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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2012

Emshafen

ein 3. Preis

Preisgeld: 5.000 EUR

Agence Ter

Landschaftsarchitektur

MARS Metropolitan Architecture Research Studio

Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Mitarbeiter:

Kirsten Schomakers
Joachim Ehmann
Johanna Schmotzle
Björn Dittrich
Victor Czulak



FENSTER ZUM WASSER
Urbanes Quartier Emshafen Meppen


Einführung und ortsspezifische Qualitäten

Die Erschließung des ehemaligen Industriehafenareals Emshafen als zukünftiges innerstätisches Entwicklungsgebiet Meppens stellt einen ausschlaggebenden Baustein in den längerfristigen Bestrebungen der Stadt zum städtebaulichen Entwicklungskonzept „Rechts der Ems“ dar.

Das Gebiet, im Norden und Osten von der B70 und dem Bahndamm begrenzt und im Westen von der Ems tangiert, stellt, von oben betrachtet, eine Engstelle im System dieser unterschiedlichen infrastrukturellen Stränge dar. Somit sind die teilweise vorhandene Belastung durch Lärm, aber auch die gute Anbindung an Schiene (Nähe zum Bahnhof) und Straße ausschlaggebende Faktoren für die zukünftige Entwicklung des Gebietes. Sie definieren die Positionierung prominenter Stadtbausteine an strategischen Stellen sowie die Reaktion auf die Eigenschaften des Bahndamms im hinteren Bereich des Gebietes. Die räumliche Verengung zwischen den Infrastrukturen, die nahe Abfahrt der Bundesstraße, der Blickbezug bei der Annäherung mit dem Zug und die Funktion als Nachtanleger machen das Gebiet zum Ortseingang der unterschiedlichsten Annäherungsweisen über Land und Wasser, welches einer urbanen Ausformulierung mit subtilen Akzenten bedarf.

Die als Ortseinfahrt relevante Schützenstraße durchquert das Gebiet und teilt es so in drei charakteristische Abschnitte. Zum einen den Hafenbereich, welcher mit seiner geraden Kante und seiner großzügigen Offenheit zum Flussraum ein „Fenster zum Wasser“ darstellt und somit als einzigartiger und hochwertiger Raum für die Entwicklung einer zukünftigen öffentlichen Fläche beschrieben werden kann. Seine ehemalige Funktion als Industriehafen und die aktuelle Funktion des Hafens als Verladeort und Nachtanlegestelle verleihen dem Platz einen speziellen Charakter und bereichern die Gestaltung der Fläche als identitätsstiftende Funktionen. Sie werden bei der Freiraumgestaltung als formgebende Faktoren betrachtet.

Der Blickbezug und die Nähe zur Altstadt so wie zur neuen Innenstadterweiterung verdeutlichen die Zentralität des Ortes und somit den enormen Zugewinn, welchen die Entwicklung des Hafenareals als „Urbanes Fenster zum Emsraum“ für die Stadt darstellen würde. Zum anderen bilden die nördlich und östlich des Hafenplatzes gelegenen Gebiete baulich entwickelbare Bereiche, welche sich eine gemeinsame Straßenflucht teilen, sich zu ihren Rückseiten jedoch gänzlich unterschiedlich verhalten.
Die hier entwickelten Strukturen können auf diese Doppelseitigkeit eingehen. Sie definieren eine urbane Kante entlang der Flucht der Schützenstraße und dienen so dem Bild des Ortseinganges sowie der Einfassung des Platzes als „urbanes Fenster zum Wasser“ gleichermaßen und können rückseitig auf die Nähe zum Bahndamm bzw. zum Flussraum reagieren.

Somit werden Faktoren wie Fluss- und Landschaftsbezug, Blickachsen und Innenstadtnähe, aber auch Schienen- und Straßenlärm sowie die spezifische Geschichte des Ortes und seine nach wie vor andauernden Funktionen für Schifffahrt und Transport zu den ausschlaggebenden Faktoren bei der Formulierung eines konzeptionellen Ansatzes zur Entwicklung des Gebietes. Der von uns präsentierte Beitrag schafft es, die bereits angesprochenen Qualitäten sowie die bestehenden Restriktionen des Ortes in Einklang zu bringen und eine ganzheitliche, funktionale und dennoch vielseitige Lösung für die Zukunft des Entwicklungsgebietes Emshafen zu ermöglichen.


