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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2021

Erweiterung der Hauptverwaltung Emschergenossenschaft und Lippeverband in Essen

ein 2. Preis

Preisgeld: 45.000 EUR

Atelier Starzak Strebicki

Architektur

ch+ architekci Agnieszka Chrzanowska, Wojtek Chrzanowski

Architektur

Erläuterungstext

Erläuterungsbericht

 

 

Hauptziel des Entwurfs ist die Schaffung eines einfachen und gebrauchsfreundlichen Bürogebäudes, das in seinen gestalterischen Lösungen über die typologischen Standardlösungen hinausweist, sowie die Entwicklung einer neuen vorgesetzten Fassade für die Gebäudegruppe des Blocks, die deren vielfältige Stilistik und architektonischen Ausdruck zu einem harmonischen Ganzen eint.

 

Städtischer Kontext

Die Außenfassaden des neuen Bürogebäudes und der Gebäude A, B und E dienen nicht nur der Verbesserung von akustischem und thermischen Komfort. Als integraler Bestandteil der Baustruktur helfen sie außerdem, den Historischen Teil des Gebäudekomplexes mit den zeitgenössischen Hinzufügungen zu vereinen. Die Fassaden der Gebäude C und D sind durch Sandsteinelemente klar gegliedert, und die Gebäude A und B verfügen über Fassadenelemente mit ähnlichem Farbton und ähnlicher Textur. Als logische Ergänzung wird die neue Fassade in vorgefertigten Elementen aus gestrahltem Beton in einem hellen, sandgrauen Ton ausgeführt.

Die Gebäude im Quartier weisen unterschiedliche Fassadengliederungen auf. In den neuen Ergänzungen übersetzt sich diese Heterogenität in ein ausdrucksstarkes System von horizontalen und vertikalen Elementen, wobei die horizontalen Linien den klaren Rhythmus der Gesimse an den Gebäuden B, C und D aufnehmen. Um den Niveauunterschied zwischen den Straßen und dem Erdgeschoss im Gebäude A und dem neu gestalteten Gebäude optisch auszugleichen, sind am Neubau die vertikalen Elemente in den ersten beiden Geschossen stärker akzentuiert. Die hohen Fenster in der Kolonnade tragen dazu bei, die Funktionen des Sockelgeschosses mit dem Stadtraum zu verbinden.

Das strenge Raster bietet eine große Flexibilität in der Einfüllung der Fassadenelemente. Auf der Seite der stark befahrenen Richard-Wagner-Straße sowie auf der gesamten Länge der runden Ecke mit der Straße Am Bernewäldchen reduziert eine Mehrfachverglasung die Lärmbelastung. Die südlichen und südwestlichen Teile sind weitgehend mit einem textilen Sonnenschutz ausgestattet.

 

Neubau

Als natürliche Ergänzung des Ensembles nutzt der Neubau das gesamte zur Verfügung stehende Grundstück, stockt das Gebäude A auf und schließt an die Fassaden der Gebäude A und E an.

Der Hauptzugang befindet sich an der Mozartstraße in der Südwestfassade des Neubaus, unmittelbar am Hauptkommunikationskern, der gleichzeitig die Verbindung zum Gebäude E bildet.

Das Erdgeschoss verfügt außerdem über Zugänge zum Innenhof sowie einen separaten Zugang zum Betriebsrestaurant. Die vertikale Erschließung des Neubaus erfolgt über den Hauptkern mit mehreren Aufzügen sowie über ein zentral gelegenes repräsentatives Treppenhaus. Das Gebäude ist auf den jeweils anschließenden Etagen mit den benachbarten Teilen A und E verbunden.

Im Erdgeschoss befinden sich die Eingangslobby und ein Betriebsrestaurant mit doppelter Raumhöhe sowie der Küchenbereich, welcher über den Innenhof beliefert wird.

 

Typologie / Arbeitswelt

Für die Bürogeschosse wird eine Mischtypologie aus verschiedenen Varianten vorgeschlagen. Die Räume können flexibel gestaltet und auch in Zukunft mit einfachen Mitteln verändert werden. Die fest installierten Bereiche wie Kaffeenische, Sanitärräume und Installationsschacht befinden sich jeweils in der zentralen Zone der Geschosse.

Informelle Bereiche mit doppelter Raumhöhe können sowohl zur individuellen Erholung, als auch für Teamaktivitäten genutzt werden. Ihnen gegenüber liegt eine interne offene Treppe, die alle Bürogeschosse miteinander verbindet und so vielseitigere räumliche - und soziale - Verbindungen zulässt.

