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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2010

Städtebaulicher Ideenwettbewerb Wintergartenstraße/Querstraße Leipzig

1. Preis

Preisgeld: 30.000 EUR

kister scheithauer gross architekten und stadtplaner GmbH

Architektur

Atelier Loidl

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Erläuterungsbericht Wintergartenhochhaus

Städtebau
Leitbild
Die Struktur des graphischen Viertels wird mit seinem traditionellen Städtebau aus Blöcken, Punkthäusern und den sich verschneidenden Straßenzügen an den Ring herangeführt und das Wintergartenhochhaus in ein urbanes Umfeld einbezogen.
Der Entwurf definiert sich durch eine Konstellation „allgemeiner Formen“ sprich Baublöcke. Der Baublock wird als Stadtbaustein eingesetzt, der in der weiteren Entwicklung des Quartiers vielfache Nutzungen aufnehmen kann, dies bedeutet die Typologie multifunktional nach den Wünschen späterer Investoren architektonisch konkretisiert werden kann, sei es Wohnen, Gewerbe, Büro, Hotel oder öffentliche Einrichtungen.
Die Baublöcke sind in ihrem Volumen durch städtebaulichen Überlegungen definiert, wie:
Erstens
Das Quartier definiert sich zu den umgebenden Straßen durch klare Blockkanten und stellt Straßenraum her.
Zweitens
Das Wintergartenhochhaus wird in einen Stadtraum eingebunden, der den Solitär als Campanile durch umgebende Fassaden einbindet.
Drittens
Eine diagonale Durchwegebarkeit vom Bahnhof in das graphische Viertel und umgekehrt wird architektonisch durch Unterscheidungen der Baublöcke inszeniert und ermöglicht eine selbstverständliche Integration des neuen Quartiers in den Fußgängerfluss und bildet eine attraktive Passage, die belebend wirkt. Das Quartier gewinnt dadurch eine Torwirkung am Eingang zur Wintergartenstraße und des graphischen Viertels.
Die Außenanlagenplanung setzt das städtebauliche Prinzip fort und entwickelt einen durchlaufenden urbanen Grund, der mit einzelnen Bäumen akzentuiert wird. Die urbanen Zwischenräume der nicht parallelen Blockbebauung werden als Platzfolgen definiert, die von den angrenzenden Läden, Cafés und Restaurants bespielt werden und auch nach Ladenschluss für Leben im Quartier sorgen.
Die konischen Einschnitte, die das Bauvolumen in Blöcke teilen, sind Teil eines Raumerlebnisses, das das Wintergartenhochhaus aus immer wieder neuen Blickrichtungen erlebbar macht.

Nutzungskonzept
Das Konzept der vier Bausteine geht davon aus, dass mehrere Investoren an der Realisierung beteiligt werden. Dabei könnte der Leipziger Wohnungsbaugesellschaft eine Pionier- und Pilotfunktion zukommen, die in der Realisierung der Büronutzung (als Bauherr oder Mieter) der Blöcke 3 und 4 bestehen kann. Die auf Grund ihrer städtebaulichen Wahrnehmung attraktiven Blöcke 1 und 2 sind damit leichter veräußerbar.
Die Gewerbenutzung wird im Kontext des graphischen Viertels in seiner Tradition und der aktuellen Nachbarschaft im anspruchsvollen Inneneinrichtungs-, Möbel- und Designbereich gesehen. Hier sind gute Chancen denkbar, da diese Branche nicht hochpreisige aber gut gelegene Flächen benötigt. Die bestehenden nachbarschaftlichen Geschäfte lassen diese Überlegung realistisch erscheinen.
Einer Wohnnutzung werden attraktive Lagen im Block 2 zugewiesen, die sich zum ruhigen Innenhof orientieren und in Ost/West-Ausrichtung als durchgestreckte Wohnungen entwickelt werden können.
Block 1
Der stadträumlich attraktive Block mit der bedeutsamen Wahrnehmung vom Ring und Bahnhof her eignet sich für eine Büroimmobilie mit erdgeschossiger Gewerbenutzung. Im Sinne optimaler Vermarktung an Investoren ist dieses Grundstück zwar für die Büronutzung der Leipziger Wohnungsbaugesellschaft im Prinzip geeignet aber besser Dritten vorbehalten.
Block 2
Über eine erdgeschossige Gewerbenutzung werden Wohnungen um einen Innenhof gruppiert. Die kleinen Stadtwohnungen sind mit ihrer vom Ring abgeschirmten Lage und im Wesentlichen zum Innenhof ausgerichtet attraktiv und bilden eine gute Adresse aus.
Block 3 + Block 4
Der komplette Grundstückszuschnitt eignet sich als Bürostandort der Leipziger Wohnungsbaugesellschaft, um einen entscheidenden ersten Schritt zur Realisierung selbst beizutragen. Die südliche Abrundung im Stadtraum, auch ein Übergang zum Bestand, wäre dabei einer schon feststehenden Funktion zugeführt. - alternativ sind auf Grund der Südlage auch Wohnhäuser denkbar-
Neben der Büronutzung wird im Block 4 ein Kantinenrestaurant, auch für öffentliche Nutzer zugänglich, vorgeschlagen. Die stadträumliche Ausrichtung der skulpturalen Form mit dem schrägen Einschnitt tragen dazu bei das Sockelgeschoss des Wintergartenhochhauses nicht zu verschatten und erzeugt einen eindrücklichen Innenraum. Der flächenmäßig kleinste Block wird zu einem Kristall der Entwicklung und Mittelpunkt des neuen Quartiers, zumal an der Nahtstelle zum Bestand am Georgiring gelegen.

