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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2018

Umbau des Dresdner Blockhauses zum Archiv der Avantgarden (AdA)

1. Preis

Preisgeld: 49.000 EUR

Nieto Sobejano Arquitectos

Architektur

Bollinger+Grohmann

Tragwerksplanung

Kaupa Ingenieure

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Das Verhältnis der Bedeutungen von Gedächtnis und Avantgarde mag zunächst wie ein Oxymoron erscheinen: Während Erinnerung eine Interpretation der Vergangenheit voraussetzt, hat die Avantgarde ihren Ursprung im mutigen Bruch mit bestehenden politischen sowie ästhetischen Haltungen und Interpretationen. In diesem Widerspruch liegen jedoch der ausgeprägte Anreiz und die Herausforderung des Entwurfs für das „Archiv der Avantgarden“ in Dresden. Ein Gleichgewicht ist zwischen dem historischen Blockhaus und den Spuren der Avantgarde aus der Sammlung Egidio Marzonas herzustellen.

Aus architektonischer Sicht ist das Konzept in seiner Einfachheit radikal: der schwebende und skulpturale Betonkubus bildet das Kernstück des Archivs der Avantgarden und wird von vier diagonalen Dachbalken, ebenfalls aus Stahlbeton, getragen. Die Räume um ihn herum sind fließend und lichtdurchflutet.

Das Erdgeschoss widmet sich dem Ankommen und dem Ausstellen. Die Haupterschließung erfolgt durch das bestehende Portal und führt in ein großzügiges Foyer mit Garderobe, Ticketverkauf und Information. Sobald die Sicherheitsschleuse passiert wird, befindet man sich im offenen Aktionsbereich, in welchem Ausstellung, Vorträge und Workshops stattfinden. Je nach Nutzung erlaubt die großzügig angelegte Fläche unterschiedliche Abtrennungen und Möblierungsmöglichkeiten und eine möglichst freie und flexible Nutzung. Eine Wendeltreppe verbindet beide Aktionsplattformen im Erd- und im zweiten Obergeschoss und ist hauptsächlich für Besucher vorgesehen. Das zweite Obergeschoss um den Archivkubus ist für eine Forschungsplattform, einen zusätzlichen Workshop-Bereich und den Verwaltungsbereich bestimmt. Im Sockelgeschoss befinden sich Depot-, Lager- und Technikräume, sowie Sanitäranlagen und Nebenräume für Besucher und Mitarbeiter. Zwei geschlossene vertikale Kerne beinhalten jeweils den Lastenaufzug und die Treppe zu allen Geschossen. So bilden sie das Gegenstück zu dem offenen und fließenden Raum und lassen räumliche Beziehungen zwischen dem Kubus und seiner Umgebung entstehen.

Schließlich wird das Hauptaugenmerkt auf die flexible Kombination aus Ausstellungs-, Vortrags- und Arbeitsbereichen gelegt. Möglichst offene Räume und Sichtbeziehungen zwischen den Ebenen sollen das Gebäude erfahrbar machen und der Orientierung dienen. Der schwebende Archivwürfel nimmt eine konstante räumliche Präsenz ein und bildet somit das Herz des Archivs der Avantgarden.

Das gewählte Material soll dazu beitragen, die klare architektonische Idee zu betonen. Der schwebende Kubus soll in Sichtbeton ausgeführt werden. Weißer Putz an den Bestandswänden soll einen klaren Kontrast dazu bilden. Die Böden sind im anthrazitgrauen Terrazzo geplant. Die Fassaden, Fenster und Dächer des historischen Gebäudes werden mit größtmöglichem Respekt restauriert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Archive und Avantgarde: die feine Provokation und das Gedankenspiel, die der Institutionsname impliziert, werden in diesem Projekt als Ausgangspunkt verstanden.
Ein massiver Betonkörper – schwebend im leergeräumten bestehenden Blockhaus – bildet das Kernstück des Archives, ein verborgener Schatz, als unvermeidliche Präsenz der Vergangenheit. Eine radikale architektonische Setzung, die einen erhabenen, lichtdurchfluteten und symbolträchtigen Raum erzeugt.

Eine Wendeltreppe verbindet zwei Hauptgeschosse, die für die Besucher vorgesehen sind: ein flexibel nutzbares und offenes Erdgeschoss für das Ankommen und Ausstellen und ein Obergeschoss als Work-shop- und Forschungsplattform. Die Fuge zwischen der bestehenden steinernen Hülle und dem neuen Betonkubus leitet das Licht tief in das Gebäude.

Die Monumentalität des räumlichen Ausdrucks sowie die Angemessenheit des Ausstellungsraumes im Hinblick auf die Anforderungen der Institution werden in der Jury kontrovers diskutiert. Die große Flexibilität des offenen zusammenhängenden Ausstellungsbereiches wird gewürdigt, die Anmutung erscheint jedoch zu sakral. Die erhabene Anmutung sollte durch die Ausstellungspraxis einer offenen unprätentiösen lebendigen Form, bei der das Publikum stark involviert wird, gebrochen werden. Anlieferung, Barrierefreiheit, Brandschutz werden durch die gekonnte Platzierung und Dimensionierung der Kerne weitgehend bearbeitet, noch bestehende Mängel sind innerhalb des Konzeptes zu lösen.

Das Projekt erkauft seine Radikalität durch eine denkbare, aber aufwändige Tragkonstruktion, die hin-sichtlich der notwendigen Eingriffe in den Bestand verifiziert werden muss. Das Freiraumkonzept sucht eine Beziehung mit der Gebäudeidee und setzt jedoch eine massive Veränderung der bestehenden Gartenanlage voraus. Vermisst wird eine adäquate Anbindung des Gebäudeinnern an den Garten. Die Umgestaltung des Gebäudes ist denkmalrechtlich vermutlich genehmigungsfähig, auch wenn sich noch nicht alle Eingriffe aus statischen Gründen abschätzen lassen. Die Umgestaltung des Gartens ist nicht genehmigungsfähig.