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Einladungswettbewerb | 10/2015

Neubau eines Evangelischen Gemeindezentrums

2. Preis

Preisgeld: 3.000 EUR

dbap Dewey + Blohm-Schröder Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Entwurfskonzept – Städtebau
Das neue Gemeindezentrum liegt unmittelbar an der vierspurigen Lauerstraße als Eckbebauung zur Wilhelmstraße. Des Weiteren dominiert eine Fußgängerüberführung die städtebauliche Situation des Grundstücks entlang der Wilhelmstraße. Das südliche und östliche Umfeld ist somit ausschließlich durch verkehrstechnische Anlagen geprägt. Akustisch wie optisch belastet dieses Umfeld den südlichen Abschluss des Grundstücks.
Im Spannungsfeld, sichtbarer Präsenz einerseits und der Schaffung geschützter Räume andererseits, orientieren sich die wesentlichen Gemeinschaftsfunktionen wie Sakralraum, Cafeteria und die Mehrzweckräume zu der ruhigen Gartenseite des Grundstücks. Der Haupteingang bildet die markante Adresse zur Lauerstraße, Nebeneingänge sind über die Kopfseiten des Gebäudes als Anbindung des Parkplatzes und eines Jugendhofes vorgesehen. Die Erschließung für PKW´s erfolgt über die Wilhelmstraße, so dass sich parallel zur Fußgängerüberführung 8 Stellplätze und ein Behindertenparkplatz aufreihen. Um den Hauptzugang besonders hervorzuheben, ist dort freistehend der Glockenturm positioniert und als eine Art Vorplatz die Pflasterung des Haupteingangs bis an die Straßenführung rausgezogen. Die dichte Abfolge der straßenbegleitenden Bäume wird durch das Fällen von 3 Bäumen zur Hervorhebung des Eingangsbereichs des Gemeindehauses unterbrochen.
Der Sakralraum des neuen Gemeindezentrums dominiert als zentraler zweigeschossiger Baukörper das Gebäudeensemble; er schiebt sich mit seiner Kopfseite aus der vorhandenen Bebauungsflucht. Die beidseitig anschließenden eingeschossigen Räume des Gemeindezentrums bilden den Gebäuderiegel entlang der Lauerstraße.
Neben dem öffentlichen Zugangsbereich zur Lauerstraße befinden sich - durch Hecken und Zäune abgetrennt- halböffentliche Außenbereiche, wie der Jugendhof mit Fahrradabstellmöglichkeiten, der Zufahrts- und Anlieferungsbereich mit Anschluss über eine Außentreppe an das Kellergeschoss.
Das rückwärtige Grundstück bietet einen befestigten Platz für Gottesdienste im Freien mit direktem Bezug zum Liturgiebereich über eine torartige Öffnung des Sakralraumes. Die beidseitigen Grünflächen sollen der Gemeinde zusätzlich als Spielfläche dienen, die Terrassen und der Pavillon erweiterte Möglichkeiten für Gemeindefeste, Grillen etc. bieten. Eine rückwärtige Gemeindewiese, könnte als Ökoprojekt, als urban-gardening- Projekt oder einfach nur als Zeltplatz für die Jugendarbeit zur Verfügung stehen.
Die Ausparzellierung eines Flurstückes für den Wohnungsbau ist in der Wilhelmstraße vorgesehen, dabei ist die bebaubare Fläche gemäß den Vorüberlegungen der Stadtplanung als mögliche Überbauung angenommen.

Funktionalität
Außen- und Innenräume bilden in diesem Entwurf eine untrennbare Einheit. Alle Gemeinschaftsräume, wie der Sakralraum, die Mehrzweckräume das Cafe, der Familienraum und der Jugendraum haben einen direkt zugeordneten Außenbereich.
Der Sakralraum ermöglicht neben einer kontemplativen Konzentration auf den zentralen Raum, vielfältige Anordnungen für unterschiedliche Gottesdienste und Anlässe durch die Einbindung von Kirchraum, Foyer, Mehrzweckräumen und der Gartenbereiche. Eine ggfs. einstufige Erhöhung des Liturgiebereichs definiert dabei die ansonsten beweglichen liturgischen Orte wie des Abendmahltisches, der Kanzel und der Taufe.
Das Entree bietet als Willkommensgeste einen direkten Einblick in den Sakralraum und mit der Kerzensteele einen Ort der Besinnlichkeit. Als zentrale Stelle des Hauses ist auf der Empore die Orgel, für alle gut wahrnehmbar verortet.
Die Gemeinschaftsräume sind möglichst flexibel mit einander verschaltbar, so dass sie dem vielfältigen Nutzungsangebot des Gemeindehauses entsprechen. Zentraler Anlaufpunkt ist dabei die Cafeteria mit kurzer Anbindung an die Küche. Die anderen Gemeinschaftsfunktionen wie Familienraum, Jugendraum, wie auch die Verwaltungsfunktionen sind deshalb direkt daran angebunden und bilden den westlichen Flügel des Gemeindehauses. Die Mehrzweckräume mit ihren unmittelbaren Nebenfunktionen sind östlich zum Sakralraum angeordnet, dabei ist eine Abtrennung dieses Bereiches durch den separaten Seiteneingang für Fremdnutzungen vorstellbar.
Die Verkehrsflächen orientieren sich an den gesetzlichen Mindestanforderungen, ggfs. übernehmen sie temporär Abstell- und Garderobenfunktionen.
Ein unterkellerter Bereich entlang der Lauerstraße nimmt Lager- und Technikflächen, zusätzliche WC´s und einen Werkstattbereich auf, der ggfs. mit seiner seitlichen Außentreppe und Belichtung für kleinere Gruppenarbeiten geeignet wäre. Die Nettogrundrissfläche aller Bereiche beträgt ca. 540 qm, das Bauvolumen ca. 2.800 cbm.

