Mehrfachbeauftragung | 01/2025
Umbau zentrale Haltestelle Ehinger Tor in Ulm
©Architekten Mühlich + Partner mbB / silands | Gresz + Kaiser Landschaftsarchitekten PartG mbB
Perspektive Platzfläche
Zuschlag
silands | Gresz + Kaiser Landschaftsarchitekten PartG mbB
Landschaftsarchitektur
Architekten Mühlich + Partner BDA
Architektur
Erläuterungstext
Der Entwurf setzt sich zum Ziel, das annähernd vollflächig versiegelte und von Verkehr dominierte Umfeld des Ehinger Tors in einen funktional vielfältigen, klimaangepassten und nutzerfreundlichen Stadtraum zu transformieren. Die angestrebte Entwicklung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Landesgartenschau 2030. Die angrenzenden Maßnahmen und Materialien der LGS werden aufgegriffen und im Sinne einer durchgängigen Gestaltung des öffentlichen Raums in Richtung Stadtmitte fortgeführt.
Das verkehrsplanerische Layout gliedert den Stadtraum in die randseitigen Nahverkehrstrassen mit den dazugehörigen Warteflächen und in einen dazwischenliegenden Platz, der sich zum Ehinger Tor hin aufweitet. Mittelpunkt dieser Platzfläche bildet ein Wasserspiel vor dem Festungsbauwerk. Ansonsten bleibt der Platz weitestgehend nutzungsoffen und wird von Grüninseln mit angelagerten, mäandrierenden Langbänken gefasst, die sich zur Platzmitte hin orientieren. Die Inseln aus robusten Stauden- und Gräser-Mischpflanzungen gliedern den Platz und die Wartebereiche ohne die Blick- und Wegebeziehungen zwischen den Bus- und Bahnsteigen zu beeinträchtigen.
Die unterschiedlichen Funktionsbereiche auf Bodenebene werden - über die Neue Straße und die Schillerstraße hinweg - mit einem locker gesetzten Baumhain aus zukunftsfähigen Klimagehölzen verbunden, die ein grünes Dach über den Platz spannen und einen Kontrast zu den großmaßstäblichen Baukörpern an den Platzrändern bilden. Der Ehinger-Tor-Platz wird so zukünftig zum grünen Stadteingang und bildet ein starkes freiräumliches Bindeglied zwischen den Ehinger Anlagen und der Stadtmitte.
Die filigran-funktionalen Haltestellenüberdachungen orientieren sich am menschlichen Maßstab, reagieren auf die Baumstandorte auf dem Platz und verbinden sich so spielerisch mit dem grünen Blätterdach der Baumkronen. Die umlaufende Bänderung der Dachkonstruktion nimmt Bezug auf die horizontale Fassadengliederung der umliegenden Baukörper des Universum Centers und des Ypsilon. Die notwendigen technischen Einbauten werden zurückhaltend in die Dachkonstruktion integriert, das Haltestellenmobiliar unter und zwischen den Dächern sinnfällig angeordnet.
Das Ehinger Tor wird als identitätsspendendes Bauwerk räumlich wie funktional in den neuen Stadtraum eingebunden und durch integrierte Nutzungen belebt. Der erhaltene Torbau der historischen Bundesfestung entwickelt hierbei zwei Seiten:
Von der Weststadt kommend präsentiert sich das Tor als Entree in die Stadtmitte mit einer offen gestalteten Platzfläche, die von zwei neuen Schwarzkiefern gerahmt wird. Der Entwurf formuliert einen Vorschlag, die an den Torbau anschließende Mauer im Kreuzungsbereich von Bismarckring und Ehinger Straße zurückzubauen, um das auf diese Weise freigestellte Ehinger Tor in seiner Wahrnehmbarkeit zu stärken und die Wegebeziehungen in die Umgebung sicherer zu gestalten.
In Richtung Innenstadt öffnet sich das Ehinger Tor zur angrenzenden Platzsituation über den offengelassenen nördlichen Torbogen. Dieser liegt in der direkten Verlängerung der zukünftigen Querung über den Bismarckring. Der zweite, südliche Torbogen soll mittels gläserner Fassadenelemente zwar thermisch, nicht jedoch visuell geschlossen werden und zukünftig einem Café oder einer Bäckerei Raum bieten. Die zum neuen Platz hin orientierte Nutzung strahlt auf den angrenzenden Stadtraum aus und schafft ein zusätzliches Angebot für die Menschen auf dem Platz und an den Haltestellen. Die Einbindung der zukünftigen öffentlichen WC-Anlage in den nördlichen Teil des Bauwerks wäre aus städtebaulicher Sicht wünschenswert. Sollte eine Integration in das Festungsbauwerk nicht realisierbar sein, sieht der Entwurf im Bereich des Steig D alternativ eine in die Haltestellenüberdachung integrierte WC-Anlage vor.