Bebauungsstruktur und Nutzungen

Die Bebauungsstruktur des Hafenplatzquartiers folgt einem flexiblen und funktionalen System, welches in der Lage ist, auf die sehr unterschiedlichen Faktoren, die auf das Gebiet einwirken, zu reagieren, ohne jedoch in seiner charakteristischen Gesamtform zu zerfallen. Die nach hinten auslaufende kammartige Organisation des Quartiers erlaubt es, mit einer geradlinigen urbanen Kante auf die Bedürfnisse von Straßenraum und Platzfassade einzugehen und gleichzeitig im Rückbereich eine aufgelockerte und wesentlich intimere Atmosphäre zu kreieren. So kommen städtisches Ambiente am Wasser und die beruhigte Intimität einer grünen Wohnsiedlung in einer sich ergänzenden Gesamtform zusammen.

Während die an der Ausfahrt zur Bundesstraße positionierten Grundstücke meist massigeren Bauten gewerblicher Nutzung zugesprochen werden, welche die strategisch gut angebundene und visuell hervorgehobene Lage bevorzugen, stehen die Innenbereiche des Quartiers ausschließlich der Wohnnutzung zur Verfügung. Verkehrsberuhigung und nachbarschaftliches Ambiente gewährleisten ein attraktives und sicheres Umfeld für alle Anwohner. Die Fronten zur Straße und zum Platz schotten die Innenbereiche nach außen ab und schaffen die hier gewünschte Intimität.

Während die lockere Struktur des nördlichen Entwicklungsgebietes mit seinen großzügigen Punkthäusern den Landschaftsraum der Ems als visuelle und physische Erweiterung der privaten Freiräume nutzt, erlaubt es die aufgelöste Struktur des östlichen Entwicklungsgebietes, einen schalltechnisch sinnvollen Abstand zum Bahndamm zu halten und diesen als vegetativen Schallpuffer auszuformulieren, ohne in seiner Gesamtform als inkomplett wahrgenommen zu werden. Das System ermöglicht in diesem Bereich eine große Varianz an Bautypen, was eine gesunde Durchmischung der Bewohnerschaft fördert. Hier kommen Doppelhaushälften, Reihenhaustypologien und Mehrparteienhäuser in einem Quartier zusammen und ermöglichen so Wohnformen von Jungfamilien über Mehrgenerationenwohnen bis hin zu Single- und Altenwohnen. Die Bebauung zur Straße und zum Hafenplatz ermöglicht urbanes Wohnen, ohne die Qualitäten des Quartiers-inneren zu missen. Während sich hier die privaten Gärten an den hinteren Seiten in den Innenbereich orientieren, nimmt die Straßenfassade klaren Bezug zum Hafenplatz und zur Wasserkante auf. Durch das Absenken von Dachterrassen entstehen attraktive Freiflächen mit Blick in den Innenbereich sowie auf den Platz und den Fluss zugleich. Des Weiteren eröffnet das partielle Absenken den Blick für die oberen Geschosse der dahinter liegenden Bebauung über die Flusslandschaft. Die an den Zugängen der Wohnstraßen gelegenen Eckgebäude stellen Sondertypen dar, welche gänzlich oder teilweise gewerblich genutzt werden können. Das prominente Grundstück am Hafenplatz sollte einer besonderen Funktion zugetragen werden. Ein Hotel könnte sich mit ruhiger, innenstadtnaher Flusslage gut vermarkten und gleichzeitig die dem Platz zugewandte Erdgeschosszone mit einer Gastronomie beleben.


Erschließungssystem und öffentliche Freiräume

Die Position der Schützenstraße wird in ihrem Verlauf nicht verändert. Ihr Querschnitt wird lediglich bearbeitet, um eine Anpassung an die zukünftigen Bedürfnisse zu erzielen. Die Fassadenkante der neuen Bebauung wird zurückversetzt, um eine großzügige Eingangs- und Fußgängerzone zu generieren. Vereinzelte Parkbuchten ermöglichen Kurzzeit- und Besucherparken, während Bänke und locker angeordnete Bäume die Zone als visuelle Erweiterung des Hafenplatzes markieren. Der zur Zeit noch oft unterbrochene Radwanderweg auf dieser Seite der Ems wird im Sinne einer zukünftig angestrebten Konnektivität und Kontinuität sehr großzügig vom Ufer hinter den Platz geführt, um schließlich wieder über die zu einem Radweg verschmälerte Uferstraße auf den bestehenden Radweg geleitet zu werden. So wird der Radverkehr mit sicherem Abstand parallel zum Autoverkehr gezielt über den Hafenplatz geleitet, um das städtische Ambiente vom Rad aus erlebbar zu machen und auch auf dieser Ebene einen Stadteingang zu markieren. Hotel und Gastronomie bieten hierfür eine gelungene Ergänzung.

