Der Umzug des Blumengroßmarkts gab 2008 ein insgesamt 60.000 Quadratmeter großes Areal in der Südlichen Friedrichstadt Berlins zur Neugestaltung im Rahmen eines Konzeptverfahrens (siehe Infokasten) frei. Das Zentrum bildet die ehemalige Blumengroßmarkthalle - von Daniel Libeskind zur Jüdischen Akademie umgebaut -, eingebunden in öffentliche Plätze und Grünräume. In einem partizipativen Stadtentwicklungsprozess wurde die Brachfläche zu einem Kreativquartier mit gemischten Nutzungsstrukturen für Bildung, Kunst, Kreativwirtschaft sowie neue Wohn- und Arbeitsformen umgewandelt. Nun wurde das vielschichtige Transformationsprojekt, welches das gemeinsame Leben und Arbeiten in den Fokus stellt, mit dem Deutschen Städtebaupreis 2020 ausgezeichnet.

Blick auf das Metropolenhaus am Jüdischen Museum // bfstudio-architekten

Blick auf das Metropolenhaus am Jüdischen Museum // bfstudio-architekten

Freiräume an der Akademie Jüdisches Museum und Besselpark / Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz // bbzl

Freiräume an der Akademie Jüdisches Museum und Besselpark / Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz // bbzl

Auch competitionline ist Bestandteil dieses Prozesses. Entsprechend groß ist die Freude bei Geschäftsführerin Angelika Fittkau-Blank über die Auszeichnung. “Üblicherweise reißen sich große Projektentwickler oder Player wie Banken, Versicherungen oder Techkonzerne solche Filetgrundstücke unter den Nagel”, sagt die competitionline-Gründerin. Das nun ausgezeichnete Stadtentwicklungsprojekt habe gezeigt, dass es auch anders geht. Denn auch kleine oder mittlere Unternehmen der Kreativbranche seien im Kampf um die besten Köpfe auf einen attraktiven Standort angewiesen. 

Angelika Fittkau-Blank, Gründerin von competitionline, hat den attraktiven Standort bewusst für den Verlag gewählt.

Angelika Fittkau-Blank, Gründerin von competitionline, hat den attraktiven Standort bewusst für den Verlag gewählt.

Engagieren sich für das Miteinander im neuen Kiez: Architektin und Projektkoordinatorin der Bauhütte Südliche Friedrichstadt, Kathy Schroth, und Architekt Assaf Kopper.

Engagieren sich für das Miteinander im neuen Kiez: Architektin und Projektkoordinatorin der Bauhütte Südliche Friedrichstadt, Kathy Schroth, und Architekt Assaf Kopper.

“Unsere Mitarbeiter*innen wollen inhaltlich sinnvolle Arbeit in einem tollen Umfeld leisten”, begründet Fittkau-Blank im Interview ihre Entscheidung, sich mit ihrem Verlag in einem der prämierten Baugruppen-Projekte, das Frizz23, zu engagieren. Das Atelierhaus von Deadline Architekten vereint unter seinem Dach Bildung, kreatives Gewerbe und temporäres Wohnen. “Um langfristig hier an der Schnittstelle vom kreativen, rebellischen Kreuzberg zum Regierungsviertel bleiben zu können, haben wir uns für diese Baugruppe entschieden.” Das neue Domizil von competitionline schaffte es auf die Vorauswahlliste des DAM Preises für Architektur in Deutschland 2020.

Das Frizz23 bietet 5648 Quadratmeter Nutzfläche für das Kleingewerbe der Kreativwirtschaft und liegt direkt neben dem neuen taz Verlagsgebäude.

Das Frizz23 bietet 5648 Quadratmeter Nutzfläche für das Kleingewerbe der Kreativwirtschaft und liegt direkt neben dem neuen taz Verlagsgebäude.

Eine hornartig verschlungene Wendeltreppe prägt das Fassadenbild des Frizz23 zur Blumenmarktseite.