Material
Der Sakralraum und das Entree als zentraler zweigeschossiger Baukörper ist als Holzrahmenkonstruktion konzipiert und mit einer vorpatinierten Kupfertafelverkleidung markantes Gestaltungselement des Gebäudes. Der Glockentrum als eine Stahlrahmenkonstruktion ist ebenfalls mit dieser Kupferverkleidung und mit hölzernen Schalllamellen gestaltet und steht so als weit sichtbares Signet für das neue Gemeindezentrum.
Der eingeschossige Baukörper ist als Massivbau konstruiert. Dabei erzeugt eine klare Reihung von Öffnungen und Verblendmauerflächen eine zurückhaltende Formsprache, die durch farbig verputzte Rücksprünge an den Außenecken spielerisch komplettiert wird.
Die Einfriedungen zur Straße sowie der Grünflächen werden aus hellem Sichtbeton in Vorfertigung und Heckenzügen in Verbindung mit Stabgitterzäunen hergestellt.
Im Sakralraum und im Kirchraum umgibt die Gemeinde eine helle Holztafelverkleidung, die die Räume in ihrer Höhenentwicklung zusammenführt. Wand- und Deckenflächen erhalten helle Oberflächen. Einzelne Gestaltungselemente, wie z.B. die Kerzensteele können dabei in Ihrer Farbigkeit und Materialität besonders hervorgehoben werden. Die Böden wechseln je nach Nutzung zwischen Steinzeugböden und Holzbodenflächen. Künstlerische Buntverglasungen wechseln je nach den Bedürfnissen des Innenraumes mit klaren Glasflächen.

Haustechnik
Zur Nutzung von erneuerbaren Energien beabsichtigen wir den gesamten Gebäudekomplex mit einer Sole-Wasser-Wärmepumpenanlage zu beheizen. Eine Anlage mit entsprechend ausgelegtem Pufferspeicher, ist in der Lage das gesamte Gemeindezentrum zu versorgen, ggfs. auch eine Gesamtversorgung einschließlich der Wohnbebauung.
Das gesamte Gebäude kann, statt in teilweiser Massivbauweise, zur Optimierung der Dämmhülle, im Sinne einer nachhaltigen Materialwahl und zur wirtschaftlichen sowie zeitoptimierten Umsetzung der Maßnahme, als Holrahmenbau realisiert werden. Das eingeschossige Gebäude bietet sich auch im Bezug auf die Brandschutzanforderungen in Holzrahmenbauweise an.

Raumprogramm – Bauvolumen und Kostenansatz
Auch wenn entsprechend der Vorgaben die Raumgrößen alle bis 10 % unterschritten wurden, ergibt sich trotzdem durch die notwendigen Verkehrsflächen eine Gesamtflächengröße über 500 qm. Berücksichtigt man die Forderung eines Glockenturmes und die Ansprüche an den Außenbereich des Gemeindezentrums scheint der Gesamtkostenansatz eher optimistisch. In weiteren Planungsschritten scheint es uns deshalb wichtig, das Anforderungsprofil und die maximale Investitionssumme abzugleichen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf überzeugt durch seine klare Ausrichtung zur Lauerstraße und einem vorgelagerten Kirchplatz. Durch die lineare Ausrichtung lässt er Freiräume zu Straßen und angrenzenden Grundstücksbereichen und belässt trotzdem ein großes Grundstück für die potentielle Wohnbebauung.

Der ruhende Verkehr zont sich folgerichtig zur Rampe Wilhelmstraße aus, so dass das Gebäude nicht gestört wird.

Die Konzeption geht weitgehend auf die Forderung des Auslobers ein und schafft eine Zuschaltbarkeit von Kirchraum, Mehrzweckraum, Cafe und Foyer. Bei genauer Analyse jedoch bleibt festzustellen, dass eine angemessene Nutzbarkeit durch den verlängerten Mehrzweckraum und das stark reduzierte Foyer nicht gegeben ist.

Alle übrigen Räumlichkeiten sind günstig angeordnet. Allerdings sind Nebenräume wie das WC unmittelbar neben dem Eingang ungünstig gelegen.

Die großen Tore des Kirchraums entsprechen nicht den Vorstellungen des Auslobers. Dagegen ist die Orgel gut platziert und stellt der Standort der Kerzenecke eine gute Idee dar.

Der zentral angeordnete Kirchraum ist 2-geschoßig und setzt sich auch in der Fassadengestaltung deutlich ab. Gleichwohl wirkt dies durch die Gleichbehandlung des Foyers nicht überzeugend. Dem Raum fehlt gestalterisch der Charakter als Sakralraum.

Trotz der ortstypischen, sehr angenehmen Fassadengestaltung in Mauerwerk, befremdet die Fenster-/Fassadenstruktur durch die Gleichbehandlung von Mehrzweckräumen und Nebenräumen (z.B. WC).

Die Außenräume werden folgerichtig den Nutzungen zugeordnet, wobei eine eindeutigere Gestaltung wünschenswert gewesen wäre.

Trotz dieser Mängel beinhaltet diese Konzeption viele überzeugende Aspekte. Es handelt sich um ein gutes Konzept.