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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2023

Transformation DDR-Typenhaus in Erfurt

Blick von Norden, Körnerstraße

Blick von Norden, Körnerstraße

ein 2. Preis

Preisgeld: 30.000 EUR

Heide & von Beckerath

Architektur

Atelier Miething

Landschaftsarchitektur

Brandkontrolle Andreas Flock

Brandschutzplanung

PICHLER Ingenieure GmbH

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Das 11-geschossige Gebäude des Plattenbautyps P2 an der Körnerstraße 9-10 bildet den städtebaulichen Auftakt der Großwohnsiedlung Herrenberg. Durch die exponierte Lage auf einem Höhenzug ist der Bau von weithin sichtbar. Aus dem Gebäude eröffnet sich ein weiter Blick auf den unmittelbar angrenzenden Landschaftsraum im Norden. Die geplante Transformation erfolgt im Sinne der Leitlinien des integrierten Stadtentwicklungskonzepts 2030 für eine zukunftsfähige Weiterentwicklung und Neukonzeption vorhandener Großwohnsiedlungen. Als Modellvorhaben zeigt sie beispielhaft Lösungen für eine sozialverträgliche, nachhaltige Modernisierung eines DDR-Typenhauses auf. Insbesondere durch die Neukonzeption der Erschließung und die Integration sozialer und gemeinschaftlicher Nutzungen wird die Wohnqualität verbessert und die nachbarschaftlichen Beziehungen im Gebäude und im Quartier gestärkt. Durch eine Fassadenbegrünung und die Neugestaltung der Freiräume werden Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel getroffen.

Durch das Einfügen der Fuge entstehen zwei separate Gebäudeteile mit einer dreigeschossigen, verbindenden Basis. Der Entwurf sieht auf der östlichen Seite eine Erweiterung der Scheibe in ihrer gesamten Höhe vor, so dass die verlorene Wohnfläche ausgeglichen wird und die beiden Baukörper gleichwertige Proportionen erhalten. Durch die einheitliche Gestaltung und Farbgebung der Fassaden sind die beiden Häuser 9 und 10 weiterhin als eine Einheit lesbar. Der Entwurf sieht die Modernisierung und Neugestaltung der Fassaden mit einer neuen Erschließungsebene im Norden und eine Wintergartenzone im Süden vor. Das Gebäude erhält eine zeitgemäße, elegante Anmutung, ohne die ursprüngliche architektonische Idee der Wohnscheibe zu negieren. Ausgehend von den architektonischen Qualitäten des Bestandes erhält das Gebäude neue räumliche Flexibilität und eine Anpassung an zeitgemäße ökologische Standards. Im Haus 10 entstehen ergänzend zu den regulären Wohnungen in den ersten drei Geschossen eine Tagespflegeeinrichtung sowie Wohneinheiten für betreute Wohngruppen sowie Büroräume des sozialen Trägers AWO. Die Räume lassen sich flexibel zusammenschalten oder get-rennt voneinander nutzen und lassen sich somit einfach an veränderte Anforderungen anpassen. Ganz im Osten wird der doppelgeschossiger Gemeinschaftsraum wie ein Pavillon in den Baukörper integriert, der sich hier durch den Geländever-sprung mit seiner Fassade direkt zum angrenzenden Fußweg öffnet und im öffentlichen Raum sichtbar ist. Der Quartierstreff bildet einen nachbarschaftlichen Begegnungsort für die Bewohner*innen des Gebäudes und des Quartiers. Im Untergeschoss der Körnerstraße 10 wird neben Lagerflächen für die Tagespflege auch ein zusätzlicher Abstellraum für Fahrräder, Kinderwagen und Gehhilfen geschaffen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Preisgerichtssitzung am 04.12.2023

Die Verfassenden schlagen vor, die entfallene Gebäudeachse des Einschnittes durch einen Anbau über die gesamte Höhe an der Ostseite zu kompensieren und im gleichen Duktus weiterzuführen. Dadurch entstehen gut proportionierte Baukörper und neue Räume für die AWO sowie ein zweigeschossiger Quartierstreff. Die städtebauliche Klarheit wird durch die Jury einerseits begrüßt, andererseits die entstehende Enge zu den benachbarten Wohnbauten sowie die Wirtschaftlichkeit durch das zusätzliche Volumen hinterfragt.

