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Offener Wettbewerb | 06/2021

Witterungsschutz Römermauer mit Ideenteil zur Aufwertung des historisch geprägten Umfelds in Wiesbaden

Panoramaweg - Untere Römermauer

Panoramaweg - Untere Römermauer

ein 1. Preis / Realisierungsteil

Preisgeld: 5.200 EUR

adp - Architekturbüro Dr. Pabel

Architektur

Erläuterungstext

LEITIDEE: „Das szenografische Erlebnis der Römermauer“

Der historischen Bedeutung der Römermauer am Schulberg angemessen, wird ein leichtes Dach über der Mau-erkrone vorgesehen, was neben dem Schutz der erhaltenswerten Bausubstanz auch den Parkbesuchern als Aufenthaltsfläche dient, in dem hier ein Erlebnispfad in die Konstruktion des Daches integriert wird, der nicht nur einer Erfahrbarkeit der topographisch ansprechenden Silhouette der Mauer folgt, sondern zugleich eine Vielzahl von spannenden Ausblicken in den urbanen Stadtraum ermöglicht.

STÄDTEBAULICHE EINBINDUNG: „Mit Schwung auf den Berg“

Ergänzt durch eine landschaftsplanerische Intervention, die sich dem bestehenden Straßenverlauf an der „Unte-ren Römermauer“ anschließt und die geschwungene Wegeführung aus der denkmalgeschützten Anfahrtsschlei-fe am Römertor wie selbstverständlich weiterentwickelt, entsteht ein Gesamtensemble, dessen sanft verlau-fende Wegeführung den Schulberg auf eine ansprechende Art und Weise dem Stadtkern näher bringt. Ergänzt durch zwei Plateaus, die in den Wegeschleifen integriert sind, ergeben sich Aufenthaltsräume mit hoher Qualität und bieten der geplanten Ausstellungsfläche zum Freilichtmuseum damit ein adäquates Entree mit unmittelba-rem Bezug zur Römermauer. Die in den Plateaus eingelassenen Sitzstufen dienen zum einen der Besichtigung der „Römermauer“, als auch geben sie „Überblick“ über das ansprechende Stadtpanorama.

Die Coulinstrasse wird im Bereich der Parklandschaft auf das Nötigste in ihrer Breite reduziert und der anschlie-ßende Parkplatz zugunsten einer Erweiterung der Parklandschaft und dem angrenzenden Villenviertel aufgege-ben. Eine gesonderte Farbgebung der Asphaltfläche im Bereich des „Schulbergparks“ soll die Zusammengehörig-keit der unteren und oberen Grünräume nochmals verstärken und die Teilung soweit als möglich negieren. Die ehemalige Parkplatzfläche wird entlang der erhaltenswerten Stützmauer angeböscht, um die topografische Barri-ere zwischen Schulberg und Coulinstrasse zu beseitigen. Ein gleichmäßiges „Anziehen“ der Landschaft lässt nicht nur den Park größer erscheinen, auch die stufenfreie Erschließung im Hinblick auf gebehinderte Besuche wird hier auf besondere Weise gerecht.

RÄUMLICHE ORGANISATION

In Zusammenhang mit der Landschaft bilden die Terrassen mit den Ausstellungsflächen mit dem Panoramaweg eine Einheit und so ein Gesamtkonzept über die Mauer hinweg als Anbindung zur Altstadt. Für die Erlebbarkeit und einen durchlaufenden Panoramaweg zwischen dem oberen und unteren Mauerabschnitt wird an einer öffentlichen Begehbarkeit des Römertors festgehalten. Durch die geradlinige Erschließung ist eine gute Über-sichtlichkeit gegeben und wird damit dem Sicherheitsaspekt auf besondere Weise Rechnung getragen.

