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Einladungswettbewerb | 03/2015

Neubau Gemeindehaus

1. Preis

Wuttke Architekten - studio42

Architektur

ZUMHOLZ Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebauliche Konzeption:

Die heutige bauliche Umgebung des Kirchgrundstückes wird im Norden und Osten durch II, III + Staffel, IV und VI-geschossige Wohnbebauung bzw. Gebäude der Schule in sehr heterogener Form geprägt. Ein städtebauliches Ordnungsprinzip ist nicht erkennbar. Die Kirche mit ihrem, die Stadtsilhouette dominierenden, Glockenturm erscheint in ihren Standortbezügen - dazu gehört auch die Lage zur Straße - eher zufällig, historisch veranlasst durch den Bau der ersten „Kunststraße“ in Schleswig-Holstein von Kiel nach Altona in dänischer Zeit, mit dem der Wandel der dörflichen Struktur Quickborns und damit der Umgebung der Kirche begann. Die durch die Bauaufgabe Gemeindehaus nun ausgelöste Neuordnung auf dem gesamten Kirchengrundstück bietet jetzt die Chance zu einer stadtbildwirksam auf die Umgebung ausstrahlenden Überplanung mit einer für das Stadtbild Quickborns eigencharakteristischen Identität.

Das Konzept:

Als überbindender Ordnungsfaktor, nämlich eine städtebauliche Korrespondenz in Überleitung zu dem ansich unmaßstäblichen Sechsgeschosser bildend und die hervorragende Wohnlage ausnutzend wird die Wohnbebauung an der Straße „Am Freibad“ konzentriert. Damit wird die kirchliche Grünfläche mit dem Gebäudeensemble aus Gemeindehaus, Doppelpastorat und dominanter Kirche mit größtmöglichem Ausstrahlungseffekt stadtbildwirksam erlebbar. Das gilt auch für die korrespondierende Architektur der beiden neuen Solitärgebäude Gemeindehaus und Pastorate, die durch Achsbildung, strenge Baukörpergeometrie, Proportion und Materialität im Verhältnis zur Kirche erreicht wird und zwar auch unter dem Aspekt der die vorhandenen Qualitäten bewahrenden Einpassung in die umgebende Grünanlage. So wird die vorhandene Feldsteinmauer an der Kieler Straße im Bereich des vorhandenen Parkplatzes - einem städtebaulichen Missstand - als einfassendes Element der neuen Baumalleezuwegung zur Kirche verlängert bzw. an der Bahnhofstraße in die Pastoratsgestaltung als Sockelelement einbezogen, und die Wegeführungen im Bereich der Grünanlage bleiben alle in ihrem Bestand erhalten, sie sind organischer Bestandteil des Entwurfskonzeptes.

Gemeindehaus:

Das Gemeindehaus ist in achsialen Bezug zur Kirche / Kirchturm entwickelt und erhält dadurch seine Unverwechselbarkeit. Dabei entsteht durch die volle Öffnung nach Süden ein intensiver kommunikativer Bezug zur Kirche. Im Sommer funktioniert der attraktive Grünbereich / Terrasse zwischen Kirche und Gemeindehaus als Bindeglied im Winter das Kirchencafé. Das einfache achsiale Grundrisskonzept des Gemeindehauses ermöglicht die gewünschte Flexibilität der Raumnutzung mit möglichst direktem Außenbezug in allen Bereichen zu den umgebenden vorhandenen Grünanlagen. Der Saal sollte keinen festen Bühneneinbau bekommen, weil auch hier Flexibilität gefragt ist, wie Erfahrungen und daraus entstandene Umbauwünsche aus anderen Gebäuden immer wieder zeigen. Deshalb sind Alternativen aufgezeigt, die mit mobilen Podesten die unterschiedlichsten Nutzungen ermöglichen. Eine Saalteilung ist natürlich ebenfalls möglich. Die Barrierefreiheit ist durch das behindertengerechte WC, einen behindertengerechten Aufzug im Foyer, entsprechend breiten Verkehrsflächen (1,50 m) und Türbreiten in allen Bereichen gegeben. Die Materialität als rot verblendeter Mauerwerkskörper ist in Farbigkeit und handwerklicher Ausführung von der Fassadengestaltung des Kirchenschiffes hergeleitet. Die innere Gestaltung wird in den bestimmenden Räumen durch die Sparren des Pultdaches als sichtbare Brettschichtbinder geprägt, die in der Foyerachse das Glasdach tragen und auf Stahleinzelstützen im Saal abgesetzt sind. Dabei ist die Dachverglasung bei 9° Dachneigung seriell mit herkömmlichen Profilsystemen problemlos und wartungsextensiv herstellbar.

Pastorate:

Der Baukörper des Doppelpastorates ordnet sich in seiner Geometrie, seiner Materialität und Gestaltung in gleicher Weise wie das Gemeindehaus in die angestrebte Ensemblewirkung ein, wobei in diesem Zusammenhang auch die Fassadenfluchtungen von Bedeutung sind. Ein Bezug zu der vorhandenen Bahnhofstraßenbebauung für die Pastorate erscheint hingegen kaum zielführend, wenn man die gerade entstandene große bestimmende Baumasse in der direkten Nachbarschaft betrachtet.

