Nichtoffener Wettbewerb | 03/2022
Weiterentwicklung IGS Süd in Frankfurt am Main
©Scheidt Kasprusch Architekten GmbH
ein 2. Preis
Preisgeld: 46.500 EUR
Scheidt Kasprusch Architekten GmbH
Architektur
KuBuS Freiraumplanung GmbH & Co. KG
Landschaftsarchitektur
BASE Landschaftsarchitekten PartGmbB
Landschaftsarchitektur
Modellbau
Beurteilung durch das Preisgericht
Die Verfasser schlagen eine Aufteilung der Nutzungsbereiche in drei Standorte vor: Im Lernhaus werden die Unterrichtsräume, Verwaltung, Bibliothek und NaWi- /Bewegungsraum untergebracht. Die bestehende Sporthalle wird angebunden. Im Schulhof wird an zentraler Stelle ein Baukörper vorgeschlagen, in dem Mensa, Aula und Musikraum angeordnet sind. Damit wird ein neuer Gemeinschaftsort geschaffen.
Das Dach wird als Sportplatz genutzt. An der Textorstraße wird die alte Holbeinschule um einen Baukörper ergänzt, in dem der Offene Treff mit Lehrküche und Veranstaltungsraum angeordnet wird. Er ordnet sich dem bestehenden, denkmalgeschützten Baukörper der Holbeinschule unter, ist aber dennoch als eigenständige Adresse ablesbar. In der alten Holbeinschule werden die Werk-, NaWi- und Kunsträume, aber auch das BFZ angeordnet. Mit dem Entwurf werden die gründerzeitlichen städtebaulichen Blockstrukturen im Quartier weiterentwickelt. Das Lernhaus formuliert einen Zugang zum Blockinneren; die Sporthalle und das neue Gemeinschaftsgebäude belegen Blockinnenbereiche. Auch durch den Anbau an die Holbeinschule wird der Block geschlossen und das Blockinnere als Grünanlage qualifiziert. Der Vorbereich vor dem Lernhaus wird zur „Passage“, die über die Textorstraße hinwegreicht und den Freibereich hinter der Holbeinschule anbindet. Durch die Bebauung der bisherigen Schulhofflächen ergeben sich für die Freiflächen grundlegende Veränderungen. Um das neue Gemeinschaftsgebäude herum entstehen Restflächen, die nicht nutzbar sind und freiräumlich nicht überzeugen können.
Eine Reihe bestehender Bäume kann nicht erhalten werden. Das Hauptaugenmerk der Freiraumplanung gilt hier der neuen Mitte zwischen Lernhaus und Gemeinschaftsgebäude. Von hier aus ist die Sportfläche auf dem Dach über eine große Freitreppe zugänglich. Dadurch wird der Eingang für das Gemeinschaftsgebäude um die Ecke verlegt. Anlieferung und Zugang zum Musikbereich sind räumlich versetzt und schlecht erreichbar. Mit dem Neubau im Schulhof und der Sportfläche auf dem Dach gehen grundlegende Nutzungsveränderungen und womöglich Beeinträchtigungen für die Nachbarschaft einher. Die neue Grünfläche hinter der Holbeinschule ist vielfältig und überzeugt grundsätzlich mit den dargestellten Angeboten. Bezogen auf den Stadtteil werden in dem Entwurf zwei Angebote gemacht: das zentrale, frei zugängliche neue Gemeinschaftsgebäude und die neue Adresse des Offenen Treffs an der Holbeinstraße. Beide Gebäude sind eigenständig nutzbar und dennoch klar im Schulkontext angeordnet.
Den drei Standorten werden klare Funktionalitäten zugeordnet. Lernhaus, Gemeinschaftshaus sowie Werkhaus (mit BFZ) und Offenem Treff sind klar ablesbar. Die Zuordnung von Verwaltung und Bibliothek im Erdgeschoss des Lernhauses ist schlüssig und überzeugt. Die Lernlandschaften in den drei darüber liegenden Stockwerken orientieren sich an den Rahmenbedingungen des Bestands, sind in den Clustern gut gelöst, im zentralen Aufgang aber beengt. Die dargestellte „Bewegungsfläche“ ist eine reine Erschließungsfläche. NaWi und Bewegungsraum im 5. OG sind schlüssig angeordnet und ermöglichen (optional) Zugang zum Dachbereich. Der Entwurf nimmt bestehendes auf, profiliert und ergänzt es an strategischen Stellen in sinnvoller Weise mit neuen Bausteinen. Die klare gestalterische Differenzierung zwischen Bestand und Neubau ist durchgängig ablesbar.
Der Umgang mit dem Bestand orientiert sich eng am Vorhandenen; lediglich ein neues Eingangsportal unterstreicht die zentrale Zugänglichkeit des Lernhauses. Die neu hinzugefügten Bauteile haben eine einheitliche Gestaltsprache und werden so als Ergänzung identifizierbar. Für die Jahrgänge 5 bis 7 löst der Entwurf die funktionalen Nutzungsanforderungen, trotz der engen räumlichen Bedingungen im Bestand gut. Lernbereich, Arena und Differenzierung sind klar ablesbar und gut miteinander verbunden. Die gemeinsame Mitte in den Lernlandschaften ist gut gegliedert und mit den angebotenen Nischen ausreichend differenziert. Die Lernlandschaften der Jahrgänge 8 bis 10 mit den Seminarräumen lassen sich vielfältig nutzen und auch hier gibt es die Nischen in der gemeinsamen Mitte – gerade auch im Hinblick auf die SuS mit besonderem Förderbedarf. Der Entwurf bietet trotz einschränkender Möglichkeiten und Flächen im Bestand eine gute Lösung für eine zukunftsgerichtete pädagogische Entwicklung.
