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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2024

Umwandlung Fliegerhorst Fürstenfeldbruck in ein Wohn- und Arbeitsquartier

Masterplan

Masterplan

ein 3. Preis / 2. Stufe

Preisgeld: 21.250 EUR

haascookzemmrich STUDIO2050

Stadtplanung / Städtebau

Planstatt Senner

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

FURSTY. EINE NEUER STADTTEIL. steht für die einmalige Chance einen Stadtteil zu entwickeln der den Ansprüchen einer menschenfreundlichen und nachhaltigen Nachbarschaft als Lebensort für unterschiedliche Kulturen und Generationen gerecht wird. Es geht um ein ideales, zukunftsweisendes, weil wirklich menschenorientiertes Stadtquartier mit dem Ziel, humane, soziale, energetische, bauliche und zukunftsorientierte Aspekte zu verwirklichen. Der Fliegerhorst kann internationale Maßstäbe setzen, aber gleichzeitig in der Nahperspektive als neuer Teil von Fürstenfeldbruck erlebt werden. Die Frage, wie wir in Zukunft leben wollen, ist dabei zentral. Denn der Fliegerhorst soll Ende der 2020er Jahren gebaut werden, für die 2100er Jahre inspirierend sein und eine internationale Vorbildfunktion haben.
Das städtebaulich-freiraumplanerische Leitbild sieht die Aufnahme und Weiterentwicklung der bestehenden Grün- und Gebäudestrukturen vor. Die bestehenden Grünstrukturen aus Wald und Magerwiesen, welche das Gebiet prägen und von Nord nach Süd durchziehen, sollen nachhaltig gestärkt und geschützt werden. In den Zwischenräumen befindet sich der vorhandene Gebäudebestand, welcher kompakt ergänzt und in der geplanten Setzung neu vernetzt werden soll. Dadurch können die wertvollen Freiflächen geschützt und die Neuversiegelung minimiert werden. Grüne Ost-West-Verbindungen vernetzen die sowohl die Quartiere als auch die Grünräume untereinander. Dadurch entstehen im Fliegerhorst vier Quartiere mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Identitäten. Gleichzeitig wird das große Gesamtareal in einem menschengerechten Maßstab gegliedert. Ziel ist es einen möglichst autoarmen Stadtteil zu entwickeln dessen Straßenräume keine reinen Funktionsräume, sondern attraktive Aufenthaltsräume sind. Die Freiflächen werden den Fußgängern und dem nichtmotorisierten Verkehr zur Verfügung gestellt.
Durch die kompakte städtebauliche Planung, die Erhaltung und Umnutzung von Baubestand und -materialien sowie das Angebot von gemeinsam genutzten Flächen, die eine Verringerung des individuellen Wohnraums ermöglichen, wird eine nachhaltige Entwicklung erreicht. Gezielte Gebäude-, Energie- und Freiraumplanung minimieren den Ressourcenverbrauch. Der Fliegerhorst wird so zum Labor für nachhaltiges Arbeiten, Wohnen und Leben.
Durch die Vielfalt der adressierten Themen wird ein stabiles Zukunftskonzept erreicht, welches sich durch soziale, ökologische und ökonomische Resilienz auszeichnet. Soziale Resilienz entsteht durch die gemeinsame Nutzung verschiedener Innen- und Außenräume sowie das vielfältige Angebot an Treffpunkten und Projekten. So wird ein generationenübergreifendes Sozialgefüge erreicht, welches mithilfe diverser Sharing-Angebote weiter gestärkt wird. Durch großflächige Begrünung und Retentionsbereiche in den Freiflächen wird die Biodiversität sowie die Resistenz gegen zukünftige Wetterextreme gesteigert und eine Verbesserung der ökologischen Resilienz erreicht. Nicht zuletzt wirkt sich die Energieerzeugung vor Ort, die lokale Anzucht von Lebensmitteln und eine individuelle Reduktion des Konsums auch positiv auf die ökonomische Resilienz aus, indem die Unabhängigkeit von wirtschaftlichen Entscheidungen erhöht wird.
Die Nachbarschaften des 21. Jahrhunderts sind nachhaltig, sicher, lebendig, angenehm, vernetzt, vielfältig, sozial und haben eine starke Identität. Im Zentrum stehen die Menschen und deren Lebensqualität.