Die neue Erschließung der Wohnscheiben erfolgt über vorgestellte Laubengänge im Norden, die durch die gewählte Stützenstellung gut in einen Gang und private, den Wohnungen zugeordnete Vorbereiche getrennt werden. Die Körnerstraße 10 wird mit dem klassischen Motiv eines vorgestellten Aufzuges ergänzt, der die sonst waagerechte Struktur spannend kontrastiert. Im Süden werden die Balkone durch eine Wintergarten-Ebene ersetzt, die sowohl als klimatischer Puffer wirksam wird als auch eine Wohnraumerweiterung ermöglicht.

Mit großer Selbstverständlichkeit wird durch die eingesetzten Elemente ein gelungenes, neues Gesamtensemble mit Mehrwert für die Bewohner geschaffen. Das Haus strahlt eine neue Eleganz aus, ohne seine Vergangenheit zu negieren.

Die neuen Fassadenelemente sollen vorfabriziert werden und als Baukastenlösung auf andere Objekte übertragbar sein. Der Materialeinsatz mit trennbaren und wiederverwendbaren Elementen wird begrüßt.

Die Freifläche im Süden wird als naturnahe Grünfläche in ganzer Größe unversiegelt erhalten, könnte jedoch auch mit Nutzungen wie kleineren Sitz- und Spielbereichen ergänzt werden. Die Eingriffe in der nördlichen Freifläche sind weitgehend funktional, hier wäre im Zusammenhang mit den Eingangsbereichen eine stärkere Adressbildung in Bezug zu den beiden Wohnhäusern und der AWO wünschenswert.

In den Wintergärten sind großzügige Pflanztröge für die Nutzung durch die Bewohner vorgesehen, auf der Nordseite wird eine Begrünung durch bodengebundene Fassadenbegrünung vorgeschlagen. Durch diesen Ansatz wird als guter und wirtschaftlicher Beitrag für die Integration von Vegetation im Fassadenbereich gewürdigt.

Die Photovoltaiknutzung auf dem Dach sowie die gleichzeitige Ausbildung eines Retentionsdaches wird aus technischen Gründen hinterfragt.

Die Jury hebt den konsequenten, architektonischen Umgang mit dem Bestand hervor, der langfristig einen Mehrwert für Stadt, Nachbarschaft und Bewohner erwarten lässt. Der Beitrag ist eine gute Lösung für eine nachhaltige Bestandsentwicklung, die übertragbar ist. Die Arbeit wird als überzeugende, angemessene und architektonische Antwort auf die gestellten Fragen zur Weiterentwicklung der Wohnscheibe im Kontext von konkretem Umfeld und Stadt gewürdigt.

Fazit aus der Abschlusspräsentation am 27.02.204:

Der Wettbewerbsbeitrag der Büros Heide & von Beckerath Architektur besticht durch konsequente Farb- und Formsprache. Die Einreichung ist eine Würdigung des Planungskonzeptes der Errichterjahre. Kritisch bewertet wird das Fehlen von Freisitzen und Terrassenflächen. Das Gebäude ist weiterhin von seiner Umgebung getrennt. Vegetationsinseln scheinen im Hinblick auf Aspekte des Umweltschutzes und Hitzeresilienz logisch, jedoch wurden soziale Aspekte für den Freiraum nicht weiterverfolgt.
Erschließungsebene

Erschließungsebene

Blick von Süden, Am Kammweg

Blick von Süden, Am Kammweg

Wintergärten

Wintergärten