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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2019

Umnutzung des Baudenkmals Kotzenbergscher Hof zum Bürgerzentrum in Horn-Bad Meinberg

Blick in den Innenhof / Haupteingang

Blick in den Innenhof / Haupteingang

1. Preis

Preisgeld: 15.000 EUR

Terbrack Architekten BDA

Architektur

Engels Ingenieure

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Denkmalpflegerische Haltung
Angestrebt wird die Rückführung der äußeren Gebäudehülle auf die bauzeitliche Kontur. Dies bedeutet den Rückbau des Treppenanbaus neben der Tordurchfahrt mit kompletter Freilegung des inneren Torbogens sowie die Entfernung der nachträglich ergänzten Dachgauben. Im Innenbereich werden gezielte Eingriffe im Bereich der neuen Vertikalerschließung durchgeführt, ansonsten wird eine möglichst umfassende Erhaltung der noch vorhandenen Bausubstanz und Raumstrukturen angestrebt. Die Raumheizung erfolgt über Wand- bzw. Deckenheizsysteme, die im Zuge der Rekonstruktion mit bauzeitlichen Materialien unsichtbar eingebaut werden. Die Ergänzung / Wiederherstellung beschädigter Bauteile wird mit historischen Baumaterialien (z.B. Lehmausfachungen Fachwerkwände, Kalkputze und -farben) durchgeführt. Eine Rekonstruktion bauzeitlicher Farbfassungen (Wände, Decken) erfolgt nach Befund. Der filmbildende, substanzschädigende Altanstrich der Fassade wird entfernt, der Neuanstrich erfolgt mit Silikatfarben. Ein grundsätzliches Prinzip beim Umgang mit historischer Bausubstanz ist die Ablesbarkeit neu hinzugefügter Bauteile.
Neue Materialien: Sichtbeton, durchgefärbt
Estrich, geschliffen
Schwarzstahl, gewachst
Massivholz, geölt

Erschließung
Die barrierefreie Erschließung des Gebäudes erfordert die Umverlegung des Eingangsbereiches in den Innenhof des Gebäudes. Dort wird die neue Eingangssituation baulich eindeutig formuliert. Der Eingriff erfolgt in einem Bereich der Fassade, der durch zahlreiche Maßnahmen in der Vergangenheit kaum noch historische Bausubstanz enthält.
Der Zugang in den Innenhof wird durch Öffnung des Tordurchganges zur Mittelstraße sowie von der anderen Seite über die Gebäudelücke zum Rathausplatz ermöglicht. Der Innenhof soll dauerhaft geöffnet und als öffentlicher Raum genutzt werden, z.B. im Sommer für Freiluftkino oder Theateraufführungen. Im Erdgeschoss betritt man das Gebäude durch den neuen Windfang. Das dahinterliegende großzügige Foyer dient zur Information und Orientierung innerhalb des Gebäudes. Im Eingangsbereich sind die Toilettenanlagen für die Nutzer des Cafés und des Saales untergebracht. Auch eine Nutzung als öffentliche Toiletten ist denkbar. Die neue vertikale Haupterschließung mit Treppenanlage und Aufzug erlaubt eine barrierefreie Erschließung sämtlicher öffentlicher Nutzungsebenen.
Das zweite Treppenhaus im Bereich der Tordurchfahrt erschließt die angrenzenden Räume (Ehrenamtbüro und Gewölbekeller) und dient als zweiter Rettungsweg der Büros im Obergeschoss.

Brandschutz
Der Entwurf wurde mit einem Fachingenieurbüro für Brandschutz abgestimmt, die Flucht- und Rettungswege entsprechend berücksichtigt.

