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Mehrfachbeauftragung | 06/2025

Städtebauliche Entwicklung Wohnquartier Hans-Böckler-Straße in Düsseldorf-Golzheim

Perspektive

Perspektive

1. Rang / Gewinner

LORBER PAUL ARCHITEKTUR & STÄDTEBAU

Stadtplanung / Städtebau

club L94

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Unser Entwurf schafft ein vernetztes Stadtgefüge, das auf Lärm, Dichte und Klimabelastung mit polygonaler Bebauung, architektonischer Offenheit und urbaner Qualität antwortet. Fließende Raumstrukturen, durchdachte Grundrisse und klug gesetzte Freiräume fördern Gemeinschaft, Orientierung und Lebensqualität. Der ruhige, grüne Innenhof wird zur Mitte des Quartiers – auto- und barrierefrei. Fassaden- und Dachbegrünung, Regenwassermanagement und PV-Anlagen sichern Klimaresilienz. Der öffentliche Raum wird zum Möglichkeitsraum – für alle.

STÄDTEBAULICHES & ARCHITEKTONISCHES KONZEPT

Ein zentrales Anliegen des Entwurfs ist die Schaffung von Begegnungsräumen mit hoher Aufenthaltsqualität. Durch differenziert gestaltete Platzsituationen, vielfältig nutzbare Spiel- und Hofflächen sowie eine durchgehende Begrünung entstehen Orte der Begegnung, des Austauschs und der Erholung. Diese Freiräume fungieren nicht nur als Rückzugsorte für die Bewohner, sondern öffnen sich auch zur Stadt hin und laden die gesamte Stadtgesellschaft ein. Die bewusst aufgeweichte Stadtkante ermöglicht dabei einen fließenden Übergang zwischen privatem und öffentlichem Raum und fördert eine bessere Integration in den urbanen Kontext.
Die architektonische Setzung stärkt die Wohn- und Außenraumqualität gleichermaßen: Helle, gut belichtete Wohnungen mit Blickbeziehungen ins Grüne schaffen ein hohes Maß an Wohnkomfort, während gemeinschaftliche Räume als nachbarschaftliche Treffpunkte fungieren und die soziale Interaktion fördern. Nahezu alle Wohnungen sind als durchgesteckte Grundrisse organisiert, um sowohl eine natürliche Belichtung und Belüftung von zwei Seiten als auch die Anleiterbarkeit der Aufenthaltsräume von außen sicherzustellen. Insgesamt entsteht ein Quartier, das trotz hoher Dichte eine hohe Lebensqualität bietet – geprägt von Offenheit, Gemeinschaft, Vernetzung und einer nachhaltigen Einbindung in die Stadtstruktur.

MOBILITÄTSKONZEPT

Kern des Mobilitätskonzepts ist die Stärkung autofreier Bereiche zur Steigerung der Freiraumqualität sowie der Fuß- und Fahrradmobilität. Der MIV wird nordwestlich im bereits durch Gewerbelärm belasteten Bereich in die Tiefgarage geleitet. Lediglich Besucherstellplätze und Car-Sharing Angebote werden oberirdisch an den Rändern des Ensembles positioniert. Die Durchwegung des grünen Quartiers erfolgt primär klimafreundlich unmotorisiert. Zahlreiche rollstuhlgerechte Zuwegungen unterstreichen das inklusive freiraumstärkende Konzept und die Vernetzung. Die Umfahrung der Feuerwehr sowie brandschutztechnische Aufstellflächen sind ebenfalls an den Rändern des Quartiers positioniert um die Qualität des Zentrums weiter zu stärken.

FREIRAUMKONZEPT

Das Freiraumkonzept sieht ein spannendes Zusammenspiel sinnvoller urbaner Freiraumtypologien vor. Dabei steht der auto- und feuerwehrbefreite Gemeinschaftshof mit großer Spielwiese als Kommunikations-, Spiel- und Möglichkeitsraum im freiräumlichen Zentrum. Grüne Schollen bilden ein Blüten- und Gräsermeer, das von einem sandgebundenen Wegenetz durchzogen wird und die grüne Mitte sowohl mit den Häusern als auch mit der Nachbarschaft vernetzt. Zahlreiche neue einheimische Klimabäume als raumbildende Baumsetzungen steigern die Freiraumqualität zwischen den Baukörpern und dienen zugleich als Lärm- und Sichtfilter in den lärmbelasteten Bereichen im Norden.
Die einladende stadträumliche Geste im Südwesten bildet den urbanen Auftaktplatz für das Ensemble. Der Platz, der sich erfrischend selbstverständlich um die Bestandsbäume arrangiert, bildet die Hauptadresse zum Straßenraum und zur Raumkante aus. Er ist geprägt durch die wichtige Vermittlung zwischen den Höhenniveaus von Straßenraum und Sockel, ein Wasserspiel sowie kleinere, pflegeleichte Grünflächen und Gräser. Es entsteht ein subtiler Übergang zwischen öffentlichen und privateren Bereichen mit hoher Aufenthaltsqualität.
Die unterschiedlichen Freiräume schaffen insgesamt eine hohe Aufenthaltsqualität – sowohl für verschiedene Nutzergruppen innerhalb des Ensembles als auch für das umliegende Quartier.

