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Einladungswettbewerb | 02/2025

Wohn- und Bürobebauung Franz-Josef-Strauß-Allee in Bonn

Quartierseingang

Quartierseingang

2. Preis

Preisgeld: 37.000 EUR

rheinflügel severin

Architektur

FAM Architekten - Hartinger Koch Tran-Huu Part mbB

Stadtplanung / Städtebau

GROW Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

STÄDTEBAU
Verbindungen_Der Entwurf nutzt die Grundstücksgeometrie für eine schlanke dreiseitig gefasste Hofstruktur,
die sich nach Osten öffnet und über ihre Gliederung einen nördlichen Abschluss des kleinteiligen Johanniterviertels bildet. Zugleich handelt es sich um einen Übergang von der Körnung und Maßstäblichkeit der südlichen Gronau zu den gewerblich und institutionell geprägten Großstrukturen der nördlichen Gronau, welche bis heute das signifikante Herz des Bundesviertels darstellt. Somit greift der Entwurf an dieser Schnittstelle die Heterogenität seines unmittelbaren baulichen Umfeldes auf und schließt auf vermittelnde Weise die Lücke im städtebaulichen Zusammenhang.
Hof_Die Staffelung der Höhen ist zusammen mit der gewählten Perforation und dem leichten Verschwenken der Grundrissgeometrie eines der zentralen Themen der gewählten Volumetrie, welche sich in ihrem bandartigen Verlauf von einem 2- bis 3-geschossigen Gartenhaus im Südosten zu einem 7-geschossigen Kopfbau im Nordosten verdichtet. Insgesamt setzt sich die Hofbebauung aus 3 freistehenden Gartenhäusern im Süden, einer zusammenhängenden, aber höhendifferenzierten Lärmschutzbebauung im Norden und einem markanten Kopfbau im Nordosten zusammen.
Mit der Höhenstaffelung geht eine Tiefenstaffelung der Fassaden einher. Erst aus der Kombination und dem Zusammenspiel mit dem Freiraum erwächst die Unverwechselbarkeit dieser dreidimensional ausdifferenzierten Struktur.
Adresse_Die eingesetzten Materialien und Farben unterstützen das Wechselspiel der 2- bis 7-geschossigen Fassaden. Der Rhythmus folgt der inneren Gebäudestruktur und bildet damit für jeden einzelnen Treppenhauszugang eine Adresse zum Hof aus. Neben diesen Einzeladressen innerhalb des Hofs erzeugt die leicht gefaltete Fassade der gemischt genutzten Lärmschutzbebauung zusammen mit dem rein gewerblich genutzten Kopfbau im Nordosten das Gesicht der Hofbebauung nach außen. Hier setzt der Entwurf ein markantes bauliches Zeichen, welches die Franz-Josef-Strauss-Allee neu definiert, aufwertet und zur neuen Adresse für Wohnen und Arbeiten im Bundesviertel transformiert.
Erschließung_Durch die Besonderheit der Franz-Josef-Strauss-Allee, nur für Kraftfahrzeuge zugelassen zu sein, erfolgt die Erschließung des Sträßchenshof getrennt - für KFZ über die Ein- und Ausfahrt der Tiefgarage nach dem eingeschränkten rechts rein/rechts raus Prinzip. Für die Belieferung und Entsorgung steht eine Haltebucht auf dem Niveau der Franz-Josef-Strauss-Allee zur Verfügung. Für Fußgänger, Radfahrer und Rettungsfahrzeuge erfolgt die Erschließung vom Sträßchensweg in den Hof hinein. Die Fahrradstellplätze befinden sich bei den Gartenhäusern im Erdgeschoss und bei der Lärmschutzbebauung und dem Kopfbau im ersten Untergeschoss - erreichbar über eine eigene Rampe vom Zugang im Flaschenhals des Grundstücks.