GESTALTUNG UND KONSTRUKTION - ARCHITEKTONISCHES KONZEPT: „Ein Weg zum Schutz“

Für die Wahl eines geeigneten Schutzdaches wurden verschiedenste Möglichkeiten in Bezug auf den Denkmal-schutz, Erstellungskosten, Auswirkungen auf den Bestand, technische Realisierbarkeit, sowie einer pflegeleich-ten Wartung bzw. Reinigung untersucht. Zum Schutz der Mauer wird die Lösung einer offenen Witterungs-schutzanlage in Gestalt eines Panoramaweges über den Dächern von Wiesbaden verfolgt, der wie selbstver-ständlich dem amorphen Höhenverlauf der Mauer folgt. Die neue „Mauerkrone“ wird in Form einer filigranen Stahlkonstruktion mit statisch notwendigen Unterspannungen ausgebildet. Mit lediglich 7 Auflagerpunkten, die sich neben und auf den Bestandsbauwerken über den gesamten Mauerverlauf verteilen, werden Tiefbauarbei-ten sowie statische Einflüsse am Mauerfuß auf ein Minimum reduziert.

Der 2,3m breite Steg besteht aus seitlichen Stahlwangen, die im Verbund mit den Setz- und Trittstufen als biege-steifer Stahltrog ausgeführt wird. Entsprechend der statischen Anforderungen, werden die Wangen in ihrer Dimension überhöht ausgeführt und von einer bis zu 2,3m hohen parabelförmigen Unterspannung in Form von Druckstreben aus konisch zusammenlaufenden T-Profilen und Zugelementen aus runden Vollstäben unter-stützt. Es entsteht ein filigranes Tragwerk, dass den optischen Einfluss auf die Römermauer auf ein Minimum reduziert. Anfallende Horizontallasten werden über Kopfbänder an den Druckstreben, biegesteifen Anschlüs-sen an den Stützen und über einen Horizontalverband im Heidenturm abgeführt.

In Anlehnung an das Geländer des bestehenden Römertores, schlagen wir eine möglichst helle Farbwahl für die Stahlkonstruktion vor, um zum einen das Bauwerk als helles Band über der Mauerkrone möglichst leicht erschei-nen zu lassen und die Schutzfunktion als Neubau über dem Bestandsbau hervorzuheben, ohne dass es in Kon-kurrenz zu diesem in Erscheinung tritt. Als schmales Band erfüllt der Panoramaweg optisch, wie auch funktionell seine Aufgabe als neue Mauerkrone. Der Bodenbelag wird an den Farbton der Römermauer angenähert, um auch auf dem Schutzdach die Analogie zu dem darunter befindlichen Bauwerk wahren zu können. Dieser Bezug wird durch eine Öffnung in der Sitzbank über dem Heidenturm nochmals verstärkt und verdeutlicht einmal mehr auch den vertikalen Bezug von Panoramaweg und der darunter befindlichen schützenswerten Bausubstanz.

UMGANG MIT DEN BELANGEN DES DENKMALSCHUTZES

Im Sinne der Charta von Venedig werden die baulichen Maßnahmen sichtbar und verständlich für den Betrachter wahrgenommen, immer unter dem Aspekt, ein Maximum an Bausubstanz zu schützen und dabei ein Minimum davon in Mitleidenschaft zu ziehen. Über die lediglich 7 Auflagerpunkte und die zielgerichtete Abführung von Regen über das angedachte Entwässerungssystem auf dem Panoramaweg, sowie am Römertor, bietet das Schutzbauwerk nicht nur den optischen Belangen aus Sicht des Denkmalschutzes einen adäquate Lösung an, sondern setzt die technischen Maßnahmen um, welches den Anforderungen zum Schutz des Bauwerkes ange-messen sind.

