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Einladungswettbewerb | 05/2019

Städtebauliche Entwicklung des Lindgens-Areals Kassenberg in Mülheim an der Ruhr

2. Preis

Preisgeld: 11.100 EUR

BFM Architekten

Architektur

ulrich hartung gmbh

Stadtplanung / Städtebau

studio grüngrau GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Lebendige Nachbarschaften Lindgens+ ist eine Symbiose aus Tradition und Moderne, ein Quartier, dass die Historie wertschätzt und innovatives Wohnen und Arbeiten gestaltet.
Die Architektur der Industrie und spannungsvolle Nutzungstypen in den Bestandsgebäuden prägen den Charakter und das Leben des Quartiers: Wohnen und Arbeiten in Lofts, Ateliers, Open-Space und Co-Working für Innovative, Kreative, Urbane, Gründer, Konsolidierer und „Highflyer“.
Die Industriearchitektur schafft das atmosphärische Vis-a-Vis für die neuen Gebäudestrukturen der Büro-/ Dienstleistungs- und Wohnnutzungen. Gemeinsam wird ein spannender Freiraum gerahmt, ein Quartiersplatz mit Restaurant und Café und kleinen Läden/Dienstleistungen für‘s Quartier.
Bereits von der Düsseldorfer Straße können aus südlicher Richtung Quartiersplatz und Kesselhaus erspürt werden. Der Blick auf die historischen Gebäude, die besondere Adresse machen den Standort im Süden des Quartiersplatzes attraktiv auch für Büronutzungen, die sich bis an die stark frequentierte B 223 schieben und dort signifikant präsentieren.
Die Industriearchitektur wird nach Norden durch U-förmige Hofstrukturen ergänzt. Zur Düsseldorfer Straße wird so eine starke Raumkante ausgebildet, die das Quartier vor dem Verkehrslärm schützt.
Wohnen ist auch hier mit Lärmschutzgrundrissen möglich. Der bestehende Teppichmarkt wird noch während der Entstehung von Lebendige Nachbarschaften Lindgens+ durch einen neuen Hof ersetzt, der sich mit dem historischen Bestand zu einem maßstäblichen Block ergänzt. Der städtebauliche Rücken zur B 223 wird durch die historische Werkseinfahrt und neue Öffnungen durchlässig für Fußgänger und Radfahrer sowie für Anlieferungen gestaltet. Die innere Erschließung des Quartiers erfolgt durch zwei Stichstraßen von Norden und Süden. Eine Durchfahrt ist nur für Rettungs- und Müllfahrzeuge möglich. Auch ins Grüne zur Ruhr werden U-förmige Hofstrukturen ausgebildet, die entlang der Straßen spannungsvolle Raumkanten und passiven Schallschutz ausbilden. Die überschaubaren Höfe bieten kleinteilige Nachbarschaften und Privatheit - gleichermaßen für Jung und Alt, bezahlbar oder anspruchsvoller. Die privaten Gärten, Wege und gemeinschaftlichen Grünflächen sowie der Heubach öffnen sich zur Ruhr-Aue, so dass die Freiräume ineinander fließen. Bäume werden erhalten und schaffen Atmosphäre. Eine bauliche Abgrenzung von Lebendige Nachbarschaften Lindgens+ zur Aue wird vermieden. Das neue Ensemble fügt sich harmonisch in die Landschaft ein und profitiert von Bäumen, Wiesen und Wasser. Die privaten Stellplätze werden in Tiefgaragen untergebracht. Denkbar ist auch eine Verbindung der Garagen über zwei bis drei Höfe.
Im Süden soll eine Kindertagesstätte angeboten werden. Sie liegt schön im Grünen mit viel Platz, günstig erreichbar für das Quartier und für Externe.
Der Heubach wird bereits am Quartiersplatz erlebbar, mit besonnten Sitzstufen und sanfter Modellierung als neuer Erlebnisraum für Lebendige Nachbarschaften Lindgens+ und Einladung für die Flanierenden entlang der Ruhr. Die Wege am Bach führen logisch zum Saarner Auenweg und zum Ruhrufer.
Das Mobilitätsparkhaus bietet nicht nur die Stellplätze für Bestand und gewerbliche Nutzungen, sondern auch Leih- und Lastenräder, Fahrradwerkstatt, Car-Sharing und E-Scooter. Eine MobilitätsApp fürs Quartier fördert die alternative Mobilität und Fahrgemeinschaften für Pendler.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Grundstruktur einer weitestgehend geschlossenen Kante zur Düsseldorfer Strasse, die die Bestandsstruktur aufnimmt und weiterbaut und die der offenen, der Ruhr zugewandten grünbetonten Blockstruktur ist schlüssig.
Die klare Öffnung zur Ruhr über die grüne Mitte, auch mit dem Steg in der Ruhr, überzeugt.

Die fußläufige Erschliessung von der Düsseldorfer Strasse über eine Abfolge von kleineren, gut gefassten Räumen, die den Bestand aufnehmen, einen gut proportierten Quartiersplatz schaffen und selbstverständlich in den Grünen Stadtraum zur Ruhr führen, ist überzeugend gelöst. Lediglich der Bereich um das Kesselhaus erscheint etwas beengt. Die Erschliessung mit den beiden geradlinigen Achsen, die etwas unvermittelt im Grünzug enden und nicht klar zur Mitte führen, lassen eine klare Orientierung vermissen. Generell ist die Trennung von MIV und Fuß-/ Radverkehr nachvollziehbar gelöst.

Mit einem gleichartigen, modifizierten, u-förmigen Baukörper wird sowohl eine attraktive Wohnsituation zur Ruhr als auch eine etwas urbanere Mischnutzung in der Quartiersmitte geschaffen. Die Differenzierung und Strukturierung in private, ruhige Höfe und öffentliche Räume gelingt trotz der Öffnung zu den Grünräumen sehr gut. Private Freiflächen sind schlüssig direkt den Erdgeschossen zugeordnet, die daran angrenzenden gemeinschaftlich genutzten (Spiel-)Flächen allerdings nicht direkt aus den Treppenhäusern zu erreichen.

Der Vorschlag, den Heubach ohne aufwändige bauliche Anlagen in eine große Wiese einzubetten, wirkt sympathisch und überzeugt auch technisch, insbesondere wenn jahreszeitlich unterschiedliche Wasserstände zu erwarten sind.

Stellplätze sind ausreichend sowohl in Tiefgaragen unter den Neubauten also auch in einer Quartiersgarage für den Bestand, die gleichzeitig den Lärmschutz übernimmt, vorgesehen.
Die Kita am südöstlichen Rand ist prinzipiell gut positioniert, eine zentralere Lage käme jedoch der Belebung der Quartiersmitte zugute.

Die Bildung von Teileigentumsgrenzen und die Realisierung in Bauabschnitten scheint gut möglich. Der Stellplatznachweis für die Bestandsgebäude lässt sich nur in der Quartiersgarage führen, was einer optimalen Vermarktbarkeit entgegensteht. Die Gebäudetiefen der Neubauten müssen in Teilen reduziert werden.

Die städtebauliche Struktur fordert zwar eine differenzierte Entwicklung der Grundrisse, belohnt aber letztlich mit einem spannenden und konsistenten neuen Quartier.