FREIRAUM
Identität_Der Innenhof dient als ruhige, naturnahe Mitte. Städtebaulich verbindet er die angrenzenden Gebäude und schafft zugleich einen harmonischen Übergang zu den Gärten der südlichen Nachbarschaft. Als gemeinschaftlicher Freiraum prägt der Hof die Identität des Quartiers und steht für ein zeitgemäßes Verständnis von städtischem Grün im Zeichen des Klimawandels. So wird das Quartier zu einer zukunftsweisenden Wohn- und Büroadresse in Bonn.
Die Gestaltungsschwerpunkte liegen auf Extensivierung, Klimaanpassung, Regenwassermanagement und die Förderung der Biodiversität im urbanen Kontext.
Minimierung versiegelter Flächen_Das Erschließungskonzept reduziert den Bedarf an versiegelten Flächen auf ein Minimum. Während die Zufahrtsstraße weiterhin als konventionelle Asphaltstraße ausgeführt ist, bestehen Wege und Plätze aus einer wassergebundenen Wegedecke – eine natürliche und nachhaltige Lösung, da diese Flächen nur in Notfällen oder für Pflege- und Unterhaltsmaßnahmen befahren werden müssen.
Stadtnatur_Die Grünflächen sind durch flächige Wiesenansaaten geprägt. Innerhalb dieser extensiven „Stadtnatur“ gibt es spezielle Nutzungsangebote wie Kinderspielbereiche, Aufenthaltsflächen und Nischen für das Arbeiten im Freien. Intensive Bepflanzungen werden bewusst vermieden, um den Pflege- und Unterhaltsaufwand gering zu halten.
Bäume_Die Pflanzung klimaresistenter Bäume bietet an heißen Tagen Schatten und sorgt für Verdunstung. Wo immer möglich, werden neue Bäume gepflanzt, um den urbanen Raum dauerhaft und pflegeleicht zu begrünen. Die Bedeutung des Baumbestandes wird besonders im Bereich der Franz-Josef-Strauss-Allee deutlich: Durch die gezielte Ausrichtung der Baukörper bleibt hier die „grüne Fassade“ weitgehend erhalten.

WOHNEN UND ARBEITEN
Straßenbebauung_Die Struktur des Quartiers basiert auf einer klaren Organisation von Gebäudetypen und Nutzungen, mit Fokus auf Nachhaltigkeit, Funktionalität und sozialer Durchmischung. Entlang der Straße erstreckt sich eine markante Häuserzeile, die auf einem Gewebesockel ruht. Dieser verbindet die Ebenen der Franz-Josef-Strauss-Allee und dem Hof über zweigeschossige, flexibel nutzbare Arbeitswelten. So entstehen offene, hohe Arbeitsbereiche,
die durch hofseitige, introvertiertere Flächen ergänzt werden. Angrenzende Freisitze im Hof können zusätzlich als Sommerarbeitsplätze genutzt werden können.
Über dem Sockel liegen Wohnungen in einer Vierspänner-Struktur mit differenzierten Grundrissen. Der Wohnungsmix besteht aus einem ausgewogenen Verhältnis von freifinanzierten und geförderten Einheiten, mit einem leichten Überschuss an geförderten Wohnungen, die bei Bedarf auch freifinanziert genutzt werden können. Jede Wohnung verfügt über private Freisitze, die zum Innenhof hin ruhig sind, während zur Straße Schallschutzloggien beziehungsweise als Wintergärten als Puffer dienen. Lärmsensible Räume wie Schlafzimmer orientieren sich stets zum Innenhof.
Gewerbehaus_Am östlichen Zugang des Quartiers bildet ein offenes Gewerbehaus den Auftakt und markiert den Zugang. Das in Skelettbauweise errichtete Gebäude bietet vielseitige Nutzungsmöglichkeiten. Eine Cafeteria im Erdgeschoss dient als Treffpunkt und Ort des Austauschs.
Gartenhäuser_Ergänzt wird das Quartier durch ein Clusterhaus am Zugang, das aus drei Einheiten mit Einzel- und Doppelclustern besteht. Ein Gemeinschaftsraum im Erdgeschoss und eine Dachterrasse fördern den sozialen Austausch. Zusammen mit zwei Gartenhäusern im Innenbereich, die als Vierspänner für freifinanzierte Wohnungen konzipiert sind, entsteht eine harmonische Nachbarschaft. Diese fördert den sozialen Austausch durch räumliche
Nähe und gemeinschaftliche Nutzungen.
Alle Wohnungen sind barrierefrei gestaltet und verfügen über private Außenbereiche. Die Erreichbarkeit der Wohnungen für die Feuerwehr erfolgt über den Innenhof, dessen Zugänge vom öffentlichen Bereich klar sichtbar sind. Durch die Mischung von geförderten und freifinanzierten Einheiten ohne räumliche Trennung wird ein harmonisches Miteinander gewährleistet.

