Es kommt nicht oft vor, dass es das Thema transparente und gerechte Vergabe von öffentlichen Aufträgen in die breite Öffentlichkeit schafft. Knapp zwei Dutzend Vergaberechtler haben das nun geschafft. Am Montag verschickten sie einen offenen Brief an hochrangige Mitglieder der EU-Kommission, darunter Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager und Thierry Breton, Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen der EU, sowie des Deutschen Bundestages. Darin werfen sie mehreren Landesregierungen sowie der Bundesregierung »systematische Missachtung des EU-Vergaberechts« vor und fordern Sie zum Handeln auf. Im Klartext hieße das: EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik, politische Konsequenzen auf Bundes- und Länderebene sowie Nachprüfungsverfahren durch benachteiligte Bieter. 

"Insbesondere die großvolumigen Beschaffungsvorgänge der Verwaltungsspitzen werden unter weitreichender Suspendierung des Vergaberechts beauftragt."
Aus dem offenen Brief der 23 Vergaberechtsanwälte

Am Montag berichtete der Spiegel unter der Dachzeile “Fragwürdige Geschäfte in der Pandemie: Vergabeanwälte kritisieren Laschets NRW-Regierung” über das Schreiben. Mittlerweile liegt es auch der competitionline-Redaktion vor.

Wir sprachen mit dem renommierten Fachanwalt für Vergaberecht und Mit-Initiator des Briefes, Dr. Thomas Mösinger, von der Kanzlei Mösinger Bakes Kollewe Rechtsanwälte über die Hintergründe des Schreibens.

Herr Dr. Mösinger, warum haben Sie und Ihre Kolleg*innen den Appell an Verantwortliche der EU und des Bundestags geschrieben?

Weil wir fürchten, dass das Vergaberecht faktisch vor dem Aus steht. In den höheren Verwaltungsebenen von Bund und Ländern gehört es mittlerweile zum guten Ton, “pragmatisch” zu sein und sich nicht an Vergaberegeln zu halten. Auf der Auftragnehmerseite sind die großen Unternehmen oft ebenfalls keine Unterstützer des Vergaberechts, da sie unter seiner Ägide nicht ihre Haus- und Hof-Vorteile ausspielen können. Das Vergaberecht und der Wettbewerbsgrundsatz haben keine eigene Lobby. Und so sind wir Unterzeichner*innen zu der Einsicht gekommen, dass wir als Fachanwält*innen das Vergaberecht schützen müssen.

Wie ist es überhaupt zu dem Brief gekommen?

Durch die fortwährende Beobachtung der Umgehungen des Vergaberechts auf Bundes- und Länderebene. Die Autor*innen des Briefes erkennen hier einen frappierenden Unterschied etwa zum kommunalen Bereich, in dem sich die Vergabestellen in der Regel alle Beine ausreißen, um das Vergaberecht einzuhalten und ihre Vergaben transparent und diskriminierungsfrei zu gestalten. Je höher man in der Verwaltungsebene schaut und je größer die Summen werden, desto weniger schert man sich um die EU-Regeln, so ist jedenfalls unser Eindruck.

Dr. Thomas Mösinger ist seit 2018 Partner bei Mösinger Bakes Kollewe Rechtsanwälte und der erste Rechtsanwalt, der in Hessen als Fachanwalt für Vergaberecht zugelassen worden ist.

Dr. Thomas Mösinger ist seit 2018 Partner bei Mösinger Bakes Kollewe Rechtsanwälte und der erste Rechtsanwalt, der in Hessen als Fachanwalt für Vergaberecht zugelassen worden ist.

Sie werfen der öffentlichen Verwaltung systematische Missachtung des EU-Vergaberechts auf Bundes- und Landesebene vor. Was meinen Sie mit “systematisch”?

Wir meinen damit, dass hier verschiedene Faktoren zusammenkommen: gesetzliche Schlupflöcher, vermeintliche Dringlichkeitssituationen und die immer stärker um sich greifende Praxis, Leistungsbeschreibungen auf eine*n bestimmte*n Bieter*in zuzuschneidern. Es gilt schon fast als vernünftig, das Vergaberecht zu umgehen. Sinn und Zweck des Vergaberechts (siehe Kasten Grundsätze des Vergaberecht) werden nicht mehr hochgehalten. “Systematisch” meint: Es ist eher die Regel als die Ausnahme, dass man keinen echten Wettbewerb möchte.

