Aufgabe |
Bauen im ländlichen Raum –
Neue Ideen für regionalen und zukunftsfähigen Wohnungsbau bei Ausnutzung von Brachflächen
„Das Dorf und der ländliche Raum haben Zukunft. Sie müssen dafür möglichst viel von ihrer ortstypischen Struktur, Nutzung und Bebauung bewahren, damit eine Belebung der Ortskerne gelingt. Dort wird der Charakter des Ortes deutlich, der die meisten Dörfer und Kleinstädte noch heute unverwechselbar und für ihre Bürgerinnen und Bürger identifizierbar macht. Hier wurzelt die Identität, die die hessischen Dörfer und Kleinstädte überlebensfähig werden lässt. Dies kann vor allem durch Erhaltung, Sanierung und Ergänzung von ortstypischer Bausubstanz erreicht werden. Wo es geboten erscheint, kann in den Ortskernen aber auch neue Bebauung geschaffen werden sowie an den Nutzerinnen und Nutzer orientierte private und öffentliche Freiflächen.
Angesichts der modernen und veränderten Lebens- und Arbeitsgewohnheiten, des Anspruchs an eine energetisch angemessene Dämmung von Gebäuden und Bauteilen und nicht zuletzt vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, ist eine qualifizierte Beratung und Unterstützung der Bauwilligen notwendiger denn je.“ (Präambel des hessischen Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz).
In der näher zurückliegenden Vergangenheit sind bereits viele Themen und auch Herausforderungen, sowie über die eigenen Landesgrenzen hinaus, Krisenherde entstanden – die sowohl wirtschaftlich, gesundheits- und auch geopolitisch Veränderungen mit sich bringen. Die Weltwirtschaft steht in Anbetracht andauernder Konflikte im Roten Meer immer mehr vor logistischen Herausforderungen und die damit verbundenen logistischen Abhängigkeiten der Globalisierung erschweren die Verfügbarkeit von Materialien im Bausektor. Doch auch im ländlichen Raum sind die Folgen der Krisen zu spüren und wirken sich mitunter auf Tourismus und auf das soziale Umfeld unmittelbar aus. Die Corona-Pandemie und die damit zusammenhängenden Maßnahmen, wie etwa der Lockdown, haben für mehr Entfremdung im sozialen Umfeld, sowohl in Städten als auch in Gemeinden, geführt.
Gibt es aufgrund dieser Entwicklungen dennoch Möglichkeiten einer nachhaltigen Architektur? Sollten wir uns nicht zur Aufgabe machen, uns auf die regionalen und handwerklichen Errungenschaften unserer Vergangenheit zurückzubesinnen und können wir den aktuellen Krisen mit guter Architektur und kreativen Konzepten entgegenwirken?
Die Gemeinde Bad Salzschlirf gehört mit zu den kleinsten, jedoch im Vergleich zu den bevölkerungsdichtesten, selbstverwalteten Gemeinden im Landkreis Fulda. Seit Ihrer Gründung, die auf das Jahr 885 zurückgeht, verfügt Sie seit 1838 über fünf Heilquellen, die seit über 175 Jahren den Tourismus von Kurgästen ermöglichen und Gesundheits-bauten, wie z.B. Kliniken und Heilstätten hervorgebracht haben.
Die hohe Lebensqualität zeichnet sich vor allem durch den identitätsstiftenden Kurpark im Ortskern aus, der durch die Gemeinde und auch ansässigen Gärtnereien fortlaufend betrieben und weiterentwickelt wird. In jüngster Vergangenheit hat die Gemeinde Bad Salzschlirf, gemeinsam mit Stellvertretern aus den Bereichen Politik, Gesundheitswesen und nicht zuletzt unter Bürgerbeteiligung, eine Strategie zur Aufwertung und Re-Aktivierung des Kurparks und der angrenzenden Bauten im Ortskern verabschiedet, die in den kommenden Jahren umgesetzt werden sollen.
Die hohe Lebensqualität zeichnet sich auch jenseits von Pandemien und Konflikten nachweislich über den Zuwachs jüngerer Familien und allgemein einer Zuwanderung aus, die das Angebot an Wohnraum bei Weitem übersteigt. Daher ist die Gemeinde auch weiterhin bestrebt, neue Konzepte und Ideen zu entwickeln, um mehr Wohnraum nachhaltig, modern und attraktiv auf Brachflächen zu generieren.
Im Rahmen des Ideenwettbewerbs ist Improvisation ausdrücklich erwünscht. Neue und kreative Konzepte geben einen positiven Anreiz, um eine zukünftige und nachhaltige Quartiersentwicklung weiter voranzutreiben.
Eine verantwortungsvolle architektonische Gestaltung ist gefordert, bei der die Bewahrung und Modernisierung regionaler Strukturen besonders bedeutsam ist.
Gefordert ist die ortsbezogene Aufwertung und Weiterentwicklung eines stillgelegten Bahndamms, der zwischen Bahnhof und Kurpark ein Bindeglied zwischen dem gebauten Umfeld und dem öffentlichen, natürlichen Freiflächen- und Wiesen bildet. Mit seiner prägnanten Lage und dem stark ansteigendem Geländeverlauf bieten sich hier vielfältige Chancen, ein kleines Wohnquartier von bis zu 15 Wohneinheiten (evtl. modulares System) unter den Aspekten der Nachhaltigkeit, der Regionalität, der Kultur, des Handwerks und der Naturverbundenheit zu entwerfen.
Der Wettbewerb soll den Teilnehmenden Gelegenheit geben, eine realitätsbezogene, überschaubare Entwurfsaufgabe zu lösen, die bauliche, soziale, ökologische und kosteneffiziente Erfordernisse berücksichtigt. Wesentliche Kriterien der Jurierung sind Qualität, Innovation und Prägnanz bzw. Relevanz der eingereichten Arbeiten bezüglich
- Regionales Bauen unter Einsatz nachhaltiger Baumaterialien und -konstruktionen
- Der Umgang mit dem „Genius Loci“ der ehemaligen Bahnanlage
- Verantwortungsvoller Umgang mit bestehender Substanz / gebautes Umfeld (stillgelegten Bahngleisen / Brückenbauten)
- Darstellung der Konzeptidee (Gestaltung, Visualisierung, Vermittlung und Dialektik)
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