Erfurt im Oktober 1994: Im zwölften Stock eines Plattenbaus hat Jörg Homann gemeinsam mit einem Mitbewohner eine Viererwohnung im Studentenwohnheim bezogen. Sie hoffen bereits, die ganze Wohnung für sich zu haben, als eines Nachts um drei Uhr die Tür aufgeht und zwei Typen hereinpoltern: Einer von ihnen ist Burkhard Wegener.

Heute, 24 Jahre später, sind Homann und Wegener zwei der vier Inhaber des Landschaftsarchitekturbüros Club L94. 2001 haben sie es gemeinsam mit Götz Klose und Frank Flor in Köln gegründet, inzwischen arbeiten 26 Angestellte für sie. Seit Jahren gehört Club L94 zu den wettbewerbsstärksten Büros für Landschaftsarchitektur: 2011 bis 2013 waren sie durchgängig die Sieger des competitionline Rankings, bis auf 2016 belegten sie immer den zweiten Platz, 2018 kehren sie an die Spitze zurück. Zu ihren Erfolgen gehört auch der erste Platz im Wettbewerb um die Landesgartenschau in Lahr.

Club L94 Landschaftsarchitekten

Gründungsjahr: 2001

Partner: Frank Flor (Jahrgang 1971), Jörg Homann (Jahrgang 1972), Götz Klose (Jahrgang 1970) und Burkhard Wegener (Jahrgang 1969)

Mitarbeiter: 26

Bruttojahresumsatz 2016: 2,3 Mio. Euro

Wettbewerbsteilnahmen in 2017: ca. 58

Damals im Erfurter Plattenbau wurden Homann und Wegener bald Freunde. Bei den Einführungsveranstaltungen trafen sie dann auf Klose und Flor. Auch sie hatte es 1994 zum Studium nach Erfurt verschlagen, auch sie teilten sich eine Wohnung. Aus den beiden Duos wurde bald ein Quartett. Eine Freundschaft entstand.

Bis auf Flor kamen alle aus NRW, alle vier hatten zuvor eine Ausbildung im Gartenbau gemacht. Im Studium stellten sich dann ihre architektonischen Schwerpunkte heraus. „Klose und Homann konzentrierten sich von Anfang an eher auf Baubetrieb und Bautechnik, Flor und ich sehr stark auf Wettbewerbe“, erinnert sich Wegener.

Im Jahr 2000 arbeiteten die Freunde an ihrem ersten gemeinsamen Wettbewerb. Das Preisgeld diente als Startkapital für Club L94.

Im Jahr 2000 arbeiteten die Freunde an ihrem ersten gemeinsamen Wettbewerb. Das Preisgeld diente als Startkapital für Club L94.

Ein Quartett aus zwei schlagkräftigen Duos

Diese Konstellation habe sich von Anfang an für sie ausgezahlt. Jeder der vier hat etwas mit einem der anderen gemeinsam und bleibt gleichzeitig er selbst. Bis heute übernehmen Flor und Wegener die Wettbewerbe, Klose und Homann kümmern sich um die Geschäftsleitung.

Dass sie 2018 erneut Ranking-Gewinner sind, kam für sie überraschend. „Das letzte Jahr war sehr anstrengend, und gefühlt haben wir auch sehr oft zweite Preise gemacht“, sagt Flor. Einige erste Plätze waren aber auch dabei, dazu so viele Platzierungen, dass sie insgesamt 46 Punkte im Ranking sammeln konnten.

Mit vier ihrer 26 Mitarbeiter arbeiten Wegener und Flor jährlich an circa 60 Wettbewerben. Vom Innenhof bis zum städtebaulichen Konzept ist alles dabei. Die meisten Projekte gehen sie jedoch in Zusammenarbeit mit Hochbauarchitekten an. Einige Kontakte stammen noch aus den Gründungszeiten, als die vier durch die Büros der Kölner Hochbauarchitekten tourten, um sich als das neue Landschaftsarchitekturbüro in der Stadt vorzustellen. So lernten sie auch Michael Müller von mvm + Starke kennen, mit dem sie bis heute zusammenarbeiten und sich über die Jahre angefreundet haben. Müller erinnert sich noch gut an damals: „Die waren jung, wir waren jung, und alle wollten irgendwie Wettbewerbe machen. Es gab da eine besondere Mischung aus Lockerheit und Ehrgeiz bei denen, die uns von Anfang an gefiel.“

Zurückgelehnt in ihren rollbaren Bürostühlen, erinnern die vier „Clubmitglieder“ ein wenig an eine Boyband. Zwei mit Brille, zwei ohne, drei blond einer brünett, alle Hemd, einer Pullunder. Schwarz, Weiß und Grau sind die einzigen Farben, die es gibt. Jeder ist individuell, zusammen sind sie trotzdem stimmig.  Auch inhaltlich verbindet sie eine gewisse Coolness. „Wir sind nicht so die Gartenfritzen, wir sind eher urban“, beschreibt Wegener ihren Stil. Der aktuelle Trend, jede Fassade zu bepflanzen, ist ihnen fremd. „Wir finden, dass Architektur auch von klaren Kontrasten lebt: hier der Park und da das Haus“, ergänzt Flor.

Burkhard Wegener, Götz Klose, Jörg Homann und Frank Flor (von links) haben schon im Studium beschlossen, sich gemeinsam selbstständig zu machen.

Burkhard Wegener, Götz Klose, Jörg Homann und Frank Flor (von links) haben schon im Studium beschlossen, sich gemeinsam selbstständig zu machen.