Haltestellendächer
Die als leichte Stahlkonstruktion ausgeführten Dächer mit intensiver Dachbepflanzung erlauben weite Durchblicke ins neue Grüne. Die Oberflächen der Dachunterseiten und Stützen greifen die Farbigkeit des Ehinger Tors auf. Diese Farbwahl harmoniert so mit den Nuancen der Baumstämme des locker gesetzten Baumhains. In weißem, hellem Farbton gehaltene Stirnseiten - nahe der Farbgebung des Universum Centers - blenden sich unaufgeregt in das Platzgeschehen ein.
Dezente, umlaufend flächenbündige LED-Bänder an den Dachunterseiten unterstützen die mäandrierende Formensprache über die Dämmerung in die Nacht hinein - ein wichtiger Beleuchtungsbaustein für Orientierung und Sicherheit bei abendlichen und spätabendlichen Reisen. Die Entwässerung der Dächer ist in die eingespannten Stahlstützen integriert, eine Revision ist hierbei dachoberseitig möglich.
Regenwassermanagement
Der durch die Haltestellendächer gesammelte Niederschlag wird einem Regenwasserspeicher in der Platzmitte zugeführt und speist von dort aus das Brunnenspiel vor dem Ehinger Tor und das automatisierte Bewässerungssystem für die neu gepflanzten Bäume. Der Niederschlag wird somit in großen Teilen vor Ort bewirtschaftet, gelangt über die Verdunstung der Bäume und der Wasserfontänen zurück in die Atmosphäre und sorgt somit für eine Abkühlung der Umgebungsluft. Das Regenwasser, das auf die Belagsflächen trifft, versickert in Teilen durch die ungebundenen Fugen des Pflasterbelags. Der überschüssige Teil wird gesammelt, vorgereinigt und anschließend der nahe gelegenen Blau zugeführt.
Materialkonzept
Das Materialkonzept der LGS wird aufgegriffen und in Richtung Stadtmitte fortgeführt. Dabei werden zum einen die städtebaulichen Bezüge gestärkt, zum anderen entsteht eine klare Ablesbarkeit für alle Verkehrsteilnehmer: Die Wartebereiche der Haltestellen und die Platzflächen werden gepflastert und bleiben den Fußgänger*innen vorbehalten. Die Flächen des Nahverkehrs werden mit gegrindetem Farbasphalt ausgeführt, der in seiner Zusammensetzung - analog zum Asphalt im Haltestellenbereich am Bahnhofplatz - in einer verformungsstabilen Zusammensetzung hergestellt wird (alternativ wäre eine Ausführung in gefärbtem Beton möglich). Demgegenüber setzen sich die regulären Straßenverkehrsflächen durch eine Ausführung in konventioneller Asphaltbauweise ab.
Vegetationskonzept
Mit insgesamt 40 neuen Bäumen - neben den anlässlich der LGS geplanten Baumstandorten - erhält der Platz am Ehinger Tor zukünftig einen gänzlich anderen Charakter. Dabei werden die Bäume östlich des Ehinger Tors als Mischpflanzung konzipiert und anhand ihrer klimatischen Eignung ausgewählt. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass potenzielle Ausfälle einzelner Baumarten nicht zu einem vollständigen Ausfall des gesamten Baumhains führen. Westlich des Ehinger Tors werden zwei Schwarzkiefern gepflanzt, die das Motiv der Festungsbäume aufgreifen und so den Brückenschlag zum gegenüberliegenden Gartenplatz herstellen. Die Vegetationsinseln werden mit robusten Stauden- und Ziergräsermischungen bepflanzt, deren maximale Höhe von 120 cm eine Überblickbarkeit gewährleistet.
©Architekten Mühlich + Partner mbB / silands | Gresz + Kaiser Landschaftsarchitekten PartG mbB
Übersichts-Lageplan
©Architekten Mühlich + Partner mbB / silands | Gresz + Kaiser Landschaftsarchitekten PartG mbB
Perspektive Haltestelle
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Lageplan