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Wettbewerblicher Dialog | 05/2024

Umgestaltung ehemaliges Druckhaus in Neue Architekturschule Siegen (NAS)

2. Preis / 2. Phase

ADEPT

Architektur

Transsolar Energietechnik GmbH

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Nachaltige Transformation
Wir schlagen eine nachhaltige Umgestaltung vor, bei der wir das bestehende Druckereigebäude wiederverwenden, öffnen und darüber eine zweigeschossige Holzkonstruktion errichten, verbunden mit der Schaffung einladender Terrassen. Um die Funktionalität zu verbessern und die Lärmbelastung zu verringern, planen wir, die zusätzliche Holzstruktur im Osten zu platzieren, wo sich die lauteren Werkstattbereiche befinden werden. Zwischen den Gebäuden wird ein neuer Werkstattplatz geschaffen. Dieser neue öffentliche Raum wird als dynamischer Mittelpunkt für Austausch und Interaktion dienen und die Verbindungen zwischen Stadt und der Universität Siegen fördern.

Erweiterung der bestehenden Druckerei und Hinzufügen eines neuen Volumens
Wir erweitern das bestehende Druckereigebäude um zwei zusätzliche Stockwerke. Um den zusätzlichen Platzbedarf zu decken, schlagen wir vor, ein separates Gebäude im Osten zu errichten. Das neue Volumen wird in leichter Holzbauweise errichtet, um die bestehende Gebäudestruktur nicht übermäßig zu belasten.

Gebäude, die in Bezug zu ihrer Umgebung stehen
An das bestehende Druckereigebäude wurde ein zweigeschossiger Anbau angefügt. Diese Erweiterung tritt vom Häutebachweg gegenüber den kleineren Gebäuden der Umgebung in Richtung Nordosten zurück. Zusätzlich wurde ein östlicher Baukörper mit einer Höhe von zwei bis drei Geschossen errichtet. Beide Architekturen bestehen aus einem größeren Sockel und kleineren Volumen darüber. Durch diesen Ansatz wird die Gesamtmasse der Gebäude effektiv reduziert und ein Volumen mit menschlicherem Maßstab geschaffen.

Ein neuer Werkstattplatz entsteht
Ein neu angelegter Platz zwischen den Gebäuden dient der Architekturschule Siegen als neues Freiluftversuchsgelände. Auf beiden Seiten dieses Platzes werden Werkstätten eingerichtet, die den Bau von architektonischen Elementen und die Montage von Modellen in größerem Maßstab direkt auf dem Platz ermöglichen. Darüber hinaus wird der Platz als Erweiterung des Ausstellungs- und Modellbereichs im Freien fungieren und eine vielseitige Umgebung für die Präsentation und Erprobung von architektonischen Konzepten und Entwürfen bieten.

Neues Flussufer
Der geplante Werkstattplatz soll sich in Form einer breiten Brücke über den Fluss Weiß nach Süden erstrecken. Damit wird eine wichtige Verbindung zwischen Oranienstraße und Häutebachweg geschaffen, die die entstehenden Strukturen des Campus Süd mit dem südlichen Teil der Stadt verbindet. Der Uferbereich der Weiß wird renaturiert und ein neuer Hochwasserschutzbereich geschaffen. Entlang dieser Kante wird eine Hochwasserschutzmauer in Form einer langen Bank errichtet, und es werden Landschaftsplattformen verteilt, die den Zugang zum Wasser ermöglichen.

Aktive Erdgeschosse
Wir schlagen vor, Teile der bestehenden Druckereifassade zu öffnen, indem wir Teile der Erdgeschossfassade verändern: Durch den Einbau von Fenstern mit doppelter Höhe und bodentiefen, torartigen Öffnungen rund um das Gebäude, wird nicht nur mehr Tageslicht in die niedrigen Erdgeschossräume gelangen, sondern es wird auch eine direkte Verbindung zwischen der Straßenebene und der Schulfunktion geschaffen. Das Erdgeschoss des neuen, östlichen Baukörpers ist als zu öffnende Garagentore konzipiert, die eine direkte Verbindung zum Werkstattplatz ermöglichen.

Zugängliche Dächer
Das Gebäudevolumen ist so konzipiert, dass es eine Reihe von Dachterrassen bereithält. Dies reduziert nicht nur die Gesamtgröße des Gebäudes, sondern bietet auch zusätzlichen Raum, der als Außenerweiterung für Werkstätten oder Bildungsbereiche dienen kann. Diese Terrassen sind eine Mischung aus aktiven Gründächern und befestigten Bereichen. Die geschwungenen Dachprofile, inspiriert von der vielfältigen Dachlandschaft und der Industriegeschichte Siegens, überspannen den Anbau. Außerdem kann eine flexible Rahmenkonstruktion über dem neuen Werkstattbereich hängende Objekte tragen und Schatten spenden.