Durch die Tiefe der Kolonnaden in der vorgestellten Fassade entsteht ein Zwischenbereich der - ähnlich dem Japanischen Hisashi - einen weichen Übergang zwischen Innen und Außen schafft, einen Raum, der als Erweiterung des Büros genutzt werden kann.

Das Attikageschoss beherbergt neben einer Terrassenfläche die Konferenzfunktionen. Teile der Dachfläche sind begrünt, um zur passiven Kühlung und zur Pufferung bei Starkregen beizutragen. Auf Straßenniveau werden rund um das Gebäude Bäume gepflanzt, die langfristig als "dritte, natürliche Fassade" für das Objekt dienen und durch auf den Dächern gesammeltes Regenwasser bewässert werden.

 

Untergeschoss

Gemäß der Vorgabe wird das Untergeschoss weitestgehend für PKW-Stellplätze genutzt. Darüber hinaus befinden sich hier auch Technikflächen. Beide Untergeschosse des Neubaus sind an die Tiefgarage von Gebäude A angeschlossen.

 

 

Energie- und Nachhaltigkeitskonzept

Durch seine kompakte Form verfügt der Neubau über ein sehr günstiges A/V Verhältnis. Um die Betriebskosten niedrig zu halten, wird sowohl im Winter als auch im Sommer bei optimaler Behaglichkeit eine hohe Energieeffizienz sichergestellt. Architektur und Baukonstruktion leisten ihren Beitrag zu einer energetisch günstigen Gesamtbilanzierung. Eine Förderung mit Umweltzertifizierung nach DGNB soll mit diesem Konzept angestrebt werden. Die Grundrisstypologie sowie die Fassadengestaltung ermöglichen eine optimale und blendfreie Tageslichtausnutzung in allen Bereichen. Zur Deckung des restlichen Energiebedarfs wird die weitgehende Nutzung von regenerativen Energiequellen vorgeschlagen.

 

Fassade

Der Verglasungsanteil ist nach Wärmeschutz, sommerlicher Überhitzung und Tageslichtnutzung optimiert. Es kommt eine 3-Scheiben-Verglassung zum Einsatz. Ein optimaler Wärmeschutz mit einer resultierenden höchsten Energieeffizienz sind somit gewährleistet. Dachüberstand und Umgang in den südlichen und südwestlichen Straßenfassaden formen einen nachhaltigen Wetterschutz und vereinfachen die Wartung und Reinigung der Fenster. Ferner tragen sie bei hochstehender Sonne zum sommerlichen Wärmeschutz bei, der durch einen außenliegenden beweglichen textilen Sonnenschutz ergänzt wird.

Alle Fenster am Innenhof können nach Innen geöffnet werden und sind damit einfach zu reinigen. Wo nötig erhalten die Fenster auch hier einen textilen Sonnenschutz.

 

Lüftung

Das Gebäude kann über Öffnungsflügel in der Fassade natürlich belüftet werden. Je nach Jahreszeit und Außenklima können unterschiedliche Fensterflügel genutzt werden, die z.B. eine Spalt-, Stoß- oder Nachtlüftung ermöglichen. Die sommerliche Nachtlüftung erfolgt über Lüftungspaneele, das über den Fenstern in die Fassade integriert sind. Eine zusätzliche fassadenunabhängige Lüftung mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung sorgt für einen hygienischen Luftwechsel zum Erhalt der Luftqualität.

 

Heizung und Kühlung

Thermisch aktivierte massive Decken erbringen die Heiz- und Kühlleistung für das Gebäude. Zur Unterstützung dieses relativ träge reagierenden Systems werden Transmissions- und Lüftungswärmeverluste minimiert. Bei sommerlichen Temperaturen wird der klimatische Komfort durch passive Mittel wie hohe Speichermasse und außenliegenden Sonnenschutz sichergestellt. Zusätzlich ermöglicht die Bauteilaktivierung eine sanfte Gebäudekühlung. Lediglich Räume, die aufgrund hoher Nutzerdichte oder aufgrund der Anwesenheit von Wärme erzeugenden Geräten eine höhere Kühllast erzeugen, werden mit zusätzlichen Kühlsystemen versehen. Die Wärmeversorgung geschieht weitestgehend mittels erneuerbarer Energien. Reversible Sole-Wasser-Wärmepumpen entziehen dem Erdreich Wärme, die zur Gebäudeheizung genutzt wird. Zur Kälteerzeugung wird das System umgekehrt: Abwärme des Gebäudes wird dem Erdreich zugeführt und sorgt so langfristig für eine ausgeglichene Jahresbilanz der Erdreichtemperatur.

