Nichtoffenes, kooperatives Wettbewerbsverfahren | 08/2022
Städtebauliche Entwicklung QAH – Quartier am Humboldthain in Berlin
©ROBERTNEUN™, Visualisierung Philipp Obkircher
3. Preis
Preisgeld: 15.000 EUR
Stadtplanung / Städtebau
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Verfasser:
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Mitarbeitende:
Landschaftsarchitektur
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Verfasser:
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Mitarbeitende:
Erläuterungstext
ELEKTROPOLIS2
QUARTIER AM HUMBOLDTHAIN, BERLIN
Erläuterungsbericht
Heterogene Stadt durch kontextuelles Weiterbauen
Leitidee
Das Projekt baut ein Stück Stadt weiter, strukturiert das gesamte Areal neu, bindet die angrenzende Stadt ein und ermöglicht eine zeitgenössische Nutzungsmischung. Es schafft eine gebundene und unverwechselbare Architektur.
Prolog
Der Stadtumbau des Quartiers am Humboldthain muss unter Integration des ikonischen Bestandes aus der Zeit der dynamischen Elektropolis gelingen. Der hohe kulturelle Wert dieser einmaligen Bauten mit ihrer ausdrucksstarken und zugleich robusten Architektur ist Ausgangspunkt der städtebaulichen Konzeption.
Die große Chance das gesamte Areal, den gesamten Block mit der Neustrukturierung in die angrenzende Stadt einzubinden, zu öffnen, mit der vorgesehenen Nutzung die angrenzende Stadt weiter zu verdichten, eine zeitgenössische Nutzungsmischung von Wohnen, Arbeiten, Produktion, und Freizeit zu gewinnen, sowie dem Humboldthain ein neues durchlässige südliche Stadtmasse zu bilden sind weitere Ziele des Konzepts.
Nur unter Verwirklichung dieser Ziele kann sich der Abriss des Nixdorfbaus rechtfertigen.
Kontext
Das ehemalige AEG Gelände besteht aus einer typischen Ziegelarchitektur in sehr unterschiedlichen Typologien. Wie in derartigen Gewerbe- und Industriearealen üblich, wurden in einer dynamischen Entwicklung Bauten immerfort ergänzt, zu komplexen Gebäudeensembles gefügt. Ein Nebeneinander von unterschiedlichen Raumgrößen, Tragkonstruktionen und architektonischen Elementen fügt sich zu Ensembles größeren Maßstabs. So sind eher zufällig sehr vielfältige Gebäudeensemble entstanden, die bis heute dank ihrer strukturellen robusten Qualitäten in Nutzung sind. Die Zwischenräume bemessen sich den funktionalen Bedürfnissen von Anlieferung und Lagerung.
Weiterbauen
Denkmalpflegerisches Konzept
Dieses Zusammenspiel ikonischer Bauten und Zwischenräumen wird weitergebaut. Weiterbauen als denkmalpflegerisches städtebauliches Konzept nimmt den Bestand als Ausgangspunkt, als integralen Bestandteil, entwickelt daraus eine Ortsgebundene und so unverwechselbare Architektur und Stadt. Im Unterschied zu Rekonstruktion, tabula rasa oder der Fuge (Charta von Venedig) versteht das Konzept des Weiterbauens den bestand als lebendigen Teil des neuen, es geht nicht um eine Musealisierung, sondern um eine Integration in ein urbanisiertes Stück Stadt.
Die Sichtbarmachung dieses Teils der Geschichte und die kontextuelle Aneignung trägt einen Teil zur Heterogenität des Stadtgefüges bei.