KONSTRUKTION, MATERIALITÄT UND ERSCHEINUNG
Hybrid_Die Wahl der Konstruktion folgt einem pragmatischen Ansatz. Die Gebäude sind als Holzhybridgebäude konzipiert, wobei die Sockelgeschosse und Erschließungskerne aus Stahlbeton bestehen. CO₂-intensive Baustoffe
wie Beton werden nur dort eingesetzt, wo sie statisch oder funktional unabdingbar sind. Oberirdisch kommen klassische Holzrahmenkonstruktionen mit gekapselten Wänden sowie Decken aus CLT (Cross Laminated Timber) oder Holzverbunddecken zum Einsatz. Diese Materialkombination ermöglicht eine ressourcenschonende, ökologische Bauweise bei gleichzeitig hoher Belastbarkeit.
Robuste Fassaden_Die Fassadengestaltung orientiert sich an den funktionalen und ästhetischen Anforderungen der jeweiligen Gebäudetypen und ihrer Lage. Entlang der Straße dominieren hinterlüftete, vertikal gegliederte Fassaden
mit rhythmischer Gestaltung durch konstruktive Brandriegel, die als horizontale Bänder in Erscheinung treten.
Die Bekleidung variiert je nach Bereich: Im Sockelbereich robuste Keramikverkleidungen und in den Obergeschossen Metall- oder Wellblechprofile. Zur belasteten Straßenseite hin präsentieren sich die Fassaden mit einem eher glatten Relief, während die Hofseiten stärker in der Tiefe differenziert sind und durch Stahlbalkone sowie Rankstrukturen aufgelockert werden.
Differenzierter Ausdruck_Das Gewebegebäude setzt auf eine keramische Bekleidung und großzügige Verglasungen mit einem ausgewogenen Öffnungsanteil. Eine horizontale Gliederung wird durch konstruktive Sonnenschutzelemente erreicht. Die Hofhäuser und das Clusterhaus hingegen vermitteln durch eine Holzbekleidung eine weiche und natürliche Anmutung, die eine harmonische Verbindung zur grünen Innenhofgestaltung schafft.
Einbindung_Für alle Gebäude gilt eine einheitlich helle und freundliche Farbgestaltung. Die leicht glänzenden Oberflächen reflektieren die Umgebung und integrieren die Gebäude dezent in das Quartiersbild. Die Sockelgeschosse heben sich durch prägnante Material- und Farbdifferenzierungen ab, wodurch eine visuelle Stabilität und eine klare Grundstruktur erzeugt wird. Wartungsarme und langlebige Konstruktionen tragen zusätzlich zur Wirtschaftlichkeit bei.

MOBILITÄTSKONZEPT
Mobilität_Eine großzügige Fahrradgarage im Zwischengeschoss bietet ausreichend Platz für herkömmliche Fahrräder, Lastenräder und E-Bikes. Ergänzt wird sie durch Duschmöglichkeiten für Berufspendler sowie eine Reparaturwerkstatt mit Selbsthilfeoptionen. Mit einer umfassenden Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge unterstützt das Quartier die Mobilitätswende und setzt Akzente für eine zukunftsfähige Verkehrsplanung. Darüber hinaus könnten Sharing-Angebote für PKWs, E-Bikes oder Elektroroller die Anzahl der zu erwartenden Fahrzeuge im Quartier signifikant senken.

