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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2014

Neubau Rathaus in Oy-Mittelberg

Wettbewerbspläne

Wettbewerbspläne

Anerkennung

Preisgeld: 2.000 EUR

Behnisch Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Im Zuge der dynamischen Entwicklung der Gemeinde Oy-Mittelberg und der Zielsetzung ihr Rathaus nahe an das Ortszentrum, und damit in den Fokus der Öffentlichkeit zu bringen, plant die Gemeinde Oy-Mittelberg den Ersatzneubau ihres Rathauses. Für Bürger und Gäste soll ein zeitgemäßes Gebäude entstehen, welches Touristeninformation, Verwaltung und den Sitzungssaal unter einem Dach vereint. Gleichzeitig soll es sich in das Ortsbild einfügen und das Gebäudeensemble um den St. Anna Platz ortstypisch ergänzen und abrunden.
Offen und bürgernah soll sich das neue Rathaus nach außen und innen hin darstellen.


Städtebau
Das gewählte Grundstück auf dem Gelände des ehemaligen Hotel Löwen zwischen Hauptstraße und Haager Straße liegt wenige Meter westlich des neu gestalteten St. Anna Platzes und bietet mit dem angrenzenden Grünraum im direkten, nördlichen Anschluss ideale Bedingungen für dieses Anliegen.

Der Situierung und Ausformulierung des Baukörpers kommt, durch die zentrale, straßenumschlossene Lage am Hang eine besondere Bedeutung zu. Die Gebäudeskulptur wird daher aus den Rahmenbedingungen seiner Umgebung geformt. Gebäude, Platz und Landschaft verzahnen sich. Dieser Gedanke könnte Leitbild für die Gestaltung des neuen Rathauses sein.

Die zwei- und dreigeschossige Kubatur entwickelt sich als eigenständiger Baukörper in Ost-West Ausrichtung entlang der Haager Straße. Durch seine Verdrehung und die asymmetrische Giebelausprägung wird seine Länge gebrochen. Gleichzeitig werden die besonderen Außenräume akzentuiert - der Zugangsbereich vom Platz zum Rathaus auf der einen und der Freibereich zum Grün hin auf der anderen Seite. Das Rathaus orientiert sich giebelseitig zum St. Anna Platz hin und bildet zusammen mit der Sparkasse, dem Wohnhaus, der Apotheke, der St. Anna Kapelle und dem Gasthof Rößle die platzdominierende Raumkante im Westen.

Der öffentlichen Bedeutung des neuen Rathauses entsprechend werden die klassischen, ortstypischen Proportionen und Gestaltungsmerkmale aufgenommen. Über den Rücksprung im Erdgeschoss wird der Platz in das Gebäude hinein und zum angrenzenden Grünraum hin erweitert. Das dörfliche Leben wird so in das Rathaus getragen, als fließender Kommunikationsraum für zufällige oder geplante Begegnungen.


Gebäude
Das Gebäudekonzept folgt dem städtebaulichen Ansatz. Den ebenerdig zum
St. Anna Platz und zur Hauptstraße hin orientierten Tourismusbereich betritt man über einen separaten Eingang, unabhängig vom Parteiverkehr der Verwaltung. Eine zentrale Anlaufstelle übernimmt die Überwachungsfunktion, sämtliche Teilbereiche können von hier aus beaufsichtigt werden. Im rückwärtigen Bereich zum Garten hin ist das Backoffice angeordnet. Ein Nebenzugang führt zum Rathausfoyer.

Über einen repräsentativen Vorplatz vom St. Anna Platz kommend wird der Besucher, an den Prospektständern und Schaukästen der Touristeninformation vorbei, in das neue Rathaus geführt. Das dreigeschossige Foyer des Rathauses ist das Herz des neuen Gebäudes und ist unabhängig von den Öffnungszeiten des Rathauses als öffentlicher Bereich für alle Mitarbeiter und Besucher des Hauses nutzbar. Gleichzeitig öffnet sich das Foyer zum Garten hin und bietet Platz für Infoterminals mit Internetzugang, Kassenautomat und attraktive Sitzgelegenheiten und Spielzonen.Das Einwohnermeldeamt, dem Foyer direkt zugeordnet, ist erste Anlaufstelle für die Bürger und Gäste der Gemeinde.