Cluster und Campus
Aus dem Bestand und seinem kulturellen Kontext werden architektonische Elemente und Typologien extrahiert und als Werkzeugkasten verwendet. Gemäß der vorgefundenen Körnung des bestehenden Areals werden Gebäudeensembles aus verschiedenen Gebäudetypologien zu raumbildenden Ensembles gefügt. Die Größe dieser Ensembles, der Cluster bildet einen Zwischenmaßstab zwischen dem Block als Ganzen, dem Campus und dem Gebäude als Einzelteil, so dass eine hierarchische Ordnung und Zugehörigkeit der Einzelteile entsteht und eine Identifizierung auf dem großen Campus ermöglicht.
Werkhof und Liefergasse
Das gesamte Areal wird geöffnet und in allen Richtungen durchwegbar. Vor allem zwischen Humboldthain und Brunnenviertel wird der Campus über eine Abfolge von Stadträumen, eine Durchwegung von Raum zu Raum durchlässig.
Nach dem Prinzip der Tiefenstaffelung, einer Raumabfolge bewegt man sich entlang unterschiedlich charakterisierter, proportionierter und programmierter Räume, die den vorgefundenen Typologien entsprechen.
Die ergänzten Volumen, Cluster bilden mit dem Bestand verschieden charakterisierte und programmierte Stadträume, aus Alt und Neu entstehen weitergebaute Ensembles.
Entlang der Stadträume entsteht eine kleinteilige Durchwegung des Blocks, das Brunnenviertel wird mit dem Humboldthain verbunden und das Quartier alltäglicher Teil der umgebenden Stadt.
Industrielle Wildnis
Mit der Umwandlung des Produktionsstandorts am Humboldthain in ein modernes Gewerbeareal reagiert der Standort auf die Veränderungen an die Arbeitswelt. Flexibilität, interdisziplinäres Zusammenarbeiten und ein hoher Anspruch an Effizienz sind gefordert. Zusätzlich werden Aspekte der Nachhaltigkeit, des Klimas und der Ressourcenschonung aktuell. Dies verlangt neue Ansprüche an das Arbeitsumfeld: Wir möchten mit diesem Freiraumentwurf adressbildende Orte mit Wiedererkennungswert schaffen, die die Arbeitenden zusammen kommen lässt, die mit der Nachbarschaft partizipiert, freie Aneignung ermöglicht, sie inspiriert und gleichzeitig funktional und anpassbar sind.
Die Gewerbearchitekturen kombinieren wir mit einer industriellen Wildnis, die als Erweiterung des angrenzenden Humboldthain verstanden werden kann, ohne ihn zu kopieren. Mikrowälder und Vegetationsinseln besetzen die freien Flächen zwischen den Gebäuden und bilden besondere Orte mit eigenen Charakteren aus. Ihre kühlende und luftreinigende Vegetation verspricht eine besonders hohe Aufenthaltsqualität und leistet einen Beitrag, die den aktuellen ökologischen Herausforderungen wie der aufheizenden Stadtlandschaft, dem schwindenden Lebensraum von Kleinstlebewesen (insbesondere Insekten) und den hohen Regenwassermassen entgegenwirken soll. Verschattungen des Freiraums durch höhere Gebäude werden nicht als Nachteil gewertet, sondern bewusst zur Schaffung eines kühlen mikroklimatischen Raums genutzt und die vorgesehene Bepflanzung dadurch entsprechend ausgewählt. Verdunstungswiesen auf den unversiegelten Flächen stärken den Effekt der Kühlung und sind Teil des Schwammstadt-Konzepts. Dazu zählt ebenfalls das überschüssige Regenwasser der Gründächer. Es wird in Zisternen gelagert, die in Trockenperioden die Mikrowälder und Gehölze bewässern. Die hohe Luftqualität und der durch die industriell-wilde Vegetation geprägte Charakter des Ortes gestalten eine lebendige Arbeitsatmosphäre.