Wohnbebauung:
Als Baukörper für die Wohnbebauung wird ein zweigeschossiger, rot verblendeter Sockelbaukörper mit einem doppelten, zur Grünanlage der Kirche deutlich zurückgesetzten Staffelgeschoss als Riegel an der Straße „Am Freibad“ konzipiert, der im Bereich des vorhandenen historischen Tores unterbrochen ist, leicht abknickt und einen Sichtkeil zur Kirche und zum Pastorat erzeugt. Dadurch entsteht ein baulicher Abschluss südlich der Straße „Am Freibad“, der entsprechend der eingangs erläuterten Konzeption als städtebaulicher Ordnungsfaktor wirkt, aber die vorhandenen Wegestrukturen der Grünflächen wahrt. Der Baukörper ermöglicht, wie im Plan nachgewiesen, sehr flexible Wohnungsgrundrisse, auch für kleine Wohnungen oder auch Sonderwohnungen wie z. B. betreutes Wohnen.

Grünfläche / Freiraumgestaltung:

Der prägende alte Baumbestand und der in seiner noch deutlich spürbaren Eigencharakteristik erhaltenswerte ehemalige Friedhof bilden das verbindende Element für das Gebäudeensemble aus Tradition und Moderne. Der ergänzenden Pflanzung großkroniger Bäume an den Flächenrändern des Kirchengrundstückes kommt in diesem Zusammenhang besondere atmosphärische Bedeutung gerade im Verhältnis der qualitätsvollen Grünfläche zu ihrer sehr heterogenen, zum Teil auch „feindlichen“ Umgebung (Verkehr) zu. Es entsteht eine organische Einheit mit dem Ziel das Thema der Kirche als Ort der Besinnung auch im Freiraum weiterzuführen. Mitten in der Stadt soll dieser Park zum Innehalten im Alltag, zum Verweilen einladen. Inseln mit Blütengehölzen können dabei das ganze Jahr über wechselnde und ansprechende Bilder bieten. In den Wegen wiederholt sich das Klinkermaterial der Gebäude. Mit Feldsteinen, Findlingen werden die vorhandenen Gestaltungsstrukturen ergänzt vielleicht auch neue Akzente gesetzt z.B. kleine Sitzplatzbereiche mit Charlottenburger Krustenplatten.

Der Bereich des ehemaligen Friedhofes wird zu einem „Ruhe-Park“ entwickelt. Licht kann die besonderen Gehölzstrukturen betonen. Es soll durch respektvollen und achtsamen Umgang mit dem Bestand und einem behutsamen Auslichten des Wildwuchses ein freundlicher, einladender und lichter Park entstehen, der sich nur im Saalbereich und Pastoratsgartenbereich mit einer grünen Kante zur Straße hin abschottet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf 1001 greift das Thema “Kirchenmauer” auf und thematisiert die Ausbildung einer Schwelle zum gesamten Freiraum im Kirchenumfeld. Der innenliegende Freiraum wird dafür gestalterisch mit den Pastoraten, der einleitenden Wand des Gemeindehauses und mit neu gepflanzen Bäumen umgrenzt. Die zusätzlichen Bäume an der Kieler Straße bieten optischen Schutz für das Gemeindehaus und stärken Kirchenvorplatz und Straßenprofil. Die gleiche Materialität von Kirche, Gemeindehaus und Pastorat präsentiert sich schlüssig. Das flachgeneigte Pultdach mit integrierter Oberlichtverglasung fügt sich sehr gut in den Kontext der umgebenen Bebauung ein.

Die Thematisierung der Marienkirche mit Blickbeziehung auf den Kirchturm nicht nur vom Saal, sondern auch aus dem Foyer/Erschließungsbereich des Gemeindehauses ist die große Stärke des Entwurfes. Es ist gelungen, die Eingänge so zu positionieren, dass die Besucher beim Betreten des Foyers einen starken Fokus auf den Kirchturm spüren. Die Blickbziehungen im Gebäude sind vielfältig und die mögliche Öffnung des Saales zum Foyer lässt viele Nutzungen und Bühnensituationen zu.

Die Umsetzung einer geschossübergreifenden, offenen Treppe im Erschließungsbereich wird kritisch gesehen. Der Entwurf ist jedoch mit Nachrüstung von Brandschutzabtrennungen und Fluchtwegen grundsätzlich umsetzbar. Der Entwurf ist durch die hohe Kompaktheit wirtschaftlich umsetzbar.

Die Konzentration der Wohnungbebauung als Blockrand mit Doppelstaffel schafft einen größtmöglichen Freiraum im Inneren und eine sinnvolle Abgrenzung des Kirchhofs gegenüber der Straße “Am Freibad”.
Wichtige Großbäume können bei der Konzeption jedoch nicht erhalten werden. Die Gestaltung des ehem. Friedhofes mittels Sichtachsen bzw. -keilen bleibt unklar. Die Positionierung der Stellplätze der PKW/Fahrräder des Gemeindehauses ist im Innenbereich des Freiraumes ungünstig. Im Bereich der Wohnbebauung sind zu viele oberirdische Stellplätze angeordnet.