Eine großzügige Treppe führt in die oberen Geschosse und in die Tiefgarage. Im ersten Obergeschoss sind die Räume der Verwaltung angeordnet. Die Arbeitsplätze und Besprechungsräume der Verwaltung im ersten Obergeschoss sind effektiv um das Foyer, das auch alle Nebenfunktionen aufnimmt, angeordnet. Konzentrierte, private Arbeitsbereiche stehen den öffentlichen und freien Räumen der Treppen und Wartebereiche gegenüber. Die Verkehrszonen vor den Büros sind als informelle und kommunikative Treffpunkte für Mitarbeiter gestaltet. Alle Arbeitsplätze sind natürlich belichtet, unterstützt durch die im Sonnenschutz integrierten Tageslicht-Umlenklamellen an der Fassade. Die vorgeschlagene Grundrissanordnung ermöglicht ein hohes Maß an Flexibilität, um sich den veränderlichen Organisationsstrukturen anpassen zu können.

Im zweiten Obergeschoss mit direktem Sichtbezug zur St. Anna Kapelle ist der Sitzungssaal angeordnet. Das vorgelagerte Foyer mit seinen Nebenräumen eignet sich für kleinere Empfänge und für Diskussionen während und nach den Gemeinderatssitzungen. Alle funktionalen Bereiche sind so organisiert, dass sie unabhängig voneinander genutzt werden können. Die Tiefgarage mit 34 Stellplätzen wir von der Hauptstraße aus erschlossen. Im Untergeschoss sind auch die notwendigen Lager und Technikräume organisiert. Ein direkter Ausgang aus der Tiefgarage führt zum gegenüber liegenden Cafe.


Materialkonzept
Dem ländlich geprägten Charakter des Ortskerns folgt auch die Bauweise des neuen Rathauses. Die Konstruktion wird weitgehend mit Holz erstellt. Die Aussteifung gegen Horizontallasten erfolgt über den Aufzug und die Kernwände des Treppenhauses. Sandfüllungen in den Decken sorgen für den notwendigen Schallschutz und erhöhen die Speicherfähigkeit der Konstruktion.

Das Fassadenbild generiert sich aus mehreren Quellen. Geschlossene mit Holzschindeln bekleidete Lochfassaden für die Verwaltungsbereiche kontrastieren mit den transparenten Pfosten-Riegelfassaden in den öffentlichen Bereichen zum Grün und zum Vorplatz hin. Damit können die Fensteröffnungen auf eine, je nach Nutzung erforderliche Größe reduziert und entsprechend den unterschiedlichen Anforderungen an natürliche Belüftung und Belichtung optimiert werden. Der Sonnenschutz ist direkt an den Fenstern angeordnet.

Das neue Rathaus sollte vielfältig, differenziert und individuell sein. Es sollte sowohl im architektonisch Formalen, Räumlichen aber auch im technisch Konstruktiven und Ökologischen zukunftweisend sein.


Freianlagen
Die Freianlagen knüpfen nahtlos an die neugestaltete Ortsmitte von Oy-Mittelberg an. Die Pflasterflächen aus grauem Bayerwald-Granit dehnen sich bis zum neuen Rathaus hin aus und belegen auch die Wege und Terrassen der rückwärtigen Gartenanlagen. Das Grundprinzip der niveaugleichen Flächen, die durch gepflasterte Rinnen gegliedert sind, liegt auch der Gestaltung des Rathaus-Umfelds zu Grunde, sodass die Anmutung eines optisch und funktional durchgängigen, öffentlichen Raumes entsteht.

Eine großzügige Freitreppe zur Hauptstraße hin gleicht den Höhenunterschied zum Gehweg und zum nahegelegenen Café aus. Durch die vorgesehenen Sitzstufen trägt die Stufenanlage zur neuen Aufenthaltsqualität des Platzes bei.

Der rückwärtige Bereich wird durch eine öffentliche, und dennoch räumlich geschützte Grünanlage in Wert gesetzt. Die bestehenden Bäume können erhalten bleiben und verleihen der Grünanlage einen gewachsenen Charakter. Die Bäume bilden das Grundgerüst des Gartens, der mit Pflanzbeeten, Sitzgelegenheiten und Spielmöglichkeiten zu einem attraktiven Aufenthaltsort werden kann.