Mit dem Wachsen der industriellen Wildnis im Süden und dem Humboldthain im Norden erfährt die Gustav-Meyer-Allee eine neue Aufmerksamkeit. Die heute parkbegleitende Straße mit abgrenzender Wirkung wird zukünftig zum verbindenden Parkboulevard. Die Fahrbahn kann auf 6.50 m reduziert und die Stellplätze zugunsten beidseitig breiter Flanier- und Radwege (Verbindung Nordspange) rück gebaut werden. Der Park und das neue Quartier profitieren von dieser Aufwertung. Sie erhalten Raum für Kioske, Aufenthaltsmobiliar und einladende Entreesituationen – sowohl in den Park als auch ins Quartier.
Innerhalb des neuen Quartiers werden die notwendigen Infrastrukturtrassen (Anlieferung, Vorfahrt Handwerker, Feuerwehr) gebündelt und Wege rationalisiert. Daraus entsteht ein robustes Gerüst, dessen entsiegelte Flächen voll den klimaökologischen Bereichen zugeordnet werden können. Mit der Positionierung der Gebäude und der rationalen Wegeführung ist ein intuitives Navigieren von „Platz zu Platz“ möglich. Die Vegetationsbereiche bringen eine angenehme Unterbrechung in die Zwischenräume, ohne die Orientierung zu stören. Diese Form der Durchlässigkeit bindet den umliegenden Bestand des Technologieparks Humboldthain und des Blocks 240 mit ein.
Die Programmierung der Plätze und Zwischenbereiche ist eine Mischung formeller und informeller Angebote. Spielbereiche wie im Südosten sind formell ausgebildet und ergänzen den bestehenden Spielplatz mit Angeboten für ältere Kinder und Senioren, eine mögliche gemeinsame Nutzung in Kombination mit einer Kita wird mitgedacht. Zentrale Orte wie die Campus-Plaza synthetisieren als Teil der Verkehrsspange dienende Funktionen mit informellen Sportangeboten, die außerhalb der Arbeitszeiten mit flexiblem Mobiliar schnell zu lebendigen Hotspots verwandelt werden können und den Raum bestmöglich ausnutzen. Vor der Hochspannung bietet eine große Rasenfläche im Westen dagegen Entspannung an, wo im Schatten der Bäume die Mittagspause verbracht werden kann oder kürzere, informelle Besprechungen möglich sind. Schwellenbereiche wie die Laderampen und Vordächer werden zu kommunikativen Zonen zwischen dem Innen und Außen. Wie ein städtisches Möbel sind sie Orte des Aufenthalts und der Adressierung zugleich.
Es wird ein diversifiziertes Angebot über die Orte und Plätze hinweg geschaffen, dass neben seiner Nutzungsüberlagerung einen Lieblingsplatz für jeden bietet und ein in die Zukunft gerichtete Arbeitsumfeld vorlebt. Je nach Tages- und Wochenzeiten (insbesondere zum Feierabend und am Wochenende) wandelt sich das Quartier fließend von einem Ort der Produktion hin zu einem Ort des freien Zusammenkommens. In seinen Wandelbarkeit aktiviert es die Reize eines produktiven städtischen Quartiers der Begegnungen und Lebendigkeit von Arbeit und Freizeit.
Robuste Typologien
Als Gebäudetypologien werden robuste Strukturen in Anlehnung an gewerbliche Typologien wie die Fabrik, das Loft, die Gewerbehöfe gewählt. In ihren Bundtiefen und Geschosshöhen werden diese so formuliert, dass ein maximales Maß an Flexibilität, an Aneignungsfähigkeit und damit Nachhaltigkeit entsteht.
Der urbane Sockel, das Erdgeschoss/ 01.OG wird in Anlehnung an die vorgefundenen Hallen mit Sheddächern konzipiert. Die Geschosshöhe im Erdgeschoss von ca. 6,00m lässt es zu, Galerien einzuziehen, eine Laderampe als Hochparterre einzufügen und nimmt die kollektiven Funktionen wie Gebäudezugänge, Fahrradgaragen, Anlieferungen, etc. auf.