Eine hornartig verschlungene Wendeltreppe prägt das Fassadenbild des Frizz23 zur Blumenmarktseite.

In direkter Nachbarschaft zum Frizz23 vermittelt der Neubau des Verlagsgebäudes für die Berliner taz von E2A zwischen dem traditionellen Berliner Block und den Solitärbauten aus der Zeit der IBA von 1984. Das vom russischen Konstruktivismus geprägte Gebäude mit Werkstattcharakter zählte zu den Finalisten des DAM Preises für Architektur in Deutschland 2020. Das Metropolenhaus von bfstudio-architekten am Jüdischen Museum überzeugte gleich in mehreren Wettbewerben: In der Kategorie Wohnen des FIABCI Prix d’Excellence Germany 2019 wurde es Preisträger Gold, beim Deutschen Bauherrenpreis 2020 erhielt es den Preis der Kategorie “Urbane Quartiersentwicklung” und zuletzt gewann es den Award Deutscher Wohnungsbau 2020

Ein neues Haus für die taz // E2A

Ein neues Haus für die taz // E2A

DAM-Finalist 2020: Das neue Redaktions- und Verlagsgebäude der taz von E2A

DAM-Finalist 2020: Das neue Redaktions- und Verlagsgebäude der taz von E2A

Metropolenhaus am Jüdischen Museum // bfstudio-architekten

Metropolenhaus am Jüdischen Museum // bfstudio-architekten

Metropolenhaus am Jüdischen Museum // bfstudio-architekten

Metropolenhaus am Jüdischen Museum // bfstudio-architekten

Angesichts des Erfolgs der einzelnen Bausteine ist es nur folgerichtig, dass die nachhaltige Quartiersentwicklung in ihrer Gesamtheit auch von der Jury des Deutschen Städtebaupreises 2020 ausgezeichnet wurde. “Das Projekt ist ein wichtiger Impulsgeber für eine positive soziale und wirtschaftliche Entwicklung des innerstädtischen Bereichs, der sich zu Mauerzeiten in städtischer Randlage befand und als Problemquartier galt”, urteilt das Preisgericht. Das “hochkomplexe und intelligente Projekt” stehe als treibende Kraft für eine kooperative, ko-kreative Weiterentwicklung der Stadt und fördere dank seiner Qualitäten und Angebote das soziale Miteinander innerhalb des Quartiers.  

Metropolenhaus am Jüdischen Museum // bfstudio-architekten

Metropolenhaus am Jüdischen Museum // bfstudio-architekten

“Urbane Vielfalt, gemeinschaftliche Teilhabe, aktive Erdgeschossbereiche und eine höchst vielfältige Mischung aus Trägern, Nutzerinnen und Nutzern stehen für eine lebendige, sozial, kulturell und gemeinnützig orientierte Quartiersentwicklung. Das Projekt setzt damit Orientierung und Maßstäbe für die sozial orientierte, von vielfältigen Akteuren getragene Stadtentwicklung und ist im Sinne des Deutschen Städtebaupreises besonders beispielgebend”, lobt die Jury das Projekt.

Konzeptverfahren

Der Begriff Konzeptverfahren beschreibt eine Vorgehensweise, mit der eine hohe Qualität von Stadtentwicklungsprozessen sichergestellt werden soll. Grundstücke werden dabei nicht meistbietend, sondern an herausragende Projekte vergeben, die nach ihrem positiven Einfluss auf die Qualität des zu entwickelnden Stadtteils beurteilt werden. 

