osten. Hier kann ein neuer Stadtraum entstehen, der ebenerdige Querungsmöglich-keiten konfliktfrei zulässt.
Städtebauliche Leitidee
Der Aufgabe, ein lebendiges Stadtquartier zu entwerfen, begegnet der Entwurf mit einem großzügigen, öffentlichen Stadtraum. Hier findet ein lebendiges Nebeneinander von Collision Spaces, innovativer Mobilität und performativem Freiraum ausreichend Platz. Klare Bockstrukturen mit geradlinig gesetzten Baukörpern flankieren diese Mitte und aktivieren mit ihren lebendigen Erdgeschosszonen den öffentlichen Raum. Westlich der Grünen Mitte schirmen robuste Strukturen das Quartier gegenüber den Lärmemissionen der Hildrizhauser Straße ab. Am neuralgischen Kreuzungspunkt von innerem Loop, Grüner Mitte und der Sichtachse zum Quantencomputer spannt sich ein wohldimensionierter Platz auf, der den Höhenversprung zum Quantencomputer spielerisch leicht überbrückt. Ein städtebaulicher Hochpunkt unterstreicht die Wichtigkeit dieses Raumgefüges und stellt über das integrierte Quantum Experience Center auch thematisch die Verbindung zum Quantencomputer her. Das städtebauliche Gerüst reagiert nicht nur auf den Quantencomputer, sondern bezieht die umliegenden Strukturen sowie den Bestand in sein Gesamtbild ein. Das Biotop bleibt in seiner Ursprungsform erhalten. Ein Steg über das Wasser führt die Verbindung vom Bahnhof aus nördlicher Richtung fort und stellt ein ansprechendes, grünes Eingangstor in das neue Areal dar. Das südlich des Biotops gelegene Parkhaus P1 erfährt auf der dem Biotop zugewandten Seite eine behutsame bauliche Erweiterung, die den baulichen Eingang in das Quartier markiert. Das Parkhaus bleibt erhalten und wird um ein nachhaltigen Mobili-tätsangebot im Erdgeschoss ergänzt. Östlich des Biotops rahmen zwei kleinteiligere Baukörper die neue Fuß- und Radwegeverbindung nach Norden und formieren mit dem geschwungenen Hotel des Technologiecampus‘ ein städtebauliches Entrée. Die Bebauung in direkter Nachbar-schaft zum Technologiecampus reagiert auf die freien Formen des Neubaus mit einer aufgelo-ckerten Kante und einer kleineren Platzaufweitung. Das Gebäude 1 fügt sich harmonisch in die neue Bebauung ein, ist direkt mit dem Quartiersplatz verbunden und kann perspektivisch simpel durch einen weiteren Baublock ersetzt werden. Auf dem Bertrandt-Gelände geht die Grüne Mitte in den äußeren Loop über und bildet in Kombination mit einer maßvollen Nachverdichtung einen attraktiven Stadtbaustein.
Nutzungen, Architektur und Nachhaltigkeit
Die Arbeitswelt hat sich stark verändert und wird sich durch die Digitalisierung und die Anforderungen an ein nachhaltiges Wirtschaften und Leben weiter radikal verändern. Lebens- und Ar-beitsorte müssen wir deshalb als vernetzte Wissensorte entwickeln. Strukturelle Flexibilität, programmatische Vielfalt sowie Qualität und Identität der Begegnungsorte sind dabei zentrale Fak-toren neuer Typologien. Für den vorliegenden Entwurf bedeutet das ein attraktives, identitätsstiftendes Arbeitsumfeld mit lebendiger Nachbarschaft zu schaffen. Hierfür werden abwechslungsreiche Erdgeschosszonen ausgebildet, die die öffentlichen Räume bespielen und eine heteroge-ne Nutzungsmischung bewirken. Entlang der Grünen Mitte, an den Eingangssituationen und entlang des Inneren Loops sorgen deshalb kleinteilige Versorgungsmöglichkeiten, Collision Spaces, Showrooms, Ausstellungsflächen, Foyers und Gemeinschaftsräume für ein ansprechen-des Erlebnis der NutzerInnen. Die gemeinschaftlichen Höfe sind multikodiert. Unterschiedliche Freiraumkonzipierungen ermöglichen Begegnung und Austausch unter den NutzerInnen. Sie können sich Freiräume aneignen, ihren Arbeitsplatz in den Außenbereich expandieren, Rückzugsorte aufsuchen oder in größeren Gruppen zusammenkommen.