Die Grundsätze des Vergaberechts

§ 97 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) enthält allgemeine Grundsätze des Vergaberechts.

  • Wettbewerbsgrundsatz (= Vergabe im Wettbewerb)
  • Transparenzgebot
  • Diskriminierungsverbot bzw. Gleichbehandlungsgrundsatz
  • Förderung mittelständischer Interessen (Pflicht zur Losaufteilung)
  • Vergabe an fachkundige, leistungsfähige, zuverlässige und gesetzestreue Unternehmen
  • Wirtschaftlichkeitsgrundsatz (= Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot)

Wie sollten die Empfänger des Briefes – allesamt hochrangige Vertreter*innen der EU-Kommission sowie des Deutschen Bundestags – darauf reagieren?

Jeder sollte das ihm Mögliche machen, den diskriminierungsfreien Wettbewerb zu stärken und dass Ausnahmen nicht weiter zur Regel werden. Große öffentliche Auslober*innen sollten ihre Produkt- und Dienstleisterfestlegungen/-präferenzen überdenken. Und die EU-Kommission sollte den Einsatz von Vertragsverletzungsverfahren prüfen. Seit Großbritannien den Brexit beschlossen hatte, spüre ich diesbezüglich eine gewisse Sanftheit aufseiten der EU. Es mangelt ihr an Selbstvertrauen gegenüber den Mitgliedstaaten.

Kein Wunder, es wird ja auch bei jedem Vertragsverletzungsverfahren medial auf sie eingeprügelt

Ja, und ein Vertragsverletzungsverfahren wie im Falle Niedernhausen, bei dem es um die unzulässige Aufteilung von Planungsleistungen in Lose ging, die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, könnte ich mir im Moment auch gar nicht vorstellen. Das traut sich die EU nicht.

Sie schreiben, dass die Verstöße gegen EU-Recht “seit etwa drei Jahren” laufen, das fällt zeitlich mit der Vergaberechtsreform zusammen. Welchen Zusammenhang sehen Sie hier?

Ich kann keinen Zusammenhang konstruieren. Es ist irgendwann modisch geworden, Vergaberegeln als Klotz am Bein zu brandmarken. Ich glaube, das ging einher mit der Schwächung der EU im Zuge des Brexits. Sie hat ein wenig ihren Nimbus verloren. Und es wird politisch immer einfacher, das, was vergaberechtlich von der EU kommt, in die Schmuddelecke zu schieben.

"Es ist modisch geworden, Vergaberegeln als Klotz am Bein zu brandmarken."

Bietet das neue Vergaberecht der öffentlichen Hand mehr Schlupflöcher als zuvor?

Das würde ich nicht sagen. Das Problem sind eher die vielen Bundes- und Landesverordnungen und eine schwächelnde EU. Finanzkrise, Flüchtlingskrise und nun Corona: Jedes Mal wird in der Aufweichung des Vergaberechts die Lösung des Problems gesehen.

Aber dass es eine gewisse Dringlichkeit gab, wollen Sie doch nicht bestreiten, oder?

Nein, aber wir Unterzeichner*innen sind der Meinung, dass das geltende Recht absolut krisentauglich ist. Es beinhaltet ausreichende Dringlichkeitsregelungen. Es braucht keine Runderlasse, die all das aufweichen und intransparent machen. Sie machen die Damen und Herren in den Vergabestellen nur glauben, man könne oder solle nun direkt beauftragen. Das funktioniert ein wenig wie bei der “stillen Post”: Man gibt an der einen Seite eine überflüssige Sonderregelung hinein, die von den pragmatischen “Machern” entsprechend ausgelegt wird, und an der anderen Seite kommt etwas heraus, was mit dem Vergaberecht nicht mehr viel zu tun hat. So wird es abgeschafft.

Lassen Sie uns konkret werden. Sie kreiden insbesondere den “Ausnahmetatbestand der Dringlichkeit” sowie “Leistungsbeschreibungen, die auf einen bestimmten Anbieter zugeschnitten sind”, an. Können Sie Beispiele nennen?