Kompakte und robuste Stadtstruktur
Die Blockrandbebauung zwischen den Bestandstrukturen bildet eine robustes und kompaktes Grundgerüst. Im Bereich des vorhanden Gebäudebestands entstehen verdichtete Quartiere, in denen großzügige Freiflächen offengehalten werden können und die Neuversiegelung minimiert wird. Die Neubauten nehmen dabei immer wieder Bezüge zu den Bestandsgebäuden auf. Die Verknüpfungspunkte zu den umliegenden Nachbarschaften werden aufgegriffen und fortgeführt. Es ergeben sich immer neue Blickbeziehungen. In Sichtachsen gestellte Baukörper und die Höhenstaffelungen der Gebäude ermöglichen vielfältige Zwischenräume. Zwei Hochpunkte am Fliegerhorst dienen als Orientierungspunkte innerhalb, aber auch als Landmarken außerhalb des Areals.
Die Baublöcke sind kleinteilig parzelliert und typologisch gemischt, um ein breites Wohnraum- und Arbeitsplatzangebot zu ermöglichen. Stadthäuser schaffen eine urbane Alternative zu Einfamilienhäusern, während die Mehrfamilienhäuser von verschiedenen Bauträgern umgesetzt werden können. Einzelne Gebäude bereichern das Straßenpanorama und sorgen für ein vielschichtiges Stadtbild.
Für die Qualität einer Stadt ist die Qualität der Zwischenräume wesentlich. Daher liegt unser Augenmerk in der Schaffung attraktiver und abwechslungsreicher Freiräume, Gassen, Wege und Straßen. Es entsteht ein Rhythmus unterschiedlicher Räume mit erkennbaren eigenen Identitäten. Von den engeren Quartiersgassen öffnen sich immer wieder kleinere Platzsituationen und Freiräume oder quirlige Quartiersplätze. Innerhalb der Baublöcke bilden grüne Höfe, private und gemeinschaftliche Rückzugsorte. Durchbrüche zu den Quartiersgassen erlauben Blickbeziehungen in die Innenhöfe mit Ihren Garten- und Spielflächen. Im Hofzentrum laden Lauben und Spielinseln zum Nachbarschaftstreff ein.

Vielfältige und urbane Nutzungsmischung
Der Fliegerhorst ist ein lebendiges Stadtquartier mit Raum für vielfältige Nutzungen. Jedes der vier Quartiere setzt seinen eigenen Schwerpunkt mit unterschiedlicher Identität.
Im Aktivquartier befinden sich neben unterschiedlichen Wohnraumangeboten auch ein Pflegewohnheim, Bildungs- und Sportangebote, ein Nahversorger, kulturelle Angebote und weitere kleinteilige Gewerbe und Büroflächen. Hier entsteht das große Schulzentrum des Landkreises. Somit ergeben sich Synergien zwischen den vielfältigen Sportflächen und Bildungsangeboten.
Das Kulturkarree bietet Raum für viele kulturelle Nutzungen und ein breites Wohnraumangebot in Bestands- und Neubauten. Hier entsteht das neue Kulturzentrum des Fliegerhortes mit Bürgerhaus und Jugendzentrum. Weitere Angebote, wie der Handwerkshof und die Jugendherberge ergänzen die kulturelle Vielfalt um die große Kulturwiese.
Der Technologiepark besteht hauptsächlich aus Büro- und Gewerbeflächen. Um eine urbane Nutzungsmischung zu erreichen, schlagen wir dennoch vor im westlichen Teil des Technologieparks Wohnraum in den Obergeschossen vorzusehen.
Im Forschungscluster befindet sich die Energiezentrale, welche das Thema Energie im Quartier sichtbar und erlebbar machen soll. Im Blauen Palais entsteht Raum für universitäre Nutzungen und Ausgliederungen sowie ein (Kongress-)Hotel. Der Kilometerbau wird zum lebendigen Verbindungselement im Fliegerhorst und ermöglicht ein vielseitiges Wohnraumangebot. Im Zentrum des Kilometerbaus entsteht ein zentraler Treffpunkt im Areal.

