Die Bayern haben es getan, die Sachsen, Berliner und Brandenburger auch. Und sicherlich werden in den kommenden Tagen weitere Bundesländer folgen und ihre Ausgangsbeschränkungen bis zum Ende der Osterferien verlängern. Und dann?

Wie lange wird es noch dauern?

Niemand kann diese Frage beantworten – außer die Bundesregierung und die Landesregierungen. Die jetzige Ausnahmesituation ist nicht vorgegeben, sie beruht auf werte- und stimmungsbasierten politischen Entscheidungen. Wie unterschiedlich diese ausfallen können, zeigt der Blick rund um den Globus. Die einen setzen auf rigorose Einschnitte in die Bürgerrechte, die anderen auf das wirtschaftliche Wohl aller, viele versuchen es mit einem Mittelweg.  

Nichts geht mehr in der Berliner Friedrichstraße. Seit Verhängung der Ausgangsbeschränkungen ruht das bunte Treiben in der Hauptstadt.

Nichts geht mehr in der Berliner Friedrichstraße. Seit Verhängung der Ausgangsbeschränkungen ruht das bunte Treiben in der Hauptstadt.

In Deutschland dominieren die Virologen die Entscheidungsfindung der Verantwortlichen in Bund und Ländern. Sie betrachten die Situation freilich aus einem wissenschaftlichen Blickwinkel, der Kontaktverbote und Schulschließungen stets ins Verhältnis zur Infektionsrate und anderen epidemiologischen Kennwerten setzt. Da klingt es fast schon wie eine Drohung, wenn sich Christian Drosten von der Charité Berlin in seinem NDR-Podcast zur Corona-Pandemie vor allem darüber besorgt zeigt, wie die Situation im Herbst aussehen wird.

Entscheider in der Planungs- und Baubranche benötigen handfestere Anhaltspunkte, um ihre Unternehmen gut durch diese Ausnahmesituation führen zu können. Und im Gegensatz zu Virologen hantieren Ökonomen – so scheint es zumindest – mit kalkulierbareren Größen. Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW)  hat kürzlich zwei mögliche Szenarien entworfen, um die Auswirkungen des Lockdowns auf das Bruttoinlandsprodukt abschätzen zu können: Im glimpflichen Fall gilt der aktuelle Lockdown bis Ende April. Danach dauere es jedoch noch einige Wochen, bis sich die Industrie wieder eingependelt habe, gestörte Lieferketten wiederaufgebaut seien und europäische Nachbarländer ebenfalls den Weg zurück in die Normalität fänden. Im zweiten Szenario währt der Lockdown bis Ende Juni. In diesem Fall könnte die Krise, laut IW-Chef Michael Hüther, bis zum Jahresende andauern. Die Folgen wären weitaus gravierender.

Auch vor der Frankfurter Oper ist Ende der Vorstellung. Die Diskussion, wie lange der Lockdown noch dauern soll, ist aber bereits in vollem Gange.

Auch vor der Frankfurter Oper ist Ende der Vorstellung. Die Diskussion, wie lange der Lockdown noch dauern soll, ist aber bereits in vollem Gange.

Schulden sind endlich

Um die finanziellen Schwierigkeiten der Unternehmen abzumildern, die durch den aktuellen vierwöchigen Lockdown entstehen, hat der Bundestag die Schuldenbremse aufgehoben und sich 156 Milliarden Euro am Kapitalmarkt besorgt. Folgt man dem Szenario eines Lockdowns bis Ende Juni, fielen zwei weitere Monate an, die sehr viele Unternehmen und Selbstständige ohne staatliche Unterstützung nicht überstehen würden. Die Bundesregierung müsste weitere Schulden aufnehmen.

Aber selbst ein Land wie Deutschland mit prall gefüllten Kassen und gesunder Wirtschaft kann sich nicht endlos zu vertretbaren Konditionen am Markt rekapitalisieren. Viele EU-Partner wie Italien und Spanien, auf die unsere Wirtschaft angewiesen ist, schon gar nicht. „Deutschland kann sich vielleicht noch zweimal eine vergleichbare Summe zu günstigen Konditionen am Kapitalmarkt besorgen“, sagt ein Ökonom gegenüber competitionline, der namentlich nicht genannt werden möchte. „Aber irgendwann steigen auch für uns die Zinsen."

