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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2014

Um- und Neugestaltung von Straßen und Plätzen - Innenstadt Haupteinkaufsstraßen

1. Anerkennung

club L94

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die Stadt Neumarkt i.d. Opf. wurde Anfang des 12. Jahrhunderts als „neuer Marktplatz“ im Schnittpunkt von zwei Hauptachsen entlang der Handelsstraße Frankfurt – Nürnberg - Regensburg angelegt.
Wie ein Netz legten sich zu der Zeit wichtige Wegeverbindungen über das damals als "Neuböhmen" bezeichnete Land. Entlang dieser Handelsrouten entwickelten sich neben dem pulsierenden kulturellen Leben auch die Handelsmärkte. Die „Goldene Straße“ als wichtigste Handelsroute zwischen Nürnberg und Prag brachte im 14. Jahrhundert Wohlstand, sowohl in die an der Straße gelegenen Dörfer und Städte als auch in die damit verbundenen Regionen. Der Glanz der „Goldenen Straße“ färbte somit auch auf Neumarkt ab. Davon kündet noch heute die entsprechend angelegte und nach dem 2. Weltkrieg wiedererrichtete Altstadt mit ihrem „Marktplatz“. Die heutige Obere und Untere Marktstraße war der zentrale Handelsplatz in Neumarkt. Regelmäßig wurden Wochen- und Jahrmärkte mit Utensilien des täglichen Bedarfs und handwerklichen Produkten abgehalten sowie Produkte aus dem Morgenland, wie Seide, Zimt, Gewürze, Waffen, Webereien etc. feilgeboten. Der Marktplatz war von Anfang an der Mittelpunkt des Stadtlebens und lag zusammen mit dem Rathaus und der Kirche im Herzen von Neumarkt i.d.Opf.

Situation
Zurzeit ist die Marktstraße ein Ort, der hauptsächlich alle funktionalen und verkehrlichen Bedürfnisse einer zentralen Verkehrsader und eines Parkraumes befriedigt.
Die Obere und Untere Marktstraße ist geprägt von Einzelhandel, Dienstleistung und Wohnen. Sie ist eine attraktive und gut funktionierende Einkaufsstraße und ein für jedermann und jederzeit nutzbarer öffentlicher Raum für Aufenthalt, Treffpunkt und Kommunikation. Die städtebauliche Qualität von Neumarkt i.d.OPf. liegt in dem mittelalterlichen Stadtgrundriss und dem daraus resultierenden großzügigen „Marktplatz“. Diese Qualitäten gilt es zu stärken, zu beleben und als Besonderheit und Attraktivität gegenüber dem Einkaufen im geplanten Einkaufszentrum herauszuarbeiten.

Konzept
Ziel ist die Wiederherstellung eines zusammenhängenden „Marktraumes“ mittels einer einheitlichen Gestaltung der Marktstraße und die Unterordnung der verkehrlichen Strukturen und Elemente. Durch das konsequente Aufräumen und Freiräumen des öffentlichen Raumes und die Reduktion auf wenige, notwendige Elemente an den richtigen Orten gibt man dem Menschen Raum und erzeugt Platz innerhalb der urbanen Dichte. Die Fassaden der angrenzenden Gebäude definieren nicht nur die Platzkanten sondern verleihen der Marktstraße ihren einzigartigen, individuellen Charakter, den es durch die Gestaltung des Platzraumes zu unterstützen gilt. Die zwei prägenden Hauptachsen, Obere und Untere Marktstraße sowie Klostergasse und Hallertorstraße, werden als Mittelpunkt der Stadt gestärkt und als Ort der Kommunikation und des Handels herausgearbeitet. Das Umfeld des Rathauses und der Kirche wird bewusst von Einbauten freigehalten und mit einem einheitlichen durchgehenden Belag versehen. In den 80er Jahren wurde versucht, mittels Baumpflanzungen neue Raumkanten in der Marktstraße zu bilden. Diese heterogenen Baumlinien verunklaren jedoch den ursprünglichen Raum eines zusammenhängenden Marktplatzes und verstellen den Blick auf die historischen Gebäude, so dass im Entwurf durch gezielte Entnahme von Einzelbäumen die Marktstraße wieder freigeräumt wird.
Das öffentliche Leben und der Kommerz spielen in Innenstädten insbesondere in Fußgängerzonen die größte Rolle. Konsum, Feste, Märkte, Demonstrationen und Konzerte – für diese Veranstaltungen wird flexibel nutzbarer öffentlicher Raum benötigt.
Die heterogenen Einbauten werden daher entfernt und durch gezielt in eine Ausstattungslinie verortete einheitliche Ausstattungselemente ersetzt. Die Bürger sollen die Marktstraße als Bühne nutzen und beleben, sie können sie mit vielfältigen Aktionen bespielen und ihr wieder die Aufmerksamkeit verleihen, die ihr gebührt.
Als einladende Geste in die Innenstadt werden vor den alten Stadttoren der Hauptachsen Entreesituationen in Form von Stadtplätzen herausgearbeitet.