Aufgabenteilung

Klarheit gibt es auch in der Arbeitsteilung zwischen den Wettbewerbsspezialisten Flor und Wegener. „Wenn der Burkhard mich bei einem seiner Wettbewerbe um meine Meinung fragt und meinen Vorschlag am Ende nicht annimmt, dann akzeptiere ich das. Sein Projekt, seine Entscheidung“, erklärt Flor.

Arbeit und Freundschaft sollte man trennen, heißt es oft. Club L94 zeigt, dass das nicht immer gilt. Das Vertrauen, das für ihre Form der Aufgabenteilung nötig ist, konnten sich die vier seit Beginn ihres Studiums aufbauen. Sinnbildlich steht dafür der Name ihres Büros, der sich aus dem Matrikelzeichen ihres Studiengangs ableitet - Landschaftsarchitektur 1994. Nach dem Abschluss gingen die vier erst einmal in verschiedene Städte. Aus den Augen verloren haben sie sich nie. „Mindestens zu den Geburtstagen haben wir uns immer gesehen“, erklärt Homann. Irgendwann hatten sie dann das Gefühl, dass sie das, was sie für den Chef machen, auch alleine können.

Wer hart arbeitet, kann auch gut feiern: 2002 bei der Feier des einjährigen Bestehens von Club L94.

Wer hart arbeitet, kann auch gut feiern: 2002 bei der Feier des einjährigen Bestehens von Club L94.

Same, same but different

Nach vier Jahren gemeinsamen Studiums kannte jeder den Charakter und die Neigungen der anderen. Anstatt sich gegenseitig zu verbessern, konzentrieren sie sich auf ihre Stärken und vertrauen darauf, dass jeder seinen Job macht. Darüber, wie gut das bis heute klappt, kann Wegener schon mal ins Schwärmen geraten. „Es funktioniert aber vor allem auch, weil wir erfolgreich sind“, holt Klose seinen Kollegen wieder auf den Boden. Eine wirkliche Bewährungsprobe hatten sie, von den üblichen Startschwierigkeiten abgesehen, bisher nicht auszustehen. Spannend ist, wie organisch sich die vier auch charakterlich ergänzen: Klose hört vor allem zu, Flor spricht viel über Wettbewerbe, Homann, wenn er gefragt wird, über die Zahlen. Und Wegener schwärmt gerne über ihre Freundschaft. Jeder hat seinen Platz und seine Rolle, gemeinsam verkörpern sie ein Ganzes. Dass keiner das Bedürfnis hat, als Leadsänger im Rampenlicht zu stehen, entspannt die Arbeit im Quartett zusätzlich. Dass die vier so gut unter einen Hut gehen, liegt jedoch vor allem an ihrem Humor.

Die Aufgabenteilung ist eines der wichtigsten Prinzipien des Clubs.

Die Aufgabenteilung ist eines der wichtigsten Prinzipien des Clubs.

Der Schalk im Nacken

Für die Fotos dieses Artikels fahren sie von ihrem Büro in Kalk zu ihrem fertiggestellten Projekt Max Cologne am Lanxess Tower in Deutz. Wegener im Land Rover, Homann im Audi, Klose und Flor auf den Beifahrersitzen.

„Das einzig Negative ist, dass wir den Gewinn durch vier teilen müssen“, sagt Wegener. Auch dass man immer Kompromisse eingehen müsse, sei nicht einfach. „Wir haben da so eine Drei-gegen-eins-Regelung. Und jeder war natürlich schon mal die Eins. Da muss man dann durch.“

Am Lanxess Tower angekommen, lehnt sich Homann an den Rand einer Steinschale und streift sich die Zweige einer Trauerweide von hinten über die Schultern. „So machen das doch immer die Mädchen mit den langen Haaren.“

Bis jeder für das Foto in Position steht, vergeht Zeit. Homann stellt sich vor Flor und verdeckt ihn, „so jetzt sind wir bereit!“, Flor nimmt einen Ast der Trauerweide und legt ihn Wegener über die Schulter: „Halt mal bitte.“ Klose steht daneben und verdreht innerlich die Augen, „ich glaube die Kinder müssen noch mal um den Block laufen, damit sie sich beruhigen und wir das Foto machen können“.

Der gemeinsame Humor verbindet die vier unterschiedlichen Charaktere.

Der gemeinsame Humor verbindet die vier unterschiedlichen Charaktere.

Forever young

Sich die vier mit Anfang zwanzig bei ihrem Studienbeginn in Erfurt vorzustellen, fällt wirklich nicht schwer. Seit damals haben sie geheiratet, Kinder bekommen und dank des Erfolgs alle paar Jahre die Büroräume erweitert. Jetzt verbindet sie nicht mehr nur die Freundschaft und das Geschäft, sie sind sich auch gegenseitig Trauzeugen und Taufpaten der Kinder. Doch der Umgangston zwischen ihnen ist gleich geblieben, die Jungs haben Spaß miteinander.

Neben der heiteren Gelassenheit ist ihnen auch ihr jugendlicher Ehrgeiz erhalten geblieben. Obwohl sie eigentlich alles erreicht haben, was sie im Gründungsjahr 2001 auf einem Schmierzettel alias Businessplan festgehalten haben: „Punkt eins: reich werden, Punkt zwei: berühmt werden, und Punkt drei: gute Landschaftsarchitektur machen.“

Mit Zusammenhalt und Lässigkeit ans Ziel und wahrscheinlich noch darüber hinaus. Herzlichen Glückwunsch, es lebe die Freundschaft!

Der Artikel erschien erstmals am 25. September 2018 auf competitionline.