 

PV-Anlage und Gründach

Auf dem Dach verstehen Flächen für Photovoltaik-Module (mit 15°-Anstellwinkel) in Kombination mit einer extensiven Dachbegrünung zur Verfügung.

 

Akustik

Schallabsorbierende Möbel und Fußbodenbeläge minimieren in den Innenräumen die Nachhallzeiten. Zusätzlich sind in den zentralen Bereichen der Geschosse abgehängte Akustik-Deckensegel installiert, die außerdem zur Verkleidung von Lüftungselementen dienen.

 

Konstruktion

Das Gebäude ist als Skelettbau aus Betonfertigteilen geplant, der über die Fassaden und einen in Ortbeton ausgeführten Erschließungskern ausgesteift wird. Die Geschossdecken bestehen aus Spannbeton-Fertigelementen mit integrierten Rohrregistern zur Betonkernaktivierung. Die weitgehende Elementierung des Neubaus stellt eine schnelle und präzise Realisierung sicher. Bei den in Ortbeton ausgeführten Bauteilen kommt Recyclingbeton zum Einsatz. Die Überbauung der Garageneinfahrt von Gebäude A wird als Auskragung in Ortbeton realisiert, um hohe Zusätzliche Lasten auf dem bestehenden Bauteil zu vermeiden. Lediglich ein kleiner Teil des vierten Obergeschosses und das Staffelgeschoss werden als leichte Holzkonstruktion aufgesetzt.

 

Lebenszykluskosten

Mit den vorgeschlagenen Mitteln wird ein Gebäude realisiert, das nicht nur in jeder Hinsicht nachhaltig ist, sondern auch langfristig niedrige Betriebs- und Wartungskosten garantiert.

 


Beurteilung durch das Preisgericht

Ein klarer einfacher Baukörper gesellt sich zu den so unterschiedlichen Bestandsgebäuden der Emscher Genossenschaft als Schlussbaustein des Straßenblocks.

Beinahe zu beiläufig betritt man das neue Haus durch einen Eingang im Tiefparterre kurz hinter der Gehwegkante. Die Jury diskutiert die fehlende Adressbildung und wünscht sich mehr Großzügigkeit und „Ankommensqualität“.

Das Restaurant auf dieser abgesenkten Eingangsebene ist in der Folge großzügig zweigeschossig ausgebildet und zur Straße orientiert. Zum Hof entsteht nur eine schmale Verbindung über das Eingangstreppenhaus; dies wird vom Preisgericht kontrovers diskutiert.
Der Entwurf bietet durch Anschlüsse an alle Nachbargebäude den gewünschten funktionalen Ringschluss im Inneren. Seine dreibündigen Grundrisse sind durch Lufträume für zweigeschossige Bürobereiche gegliedert und interessant belichtet. Dadurch werden trotz der aus dem Bestandsbauteilen vorgegebenen geringen Geschosshöhen Großräumzonen möglich - ein zentraler Wunsch des Auslobers für offene Bürozonen. Die interne Verbindung der Büroebenen wird positiv durch eine zentrale verglaste Rundtreppe verstärkt. Im Gebäudequerschnitt sind die Innenraumqualitäten gut aufgezeigt.

Im Dachgeschoss thront der gut aufteilbare Vortragsraum mit seinen großzügigen Foyer Bereichen, geschickt über das Nachbargebäude mit einem 2. Rettungsweg versorgt.

Die großen zusammenfassenden Fassadenelemente über alle Einzelgebäude hinweg bleiben auf eine selbstverständliche und harmlose Weise viergeschossig und stellen das zurückgesetzte Dachgeschoss frei. Die Verfasser formulieren diese vorgestellte Konstruktion aus filigranem Stahlbeton. Die Materialwahl sollte vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeitsdiskussion nochmals hinterfragt werden. Eine bessere Verknüpfung zur Arbeit der Emscher Genossenschaft auch mit mehr Begrünung in Ihrer Außendarstellung wäre wünschenswert - sozusagen mehr sichtbare Nachhaltigkeit.

Die vorgestellten Fassadenbauteile sorgen mit dem außenliegenden textilen Sonnenschutz für eine interessante Tiefe, müssen aber in Ihren Anschlussbereichen an die denkmalgeschützten Gebäudeteile erst noch ausformuliert werden. Der Schallschutz zur lauten Richard-Wagner-Straße ist noch nachzuweisen.

Insgesamt werden der Städtebau und die Innenraumqualität über die vorgeschlagene
Grundrissgestaltung als sehr guter Beitrag anerkannt. Auch die Vorschläge zum Energiekonzept sind richtig. Die Fassaden sind hinsichtlich Nachhaltigkeit und Begrünung sowie Ihrer Fügungen nochmals zu überarbeiten.