Das 01. OG kann aufgrund seiner großen Flächen ,zusätzlich zum Erdgeschoss, als Produktionsort genutzt werden
Die aufgehenden Bauten werden in verschiedenen Bundtiefen als Fabrik (kompaktes Haus mit zentralem Kern), als Fabrikturm oder als Loft (länglicher Baukörper mit außenliegenden Erschließung) gebildet.
Die Bundtiefen lassen verschiedenste Nutzungen zu, vom klassischen Bürobau mit Büros an der Fassade bis hin zu Forschungslaboren mit besonders tiefer Mittelzone für Labore und autarke Nutzung (Abdunklung, technische Vorrichtungen, steriles Labor, usw.)
und belichteten Schreibtischplätzen an der Fassade.
Diese Typen sind generell durch ein hervorragendes A/V Verhältnis und eine hohe Effizienz gekennzeichnet.
In verschiedenen Kombinationen je nach Kontext und raumbildender Aufgabe werden fünf unterschiedliche Cluster entwickelt.
Gebäudehöhen und Geschosshöhen
In dem Areal werden insgesamt 3 Horizonte definiert. Die Grundhöhe der Stadttextur nimmt eine mittlere Höhe des Bestands auf (+ 25,75 m, OKFF letztes Geschoss = < 22,00m) und stellt so den Grundhorizont der Stadt her. An verschiedenen Positionen innerhalb des Quartiers bilden Hochpunkte (+50,80 m/66,5) Schwerpunkte, Orientierungspunkte an Stirnseiten, um die Verwebung, die Vernetzung zu stärken. Als drittes vermittelt die Sockelhöhe (+10,65m) zwischen menschlichem Maßstab und Stadttextur.
Jedes Cluster enthält alle drei Höhen und wird spezifisch zueinander gesetzt.
Als Grundannahme basieren diese Höhen auf lichten Raumhöhen von 5,40 m (Galerieebene möglich) im Erdgeschoss, 4,00 m im 1. Obergeschoss und 3,00m in den restlichen Obergeschossen.
In einigen Bauten vergrößert sich die lichte Raumhöhe im Dachgeschoss durch die Dachformen. Es entsteht also insgesamt ein breites Spektrum an Raumhöhen, um möglichste flexibel und vielfältige Nutzungen anzusiedeln.
Einheitsgrößen
Alle Gebäudetypen basieren auf sehr struktureller Architektur, sowie effizienter Erschließungssystemen, so dass eine Teilbarkeit in ca. 400qm Nutzflächen gelingt. In den Hallen im Erdgeschoss ist eine kleinteiligere also auch großmaßstäblichere Gliederung möglich.
Erschließung
Das Areal soll insgesamt autoarm gestaltet werden. Zentral an der nördlichen Ecke werden die Stellplätze (ca. 600 Stellplätze) in einer Tiefgarage untergebracht. Analog dazu werden sicher weiterhin an der nordwestlichen Ecke Zufahrten auf das Fremdgrundstück erfolgen, so dass der mittlere Bereich der Gustav Meyer Allee weitestgehend frei gehalten werden kann und eine hohe Aufenthaltsqualität, sowie ein alltäglicher Anschluss an den Humboldthain erfolgen kann.
Entlang der Gustav-Meyer-Allee wird die städtebaulichen Situation durch neue Hochpunktvolumen strukturiert.
Es wird ein Gesicht des Areals und eine städtische Kante durch prägnante Hochpunkte / teils Blockrandbebauung hergestellt.
Durch den Rücksprung des Baukörpers an der Gustav-Meyer-Allee wird eine klarer, einladender Eingang zum Quartier formuliert und Platz für Aufenthaltsmobiliar und Kioske geschaffen, die zum
Aufenthalt einladen.
Der Freiraum im mittleren Bereich der Allee wird als Parkboulevard / als grüne, verkehrsberuhigte Vorzone mit breiten Flanier- und Radwegen ausgebildete.