Fassaden
Es wird vorgeschlagen, konzeptionelle Architekturelemente festzulegen, die als eine Grundlage der Gestaltungsvorgabe verstanden werden können, die bei unterschiedlichen Inverstoren und Funktionen eine gemeinsame Identität ermöglichten.
Erstens
Ausbildung einer Sockelzone die sich von den aufgehenden Fassaden durch Material und Struktur absetzt, z. B. Naturstein. An städtebaulichen Ecksituationen sollen diese auch zweigeschossig sein.

Beurteilung durch das Preisgericht

Gestaltet mit vier unabhängig zu realisierenden und weitgehend präzise gesetzten
Stadtbausteinen (Baublöcke: Wohnen, Gewerbe, Büro, Hotel) versucht die Arbeit,
das Wintergartenquartier zu umfassen und zu schließen. Das Wintergartenhochhaus
wird als Solitär (Campanile) mit einer neuen Platzsituation freigestellt.
Das starke Zurücksetzen der Gebäudefront in der Wintergartenstraße jedoch ist
wenig verständlich, erscheint auch nicht notwendig und führt zu künstlichen
Engstellen zum Hochhaus.
Durch spannungsreiche Einschnitte und Verschränkungen entstehen interessante
Durchwegungen des gesamten Areals und wichtige Blickbeziehungen. Der
Entwurf orientiert sich an den für eine räumliche Anbindung des Leipziger Ostens
an das Zentrum notwendigen Wegebeziehungen. Ebenso besitzen der Zugang
vom Bahnhof in das Gebiet und damit auch der Zugang aus dem Gebiet
zur Straßenbahnhaltestelle einladende Qualitäten sowie funktionale Richtigkeit.
Der vierte Baukörper ist überflüssig, weil er die Beziehung Hochhaus und
Scheibenhausbebauung entlang des Georgirings stört. Die Bestandsgebäude
der Schützenstraße reichen als Raumkante und vis á vis für das Hochhaus aus.
Die konkrete Ausformung der drei Baukörper und Fluchten zum vorhandenen
Stadtraum ist noch nicht gänzlich überzeugend und müsste in einem weiteren
Bearbeitungsschritt und dann nutzungsbezogen präzisiert werden.
Als Nutzungen werden zwei Büroblöcke und eine Kantine sowie ein Wohnblock
mit kleinen Stadtwohnungen vorgeschlagen. Der Vorschlag, an diesem Standort Möbel- und Inneneinrichtungsläden zu integrieren, scheint eine interessante
Idee zu sein. Eine Stadtteilbibliothek an der Stelle scheint dagegen nicht tragfähig.
Insgesamt erzeugt die Anordnung von zu vielen kleinen Läden ungünstige
Erschließungen. Die Tiefgarageneinfahrt im oberen Abschnitt der Querstraße
liegt ungünstig.
Die Sockelzone ist in Naturstein ein- bzw. zweigeschossig ausgebildet. Betonfertigteile
und Putz bilden die Fassaden der Obergeschosse mit einem Fensteranteil
von mehr als 50%. Die Fenster sollen geschosshoch ausgebildet werden und variieren
in ihrer Breite.
Die Fassaden sind in ihrer Aussagekraft noch nicht überzeugend und aussagefähig
genug, vermitteln aber planungsstufengerecht (städtebaulicher Ideenwettbewerb)
einen ersten Eindruck architektonischer Themen.
Insgesamt stellt der Entwurf einen interessanten städtebaulichen Beitrag dar, was
die Setzung der Baufelder und Ausrichtung des öffentlichen Raumes angeht, der
aber in der architektonischen Ausformung noch keine endgültigen Aussagen zu
machen vermag.