Der öffentliche Garten liegt teilweise auf dem Dach der Tiefgarage. Er ist auf zwei Ebenen terrassiert und zur Straße hin mit einer bepflanzten Böschung modelliert. In die Stützmauer zwischen den Ebenen ist die Lüftung der TG integriert.

Die Grünanlage ist vielfältig nutzbar, etwa für kleinere Veranstaltungen, als gastronomischer Außenbereich – oder einfach nur als Ort zum Verweilen für die Mitarbeiter des Rathauses, für Urlaubsgäste und Einwohner.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der in seiner Erscheinung eigenständig wirkende Baukörper nimmt die Grundform der ortstypischen Bauweise auf und modifiziert sie zu einer modernen selbstbewussten skulpturalen Bauform. Die Verfasser können mit ihrem städtebaulichen Ansatz überzeugen, der auf der Durchlässigkeit des EG basiert und den St.Anna-Platz mit dem nördlich des Rathauses gelegenen Garten- und Grünbereich verbindet.

Die Funktionsbereiche im Inneren können unabhängig voneinander betrieben werden und öffnen sich nach fast allen Seiten. Das Rathaus erfährt dadurch eine Durchlässigkeit, die kein anderer Beitrag erreicht. Die im ersten und zweiten OG angeordneten Büro- und Sitzungsbereiche sind in ihrer Anordnung ebenfalls schlüssig nachvollziehbar.

Die Rettungswegkonzeption ist kritisch zu sehen. Die einzige Treppe verläuft von dem EG zum 2. OG ohne Treppenraum in weitgehend offener Bauweise. Dieser Ansatz erscheint auch mit technischen Maßnahmen nicht kompensierbar, zumal sich der Sitzungssaal mit der größten Menschenansammlung im 2. Obergeschoss befindet.
Einfache Lösungsansätze für dieses Problem sind nicht erkennbar, die Brandschutzkonzeption muss überdacht und überarbeitetet werden.

Zu bemängeln sind ebenso die wenig aussagekräftigen Fassadenvorschläge, die die Qualität der angebotenen Grundrisse in keiner Weise aufnehmen. Die vorgeschlagene konstruktive Ausführung der Detailansicht lässt sich im EG-Grundriss ebenfalls nicht nachvollziehen. Hingegen ist die vorgeschlagene Materialwahl mit Lärchenholzschindeln für die Fassade schlüssig und ortstypisch; die Verwendung dieses Materials für die Dachdeckung ist jedoch zu hinterfragen.

Zu kritisieren ist hier auch, dass im Modell und den Ansichten das Treppenhaus im 2. OG nicht dargestellt wird. Das Erscheinungsbild entspricht in diesem Bereich daher nicht der Realität.
Der Entwurf schlägt mit 34 Stellplätzen die größte Tiefgarage vor, die in weiten Teilen nicht vom Hauptbaukörper überbaut ist und somit zu erhöhten Baukosten führt. Auch die offene Gestaltung des Erdgeschossbereiches ist in Teilen als konstruktiv aufwändig einzuschätzen. Nutz- und Verkehrsflächen liegen knapp über den Durchschnittswerten; das beheizte Volumen hingegen liegt deutlich unter dem Durchschnitt und macht dadurch einen Teil der erhöhten TG-Kosten wieder wett.

Die Gestaltungsprinzipien des öffentlichen Raumes des St. Anna Platzes werden bis zum und durch das neue Rathaus hindurchgeführt. Es entstehen fließende öffentliche Räume mit hohen Nutzungsqualitäten. Die Abgrenzung des verkehrsberuhigten Bereichs ist an der Haupt- wie auch der Haager Straße dabei nicht eindeutig ablesbar.

Die im Norden gelegene sehr große Terrassenanlage setzt sich gelungen zu dem etwas tiefer gelegenen Gartenbereich ebenso wie zu dem Café auf der anderen Straßenseite in Beziehung. Die Bastion der Terrasse, die Treppe sowie der lange Bereich mit den Sitzstufen bilden eine starke bauliche Kante, die eine räumliche Aufwertung der gegenüberliegenden Situation herausfordert.
Der unter einem Vordach gelegene Eingang zum Rathaus wird mit einem Baum von der Haager Straße aus kenntlich gemacht. Der durch eine Rinne kenntlich gemachte Bereich für Fußgänger ist ausreichend dimensioniert.
Modellfoto

Modellfoto