Die funktional erforderliche Erschließung Anlieferung (Schwertransporter, Kleinlastwagen und Sprinter), Feuerwehr und Müll erfolgt über eine einfache Schlaufe über die alle Cluster angebunden werden.
Durch diese Konzentration gelingt eine intensive verkehrsunabhängige Bespielung der Stadträume.
In direkter Nachbarschaft zur Tiefgarage könnte ober- oder unterirdisch am zentralen Platz ein Mobility hub angeordnet werden.
Jedes Cluster integriert dezentral Fahrradgaragen im Erdgeschoss, barrierefreie Stellplätze werden ebenso dezentral an jedem Cluster vorgehalten.
Schallschutz
Die Reduzierung der logistischen Erschließungen auf dem Gelände dient auch dazu die Wohnbebauungen an der Süd-Ost Ecke des Grundstückes weiter zu schützen.
In diesem Bereich ist der Kindergarten auch geplant, wozu eine große bespielte Außenanlage gehört, und den zu den Wohnungen zugehörigen Grünflächen ergänzt.
Tragwerke und Brandschutz
Alle Gebäudedimensionen sind auf hybride zeitgenössische ökologische Tragwerke vordimensioniert, so dass sowohl Holz, als auch Holz-/ Stahlbetonkonstruktionen möglich sind.
Die Erschließungskerne sind generell in Stahlbeton, wenn möglich Recyclingbeton konzipiert und dienen zugleich als aussteifende Kerne.
Sämtliche Grundanforderungen des Brandschutzes wie Fluchtweglängen (35m), Brandschutzabschnitte (400qm), Ausstattung der kerne mit erforderlichen Feuerwehraufzügen oder falls erforderlich Sicherheitstreppenhäuser sind angelegt.
Energie-, Klima- und Nachhaltigkeitskonzept
Das hier vorgeschlagene Konzept soll die Errichtung eines zukunftsweisendes Stadtquartier ermöglichen, das Klimapositiv betrieben werden kann, hohe Aufenthaltsqualität besitzt, geringe Betriebskosten verursacht und positive Auswirkungen auf die umgrenzende Stadt bietet.
Klimapositiv
Die geplanten Baukörpersetzungen sollen durch die Ausrichtung, Dichte, Höhenentwicklung und Kompaktheit bereits dazu beitragen durch natürliche Belichtung, Belüftung, Besonnung den künstlichen Energieeinsatz zur Konditionierung zu reduzieren. Des Weiteren wird vorgeschlagen, die Gebäude in einem Nahenullenergie-Standard zu entwickeln, um den zukünftigen gesetzlichen Energiestandards zu entsprechen. In Kombination mit einer lokalen Energieerzeugung kann so sogar ein CO2-neutrales oder sogar Klimapositives Quartier entstehen. Hierfür wird eine Rückgewinnung von Abwärme (Lüftung, Abwasser, Serverabwärme) aus den Gebäuden zur Reduktion des Energiebedarfs vorgesehen. Ebenso eine Einbindung von Umweltenergie wie Geothermie und Solarenergie, Dach und Fassadenflächen sollen dazu für eine passive wie aktive Energienutzung aktiviert werden. Mit einer Vernetzung innerhalb des Quartiers durch ein Low-Ex-Nahwärme- und ggf. Kältenetz können Lastspitzen ausgeglichen werden. Fossile Energieträger sollen in dem neuen Quartier nicht zum Einsatz kommen.
Neben den Emissionen aus der Gebäudenutzung sollen auch die Grauen Emissionen aus der Konstruktion minimiert bzw. kompensiert werden. Dafür ist vorgesehen soweit möglich mit natürlichen, emissionsarmen Baustoffen zu arbeiten. Um das Abfallaufkommen und die Emissionen aus dem Abbruch des Bestandes zu reduzieren, wird eine Material- und Komponenten-Datenbank für das Nixdorf Gebäude vorgeschlagen, die vorhandenen Bauelemente über eine Bauteilbörse prioritär in den Neubauten eingesetzt werden.