 

2011 schrieb die Berliner Großmarkt GmbH in Kooperation mit dem Liegenschaftsfonds Berlin das Bieterverfahren „Checkpoint Art“ für die fünf Baufelder rund um die Blumengroßmarkthalle aus. Das Preiskriterium sollte in dem Vergabeverfahren untergeordnet werden, zentrale Elemente waren die Kombination von kulturellen Nutzungen mit bezahlbarem Wohnraum, die Entscheidung durch ein Gremium aus Politik und Kreativwirtschaft und die Beteiligung der lokalen Bevölkerung. Die Finanzierung musste bereits im Verfahren nachgewiesen werden und die Käufer*innen verpflichteten sich zur Ausschreibung architektonischer Wettbewerbe.

Das Metropolenhaus am Jüdischen Museum von bfstudio-architekten vernetzt dank seiner aktiv nutzbaren Erdgeschosszone die Nachbarschaft.

Das Metropolenhaus am Jüdischen Museum von bfstudio-architekten vernetzt dank seiner aktiv nutzbaren Erdgeschosszone die Nachbarschaft.

Hintergründe zur Quartiersentwicklung 

2011 formulierte das Projektbüro Kreativquartier unter der Leitung von Florian Schmidt, der heute Baustadtrat von Berlin-Kreuzberg ist, im „Standortentwicklungskonzept Kunst- und Kreativquartier“ Leitziele und Vergabekriterien für das Quartier, die anschließend zu verbindlichen Sanierungszielen erklärt wurden. Zwei Baufelder vergab der Liegenschaftsfonds direkt an den taz-Verlag, das Medienanalyse-Unternehmen Landau Media sowie die Berliner Ärztekammer.

Vergabe der fünf Baufelder von insgesamt 60.000 Quadratmetern

Vergabe der fünf Baufelder von insgesamt 60.000 Quadratmetern

Drei große, zentrale Baufelder wurden mittels des ersten konzeptbasierten Liegenschaftsvergabeverfahrens der Senatsverwaltung Berlin unter besonderer Berücksichtigung des geplanten Nutzungskonzepts an drei Baugruppen und Planungsteams vergeben. Die drei Gruppen, zusammengeschlossen als Projektgruppe ex-Blumengroßmarkt (PxB), betreiben das Standortmanagement und nutzen das Areal heterogen mit unterschiedlichen Anteilen von Bildung, Kunst und Kreativwirtschaft, Handel, Wohnen und Gastronomie.

IBeB - Integratives Bauprojekt am ehemaligen Blumengroßmarkt // Heide & von Beckerath /ifau - Institut für angewandte Urbanistik

IBeB - Integratives Bauprojekt am ehemaligen Blumengroßmarkt // Heide & von Beckerath /ifau - Institut für angewandte Urbanistik

Im Transformationsprozess verfolgten die Akteure das gemeinsame Ziel, einen städtebaulichen und sozialen Mehrwert für die Südliche Friedrichstadt zu schaffen. Als prägend für das neue Quartier sieht das Preisgericht neben dem taz-Neubau insbesondere das von ifau Architekten und Heide & von Beckerath geplante Integrative Bauprojekt IBeB der Selbstbaugenossenschaft Berlin eG und weiterer privater Bauherren und sozialer Träger, sowie das Baugruppen-Projekt Frizz23 mit seinem breit gefächerten Nutzungsmix für Kreativgewerbe an. Das Metropolenhaus von bfstudio-architekten diene dank seiner sozio-kulturellen Nutzung im Erdgeschoss als Verknüpfungspunkt für die Nachbarschaft, so die Jury. Die Entwicklung des städtebaulichen Konzepts, die Begleitung des B-Plans sowie die Freiraumgestaltung erfolgte durch bbzl - böhn benfer zahiri landschaften städtebau. Den Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz und den Besselpark gestaltete das Büro Rehwaldt Landschaftsarchitekten.

Freiräume an der Akademie Jüdisches Museum und Besselpark / Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz // bbzl

Freiräume an der Akademie Jüdisches Museum und Besselpark / Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz // bbzl

Freiräume an der Akademie Jüdisches Museum und Besselpark / Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz // bbzl

Freiräume an der Akademie Jüdisches Museum und Besselpark / Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz // bbzl