Wenn etwa Stoffmasken ohne Wettbewerb einfach an einen Dienstleister beauftragt und bestellt werden für Angestellte des öffentlichen Dienstes, die bereits vier oder fünf Masken pro Mann/Frau haben, dann hat das nichts mit einem akuten Bedarf für den Schutz von Leib und Leben zu tun. Auch nicht, nur weil das Wort “Corona” in der Ausschreibung vorkommt.

"Leistungsbeschreibungen werden so formuliert, dass nur der Haus- und Hoflieferant zum Zuge kommen kann."

Beispiele für auf nur eine*n Anbieter*in zugeschnittene Vergaben gibt es sehr viele, z.B. im Bereich Verteidigung und Sicherheit. Für schusssichere Westen für Polizisten etwa gibt es mittlerweile sehr innovative Lösungen, die sich auch international durchgesetzt haben. Doch bei uns werden die Leistungsbeschreibungen so formuliert, dass nur der Haus- und Hoflieferant zum Zuge kommen kann. Die Folge sind Beschaffungen zu stark erhöhten Preisen und erhebliche Einbußen bei der Qualität der beschafften Leistung.

Sie führen im Brief auch das Beispiel “Generalplanungsleistungen zur Wiederherstellung für Bauvorhaben im Ausland durch ein Bundesministerium ohne jeden Wettbewerb” an. Worum geht es da konkret?

Das ist die Ausschreibung für Planungs- und Baumaßnahmen an der deutschen Botschaft in Kabul, ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb. Auftraggeber ist das Auswärtige Amt. Übrigens kann diese Vergabe noch juristisch überprüft und aufgehoben werden. Teilen Sie das Ihren Lesern gerne mit.

Bitte melden Sie uns intransparente Vergabeverfahren

Bitte melden Sie uns Ausschreibungen von Planungsleistungen, bei denen Sie den Verdacht haben, dass sie auf eine*n bestimmte*n Bieter*in zugeschnitten sind, oder in der auf eine nicht wirklich gebotene Dringlichkeit verwiesen wird. Wir haken nach und berichten darüber.

Was raten Sie Unternehmen, die durch diese Praktiken vom Wettbewerb ausgeschlossen werden?

Sie sollten einen Nachprüfungsantrag einlegen. Leider gibt es keine Aufsichtsbehörde für den Bereich öffentliche Beschaffung, also bleibt nur der Bieterrechtsschutz. Mir ist bewusst, dass dieser nicht sonderlich attraktiv ist, denn als Preis für das Engagement winkt höchstens die Chance auf Teilnahme am Wettbewerb. Aber man sollte nicht vergessen: All diese Verfahren gehen zulasten der Steuerzahler und auch zulasten unserer Grundwerte.

"All diese Verfahren gehen zulasten der Steuerzahler und unserer Grundwerte."

Übrigens habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Auftraggeberseite nie eine homogene Masse ist, sondern dort durchaus unterschiedliche Meinungen vertreten sind, was präferierte Bieter*innen betrifft. Insofern ist ein Nachprüfungsantrag selten sinnlos.

Würden Sie die Einrichtung einer Aufsichtsbehörde begrüßen, die derartige Rechtsverstöße ahndet?

Ich glaube, das ist notwendig. Eine diskriminierungsfreie Vergabe ist staatsentscheidend. Dahinter verbergen sich Grundfragen unserer gesellschaftlichen und politischen Ordnung: Wie gehen diejenigen mit der Macht um, die wir ihnen übertragen?

Durch die Umkehr des Ausnahme-Regel-Prinzips werden systemrelevante Fragen auf den einzelnen Auslober übertragen, der dafür aber gar nicht zuständig ist, weil er lediglich das isolierte Problem hat, eine Leistung auszuschreiben. Tatsächlich geht es bei der Einhaltung des Vergaberechts aber um das große Ganze, und ja, auch um das Funktionieren unserer Demokratie. Vom Standing her hat das in der Öffentlichkeit aber leider nicht die Bedeutung, die ihm eigentlich zukommen müsste.

Unter Architekt*innen wird eher das Instrument der Verbandsklage diskutiert.