NACHHALTIGKEIT UND KLIMARESILIENZ

Die identitätsstiftende städtebauliche Setzung in Verbindung mit konzeptionell synergetischen Maßnahmen der Nachhaltigkeit verbindet das Thema der ökologischen Verantwortung mit einer hohen Aufenthalts-, Wohn- und Freiraumqualität. Zur Förderung eines gesunden Mikroklimas trägt ein ausgeklügeltes Brandschutzkonzept als Grundstein bei. Durch die Positionierung der Feuerwehrumfahrten im lärmbelasteten und lichtarmen Norden wird das Potenzial eines grünen, versickerungsfähigen, gemeinschaftlichen Innenhofs – frei von Überfahrten – maximal ausgeschöpft. Eine üppige Vegetation ermöglicht dabei eine erhöhte Verdunstungskühle und den Rückhalt von Regenwasser bei Starkregenereignissen. Neue Baumsetzungen unterstützen diesen Effekt und sorgen in Kombination mit Fassadenbegrünungen für weitere Maßnahmen gegen sommerliche Überhitzung sowie für die Stärkung der Biodiversität. Gleichzeitig tragen sie zur Reduktion der Streuung von Lärmemissionen im belasteten Quartier bei. Großflächige und intensiv begrünte Dachflächen leisten einen weiteren wichtigen Beitrag für das Mikroklima und das Regenwassermanagement. Neben dem Rückhalt ist auch eine Ableitung von der Tiefgaragendecke angedacht. Die Feuerwehrumfahrung ist als versickerungsfähige Oberfläche geplant und dient – neben weiteren Grünflächen – als natürliche Retentionsfläche in den Randbereichen des Grundstücks. Ergänzend dazu werden die Gebäude mit Photovoltaikanlagen ausgestattet, um erneuerbare Energien effizient zu nutzen und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren. Durch die Schaffung großzügiger, grüner, barrierefreier Gemeinschaftsflächen im Erdgeschoss können die Dachflächen maximal für die Energiegewinnung, Begrünung und den Regenwasserrückhalt genutzt werden. Helle Oberflächen sowie der hohe Grünanteil wirken sich zudem positiv auf die Vermeidung sommerlicher Überhitzung durch den „Albedo-Effekt“ aus.
Die nachhaltige Planung geht über ökologische Maßnahmen hinaus und fördert das Gemeinwohl durch die Schaffung von Räumen, die allen Menschen zugänglich sind – unabhängig von sozialen oder wirtschaftlichen Hintergründen. Bestehende Konzepte werden neu gedacht und innovative Lösungen entwickelt, um inspirierende und zukunftsorientierte Lebensräume zu schaffen, die sowohl ökologisch als auch sozial nachhaltig sind.


Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf präsentiert einen geschickten Ansatz, der die geschützten Bereiche im Hof trotz der Öffnung nach Norden gut in Einklang bringt. Die Platzierung der Öffnungen ist, vor allem im Hinblick auf die Belüftung der Gebäude, gut gewählt.

Städtebaulich fügt sich der Entwurf gut in die bestehende Struktur ein und korrespondiert mit seiner einfachen und überzeugenden Form mit der Umgebung. Besonders hervorzuheben ist die Höhenstaffelung, die in Richtung des „New Heart on the Block“-Bereichs gelungen ist, wobei eine höhere Geschossigkeit hier durchaus als verträglich eingestuft wird.

Die Grundrisse erscheinen gut umsetzbar, weisen jedoch noch Optimierungsbedarf auf, da die Nettowohnfläche im Verhältnis zur Bruttogeschossfläche eher gering erscheint. Um die Wohnfläche effizienter zu nutzen und somit die Wirtschaftlichkeit des Entwurfs zu erhöhen, sollten die Verkehrsflächen reduziert werden. Besonders bei den Erdgeschosswohnungen sollte die Ausrichtung und die Trennung von Privatheit und Öffentlichkeit in Bezug auf die städtebauliche Qualität herausgearbeitet werden.

Die Vernetzung des Entwurfs ist sowohl städtebaulich als auch konzeptionell sehr gelungen. Der Entwurf öffnet sich zu mehreren Seiten und führt die Fußgänger*innen gezielt durch das Quartier. Dies sorgt für eine angenehme Durchlässigkeit und eine gute Zugänglichkeit. Ein weiteres positives Kriterium ist der Erhalt des Bestandsbaums, der überzeugend in das Gesamtkonzept integriert wird. Die klare Trennung des geförderten Wohnraums bedarf einer Überprüfung. In diesem Zusammenhang ist eine Flexibilität der Verortung des geförderten Wohnraums zu berücksichtigt, um zukünftige Anpassungen zu ermöglichen.

Die Bauabschnittsbildung wird in der vorliegenden Planung nicht vollständig eingehalten, was jedoch im Detail nachzuweisen ist.

Insgesamt überzeugt der Entwurf mit seinem starken städtebaulichen Ansatz und der sehr gelungenen Integration in die bestehende Stadtstruktur. Eine Optimierung in Hinblick auf die Themen Wirtschaftlichkeit, Flächeneffizienz und Grundrissgestaltung lässt einen qualitativen und adäquaten Beitrag für das zukünftige Stadtbild erhoffen.
Lageplan

Lageplan

Freiraumkonzept

Freiraumkonzept

Entwicklung Städtebau

Entwicklung Städtebau