Gähnende Leere vor dem Münchener Rathaus. Selbst wenn der Lockdown nach Ostern schrittweise gelockert werden sollte, ist es derzeit kaum vorstellbar, dass hier dieses Jahr eine Bundesliga-Meisterfeier stattfinden könnte.

Gähnende Leere vor dem Münchener Rathaus. Selbst wenn der Lockdown nach Ostern schrittweise gelockert werden sollte, ist es derzeit kaum vorstellbar, dass hier dieses Jahr eine Bundesliga-Meisterfeier stattfinden könnte.

So weit wird es nach Meinung des Volkswirtschaftlers aber nicht kommen. Zunehmend verlagere sich die ohnehin künstlich renationalisierte Debatte wieder auf die europäische Ebene. „Wir bilden einen gemeinsamen Wirtschaftsraum, wir brauchen eine gemeinsame Antwort.“ Wie in der Finanzkrise 2008 wird die Diskussion um finanzielle Hilfestellungen via Eurobonds voraussichtlich also wieder aufflammen. Nur fehlen Deutschland diesmal die Argumente – Stichwort Haushaltsdisziplin –, die gegen eine Bürgschaft für die Schulden unserer Partner sprechen.

In Deutschland ist die Diskussion über die Dauer des Lockdowns bereits im vollen Gange. Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und Kanzleranwärter Armin Laschet forderte am Wochenende in der Welt am Sonntag eine offene Debatte darüber, wie es nach Ostern weitergehen solle. Damit setzte er sich nicht nur von Bundeskanzlerin Merkel ab, sondern auch von seinem potenziellen Konkurrenten in Sachen Kanzlerschaft, Markus Söder.

Was sagt der anonyme Ökonom dazu? „Ich bin überzeugt davon, dass wir nach Ostern schrittweise zur Normalität übergehen werden.“ Aus ökonomischer Sicht sei das Virus harmlos: ein Toter auf 1000 Menschen sei kein ökonomischer Faktor. Das aber sei eine rein wissenschaftliche, keine moralische Betrachtung. „Am Ende werden neben den Virologen auch die Ökonomen ein gewichtiges Wort bei den Beratungen mit der Regierung darüber haben, wie lange der Ausnahmezustand anhält.“ 

Was sich sonst noch tut

  • Das Beratungsunternehmen für die Immobilienbranche, bulwiengesa, erwartet „straffere Architekturwettbewerbe“ in den großen deutschen Städten. Die von der Corona-Krise ausgelöste Rezession werde die großen deutschen Metropolen dazu zwingen, den Projektentwicklern entgegenzukommen, wenn sie Investoren für attraktive und zentrale Grundstücke suchen, glaubt Andreas Schulten von bulwiengesa. „Wir erwarten, dass viele Städte, die Planungsprozesse generell wieder straffer und kürzer gestalten werden, um überhaupt wieder Investitionen anzustoßen“, sagt Schulten gegenüber competitionline. „So werden etwa Partizipationsverfahren kleiner ausfallen und auch beschränkte Wettbewerbe gegenüber sehr ausladenden Wettbewerben bevorzugt werden und die deutsche Planungskultur der nächsten Jahre prägen.“

  • Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie kritisiert bundeslandspezifische Vorgaben zum Schutz vor dem Coronavirus auf Baustellen. Solche landeseigenen Regeln brächten Bauherren und Firmen zusätzliche Schwierigkeiten. Als Alternative sollten die Behörden auf die bundesweit einheitlichen Regeln der Berufsgenossenschaft (BG) Bau zurückgreifen. Derzeit basteln Sachsen, Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen an eigenen Regeln oder besitzen sie schon.
  • Die Expo Dubai 2020, die zuvor bereits auf Oktober verschoben worden war, soll nun voraussichtlich erst im Jahr 2021 stattfinden. Die endgültige Entscheidung des internationalen Expo-Büros in Paris steht noch aus. Auch die London Design Fair, ursprünglich für September 2020 angesetzt, wird ins nächste Jahr verschoben. Der genaue Termin wird noch bekannt gegeben.

  • Um Unternehmen in der gegenwärtigen Krise zu unterstützen, bietet Projekt Pro seine Cloud-Anwendung zum Projektmanagement für Planungsbüros ab sofort kostenfrei an. Weitere Informationen finden Sie hier.

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