Entwurf
Die Marktstraße bildet zusammen mit der Klostergasse die zukünftige Bühne für das öffentliche Leben in Neumarkt.
Basierend auf dem historischen Bild des freien, offenen, flexibel nutzbaren und steinernen Marktplatzes spannt sich zwischen den Gebäuden ein Plattenteppich aus den vorhandenen Bayerwaldgranitplatten auf. Untere und Obere Marktstraße mit dem Rathausplatz sowie die Klostergasse und Hallertorstraße erhalten somit einen einheitlichen Belag aus gesägten und sandgestrahlten Platten, der befahrbar ist und zugleich die barrierefreie Begehbarkeit des Platzes gewährleistet. Die Fahrbahn wird auf der gesamten Länge der Marktstraßen über eine Plattenreihe sowie eine begleitende Schlitzrinne markiert und niveaugleich ausgeführt. Die 6m breite Fahrbahn wird in gebundener Bauweise ausgeführt und die Fahrgeschwindigkeit auf 20km/h reduziert. Gegebenenfalls kann das Tempo auf Schrittgeschwindigkeit reduziert werden. Dadurch erhöht sich die Aufenthaltsqualität für die Passanten und die Einzelhändler und der Fußgängerzonencharakter wird gestärkt.

Die Ausstattungselemente in der Unteren und Oberen Marktstraße, wie Fahrradständer, variabel aufstellbarer Sichschutz/Raumteiler für Freisitze etc. sowie die erforderlichen Parkplätze reihen sich zukünftig alternierend, straßenbegleitenden auf, so dass vor den Geschäften eine einbautenfreie Laufzone entsteht. In die Linie der Ausstattungselemente integrieren sich wie selbstverständlich auch die zahlreichen Freisitze der Cafés und Restaurants, die zur hohen Aufenthaltsqualität und Belebung in der Marktstraße beitragen. Als Reminiszenz an die goldenen Marktzeiten der Stadt Neumarkt im Mittelalter werden die Ausstattungselemente in einem warmen, identitätsstiftenden Goldton ausgeführt.
In Anlehnung an das historische Bild von 1840, in dem wenige Einzelbäume in der Marktstraße stehen, werden aus einigen der aus der Umgestaltung aus den 1980er Jahren stammenden Baumreihen kleine Baumgruppen gebildet. Durch diese lockere, über den gesamten Markt verteilte Anordnung öffnet sich der Blick auf das Rathaus und das untere Tor und es entstehen einige kleine Ruhezonen mit Aufenthaltsatmosphäre durch gezielt platzierte Rundbänke im Schatten ausgewählter Bäume. Die Rundbänke werden in drei Größen ausgeführt: eine kleine Rundbank mit 3m Durchmesser ohne Lehne, eine mittlere Bank (d=4m) mit einer abgestuften Lehne und eine große Bank mit 5m Durchmesser mit einer umlaufenden Rückenlehne. Je nach vorhandenem Platzangebot kann die passende Bank aufgestellt werden. So ergeben sich gemütliche Sitzmöglichkeiten für alle Altersgruppen sowie ein abwechslungsreiches Bild im Außenraum.
Die vorhandenen Brunnen und Kunstobjekte werden weitestgehend an ihrem ursprünglichen Standort belassen. Gerade im Bereich des Rathauses beleben der Marktbrunnen und der St. Georgsbrunnen den Platz und bieten auch für Kinder eine attraktive Spielmöglichkeit. Die Fischer-Skulptur und das Stadtmodell sind als repräsentative und informative Ausstattungselemente hier richtig verortet.