Das ist allerdings mit dem vergaberechtlichen Rechtsschutz nicht vereinbar wegen des Erfordernisses der subjektiven Betroffenheit, das heißt es dürfen lediglich juristische Personen einen Nachprüfungsantrag einreichen, deren Rechte als Bieter*innen unmittelbar betroffen sind.

"Bei der Einhaltung des Vergaberechts geht es auch um das Funktionieren unserer Demokratie."

Wir arbeiten an einem anderen Modell, dem Crowdclaiming. Es besagt eigentlich nichts anderes, als dass ein*e Bieter*in für mehrere andere Bieter*innen in die Auseinandersetzung geht, die anderen ihn dabei aber unterstützen und so die Kosten des Einzelnen kleiner machen. Wir nennen es auch das Musketier-Modell nach dem Motto “Einer für alle, alle für einen”.

Haben Sie schon Reaktionen auf Ihren Brief erhalten?

Noch keine offizielle. Ich höre allerdings, dass sich einige Abgeordnete intensiv damit befassen. Wir gehen davon aus, dass da noch etwas kommt. Ansonsten ist Vergaberecht ja leider ein Thema, das für viele Menschen zu abstrakt ist.

Wir danken für das Gespräch!

Der Brief im Wortlaut

Offener Brief der Vergaberechtsanwälte in Deutschland zur fortschreitenden systematischen Missachtung des EU-Vergaberechts auf Bundes- und Landesebene

 

Sehr geehrte Frau/Herr ...,

die unterzeichnenden Fachanwälte für Vergaberecht in Deutschland wenden sich mit großer Sorge und der Bitte an Sie, einer Entwicklung gegenzusteuern, die die Geltung und Wirksamkeit der Bestimmungen über die öffentliche Auftragsvergabe zunehmend in Frage stellt. 

Die Einhaltung von Wettbewerb, Gleichbehandlung und Transparenz bei Beschaffungen der öffentlichen Hand gehört zu den Grundpfeilern der Europäischen Union. Sie dient der Realisierung des Binnenmarktes, gilt als der einzig wirksame Schutz gegen Korruption und Vetternwirtschaft und schützt die öffentlichen Haushalte vor unwirtschaftlicher Geldverschwendung und dem Erhalt suboptimaler Leistungen. 

Leider ist zu beobachten, dass die Beschaffungspraxis einer Vielzahl von Bundesministerien und der obersten Bundesbehörden in Deutschland sowie der obersten Ebene in einigen deutschen Bundesländern, diese Vorgaben zunehmend außer Kraft setzt. Seit etwa drei Jahren werden insbesondere die großvolumigen Beschaffungsvorgänge der Verwaltungsspitzen unter weitreichender Suspendierung des Vergaberechts beauftragt, die aktuelle Corona-Krise wirkt hierbei nun wie ein Brandbeschleuniger. 

Die Beauftragung ohne echten Wettbewerb wird regelmäßig mit dem Ausnahmetatbestand der Dringlichkeit gerechtfertigt, oder aber dem häufig widerlegbaren Argument, dass ohnehin nur ein einziges Unternehmen in der Lage sei, den vom Auftraggeber definierten Bedarf decken zu können. Dies führt entweder zu Ausschreibungen, die auf bestimmte Unternehmen zugeschnitten sind oder immer häufiger dazu, dass Unternehmen direkt und ohne Wettbewerb und Transparenz beauftragt werden, ohne dass dies rechtlich zulässig wäre. 

Die Folge sind Beschaffungen zu stark erhöhten Preisen und erhebliche Einbußen bei der Qualität der beschafften Leistung. Leidtragende sind neben dem Steuerzahler und den Leistungsempfängern vor allem kleine und mittelständische Unternehmen, die keine Chance erhalten, sich im Wettbewerb, dem sie sich gern stellen würden, zu bewähren. Dabei schreibt das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) die „vornehmliche Berücksichtigung mittelständischer Interessen“ bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zwingend vor. 

