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Offener Wettbewerb | 12/2007

Gedenkstätte Berliner Mauer in der Bernauer Straße

2. Rundgang

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Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext



Konzept
Seit dem Mauerbau war der Grenzstreifen an der Bernauer Straße für 28 Jahre den zivilisatorischen Lebenszyklen entrissen. Der Mauerstreifen sollte in seiner rigiden Ordnung festgeschrieben werden. Mit immensem Aufwand wurde versucht Kontrolle über alle Prozesse zu gewinnen, die gesamte Infrastruktur der Grenzanlage richtete sich gegen das Leben und den Wandel.
In den folgenden 18 Jahren seit der Maueröffnung lag das Gebiet brach, scheinbar ein notwendiger Zeitraum vor der folgenden Nutzung.
Das Konzept sieht vor, anhand der Interaktion von kultivierenden Handeln und natürlicher Dynamik neue zivilisatorische Prozesse zu kuratieren. Der Grenzstreifen ist der Ort an dem auch in Zukunft das Überwinden von Grenzen erlebt und gelernt werden kann.

Das Roggenfeld
Der ehemalige Todesstreifen wird wieder In-Kultur genommen, Rituale des Ruhens, Arbeitens, Gedenkens, Feierns sind die Basis für die weiteren Handlungen.
Das Roggenfeld dehnt sich über die gesamte Länge des Mauerstreifens zwischen Vorderlandmauer und Postenweg aus. Es schafft einen neuen Zusammenhang und hält gleichzeitig da Gebiet offen. Der natürliche jahreszeitliche Zyklus ist Ausgangspunkt, nach denen sich der Mensch in seinen Kalendern schon immer gerichtet hat. Das Wissen um die Zeit und den fortwährenden Wandel kehrt mit einem Roggenfeld an diesen Ort zurück. Er wird gesät, wächst und wird geerntet. Innerhalb eines kurzen Zeitraums nach der Ernte Anfang August bis hin zur Aussaat Mitte September scheint das Land wieder so, wie zu Zeiten des Grenzregimes: abgemäht und scheinbar ohne Bewuchs.
Bereits im September wird wieder ausgesät, der neue Zyklus beginnt, noch vor der Winterruhe mit frischen Grün.

Die Archäologie und die authentische Funde
An den Einmündung der Garten- und Brunnenstrasse fungieren die freigelegten Keller als Negativ-Portal zum Postenweg. Authentische Funde werden zwischen Postenweg und Hinterlandmauer vermutet, hier können in einer vegetationslosen Sauberkeitsschicht auch feine Spuren lesbar werden. Aus diesem Anlass wird die Ruderalvegetation innerhalb des Grenzstreifens entfernt. Zwischen Bergstraße und Gartenstraße werden die Fundamentköpfe der Kellermauern freigelegt und in einer um 10-30 cm abgesenkte Rasenfläche offengehalten. Der Kirchenvorplatz wird als „Schwelle“ offengelegt.
Eine wandernde Ausgrabung wird jährlich an jeweils wieder neu festzulegenden Orten ansetzen. Diese Orte sind vom Roggenfeld für diese Zeit auszunehmen. Nach der Grabung erfolgt die Dokumentation des Vorhandenen und die Verschließung der Grabung, bedeutende Funde können konserviert werden.

Die Rekonstruktion als Sehhilfe
Die Wahrnehmungshilfen schaffen an spezifischen Situationen räumliche Illusionen des Grenzstreifens. In Analogie zur Ästhetik der Arbeiten von Thomas Demand sollen sie durch Verfremdung im Material einen kulissenartigen Eindruck vermitteln. In der Abstraktion, kann eine Reflexion der Geschichte erreicht werden. Die in 1:1 nach gebauten Segmente der Vorderlands- und Hinterlandsmauer bestehen aus witterungsbeständiger Lärchenholzlattung. Durch die originale Dimension können räumliche Dimensionen erfahrbar werden, durch das Material werden sie gleichzeitig abstrahiert. Die Elemente werden beispielsweise zu Sperrung der Ackerstraße eingesetzt.
Sie werden positioniert, wo ortsfremde Besucher den Mauerverlauf nicht mehr nachvollziehen können, z.B. bei Richtungswechseln der Mauer oder aufeinander treffenden Mauertypen. Die Position der Segmente ist reversibel und kann an die Anforderungen der Gedenklandschaft angepasst werden. Die Rekonstruktion beschränkt sich auf den Zustand von 1989. Anhand dieser Referenz lassen sich offensichtlich anders verlaufende Spuren früherer Zustände im Gebiet unterscheiden.