Abwechslungsreiche und vernetzte Grünräume
Das Entwurfskonzept erschafft eine Nachbarschaft mit einem reichen und vielfältigen Charakter, durch die sorgfältige Planung von freien Räumen. Diese Räume sind in klare Cluster organisiert, von denen jeder seine eigene einzigartige Identität hat, und die Idee einer eng verbundenen Gemeinschaft innerhalb der größeren Nachbarschaft stärkt.
Die primäre Methode zur Definition dieser Cluster besteht darin, Nord-Süd-Verbindungen zu etablieren, welche Fußgänger und Radfahrer priorisieren. Diese Wege sind durch Reihen von Bäumen sorgfältig beschattet, bieten nicht nur ästhetische Schönheit, sondern auch funktionalen Komfort für diejenigen, die die Pfade nutzen. Diese Verbindungen dienen einem doppelten Zweck: Sie etablieren starke Verbindungen zu geschützten Freiflächen im nördlichen Teil der Nachbarschaft und schaffen gleichzeitig einen einfachen Zugang zu bestehenden Vierteln im Süden.
Zusätzlich zu den Nord-Süd-Verbindungen wird eine robuste Ost-West-Achse geschaffen, die als zentrales Rückgrat der Nachbarschaft dient. Diese Achse wird an einem kilometerlangen Gebäude verankert, das als visuelles und funktionales Wahrzeichen dient. Der ‚Gleispark‘, der parallel zu dieser Hauptachse verläuft, trägt zur Identität und Anziehungskraft der Nachbarschaft bei.
Die Hauptachse verkörpert eine harmonische Kombination aus Grünflächen und städtischen Plätzen. In urbaneren Bereichen werden grüne Elemente integriert, um ein ausgewogenes Miteinander zu gewährleisten. Umgekehrt wird in Bereichen, in denen Grünflächen dominieren, die strategische Platzierung städtischer Elemente sichergestellt, damit diese Räume nicht nur ästhetisch ansprechend, sondern auch funktional sind. Entlang der Achse werden verschiedene Vegetationstypen mit tiefergelegenen, überflutbaren Aktivitätsfeldern kombiniert. Gerade Wege schneiden elegant durch die grüne Landschaft und gliedern diese.
Der Gleispark, der sich in der Nähe der S-Bahn befindet, verfolgt einen naturnahen Ansatz. Die Grünflächen dienen als großflächige Retentionsbereiche, die in die Parkgestaltung integriert sind. Dieses gestalterische Element erfüllt funktionale Bedürfnisse, um das vorhandene Platzangebot optimal zu nutzen. Gegliedert wird der Park durch Nord-Süd Verbindungen sowie integrierten Platzsituationen.
Diese Hauptgrünverbindungen bieten eine breite Palette von Aktivitäten für Bewohner*innen jeden Alters. Von Treffpunkten, die soziale Interaktion fördern, über ruhige Entspannungsbereiche, lebendige Biergärten, friedliche Leseplätze bis hin zu ansprechenden Spielplätzen werden diese Räume zum Herzstück der Nachbarschaft. Hier werden ein Gefühl der Zugehörigkeit gepflegt und Möglichkeiten zur Entspannung, Freizeitgestaltung und Gemeinschaftsentwicklung geboten.
Im Wesentlichen priorisiert dieses Entwurfskonzept die Schaffung einer Nachbarschaft, die Natur und städtische Elemente miteinander verwebt, Verbindungen innerhalb und jenseits ihrer Grenzen stärkt und den Bewohnern eine vielfältige Palette von Erfahrungen bietet, um letztendlich eine lebendige und lebenswerte Gemeinschaft zu fördern.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche Entwurfsidee basiert darauf, bauliche Eingriffe überwiegend im nördlichen Bereich des Areals vorzunehmen. Die Bereiche mit den ortsbildprägenden Denkmalen Luftkriegsschule, Kilometerbau und Blaues Palais werden nur sehr punktuell baulich ergänzt, was positiv ist. Die freiraumplanerische Begleitung des Kilometerbaus mit einem Kilometerpark ist gut gelungen.