Eine rechtliche Konsequenz dieser Verstöße bleibt oft aus, weil die Einhaltung des Vergaberechts mangels Aufsichtsbehörde auf die aktive Klage (Nachprüfungsverfahren) durch die betroffenen Unternehmen angewiesen ist. Diese stammen regelmäßig aus dem Mittelstand und scheuen Aufwand, Kosten und Reputationseinbußen, weil selbst im Erfolgsfall höchstens die Chance auf Wettbewerb zugesprochen werden kann. (...) 

An die breite Öffentlichkeit gelangt dabei nur die Spitze des Eisberges. Medienwirksam wurden etwa 

  • Beauftragung einer Corona-Warn-App im Frühjahr 2021 durch elf Bundesländer ohne jeden Wettbewerb im Wert von ca. 20 Mio. Euro (Anm. d. Red.: Dabei handelt es sich um die “Luca App”) 
  • Beauftragung von Firmen zur Ausbildung, Kampfmittelabwehr und Kleidung durch das Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr (KSK) ohne jede Ausschreibung wegen angeblichem Alleinstellungsmerkmal in zahlreichen Fällen 

(...)

  • Direktvergabe von Corona-Testzentren durch das Land Berlin in Höhe von 84 Mio. Euro ohne jeden Wettbewerb 
  • mehrfache Beauftragung eines Modeunternehmens mit der Lieferung von Schutzausrüstung im Wert von über 40 Mio. Euro ohne jeden Wettbewerb durch das Land Nordrhein-Westfalen mit vermeintlichem und später zurückgenommenem Argument der Dringlichkeit 

(...)

Allein in den letzten Wochen sind weniger bekannte, aber ebenso rechtswidrige Auftragsvergaben ohne Wettbewerb erfolgt: 

(...)

  • Arbeitnehmerüberlassung im Rahmen des Projekts GAIA-X durch die Bundesnetzagentur im Wert von 3,7 Mio. Euro ohne jeden Wettbewerb wegen „sehr restriktivem Zeitplan“ 
  • Generalplanungsleistungen zur Wiederherstellung für Bauvorhaben im Ausland durch ein Bundesministerium ohne jeden Wettbewerb, weil angeblich nur ein Unternehmen weltweit zu diesen Planungsleistungen in der Lage ist 
  • Beschaffung von Spuckschutzwänden durch die Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen im Wert von 1 Mio. Euro ohne jeden Wettbewerb unter lapidaren Verweis auf Corona 

(...)

Hinzu kommen die zahlreichen Vergabeverfahren, deren Leistungsbeschreibung auf einen bestimmten Anbieter zugeschnitten ist, so dass der Wettbewerb faktisch ebenso ausgeschlossen ist. 

Dies steht im frappierenden Gegensatz zu Beschaffungen auf unterer Ebene, etwa den Kommunen, Krankenhäusern, Universitäten usw. Dort werden erhebliche Mühen aufgebracht, um sich an gesetzliche Vorgaben zu halten. 

Auf Bundes- und Landesebene ist aus unserer Sicht hingegen festzustellen, dass die Prinzipien des Wettbewerbs, der Transparenz und der Nichtdiskriminierung im öffentlichen Auftragswesen immer öfter keine Rolle mehr spielen. Dabei sind selbst in der Pandemie bei Dringlichkeit Ausschreibungen mit verkürzten Fristen möglich und erforderlich, jedenfalls aber der Wettbewerb mit mehreren Unternehmen. 

Im Gegenteil aber wird das Vergaberecht von der Verwaltungsspitze in Bund und Ländern immer offener als unsinnige Belastung deklariert, zu der möglichst viele Ausnahmen normativ oder faktisch geschaffen werden. Dies war schon vor der Corona-Krise zu bemerken, hat nun aber nochmals deutlich zugenommen. Wir halten diese Entwicklung für fatal. 

Ob sich Behörden und Politik an ihre eigenen Regeln halten, wird von der Bevölkerung durchaus aufmerksam verfolgt. Und wenn deren Vertrauen in die staatlichen Organe sinkt, dann hängt dies auch ganz entscheidend damit zusammen, wie die Repräsentanten dieser Organe mit der ihnen gegebenen Nachfragemacht umgehen. 

Wir möchten Sie daher auffordern, dieser sowohl für die öffentlichen Haushalte und die Empfänger der Leistungen als auch für unsere Demokratie schädlichen Entwicklung entschieden entgegenzutreten.