Nichtoffener Wettbewerb | 06/2023
Schloss Benrath / Sanierung und Erneuerung des Westflügels
©HPP Architekten
Blick in den Innenhof mit Besucherzentrum
2. Preis
Preisgeld: 18.000 EUR
Architektur
Tragwerksplanung
TGA-Fachplanung
Erläuterungstext
Als übergeordneter Entwurfsgedanke soll der Westflügel als Teil des Gesamtkunstwerks erhalten und sensibel ergänzt werden. Dabei werden zum einen die baulichen, historischen und kulturellen Besonderheiten des Gebäudes sowie deren räumlichen Qualitäten gewahrt. Gleichzeitig entsteht ein modernes Besucherzentrum und Museum, welches sich rücksichtsvoll in das Denkmal integriert und dabei den modernen museologischen und wirtschaftlichen Anforderungen entspricht.
Funktionalität und Organisation
Als künftiger Hauptzugang des Besucherzentrums und Eingang des gesamten Ensembles dient die historische Toreinfahrt zum Schlossweiher. In der Achse der Toreinfahrt befindet sich der zentrale Empfang, welcher den Ticketverkauf beinhaltet. Die Öffnung der westlich-orientierten Toreinfahrt bietet eine weitere Zugangsmöglichkeit in das Besucherzentrums und stärkt die Verbindung zum Schillergarten. Der Innenhof, welcher mit filigranen Glas- und Stahlkonstruktion überdacht ist, beinhaltet neben dem Empfang und den übrigen Funktionen des Besucherzentrums das Lapiadrium mit Ausstellungen von Skulpturen.
Die grundsätzliche Organisation des Erdgeschosses entspricht den historischen Gebäude- und Raumstrukturen: In den südlichen, zum englischen Landschaftsgarten orientierten Räumen befindet sich ein Teil der Ausstellung, welche durch die Zugänge im Innenhof erschlossen wird. In den zum Schlossweiher gelegenen Räumen befinden sich die Wechselausstellungen. Die barrierefreie Erschließung ist über Plattformlifte an den Eingängen zur Ausstellung gewährleistet. Ein kleiner administrativer Bereich und intern-genutzte Räumlichkeiten für die Mitarbeiter*innen sowie der Garderobe und einem kleinen gastronomischen Angebot befindet sich in den Räumen zum Schillergarten. Die bauzeitlich vertikale Erschließung an den Schmalseiten über zwei Treppenhäuser bleibt erhalten. Die Position der Treppenaufgänge ermöglicht flexible Ausstellungkonzepte für Erdgeschoss und Obergeschoss. Der Aufzug befindet sich im ehemaligen Kabinett an der Ostseite in der Nähe des Treppenhauses, sodass die barrierefreie Erschließung eine identische Durchwegung der Ausstellungräume ermöglicht.
Das Obergeschoss ist als Rundgang mit Dauerausstellung organisiert, wobei die fensterseitigen Enfiladen wiederhergestellt werden, welche sowohl die historische Raumstrukturen als auch ein flexibles Ausstellungskonzept erlauben. Vor dem Zugang in das Kellergeschossgeschoss im Innenhof ist der Museumsshop angeordnet, sodass die Besucher*innen nach dem Museumsbesuch und vor der Besichtigung des Corps de Logis durch den Shop geleitet werden. Die Besucherverteilung vom Westflügel zum Corps de Logis erfolgt dann über den historischen unterirdischen Dienergang.
Besucherzentrum
Der zentrale Empfang befindet sich in der Achse der Toreinfahrt zum Schlossweiher und ist sowohl vom künftigen Haupteingang als auch vom Eingang der Toreinfahrt zum Schillergarten gut einsehbar und räumlich präsent. In unmittelbarer Nähe zum Empfang befindet sich neben Sitz- und Wartemöglichkeiten der Museumsshop, sodass ein effizienter Betrieb von Ticketverkauf und Museumsshop gleichzeitig möglich ist. Unmittelbar neben dem Museumsshop und in Sichtbeziehung zum Empfang befindet sich die Verbindung zum Corps de Logis: Diese wird durch eine großzügige Treppe in den Gewölbekeller inszeniert. Zusätzlich ermöglicht dies eine bessere Einsehbarkeit und eine sinnvolle Organisation und Durchwegung von Ausstellung, Museumsshop und Zugang in den Corps de Logis. Für den Anschluss der Konstruktion im Kellergeschoss ist eine Fundamentunterfangung vorgesehen.
Gegenüber des Eingangsbereichs befindet sich das Lapidarium mit Ausstellung von Skulpturen; zudem bieten großzügige Grüninseln bereits Impressionen zur Ausstellung des Schlossmuseums für Gärten, Kunst und Natur und verwischen die Grenze zwischen Innen- und Außenraum. Die Garderobe und ein kleines gastronomisches Angebot befinden sich in den Räumen zum Schillergarten. Der Wegfall des Nebengebäudes und der Stellplätze bietet künftig auch die Möglichkeit eines außengastronomischen Angebots und stärkt die Verbindung zwischen Besucherzentrum und Schillergarten. Die Lage der Garderobe mit Schließfächern ermöglicht mehr Aufenthalts- und Freifläche im Besucherzentrum, sodass die historische Raumwirkung des Innenhofs erhalten bleibt. Die historische Raumwirkung wird durch filigrane Überdachung als Glas- und Stahlkonstruktion unterstützt. Somit bliebt der Innenhof als Teil des Denkmals in Zukunft auch weiterhin erlebbar.
Beurteilung durch das Preisgericht
Der Entwurf präsentiert sich verhältnismäßig reduziert, wobei die Konstruktion und Machbarkeit gut nachvollziehbar sind. Der Entwurf wirkt durchdacht und glaubwürdig. Das Konzept überzeugt im Gesamten. Die neuen filigranen Stützen sind eine gelungene Ergänzung zum Bestand und ermöglichen eine lockere Atmosphäre im Raum.
Der parallel angeordnete Infodesk und die dadurch entstehende Wegeführung erzeugt eine effiziente Nutzung des Raums. Die gezielte Öffnung zum Schillergarten und der angrenzenden Gastronomie werden insgesamt positiv bewertet. Der Innenraum wird faktisch freigehalten, was eine flexible Nutzung ermöglicht. Allerdings wird das Grünkonzept auf seine Funktion und Notwendigkeit kritisch hinterfragt und könnte weiter überdacht werden. Die Anbindung an den Bestand mit der Traufe und der Wölbung wirkt plausibel und berücksichtigt die vorhandene Höhe des Bestandsgebäudes. Kritisch betrachtet werden das Glasdach (Hitzestau, Reinigung) sowie die auffallende Breite der Treppe zum Dienergang, da so der besondere Charakter dieses Ganges verloren gehen könnte. Diese Punkte sind jedoch heilbar und könnten angepasst werden. Der Umgang mit dem Denkmal wird als gut gelöst angesehen. Die Zwischenlösung mit der Höhe des Innenhofs und der Wölbung lenkt den Besucher geschickt.
Insgesamt präsentiert der Architekturentwurf eine plausible Konzeption mit gut ausgearbeiteten Elementen. Die kritischen Punkte sind lösbar und könnten verbessert werden. Der Umgang mit dem Denkmal sowie die Höhenlösung des Innenhofs werden positiv bewertet.
©HPP Architekten
Isometrie der Nutzungsverteilung