Nichtoffener Wettbewerb | 03/2022
Weiterentwicklung IGS Süd in Frankfurt am Main
©gernot schulz : architektur GmbH / urbanegestalt
3. Preis
Preisgeld: 21.000 EUR
gernot schulz : architektur GmbH
Architektur
Landschaftsarchitektur
Beurteilung durch das Preisgericht
Die Arbeit verfolgt das Konzept, die Bestandsgebäude weitestgehend zu erhalten und durch ein Minimum an Neubauvolumen, an den Stellen, an denen es funktional und städtebaulich erforderlich ist, zu ergänzen. Das Gebäude der Textorschule wird hierbei durch einen mittigen Anbau über alle Geschosse ergänzt, der den zentralen Eingang schafft und in den aufgehenden Geschossen großzügige Gemeinschaftsflächen (Kernzonen) ermöglicht. Hierbei wird das bestehende Treppenhaus zurückgebaut und neu errichtet.
Der Anbau schafft zwar ein zentrales Ankommen und eine neue Mitte, gestalterisch und denkmalpflegerisch kann er nicht überzeugen. Anders als die auf dem Dach vorgesehenen Gewächshäuser wird er die angedeutete Leichtigkeit und Transparenz auf Grund der dort vorgesehenen Nutzungen in der Realität nicht einlösen können. Die vorgeschlagenen Gewächshäuser auf dem Dach werden kontrovers diskutiert. Einerseits wird die angebotene Nutzung befürwortet, andererseits wird die industrielle Anmutung kritisch bewertet. Die Aufstockung und das markante Dach ermöglichen eine offene und zeitgemäße Grundrissstruktur, die nicht an die Restriktionen des Bestandes gebunden ist. Hier werden die Fächer Kunst, Werken und Naturwissenschaften vorgesehen. Die Lernlandschaften in den Bestandsgeschossen bilden das geforderte Raumprogram ab und fügen sich in die bestehenden Raumstrukturen ein, die sensibel geöffnet werden. Aus statischer Sicht erscheint die Umsetzung der Planung im Bestand gut möglich. Der Verwaltungsbereich im Erdgeschoss und in der Villa Textor zeigt Schwächen in der funktionalen und schulorganisatorischen Zuordnung auf. Die Sporthallen bleiben im Bestand erhalten, eine zusätzliche Sportbewegungsfläche wird im Erdgeschoss realisiert. Die Holbeinschule wird durch einen zweigeschossigen Baukörper ergänzt, der die Ecke Holbeinstraße/Textorstraße fasst und sich dem Hauptbaukörper und der gegenüberliegenden Kirche unterordnet. Der Anbau führt das markante Element des Sheddachs fort und schafft damit einen architektonischen Zusammenhang mit den baulichen Ergänzungen der Textorschule. Die Dachgestaltung der Neubauten hebt sich bewusst von den Bestandsgebäuden ab und wirkt adressbildend im Quartier.
Der Neubau sieht im Erdgeschoss die Mensa und im Obergeschoss die Aula vor. Durch die Verteilung auf zwei Ebenen kann ein Zusammenschluss der beiden Nutzungen nicht erfolgen. Deren Lage schafft jedoch eine gemeinsame Mitte für die Schule und den Stadtteil. Der Altbau beinhaltet einen offenen Treff (Jugendcafé), welcher im Erdgeschoss den Übergang zu dem im Hof gelegen Pocketpark, mit einer großzügigen Terrasse mit Freitreppe, schafft. Die Arbeit legt generell einen hohen Stellenwert auf die Freiraumgestaltung und deren unterschiedlichen Facetten. Die Gestaltung zeigt Potenziale. Der Schulhof der Textorschule erhält einen klar definierten und beschatteten Hof, ein offenes großes Baumdach mit alten und neuen Bäumen. Unter Verwendung der bestehenden Asphaltfläche werden Spiel- und Sportangebote neu angeordnet, mit dem Ziel, unterschiedlichen Gruppen Aufenthalt, Bewegung und spielerisches Lernen (offenes Klassenzimmer) zu ermöglichen. Hinter dem Haus befindet sich ein Schulgarten.
Am Übergang der Textorstraße wird ein kleiner Treffpunkt mit Sitzgelegenheiten ausgestaltet. Der Hof der Holbeinschule wird als öffentlicher Park und Quartierstreff überplant und ergänzt die gebaute Mitte in den Freiraum. Die prägenden Bäume bleiben hierbei erhalten und durch qualifizierte Neubepflanzung ergänzt. Die Anordnung der einzigen Behinderten-WC’s des Stadtteilhauses im Untergeschoss ist als kritisch anzusehen. Die denkmalgeschützten Sachteile bleiben in situ erhalten, werden jedoch durch die risalitartige Erweiterung optisch bedrängt und aus ihrem ursprünglichen baulichen Kontext gerissen. Der Anschluss des Neubaus an die Westfassade der Holbeinschule ist denkmalverträglich, ebenso wie die Höhenentwicklung. Die eigenständige Architektur stellt keine Konkurrenz zum KD dar. Die Terrasse im Hochparterre wird aus denkmalfachlicher Sicht kritisch gesehen.
Die Denkmalverträglichkeit kann mangels Darstellung im Schnitt nicht abschließend geprüft werden. Zusätzliche Baumpflanzungen im öffentlichen Straßenraum stehen unter dem Vorbehalt der Prüfung der Trassensituation (Lage von Ver- und Entsorgungsleitungen) und der Einhaltung notwendiger Schutzabstände in der weiterführenden Bearbeitung. Standortverschiebungen oder der Verzicht auf neue Baumstandorte können die Folge sein. Die Ausdehnung von Oberflächenbelägen über das Schulgelände hinaus in den „Übergangsbereich“ der Textorstraße steht unter dem Vorbehalt der Genehmigungsfähigkeit durch das Amt für Straßenbau und Erschließung (ASE) als Baulastträger und verkehrssicherungspflichtiger Stelle. Übergänge ohne bauliche Einfassung des öffentlichen Straßenraums zum Schulgelände hin bedürfen im Sinne der Barrierefreiheit ersatzweise taktiler Leitstrukturen in der Form von Bodenindikatoren entsprechend dem städtischen Arbeitsplan „Barrierefreiheit für Frankfurt“.
Die Darstellung der Textorstraße östlich und westlich des Übergangsbereichs (außerhalb des Wettbewerbsgebietes) berücksichtigt die städtische Planung nicht. Die Belange des Brandschutzes wurden grundsätzlich berücksichtigt, aber kaum beschrieben. Die geplante Holzkonstruktion kann nur unter Vorbehalt realisiert werden. Die vorgesehene Abschnittsbildung ist in Bezug auf Clustergröße und Rettungswegausprägung und –anzahl noch zu konkretisieren. Insgesamt würdigt das Preisgericht die Auseinandersetzung mit dem Bestandsgebäude des Lernhauses und das dort vorgesehene Angebot.
©gernot schulz : architektur GmbH / urbanegestalt
©gernot schulz : architektur GmbH / urbanegestalt
©gernot schulz : architektur GmbH / urbanegestalt
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