Innovation und Nachhaltigkeit bilden die beiden Hauptmerkmale des Entwurfs. Innovative Bauformen erlauben höchste Flexibilität, um auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagieren zu können. Das Konzept gibt dabei klare und simple Baukörper vor, die mit unterschiedlichen Konfi-gurationen ausgefüllt werden können. Bauteile und -materialien aus den beiden abzubrechenden Bürogebäuden, dem Pavillon und dem Pförtnergebäude sollen, wo technisch machbar, im Sinne des Zirkulären Bauens weiter- oder wiederverwendet werden. Darüber hinaus ist der Einsatz von ressourcenschonenden sowie leicht rückzubauenden Materialien wie Holz, Lehm oder Recyclingbeton vorgesehen. Mechanische Lüftungs- und Kühlungssysteme senken den Energiebedarf der Gebäude drastisch. Photovoltaikanlagen, Solarthermiepaneele und begrünte Dächer sind für alle Baukörper vorgeschrieben.
Klima, Grünvernetzung und Freiraum
Zukunftsorientierte Stadtentwicklung soll nicht nur den Menschen, sondern auch der Natur zu-gutekommen, beides in Einklang miteinander bringen. Neben Fragen zum Umgang mit dem Klimawandel und rückläufiger Artenvielfalt steht die Qualität von Begegnungs- und Erholungsräumen im Vordergrund. Der Entwurf entwickelt ein robustes Netz an Grünräumen, das das Quartier durchzieht und diesen mit dem umliegenden Landschaftsraum verbindet. Die dabei entstehenden differenzierten Freiräume – grüne Fugen, Quartiersplätze, Rigolen, Gartenterrassen und durchgrünte Dachflächen – bieten den Beschäftigten und BewohnerInnen wie auch den angren-zenden Nachbarschaften ein vielfältiges Angebot und stärken die Identität des Areals. Diese Flächen sorgen für einen geringeren Versiegelungsgrad und eine effiziente blaugrüne Infrastruktur, die einen wichtigen Baustein der klimagerechten Stadtentwicklung darstellt. Ein adäquater Um-gang mit anfallendem Regenwasser, der den Abfluss in die Kanalisation drastisch reduziert, die Kühlung des Quartiers fördert und die Vegetation in Trockenzeiten bewässert, ist unabdingbar. Das Konzept des Regenwassermanagements besteht dabei aus zwei wesentlichen Komponenten: Begrünte Dächer halten den Niederschlag für bestimmte Zeit zurück und reduzieren bei Sonneneinstrahlung die Temperatur der Gebäudehülle. Darüber hinaus ermöglichen Grünflächen, Mulden und Retentionsbecken die Rückhaltung und Verdunstung des Regenwassers im Öffentlichen Raum. Zudem beinhaltet das Konzept die Nutzung von Grauwasser - sowohl innerhalb des Gebäudes, zum Beispiel für die Toilettenspülung als auch außerhalb des Gebäudes für die Bewässerung des öffentlichen Grüns. So können großmaßstäbliche Laubbäume, die einen effizienten Beitrag zur Klimaanpassung im Quartier leisten, langfristig gesichert werden.
Anbindung, Erschließung und Mobilität
Ein innovatives Mobilitätskonzept bildet die Grundvoraussetzung für ein nachhaltiges Stadtquar-tier. Einen wichtigen Bestandteil stellt dabei die S-Bahnhaltestelle Ehningen dar, die über zwei Fuß- und Radwegeverbindungen optimal an das Quartier angebunden wird. Die Grüne Mitte lebt von intensiver Inanspruchnahme unterschiedlicher Nutzergruppen und MobilitätsteilnehmerInnen. Parkierungsanlagen mit direkten Zufahrten an den Quartierseingängen ermöglichen eine auto-arme Nachbarschaft und stärken den Charakter der Grünen Mitte. Designierte Aufstellflächen für Anlieferung ordnen konfliktfrei den öffentlichen Raum. Ein dem Mobilitätszentrum angeschlosse-nes Logistik- und KEP-Zentrum fängt den Großteil der Warenströme bereits am Quartierseingang ab. Hier übernehmen emissionsfreie Transportmittel wie Lastenräder, E-Scooter, Zustellroboter, E-Kleintransporter oder Drohnen die Waren sowie Produkte und beliefern deren EmpfängerIn-nen. Neben Parkierungs- und Logistikfunktionen sowie Angeboten für Car- und Bikesharing ent-steht im Tiefgeschoss des Parkhaus P1 die Energiezentrale, die das nachbarschaftseigene Smart-Grid-System steuert. Ein integriertes Center für Tausch, Recycling und Reparatur ermöglicht die Rückführung von Waren und Produkten in den Stoffstromkreislauf.