Doppelte Raumhöhen
Wir schlagen vor, eine Reihe von Räumen mit doppelter Höhe in das Gebäude einzubauen, um die Interaktion zwischen den verschiedenen Nutzer:innen zu fördern. Um diesen Austausch zu erleichtern, schlagen wir vor, die Betondecke in einem bestehenden Teil des Gebäudes zu entfernen. Durch diese Änderung wird eine direkte Verbindung zwischen dem Eingangsbereich und dem bestehenden hohen Raum im Inneren des Gebäudes geschaffen. Darüber hinaus schaffen wir einen zusätzlichen Raum mit doppelter Höhe im östlichen Volumen. Dieser dient nicht nur als markanter Eingangsbereich, sondern bietet auch ausreichend Raumhöhe für die Erstellung von Mock-Ups.

Vertikale Zirkulation
Im östlichen Volumen planen wir, doppelhohe Räume zu verbinden und dort die Haupttreppe zu platzieren. Im Erdgeschoss könnte sich diese Treppe in ein geräumiges Auditorium verwandeln und einen informellen Rahmen für Vorträge und Versammlungen schaffen. Im östlichen Gebäude würden die Verkehrswege entlang der Fassade verlaufen, die einzelnen Stockwerke nahtlos miteinander verbinden und direkten Zugang zu den Außenterrassen bieten.

Werkzeug Türme
Die wichtigsten technischen Funktionen des Gebäudes befinden sich in der Mitte des Bauwerks. Diese Bereiche dienen mehreren Zwecken, darunter Aufzug, Bäder, Technikräume, Schächte und Lagerräume. Außerdem spielen sie eine entscheidende Rolle bei der Stabilisierung der Holzstruktur des Gebäudes. Die Fluchtwege werden strategisch so geplant, dass sie über Außentreppen führen. Diese Gestaltung dient nicht nur der Sicherheit, sondern auch der optischen Unterscheidung zwischen den Elementen des neuen und des bestehenden Gebäudes.

Zirkulärer Gestaltungsansatz
Die Kreislaufwirtschaft bricht mit der Vorstellung einer linearen Wertschöpfungskette, die mit der Gewinnung von Ressourcen beginnt und mit dem Abfall endet. Sie ist im Wesentlichen ein Weg, um eine bessere Bewirtschaftung der Ressourcen der Erde zu gewährleisten.
Die neue Siegener Schule für Architektur wurde mit nachhaltigen Lösungen entworfen, die die Umweltauswirkungen minimieren, die niedrigsten Kosten innerhalb eines Lebenszyklus aufweisen und durch den Fokus auf das Innenraumklima die besten Bedingungen für Gebäudenutzer:innen bieten:
- Holzkonstruktion des neuen Volumens und der Aufstockung- Leichte Fassadenelemente in Holzrahmenbauweise
- Organische Dämmstoffe
- wieder aufbereitetes Holz für Innenwände und Fußböden
- Zellularer Glasschotter für das Fundament
- Wiederverwendung und Umgestaltung des bestehenden Gebäudes und seiner Elemente
- Passiver Sonnenschutz und natürliche Belüftung

Design Prinzipien zur Demontage
- Minimieren der Anzahl an verschiedenen Komponenten und Bauteilen.
- Vermeiden von chemischen Verbindungen und giftigen Stoffen.
- Verwenden von wenigen Materialien und Bauen von untrennbaren Teilen aus demselben Material.
- Verwenden von natürlichen Materialien und vermeiden von Oberflächenbehandlungen.
- Identifizieren und bewahren von Informationen über Bauteile und Materialien.
- Verwenden von mechanischen Verbindungen und sorgen für einen einfachen Zugang zu den Verbindungen.
- Modulare Bauweise und einfache Standards verwenden.
- Trennen von verschiedenen Gebäudeteilen mit unterschiedlichen Lebensdauern
- Anpassung von Bauteilgröße und -gewicht für eine effiziente Handhabung.




