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Einladungswettbewerb | 02/2020

Rösslimatt Baufeld B+C, Luzern

2. Rang / 2. Preis

Preisgeld: 40.000 CHF

Gigon / Guyer Architekten

Architektur

EBP Schweiz AG

Bauingenieurwesen

3-Plan Haustechnik AG

TGA-Fachplanung

Elektro-Ingenieure Meyer + Partner

Energieplanung

Boxler Engineering AG

TGA-Fachplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt 03 «Dom-Ino» überformt die städtebauliche Grundordnung indem der Baukörper nicht nur durch die vorgeschriebene Passage gegliedert wird, sondern auf der Seite der Bürgenstrasse über alle Geschosse eine Einschnürung erfährt. Diese Logik aufnehmend, wird auf der Gegenseite ebenfalls ein Einschnitt ausgebildet, welcher ab dem zweiten Obergeschoss einen zur Gütergasse hin offenen Hof bildet.

Die sich aus diesen beiden Massnahmen ergebende mäanderförmige Gesamtfigur zeichnet sich durch eine differenzierte Massstäblichkeit aus und überführt die planerischen Vorgaben in eine spezifische baukörperliche Gestalt. Hervorzuheben ist die gute Sichtbarkeit des Gassenraumes vom Fusspunkt der Fussgängerpassage zum Bahnhof aus. Zugleich ergeben sich aus der hohen Spezifik des Körpers aber auch Fragen zur genauen Position der Einschnitte und zur Adressierung, die bei einem neutraler strukturierten Körper weniger zu Tage treten würden.

Das Potential, welches sich durch die baukörperliche Plastizität ergibt, wird in der Adressbildung sichtbar. Während der Zugang zur Fläche des Hauptmieters an der Bürgenstrasse zu liegen kommt, befindet sich der Eingang zu den Mietflächen des Baufelds B in der stirnseitigen Arkade. Durch diese Setzung bleibt die Passage frei von Haupteingängen zu den Obergeschossen und kann durch kleinere erdgeschossige Publikumsnutzungen (Gastronomie, Läden) aktiviert werden. Dieses Prinzip wird auch im restlichen Erdgeschoss konsequent umgesetzt und verspricht damit ein hohes Potential für einen attraktiven Austausch zwischen Innen- und Aussenraum.

Die spezifische Form des Gebäudekörpers entfaltet vor allem in den Obergeschossen ihre Kraft. Während im 1. Obergeschoss die beiden Baubereiche noch getrennt sind, entwickelt sich die mäandrierende Form ab dem 2. Obergeschoss bis ins Attikageschoss. Prägend für die räumliche Qualität sind dabei zwei Elemente: Zum Ersten die zentrale Halle, die mit Ausnahme der Attika sämtliche Geschosse verbindet. Sie ist Lichtgeber, Orientierungspunkt und kann im Erdgeschoss auch für Townhallmeetings genutzt werden. Die von der Halle abgehende Tribünentreppe stützt diese funktionale Idee und verbindet auf einfache Weise das Erdgeschoss mit den Sondernutzungen des 1. Obergeschosses. Durch die offen geführte zweiläufige Treppe kann der Raum in seiner gesamten vertikalen Ausdehnung durchschritten werden, informelle Begegnungen tragen dabei zur vom Nutzer gewünschten Unternehmenskultur bei. Zum Zweiten die grosse Fassadenabwicklung, die eine gute Belichtung der Büroflächen und eine Vielfalt unterschiedlicher Raumsituationen bietet. Diese stützen die Idee unterschiedlicher Arbeitsbereiche, die durch die Platzierung von Fokus- und Sitzungsräumen weiter gegliedert werden.

Die in diesem Projekt entwickelte Bürokonzeption überzeugt in vielerlei Hinsicht und lässt eine auch in Zukunft flexible Bespielung zu. Durch die Gebäudeform und die Setzung der Erschliessung ist es selbst in der Hauptmietfläche möglich Bereiche bzw. Geschosse zu separieren. Der Beitrag überzeugt durch eine vertiefte Beschäftigung mit den Anforderungen des «Activity Based Working». Bedauerlich ist hingegen, dass die Attika ausschliesslich als Bürofläche ausgewiesen wird und der räumliche Bezug zu den anderen Geschossen fehlt.

Der Bau ist strukturell auf einem ökonomischen Raster von 8.10 x 8.10 m aufgebaut und wird in wesentlichen Teilen als vorfabrizierte Betonkonstruktion ausgeführt. Vorgespannte Unterzüge liegen auf je nach Einbausituation unterschiedlich geformten Stützen, darin eingesetzt werden Rippendecken. Diese Konstruktion verspricht nicht nur eine gute Realisierbarkeit, sondern prägt durch den weitgehenden Verzicht auf Ausbauelemente auch die Innenräume sehr direkt. Die Horizontalverteilung der Haustechnik erfolgt mit Ausnahme der Sprinkler konsequent über den Doppelboden und lässt die teilweise Aktivierung der Betonuntersicht zu. Die Ausbildung eines zweiten Untergeschosses ist hingegen aufwändig und schmälert die grundsätzlich gute Wirtschaftlichkeit des Projektes.

Die im Inneren stringent entwickelte Struktur prägt auch die äussere Erscheinung. Dabei wird eine tektonische Gliederung vorgeschlagen, in der die Elemente des Inneren sehr direkt nach aussen gespiegelt werden. Dies geschieht mittels Faserbetonelementen, die in Kombination mit den Fensterbändern und Blechbrüstungen der Obergeschosse den Bau allseitig ummanteln. Diese bildhafte Übersetzung der Struktur wirkt brachial und schematisch, insbesondere die «Knoten» am Schnittpunkt von Stützen und Trägern zeigen dies exemplarisch. Hier vermisst die Jury nicht nur eine raffinierte Verfremdung der inneren Logik hin zur äusseren Erscheinung, sondern sieht auch das Potential einer sinnlich einprägsamen und differenzierten Erscheinung des Baus bei Weitem nicht erreicht.

Das Projekt «Dom-Ino» interpretiert die Aufgabe ausgehend von einer ambitionierten baukörperlichen Figur in vielen Aspekten sehr gekonnt, erfüllt die Programmvorgaben auf räumlich und funktional ansprechende Weise und stellt so einen wertvollen Beitrag zur Interpretation der Nutzung dar. Die Umsetzung in die architektonische Sprache wird jedoch kritisiert. Die Plastizität in der Fassadengliederung wirkt grob und schematisch und lässt eine Eingliederung des Baus in den Kontext vermissen.