Bauabschnitte
Das Phasenkonzept der Quantum Gardens basiert auf einer flexiblen Grundstruktur, die die vor-herrschenden Rahmenbedingungen berücksichtigt und zukünftige Entwicklungen antizipiert. Die Mantelbebauung am Parkhaus P1 verändert das Gesicht des Areals zur Hildrizhauser Straße und kreiert zusammen mit dem aufgewerteten Biotop eine attraktive Eingangssituation. Der Hoch-punkt markiert den nördlichen Abschluss der Quantum Gardens und stellt den Brückenschlag über die K 1077 her. Ein erster kräftiger Baublock knüpft an den gegenüberliegenden Neubau des Technologiecampus an. In der zweiten Phase formen die beiden Baukörper entlang der Hildrizhauser Straße eine klare Adresse nach Westen. Zwei östliche Baublöcke in unmittelbarer Nachbarschaft zum Quantencomputer und ein zweiter Hochpunkts am zentralen Quartiersplatz fassen die großzügige Grüne Mitte. Die umbaute Parkierungsanlage gewährleistet die Funktionsfähigkeit des Baubschnitts. Das Quantum Experience Center im Hochpunkt rückt die Quantum Gardens in das öffentliche Bewusstsein und kann so die letzte Entwicklungsphase initiieren. In dieser ersetzt ein Neubau im Duktus des gesamten Areals das Gebäude 1 und wertet zusammen mit den Ent-wicklungen auf dem Bertrandt-Gelände den südlichen Quartierseingang auf. Der Mobilitätshub wird bei vorhandenem Bedarf in modularer Bauweise errichtet und kann bei sich veränderndem Mobilitätsverhalten rückgebaut und die Baustruktur mit einen weiteren Baukörper ergänzt wer-den.
Beurteilung durch das Preisgericht
Auf der konzeptionellen und strategischen Ebene ist die städtebauliche Idee für das Areal überzeugend.
Das Projekt bindet sich schlüssig in den Gesamtraum zwischen dörflicher Struktur und Technologie orientierten Gebäudekomplexen ein und vernetzt durch offene Gesten.
Im Projektgebiet schafft die Setzung durch eine typologische Überlagerung zwischen Block und Solitär eine interessante Morphologie sowie multikodierte Außenräume.
Die programmatische Durchmischung mit öffentlichen Funktionen, die sich in den unterschiedlichen Ebenen bis hin zum Dach ziehen, ist zeitgemäß, jedoch in ihrem vorgeschlagenen Ausmaß schwer umsetzbar.
Der Maßstab der städtebaulichen Setzung wird zum einen als zu groß im Kontext empfunden, zum anderen können die Baukörper aufgrund der Tiefe und Ecksituationen zu eingeschränkten Belichtungssituationen der Wohnräume führen und damit auch zur eingeschränkten Flexibilisierung der Nutzungen.
Der freiräumliche Raum ist robust gedacht. Er bindet das Quartier in einen grünen landschaftlich geprägten Kontext ein und schafft in der Mittelzone eine urbane, grüne lebendige Mitte die sich in den grünen Halbhöfen fortsetzt.
Die nördliche Verbindung durch das Biotop mit seiner naturrelevanten Leistungsfähigkeit wird durch den gesetzten Hochpunkt belastet und die Durchwegung über und entlang des Gewässers stellt einen Eingriff dar.
Das Projekt lotet die Wirtschaftlichkeitskriterien bezogen auf die großen Blöcke, Baukörper und Außenraumgestaltung sinnvoll aus. Die Bauabschnitte fallen dabei sehr groß aus.
Die Arbeit schafft es einen ganzheitlichen Ansatz zur Nachhaltigkeit anzubieten, mit zukunftsorientierten technischen Lösungsansätzen, wie Energie, Wassermanagement und Klimaanpassung. Sie ist sehr differenziert gedacht und die vielfältigen Maßnahmen sind nachvollziehbar und plausibel dargestellt.
©asp Architekten
Quantum Gardens
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©MS Architekturmodelle
Modell
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