Die Innenbereiche des Quartiers werden von Stichstraßen erschlossen. Diese gliedern die Struktur, ermöglichen die Phasierung von Bauabschnitten und dienen gleichzeitig als öffentliche Räume im Quartier. Ihre Ausformulierung als Spielstraßen mit beruhigtem Verkehr und übergangsloser Oberfläche gewährleisten eine ruhige Atmosphäre und die nötige Sicherheit für spielende Kinder. Das Parken wird entweder auf den privaten Vorzonen zu den Häusern oder aber in gemeinschaftlich genutzten Parkbuchten ermöglicht. Die so erzielte Gliederung der Straßenräume dient der Diversifizierung des Bildes. An der zum Bahndamm hin orientierten Seite des Quartiers entsteht eine schmale Verbindungsstraße, welche die sich dort befindlichen Parkflächen andient und das Abwickeln von Diensten wie Müllabfuhr und ähnlichem ermöglicht.

Ein untergeordnetes Wegesystem durchzieht das Quartier und erschließt die Gebäude, welche sich in der Reihe hinter den Spielstraßen befinden. Dieses ermöglicht das fußläufige Durchqueren des Viertels in Nord-Süd-Richtung, verbindet die parallel laufenden Spielstraßen miteinander und generiert so die Identifikation der Anwohner mit ihrem gesamten Quartier.


Der Hafenplatz

Der Hafenplatz ist infrastruktureller Knotenpunkt und öffentlicher Aufenthaltsplatz zugleich. Seine Funktion als Entladestation für sperrige Frachten und als Anlegestelle in der Nacht ist wichtiger Bestandteil des ortsspezifischen Charakters und muss funktional sowie konzeptionell eingebunden werden, um eine reibungslose Funktionalität und eine gelungene Platzgestaltung gleichermaßen zu garantieren. Die Struktur des Platzes spiegelt die Fugen der Stichstraßen in der Bebauungsstruktur wider. Sie gliedern den Platz, so dass verschieden große Rasenelemente entstehen, welche sich in Form von Sitzstufen von der Schützenstraße und dem Radweg zum Wasser hinunter abtreppen, um den leichten Niveauversprung spielerisch zu gestalten. Locker angeordnete Baumpakete spenden Schatten und gestalten das Ufer, ohne seine Wirkung als Fenster zum Wasser mit zu viel Stringenz zu zerstören. Der wichtige Freihaltebereich sowie die zum Absetzen von Autos benötigte Zone an der Uferkante wird dadurch nicht beeinträchtigt. Diese Gestaltung ermöglicht es dem Besucher, den freien Blick auf das Wasser zu genießen, hält ihn jedoch gleichzeitig auf subtile Weise von der Uferkante fern.

Der Bodenbelag wird in kleinformatigen glatten und quadratischen Betonsteinen gehalten. Auf Grund des kleinen Formates können sie unproblematisch mit großen Lasten befahren werden und sind ebenso in der Lage, punktuellen Lasten, wie sie durch das Aufstellen von Krananlagen entstehen, gut Widerstand zu leisten.
Die ehemalige Funktion des Hafens als Industriehafen lässt sich an subtilen Zitaten aus der Vergangenheit des Ortes ablesen. So werden die parallel zur Hafenkante laufenden alten Schienen in die Planung integriert. Sie werden gereinigt in den neuen Belag verlegt und nehmen auf Rädern verschiebbare Sitzbänke auf. Durch Aneignung der Sitzmöbel können Besucher den Platz nach ihren Bedürfnissen mitgestalten, was die Identifikation mit dem Ort erhöht.

Der Übergang des Hafenplatzes in den Landschaftsraum, der auf der Höhe des Hotels entsteht, wird fließender gestaltet als es bisher der Fall war. Eine Treppe führt hinunter zu einigen Sitzgelegenheiten, welche im Böschungshang der Ems platziert werden und zum ruhigen Verweilen mit Flussblick einladen sollen. Die Sitzstufen im Hang lassen, ähnlich dem Charakter des gesamten Hafenplatzquartiers, intime Plätze an der Schnittstelle von Landschaftsraum und Stadtraum entstehen.
Ausschnitt Gestaltplan

Ausschnitt Gestaltplan

Strukturkonzeptplan

Strukturkonzeptplan

Gestaltplan

Gestaltplan

Bebauungsplan

Bebauungsplan