Es werden 4 Baufelder mit sehr unterschiedlichen Charakteren gebildet, was einerseits Identität erzeugt, andererseits aber auch kontrovers diskutiert wird, da eine klare Nutzungstrennung zu entstehen scheint. Wohnen und Arbeiten sind relativ stark voneinander getrennt. Es stellt sich in diesem Zug auch die Frage der richtigen Ettapierung, um von Beginn an ein lebendiges, durchmischtes Stück Stadt entstehen zu lassen.

Die Einbindung des Bestands gelingt grundsätzlich gut, allerdings gibt es städtebauliche Setzungen, die Fragen aufwerfen, bspw. die Parkdecks am Quartierseingang gegenüber dem Offiziersheim oder der Handwerkerhof am östlichen Rand der ehemaligen Luftkriegsschule. Die ehemalige Luftkriegsschule durch die neue Nutzung als Kunstquartier zu „pazifizieren“ wird als grundsätzliche gute Idee anerkannt. Insgesamt werden jedoch räumlich attraktive Situationen, die sich aus dem Bestand ergeben nicht immer genutzt.

Hochpunkte werden grundsätzlich positiv gesehen, um Orientierung zu schaffen. Die Lage des westlich gelegenen Hochpunktes ist jedoch nicht überzeugend. Eine Tiny-House-Siedlung am Quartierseingang ist nicht vorstellbar.

Positiv gesehen wird die Idee eines Forschungsclusters in Kombination mit einem Energiecluster und dem Technologiepark. Hier könnten gewinnbringende Synergien entstehen.

Die Entscheidung, Schulen und Sportplätze in einen engen räumlichen Kontext zu stellen, wird begrüßt. Den Stadteingang mit dem Schulzentrum zu besetzen ist ein sehr guter und adäquater Ansatz.

Im Bereich des Aktivquartiers stellen sich Fragen der angemessenen Dichte und Dimensionierung der öffentlichen Räume sowie des Versiegelungsgrades. Sie erscheinen deutlich zu groß bemessen, das Modell jedoch spricht eine andere Sprache und erscheint in Bezug auf die genannte Fragestellung adäquater. Schade ist, dass der Gedenkort des Olympiaattentats nur marginal betrachtet wird. Die daneben platzierte Flugzeugausstellung reagiert wenig sensibel auf diesen geschichtsträchtigen Ort.

Als positives Entwurfsprinzip wird erkannt, dass Flächen entsiegelt werden und die Bebauung insgesamt kompakt ist. Allerdings werden die entsiegelten Flächen dann als potentielle Erweiterungsoptionen deklariert, was inkonsequent erscheint. Zwischen westlichem und östlichem Bereich entsteht eine Grünschneise, deren Dimension kritisch gesehen wird. Es stellt sich grundsätzlich die Frage, wieviel Grünraum in Nord-Süd- und West-Ost-Richtung angebracht ist.
Die teilweise Freistellung des Kilometerbaus wird kritisch diskutiert. Das Gebäude erhält damit eine partielle räumliche Dominanz, die mit Bezug auf die Geschichte nicht angemessen erscheint.

In Bezug auf Mobilität, Energie und Klima ist der Entwurf sehr gut durchgearbeitet, die vorgestellten Ideen sind überzeugend.

Insgesamt liefert der Ansatz starke Entwurfsideen, die allerdings auch kontrovers diskutiert werden.
Einerseits könnten Orte mit einer starken Identität entstehen, andererseits stellt sich die Frage nach einer zukunftsweisenden Lösung für ein dichtes, durchmischtes Quartier mit hohen Prozessqualitäten in der Entwicklung.
Schwarz-Grünplan

Schwarz-Grünplan

Nutzungen

Nutzungen

Skizze Energiecluster

Skizze Energiecluster

Skizze Gedenkort

Skizze Gedenkort

Skizze Gleispark

Skizze Gleispark

Skizze Kulturzentrum

Skizze Kulturzentrum

Masterplan 1:1000

Masterplan 1:1000