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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2024

Umgestaltung Scharmbecker Bach in Osterholz-Scharmbeck

Anerkennung

Preisgeld: 8.250 EUR

club L94

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Scharmbecker Bach natürlich erleben
Kultur, Natur und Aufenthalt treffen sich entlang des Scharmbecker Bachs im Innenstadtkern von Osterholz-Scharmbeck.
Durch die Integration und Aufwertung des Scharmbecker Bachs soll der Stadtkern an Bedeutung und Qualität gewinnen und als Alleinstellungsmerkmal für Aufenthalt und Erlebbarkeit des Elements Wasser stehen. Hierfür wird der Bach gestalterisch sowie ökologisch umgestaltet und vereint Nutzungsansprüche diverser Ökosysteme.
Die Bedeutung des Tuchmachergewerbes, die alte Mühlentradition sowie die Historie des zentralen Marktplatzes als Vieh- und Handelsmarkt sollen mit dem Scharmbecker Bach in Verbindung treten und erfahrbar werden. Im Speziellen soll durch die Sanierung der alten Mühle im nördlichen Bereich die Geschichte der Mühlentradition erlebbar werden und als Lernort in Gewässernähe dienen.
Durch den Ausbau und der Stärkung von Wegeverbindungen im Zentrum von Osterholz-Scharmbeck werden wichtige Orte des täglichen Bedarfs, historische Orte sowie Erholungsflächen verknüpft. Hier spielt die Gestaltung des Marktplatzes mit Marktsteg auf den Stadtbalkon zum Haus am Markt eine bedeutende Rolle. Ebenso wird der zentral gelegene Schlauchturm durch eine Platzöffnung in den Marktplatz integriert. Insgesamt wird der Mobilitätsfokus im Stadtkern auf Fußgehende und Radfahrende gelegt, wobei Radstellplätze und Behindertenstellplätze in unmittelbarer Nähe von Versorgungseinrichtungen und zentralen Orten wie dem Haus am Markt bzw. auf dem Marktplatz angeboten werden sollen. Die PKW-Stellplätze auf der Brücke „Hinter der Wurth“ werden rückgebaut, um eine sichere Wegeverbindung zwischen Innenstadtkern und Park zu garantieren.
Die Materialwahl knüpft an lokale Bestandsqualitäten (Kieselstein- und Ziegelpflaster) an und neue Strukturen setzen neue Akzente im Gebauten. Durch additive Ausstattungselemente, wie den Sitzstufen am Markt oder auf der Mühlenwiese im Grünen, lädt der Scharmbecker Bach zu einem naturnahen Aufenthalt ein. Der neue Marktsteg sowie das Mühlendeck mit seinen Sitzobjekten vereinen Funktionen der Mobilität und des Aufenthalts und laden zum Beobachten, Erfahren und Erleben ein.
Durch die Renaturierung des Bachlaufs soll ein naturnaher Charakter im urbanen Kontext entstehen und die Erlebbarkeit des Gewässers gestärkt und ausgebaut werden. Dabei fördern gewässertypische Strukturen, typgerechte Ufervegetation sowie die Gestaltung naturnaher Ufer die ökologische Wirksamkeit des Scharmbecker Bachs. Im Sinne der Öffentlichkeitsbeteiligung wird an Bestandsqualitäten angeknüpft und ausgebaut sowie um neue Aufenthaltsflächen erweitert, wobei qualitätsvolle Vegetationsstrukturen erhalten und gestärkt werden. So soll die naturnahe Gestaltung des Scharmbecker Bachs Räume für Mensch, Tier und Pflanzen verknüpfen und als Lern- und Beobachtungsort dienen.
Mühlendeck
Hier treffen sich Kultur und Natur. Das Mühlendeck fügt sich rücksichtsvoll in die bestehende Vegetation ein und lädt zum Verweilen und Entdecken der bereits bestehenden alten Mühle im Scharmbecker Bach ein. Durch die Instandsetzung des historischen Mühlrads und der sensiblen Freilegung der Uferzone soll hier die Geschichte der Mühlentradition in Osterholz-Scharmbeck erfahrbar sein. Die historische Kulturroute durch Osterholz-Scharmbeck setzt sich zum nahgelegenen Sonnendeck am Mühlenteich fort. Dort wird an Bestandsstrukturen angeknüpft und um eine neue Aufenthaltsfläche erweitert. Der Ort fungiert dabei als Ruheoase, in der sich Besucher*innen zurückziehen und die Flora und Fauna beobachten können.
Mühlenwiese
Die gegenüberliegende Mühlenwiese entsteht durch den Abbruch der Bestandsgebäude und öffnet sich zum Scharmbecker Bach. Durch das Gefälle in Richtung Gewässer wird die Fläche weich terrassiert und mit filigranen Sitzgelegenheiten ausgestattet. In direkter Wassernähe kann die Mühle von Nah erlebt werden und dient als Lernort für Jung und Alt. Bei Starkregenereignissen reagiert die geneigte Fläche als natürliche Retentionsfläche und leitet das bisher angestaute Regenwasser im Bereich des Wendehammers über die terrassierte Grünfläche in den Scharmbecker ein. Großzügige Uferbänke in Richtung Stadtpark begünstigen das Ansiedeln von Totholz, die Entstehung von Kies- und Sandbänken und damit die Entfaltung einer diversen Flora und Fauna.
Stadtbalkon
Durch die Verbreiterung des Querprofils sowie dem Rückbau der Gewässereinfassungen verläuft der Scharmbecker Bach naturnah in Richtung Marktplatz und verbreitert sich mit grüngesäumten Randbereichen vor dem Haus am Markt. Dadurch entstehen Synergien zwischen Ökologie und Hochwasserschutz. Der Stadtbalkon dient als neue Aufenthaltsfläche am Haus am Markt und potentielle Außenfläche für Gastronomie. Von hier aus schweift der Blick über den neuen Marktsteg auf das historische Ensemble mit dem Schlauchturm am Marktplatz. Der Marktsteg soll als Gestaltungselement Funktionen wie Erschließung und Aufenthalt verknüpfen und die Besucher*innen vom Marktplatz über den Stadtbalkon zu Einrichtungen des täglichen Bedarfs im Haus am Markt leiten. Die Verwendung einheitlicher Materialien unterstreichen diese Geste.
Marktstufen
Die naturnahe Renaturierung des Scharmbecker Bachs entwickelt sich im westlichen Uferbereich vor dem Haus am Markt zu einer terrassierten Freifläche in Richtung Marktplatz. Dezente Sitzstufen laden hier zum Verweilen in Wassernähe ein, wobei bestehende Vegetationsstrukturen rücksichtsvoll in die Neuplanung integriert werden. Der naturnahe Charakter des Scharmbecker Bachs mit gewässertypischer Vegetation setzt sich auch im südlichen Bereich entlang der Arkaden Richtung Bahnhofstraße fort.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfassenden schlagen eine historische Route vor, die über den Markt, die Fußgängerzone, den Mühlenteich und den Stadtpark führt und somit die Wegeverbindungen auch außerhalb des Wettbewerbsgebiets stärkt. Dieses übergeordnete Motiv wird vom Gremium dem Grunde nach begrüßt. Allerdings spiegelt diese Wegeführung nicht das örtliche Nutzungsverhalten wider. Die sich vom Haus am Markt abwendende Führung der neuen Brücke wird der Bedeutung dieses wichtigen Gebäudes nicht gerecht.