Verkehr
Die Stellplatzflächen in den Marktstraßen und der Hallertorstraße werden dezent mit Pflastermarkierungsnägeln gekennzeichnet, um das Bild des großzügigen Straßenraums mit einheitlichem Belag zu unterstützen. In der Unteren Marktstraße werden zukünftig ca. 34 PKW Kurzzeitstellplätze angeboten, wovon ein Stellplatz für ein Elektroauto ausgestattet ist. Zusätzlich sind 4 Behindertenstellplätze verteilt. Weiterhin werden 4 Motorradstellplätze sowie ca. 64 Fahrradstellplätze angeboten.
In der Oberen Marktstraße finden zukünftig ca. 60 PKW Kurzzeitstellplätze Platz. Zusätzlich sind 5 Behindertenstellplätze dezentral verteilt sowie 2 Taxistellplätze vor dem Hotel Lehmeier verortet. Weiterhin werden 4 Motorradstellplätze sowie ca. 120 Fahrradstellplätze angeboten. Vor dem Rathausplatz ist für beide Marktstraßen jeweils ein Pkw-Wendeplatz vorgesehen, da die Befahrbarkeit der beiden Straßen für den Individualverkehr am Rathaus endet.
In der Klostergasse werden ca. 56 Fahrradstellplätze dezentral verteilt. Die Stellplätze in der Hallertorstraße werden auf 11 Stück zugunsten eines großzügigeren Gehweges im Westen reduziert, davon sind 2 als Behindertenstellplätze vorgesehen.
Anliegerverkehr und Lieferverkehr werden über vorgegebene Zeitfenster geregelt. Fahrgassen für Rettungsfahrzeuge bleiben gewährleistet.
Die von den Stadtbussen angefahrene niveaugleiche Bushaltestelle „Rathaus“ befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Rathaus und wird nur durch eine Infostele markiert, ebenso die Haltestelle „Oberer Markt“ am südlichen Stadteingang. Die nur von den Regionalbussen angefahrene Haltestelle „Markt“ liegt im nördlichen Abschnitt der Oberen Marktstraße und ist mit Hochborden versehen. Bei Bedarf können die Bushaltestellen südlich des Rathauses mit einem Wetterschutz versehen werden.

Bahnhofstraße
Als Hauptverkehrserschließung vom Bahnhof zur Innenstadt wird auch die Bahnhofstraße aufgeräumt und klar zoniert. Zur Stärkung der Fußgängerbereiche und um den Charakter eines Boulevards zu generieren, wird die gepflasterte Gehwegfläche erweitert und bis an die 6m breite, asphaltierte Fahrbahn herangeführt. Die entlang der Straße verteilten Längsparkplätze werden mittels andersfarbiger Pflastersteine auf der Boulevardfläche markiert. Ausstattungselemente wie Fahrradabstellmöglichkeiten, Bänke und Leuchten wechseln sich mit den Stellplatzflächen ab. Die Trennung zwischen Gehweg und Fahrbahn wird mittels eines abgesenkten Rundbordes ausgebildet. Die Bestandsbäume werden erhalten und in das neue Konzept integriert.

Beleuchtungskonzept
Das vorhandene System von Überspannungsleuchten prägt das Bild der Innenstadt seit über 100 Jahren. Inzwischen ist die Beleuchtung technisch veraltet und muss überplant werden. Dem Konzept des von Einbauten befreiten Straßenraumes folgend und vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit wird das grundsätzliche System der hängenden Beleuchtung beibehalten, aber im Rahmen einer neuen Inszenierung ergänzt und erneuert. Die alten Leuchtkörper werden durch neue in drei unterschiedlichen Größen ersetzt und zu einem Sternenhimmel mit zauberhafter Stimmung über der Stadt zusammengesetzt. Darüberhinaus leuchten Bodeneinbaustrahler die Bäume in der Marktstraße von unten an und schaffen eine gemütliche Atmosphäre. Die Fassaden bedeutender Bauten wie das Rathaus und die Kirche St. Johannes werden mittels Akzentbeleuchtung dezent in Szene gesetzt.
Auf den Plätzen vor den Toren der Stadt erhellen Lichtstelen den Raum und leiten in die Altstadt. Die Bahnhofstraße wird mittels einer zweiseitig abgestuften Straßenbeleuchtung ausgestattet, die den funktionalen Anforderungen einer Verkehrsbeleuchtung der Fahrbahn und der Gehwege gerecht wird.

Marktnutzungskonzept
Die verschiedenen Marktstände des Wochenmarktes werden entlang der Unteren Marktstraße in zwei Reihen aufgestellt, so dass der Marktbesucher zwischen den Geschäften auf der einen und entlang der Stände auf der anderen Seite flanieren und einkaufen kann.