Beurteilung durch das Preisgericht

Stadtraum
Das ehemalige Druckereigebäude wird um zwei Stockwerke erweitert, Richtung Westen verlängert und im Osten ein zusätzliches Gebäude errichtet. Zwischen den beiden Gebäuden entsteht der Werkstattplatz, der mittels einer neuen Brücke über die Weiß eine fußläufige Verbindung zur Oranienstraße herstellt. Die Flussufer werden renaturiert, eine grüne, biodiverse Zone soll als Aufenthaltszone dienen. Als Sicherungsmaßnahmen gegen das Hochwasser wird ein langes Band, das auch als Sitzgelegenheit dient, eingeführt. Diese Maßnahme erscheint sehr aufwendig, ebenfalls die Gestaltung des öffentlichen Raums, sowohl am Häutebachweg, am Werkstattplatz und partiell auch zum Fluß werden die Oberflächen aus den Fassadeplatten der Druckerei hergestellt. Der Straßenquerschnitt des Häutebachwegs wird als Außenraum der Neuen Architekturschule in Anspruch genommen, da der gesamte Erdgeschoßbereich in alle Richtungen nach Außen „drängt“. Das ist für die Universität gut, die bestehende Nachbarschaft wird aber nicht sorgsam eingebunden bzw. berücksichtigt.

Gestaltung
Die beiden Gebäude sind miteinander verwandt, aber doch sehr eigenständig. Beide haben sehr hohe Erdgeschoße, mit großen Öffnungen. Diese Großzügigkeit kann allerdings nur dadurch erreicht werden, indem ein Großteil der Bestandsdecken der Druckerei entfernt werden. Auf die beiden Sockel werden unterschiedliche Dachlandschaften aufgesetzt; auf die Druckerei kommt ein zusätzliches Geschoß und eine zurückgesetzte Shed-Struktur, auf das Werkstattgebäude eine Terrassenlandschaft. Die Fassaden sind eine Collage aus Bestand und seriellen Holz-, Glas und Sonnenschutzelementen. Dieser additive Charakter wird durch daran angestellte Fluchttreppen und das Sheddach verstärkt. Die hohe Qualität der inneren Raumfolgen setzt sich in den Gebäudevolumina leider nicht fort und erzeugt eine gewisse Massivität.

Funktion
Die Nutzungen mit mehr Öffentlichkeit im EG (Auditorium, Ausstellung, Cafe) können gemeinsam oder getrennt bespielt werden und sind über den Platz mit dem Werkstattgebäude verbunden, Außen- und Innenraum kommunizieren miteinander. Die Erschließung und die Organisation der Gebäude erlauben vielfältige Nutzungsmöglichkeiten, Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Fixe, privatere Raumelemente strukturieren den Grundriss, in den Zwischenräumen entstehen multifunktionale Zonen. Als Schaltelemente dienen Schiebetüren und Vorhänge, um schnell und direkt vom geschützten zum offenen Raum zu wechseln. Die Situierung der Büros der Lehrenden im Penthaus wird kritisch gesehen.

Nachhaltigkeit
Die Projektverfasser:innen verstehen die vorhandenen Gebäude- und Freiraumstrukturen als wertvolle Ressource der Stadt, durch eine Reihe kleiner und größerer Veränderungen innerhalb des Gebäudes und deren Erweiterungen wollen sie ein lebendiges Labor für die Neue Architekturschule Siegen schaffen. Der zirkuläre Gestaltungsansatz und der Fokus auf die Dekarbonisierung des Bauens der Neuen Architekturschule Siegen umfasst ein weites Spektrum: Holzkonstruktion als leichte Konstruktion für die Erweiterung, Wiederverwendung und Umgestaltung (reuse, upcycling) des Gebäudes und seiner Elemente für tragende Bauteile, Ausbau- und Außenraumelemente, natürliche Belüftung, Niedrigtemperaturzonen, Solarpaneele und vieles mehr.

Innovationscharakter
Das Projektteam setzt sich sehr stark mit unterschiedlichen Themen der Nachhaltigkeit auseinander, ein bunter Strauß an Maßnahmen und Lösungsvorschlägen ist die Folge. Insofern kann die Architektur selbst als Demonstrativbau für die Lehre dienen. Jedoch bezieht sich dieser Anspruch hauptsächlich auf einzelne Aspekte - nicht nur die Bauteile sind modular auch der Entwurf. Das führt zu einem ästhetischen Widerspruch oder Dilemma, denn der suggerierte Baukasten wird zu einer spezifischen Form zusammengebaut und lässt wenig Spielraum für Improvisation. Selbst die gewollte Unordnung der Flusslandschaft ist geordnet und unverrückbar.