Die Arbeit setzt sich intensiv mit der Renaturierung des Bachlaufs auseinander. Trotz des Fokus auf den Bachraum und der Schaffung von vier besonderen Orten – am Mühlendeck, an der Mühlenwiese, am Stadtbalkon und an den Marktstufen – konnte das Zusammenspiel dieser Bereiche das Gremium nicht vollständig überzeugen.

Aus der Brücke am Markt wird ein Marktsteg mit Aufenthaltsmöglichkeit. Der Anknüpfungspunkt vor dem Haus am Markt wird in Richtung Norden verschoben, wodurch ein großzügiger Stadtbalkon entsteht, der weniger Durchquerungsfläche und mehr Aufenthaltsbereich bietet. Dennoch bleiben Zweifel an der praktischen Umsetzung und der gestalterischen Kohärenz.

Kritisiert wurden insbesondere der fehlende Bachpad und damit die einhergehende fehlende Zugänglich- und Erlebbarkeit des Baches sowie die Maßstäblichkeit des südlichen Bereichs am Wasserbecken, der sehr verengt wirkt.

Zwar sind der natürliche Bachlauf, der reduzierte Ansatz im Bereich der Mühlenwiese und die Maßstäblichkeit des Vorplatzes vorm Haus am Markt positiv hervorzuheben, für eine Aktivierung des Erlebnispotenzials des Scharmbecker Baches im Zentrum der Stadt erscheinen diese Elemente jedoch als nicht ausreichend.