Die Möglichkeiten zur Teamarbeit und zum gegenseitigen Austausch sind gut gelöst. Schülerlounge, NaWi und Bewegungsraum im 4.OG schaffen interessante Angebote im Lernhaus. Die Flächen am zentralen Treppenhaus sind unzureichend für die gewünschten Funktionen einer gemeinsamen „Mitte“ zwischen den Lernlandschaften. Auch die Versorgung mit Toiletten ist optimierbar. Die neue Aula und Mensa als gemeinsamer Ort für die sonst in den LLS beheimateten Nutzer/Innen stellt ein interessantes Angebot dar. Die räumlichen Angebote im Gemeinschaftsgebäude laden zum Aufenthalt ein und stärken das „Wir-Gefühl“ der Schule. Holbeinschule mit Werkhaus und Verwaltung BFZ sind gut organisiert. Durch die Aufgliederung der Fachunterrichtsräume im Erdgeschoss sowie zweitem und drittem Obergeschoss fehlt der funktionale Zusammenhang dieser Bereiche. Die umfassende Einbindung des Bestands korrespondiert mit einem konsequenten Einsatz des Materials Holz bei den Neubauten. Die dargestellten Möglichkeiten einer Vorfabrikation sind plausibel und auch unter wirtschaftlichen und ökologischen Gesichtspunkten positiv zu berücksichtigen. Bezüglich Barrierefreiheit ist eine Zugänglichkeit auf die Sportfläche auf dem Dach des Mensagebäudes für Kinder mit Gehbehinderungen nur über den inneren Aufzug möglich. Damit besteht unter Umständen eine besondere Erschwernis für die Kinder. Außerdem können sie nicht den gleichen Weg wie Ihre nichtbehinderten Mitschüler, die die Außentreppe nutzen können, nehmen.
Der Erhalt der denkmalgeschützten Sachteile wird gewährleistet. Der punktuelle Anschluss des Neubaus an die Westfassade der Holbeinschule wird im Grundsatz positiv gesehen. Der sich aus der Positionierung des Aufzugs ergebender Verlust des westlichen Treppenhauses stellt einen nicht zu vertretenden substanziellen Eingriff dar. Allerdings könnte durch Verlegung der Verbindungsbrücke – etwa in den Bereich der südlich gelegenen Raumachsen – eine Überarbeitung unter Erhalt des Treppenhauses erfolgen. Eingriffe in die Binnenstruktur müssen dahingehend modifiziert werden, dass die bauzeitliche Raumaufteilung ablesbar bleibt (Wandvorlagen). Zusätzliche Baumpflanzungen im öffentlichen Straßenraum stehen unter dem Vorbehalt der Prüfung der Trassensituation (Lage von Ver- und Entsorgungsleitungen) und der Einhaltung notwendiger Schutzabstände in der weiterführenden Bearbeitung. Standortverschiebungen oder der Verzicht auf neue Baumstandorte können die Folge sein. Die Ausdehnung von Oberflächenbelägen über das Schulgelände hinaus in den „Übergangsbereich“ der Textorstraße steht unter dem Vorbehalt der Genehmigungsfähigkeit durch das Amt für Straßenbau und Erschließung (ASE) als Baulastträger und verkehrssicherungspflichtiger Stelle. Übergänge ohne bauliche Einfassung des öffentlichen Straßenraums zum Schulgelände hin bedürfen im Sinne der Barrierefreiheit ersatzweise taktiler Leitstrukturen in der Form von Bodenindikatoren entsprechend dem städtischen Arbeitsplan „Barrierefreiheit für Frankfurt“.
Die Belange des Brandschutzes wurden grundsätzlich berücksichtigt, aber kaum beschrieben. Die Abschnittsbildung ist durchschnittlich. Die Herstellung der Genehmigungsfähigkeit scheint ohne wesentliche Planänderungen möglich. Der Entwurf formuliert einen überzeugenden Vorschlag zwischen weitreichendem Bestandserhalt und passgenauer Ergänzung. Die Arbeit überzeugt durch die Qualifizierung des Bestands, wo dies möglich ist und durch die klaren Setzungen von zwei neuen Baukörpern: Neue Nutzungen in der Mitte des Schulreals und die Ausbildung einer engen Beziehung zwischen Lernhaus und Gemeinschaftsflächen und gleichzeitig die Doppelfunktion für Nutzungen durch das Quartier; Der Offene Treff an der Holbeinstraße schafft eine neue Adresse an der richtigen Stelle. Anpassungsund Optimierungsbedarf besteht aber beim zentralen Baukörper – insbesondere im Hinblick auf dessen Größe und die die Freiflächenentwicklung.
©Scheidt Kasprusch Architekten GmbH
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©HeGe Modellbau
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