KONZEPT ZUR BARRIEREFREIHEIT

Die Rampenanlage im Grünraum ermöglicht eine barrierefreie Durchwegung der gesamten Parkanlage, von der Innenstadt über die Coulinstrasse bis auf den Schulberg. Ergänzt durch ein taktiles Leitsystem wird sehbehinder-ten Besuchern nicht nur die Benutzung der Parkanlage ermöglicht, die Markierung der An- und Abtrittsstufen auf dem Panoramaweg, sowie der zweite Handlauf sollen das Überqueren der Römermauer einer breiten Besucher-schaft möglich machen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit 1001 verbindet den Schutz der Römermauer mit der Ermöglichung ihres Begehens. Im Sinne eines ´szenografischen Erlebens´ konzipiert, wird die Mauerkrone mit einer leichten Dachkonstruktion überdeckt. Diese fungiert als Erlebnispfad und weitet sich immer wieder zu kleinen räumlichen Situationen auf, die zum Aufenthalt einladen. Vorgeschlagen wird eine filigrane Stahlkonstruktion mit Unterspannungen, die breit genug und leicht ausgestellt ist, um einen überzeugenden Witterungsschutz zu gewährleisten. Der bauliche Eingriff wirkt elegant, nimmt sich optisch zurück und verbindet auf geschickte Weise die beiden Teile der Mauer. Der Entwurf ist gut durchgearbeitet. Die vorgeschlagene Konstruktion wirkt durchdacht, wird jedoch in ihrer Dimensionierung kritisch hinterfragt. Dies betrifft nicht nur die sehr filigrane Ausbildung von Steg, Obergurt und Unterspannung, die – ob der Attraktivität der öffentlichen Begehbarkeit – für hohe Verkehrslasten ausgelegt sein müssten, sondern auch die aussteifende Unterspannung als Durchdringung der Mauer, die von der Denkmalpflege – selbst in den Gerüstlöchern – sehr kritisch gesehen wird. Die Jury würdigt die Idee, den Schutz des Bauwerks mit einem Angebot zur aktiven Nutzung zu verbinden. Ebenso würdigt sie den Entwurf als städtebaulich prägnante Lösung, die die bestehenden Orte barrierefrei erschließt und miteinander zum sogenannten Römerberg vernetzt. Neben den Aufenthaltsräumen auf der Mauerkrone werden zwei Amphitheater in Mauernähe vorgeschlagen, die sich für Schulklassen und Besuchergruppen, aber auch für den Aufenthalt von unterschiedlichen Nutzern eignen. Städtebaulich plausibel erscheinen des Weiteren der Umgang mit der Coulinstraße und der Vorschlag von zwei Neubauten mit Torwirkung, die sich in ihrer Flucht an der jeweiligen Nachbarbebauung orientieren. Auch die Reduzierung der Fahrbahnbreite wird begrüßt. Die konstruktive Beachtung des Bunkers wird gewürdigt.
Kritisch gesehen wird der ‘U-Turn‘ am östlichen Ende der Mauer, der eine schnelle Wegeverbindung zwischen Innenstadt und Schulberg verkompliziert und die Mauer verstellt. Als Schattenseite einer möglichen Begehbarkeit wird die Gefahr von Vandalismus und unzureichender sozialer Kontrolle in den Abendstunden betrachtet, welche vom Römertor aus der Zeit vor seiner Schließung bekannt sind. Zweifel bestehen darüber hinaus aus Denkmalschutzgründen. Es wird befürchtet, dass die Gründung zu stark in das bestehende Mauerwerk eingreift und dass sie massiver als dargestellt ausgeführt werden muss, um die Begehbarkeit der Mauer auch durch größere Menschenmengen zu sichern. Angemerkt wird ferner, dass eine Terrassierung des ehemaligen Friedhofs zur Störung der Totenruhe führen würde. Im Gesamten würdigt die Jury die Arbeit als komplexen und gut durchdachten Vorschlag, der zu einer deutlichen Aufwertung der Gesamtsituation beitragen und die Römermauer als wichtiges Bauwerk Wiesbadens gekonnt in Szene setzten würde.
Panoramaweg - Obere Römermauer

Panoramaweg - Obere Römermauer

Isometrie - Römermauer - Panoramaweg

Isometrie - Römermauer - Panoramaweg

Panoramaweg - Lageplan

Panoramaweg - Lageplan

Panoramaweg - Aufsicht

Panoramaweg - Aufsicht

Römermauer - Ansicht - Nord

Römermauer - Ansicht - Nord

Römermauer - Ansicht - Süd

Römermauer - Ansicht - Süd

Panoramaweg - Querschnitt

Panoramaweg - Querschnitt