NACHHALTIGKEIT
Ökologie und Ökonomie_Die vorgeschlagene Bebauung besteht aus kompakten Gebäudetypen, die mit kleinem Oberflächen-/Volumenverhältnis niedrige Baukosten und geringe Energieverbräuche erwarten lassen.
Mehrspänner-Erschließung, übereinander liegende Nassbereiche, vertikale Lastabtragung sowie maximale Elementierung und Vereinheitlichung von Ausbauformaten optimieren die Kosteneffizienz.
Klimaschutz_Für einen konsequenten Beitrag zum Klimaschutz werden alle Dachflächen mit Photovoltaikanlagen ausgestattet. Die erforderlichen Retentionsqualitäten werden durch eine Kombination mit extensiver Begrünung oder
der Nutzung von Mäanderplatten bzw. samenfreiem Substrat erreicht. Der lokal erzeugte Solarstrom wird z.B. im Rahmen von Mieterstromprojekten zur Deckung des elektrischen Strombedarfs verwendet. Ebenso Klimaneutral wie die Stromerzeugung stellt sich die Wärmegewinnung durch eine moderne Wärmepumpentechnologie dar.
Kreislaufgerechtes Bauen_In der Materialwahl und Konstruktion wird der Grundsatz des kreislaufgerechten Bauens berücksichtigt. Wartungsarme, sortenreine Konstruktionen und reversible Bauteilverbindungen sorgen für Ressourcenschonung und ermöglichen spätere Anpassungen oder Rückbauten. Dieses Konzept erfüllt nicht nur die Anforderungen an eine nachhaltige Bauweise, sondern fördert auch die langfristige Wirtschaftlichkeit der Gebäude.
Klimaresilienz und Wassermanagement _Angesichts klimatischer Veränderungen und zunehmender Starkregenereignisse kommt dem Entwässerungskonzept eine zentrale Bedeutung zu. Ziel ist es, Niederschläge zurückzuhalten und vor Ort versickern zu lassen, um das Kanalnetz zu entlasten, die Grundwasserneubildung zu fördern und sowohl das Mikroklima als auch die Vegetation positiv zu beeinflussen. Befestigte Flächen werden auf ein Minimum reduziert. Sämtliche Wege- und Platzflächen entwässern in die angrenzenden Grünflächen. Diese werden durch gezielte Ausmuldungen zusätzlich als Retentionsraum gestaltet, sodass einerseits überschüssige Dachwässer eingeleitet werden können und andererseits der gesamte Niederschlag auch bei Starkregenereignissen auf dem Grundstück verbleibt.
Das Konzept setzt auf ein effizientes Regenwassermanagement. Begrünte Einstaudächer auf den Gebäuden tragen wesentlich zur Reduzierung der abfließenden Wassermengen bei und leisten zugleich einen wichtigen Beitrag zum ökologischen Gesamtkonzept.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf überzeugt durch eine einfach wie klar strukturierte und zeitlose städtebauliche Struktur, die mit einer räumlichen Geste und einer präzisen Raumkante zur Franz-Josef-Strauß-Allee ein markantes städtebauliches Element setzt. Die Abstaffelung zum Bestand ist gut gelöst und sorgt für eine überzeugende Einbindung in das Umfeld. Besonders das Kopfgebäude für das Gewerbe fügt sich selbstverständlich in das städtebauliche Konzept ein.

Kritisch betrachtet wird hingegen die Anordnung der Kopfgebäude an den Gartenhäusern, die in ihrer Setzung und Ausformulierung teils willkürlich wirken und zudem sehr eng an den Bestand heranrücken. Die Gartenhäuser selbst erscheinen in ihrer Proportionierung etwas zu langgestreckt, während die aufgelockerte Struktur an einigen Stellen unbegründet wirkt.

Architektonisch überzeugt die Arbeit durch eine hohe Feingliedrigkeit der Fassaden und eine überzeugende Materialkombination, die einen ausdrucksstarken Charakter schafft. Das Sockelgeschoss wirkt jedoch sehr massiv und bleibt in seiner gestalterischen Lösung hinter den übrigen architektonischen Qualitäten zurück.

Die Nutzungsverteilung ist innovativ und bietet eine breite Palette an flexiblen Angeboten, darunter Co-Working-Bereiche und gemeinschaftlich nutzbare Flächen sowohl im Freiraum als auch innerhalb der Gebäude. Die Stapelung von Nutzungen mit einem Bürosockel unter Wohnnutzungen wird als durchaus realisierbar eingeschätzt.

Der Freiraum ist als gemischter Bereich für Wohnen und Gewerbe angelegt, was eine Belebung der Räume über den gesamten Tag hinweg ermöglicht.

Die Grundrisse sind funktional und zeigen eine große Vielfalt, insbesondere bei den Büroflächen, während sich bei den Wohnungen durch die einheitliche Südausrichtung der Schlafräume ein robuster und praktikabler Standard ergibt.

Insgesamt handelt es sich um einen sehr gut entwickelten und durchdachten Entwurf, der durch seine klare Struktur, die gestalterische Qualität und die Flexibilität in der Nutzung überzeugt. Während die Materialität und Feingliedrigkeit der Fassaden positiv hervorstechen, wird die Massivität des Sockelgeschosses und die Anordnung der Kopfgebäude kritisch betrachtet.
Quartiersmitte

Quartiersmitte

Lageplan

Lageplan

Isometrie

Isometrie

Höhenvermittlung

Höhenvermittlung

Grünflächen

Grünflächen

Wohngrundrisse

Wohngrundrisse

Clusterwohnen

Clusterwohnen

Modell01

Modell01

Modell02

Modell02