Klima- Resilienz
Die erwartbaren negativen Folgen des Klimawandels mit den damit verbundenen Wetterereignissen werden mit dem vorgeschlagenen Konzept bereits adressiert. Durch eine übergreifende Konfiguration des Außenraumes und der Gebäudehüllen mit Grünräumen, schattenwerfenden Bäumen und Gebäudebegrünung soll ein positiver Effekt auf das lokale Mikroklima zur Vermeidung von Wärmeinseln erreicht werden. Diese ökologischen Habitate dienen auch zur Förderung der urbanen Biodiversität. Eine gute Durchlüftung des Quartiers durch die Baukörpersetzung und Höhenentwicklung wurde berücksichtigt. Auch durch Materialwahl, Verschattungselement und Wasserelemente kann ein positiver mikroklimatischer Effekt erzielt werden.
Wasser wird als Ressource angesehen, die nachhaltig bewirtschaftet werden soll. Das Regenwasser wird auf Gründächern und in Zisternen zurückgehalten und kann über Regenwasserspeicher für die Grünbewässerung genutzt werden, Überschüssiges Regenwasser soll vor Ort naturnah versickern. Die Bepflanzung soll Dürre-resistent erfolgen und nur mit gespeichertem Regenwasser gegossen werden.
ROBERTNEUN™ mit ATELIER LOIDL LANDSCHAFTSARCHITEKTEN
Beurteilung durch das Preisgericht
Die Arbeit 6008 greift vorhandene bauliche Typologien der näheren Umgebung auf und schafft einen differenzierten Städtebau mit einer spannungsvollen Raumabfolge. Die verschiedenen Räume interagieren auf respektvolle Art und Weise und mit wohltuendem Abstand zu den gewachsenen baulichen Strukturen der ehemaligen Werkhalle und der Bebauung in der Voltastraße.
In einem Geflecht von gut proportionierten Plätzen und Gassen werden diese Räume erschlossen, die durch ihre individuelle Gestaltung ganz besondere Atmosphären entwickeln und eine Bereicherung für die Entwicklung des Quartiers darstellen. Die Analyse der historischen baulichen Stilelemente und die weiterentwickelte Anwendung auf die neue vorgeschlagene Bebauung verspricht eine qualitätsvolle und homogene Entwicklung des Areals. Ob einige der vorgeschlagenen Zitate wie die Sheddächer oder die Giebel der baulichen Hochpunkte der Projektentwicklung dienlich sind, wird kontrovers diskutiert. Die Dimension einiger Baufelder mit sehr langen Raumkanten wird in Bezug auf ein flexibles Entwicklungspotenzial kritisch bewertet, ebenso wie die Nähe der vorgeschlagenen Hochpunkte an der historischen Werkhalle im Westen und der Wohnbebauung im Osten.
Die neue Raumkante an der Gustav-Meyer-Allee, deren Charakter sich grundsätzlich verändern wird, bildet die zukünftige Adresse für das neue Areal. Durch Rücksprünge und Hochpunkte entsteht eine interessante und angemessene Silhouette mit einem hohen Wiederkennungswert. Die fußläufige Nähe zum U-Bahnhof Brunnenstraße wird in dem vorliegenden Konzept nicht hinreichend berücksichtigt. Die interne Erschließung für den erforderlichen Lieferverkehr im Quartier in Überlagerung mit den angebotenen Freiräumen ist nicht schlüssig gelöst.
Insgesamt ist die Arbeit ein wertvoller Beitrag bei der Auseinandersetzung mit Baudenkmalen und deren städtebaulichen Weiterentwicklung, gleichwohl ist das Entwicklungspotenzial und das Maß der Flexibilität begrenzt.
©ROBERTNEUN™, Visualisierung Philipp Obkircher
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Lageplan
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Axonometrie
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