Nutzungseinheiten
Integrationscafé
Das Café wird in einer zusammenhängenden Nutzungseinheit im Gewölbekeller unterhalb des Saales verortet. Durch Einbau einer neuen wasserundurchlässigen Sohle, die ca. 30 cm tiefer angeordnet wird, kann das Problem des Feuchteeintrags über den Boden behoben werden. Zudem wird so eine nutzbare Raumhöhe in den Gewölbekellern geschaffen. Der ehemalige Lagerkeller mit schönem Sicht-Gewölbemauerwerk wird ebenengleich an die übrigen Kellerräume angeschlossen und kann gut für Abendveranstaltungen oder geschlossene Gesellschaften genutzt werden. Die Kellerräume des Cafés öffnen sich ebenerdig auf den abgesenkten Innenhofbereich. So kann in den Sommermonaten der Außenbereich gastronomisch genutzt und der öffentliche Stadtraum belebt werden. Durch Anordnung der Räume auf einer Ebene ist die Nutzung des Cafés auch außerhalb der Öffnungszeiten des Bürgerzentrums möglich. Die erforderlichen Toilettenräume befinden sich im Eingangsbereich EG und sind barrierefrei über den Aufzug erreichbar.
Standesamt
Das Standesamt im Erdgeschoss wird über den neuen Haupteingang erreicht. Über einen Vorraum mit einem Arbeitsplatz gelangt man in das Trauzimmer, das durch Kamin und Holzvertäfelung einen stimmungsvollen Rahmen bildet.
Ratssaal
Ein Zugang zum Saal erfolgt über die dem Rathaus gegenüberliegende historische Außentreppe, der vorgeschaltete Raum im Erdgeschoss dient als Foyer und Ort der Zusammenkunft nach Sitzungen. In den Saal gelangt man über die vorhandene interne Treppe, oder barrierefrei über die neue Aufzuganlage. An der hinteren Giebelwand des Saales dient eine durchgehende Schrankwand als Notausgang über die neue Fluchttreppe sowie als Möbellager und abschließbarer Technikraum.
Bürgerbüro
Das Bürgerbüro befindet sich im Obergeschoss. Die drei Beratungsplätze sind in den vorhandenen Raumstrukturen untergebracht, so dass ein hohes Maß an Diskretion gewahrt bleibt. Als Wartezone mit Blick in den Ratssaal dient der Raum neben dem neuen Treppenhaus. Dieser Raum kann gleichzeitig als kleiner Ausstellungsbereich zur Geschichte des Gebäudes genutzt werden. Der danebenliegende Informationsbereich der Stadtwerke lässt sich über drehbare Wandscheiben nach Bedarf öffnen und schließen. In den Nebenräumen werden WC-Anlagen untergebracht, die von den Mitarbeitern genutzt werden. Bei größeren Ratssitzungen können die Toiletten von Saalnutzern zusätzlich zu den WCs im Erdgeschoss genutzt werden. Abseits vom Publikumsverkehr sind Sozialraum mit Garderobenschränken und Besprechungsraum angeordnet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf besticht durch sein klares und funktionales Konzept; das Raumprogramm ist konsequent und sehr überzeugend umgesetzt.
Die barrierefreie Erschließung erfolgt über den neuen großzügigen Haupteingang über den Innenhof und führt in das einladende Foyer mit Treppenanlage und Aufzug. Das Foyer bietet den Bürgern eine gute Orientierung und einen angemessenen Ort für Begegnung. Über das Foyer ist auch die zentrale Toilettenanlage auf kurzem Weg erreichbar.
Der den Bürgern vertraute historische Zugang vom Marktplatz bleibt erhalten. Der Vorschlag der Ver-fasser, den ehemaligen Durchgang von der Mittelstraße zum Innenhof wieder zu öffnen, wird vom Preisgericht und Auslober begrüßt und verleiht dem Entwurf eine zusätzliche Qualität.
Das Trauzimmer wird im Täfelzimmer angeboten, ein Aufenthaltsraum und das Büro für das Stan-desamt befinden sich in direkter Nähe. Über die bestehende Treppe im Saalfoyer wird ein zweiter Zugang zum Rats- und Veranstaltungssaal angeboten, das vorgelagerte Foyer bietet gut zusätzlich gut nutzbare Fläche.
Im Gewölbekeller bietet der Verfasser das Integrationscafé an, der sich an das Café anschließende ehemalige Weinkeller kann als separate Fläche für Vermietungen genutzt werden.
Sehr positiv bewertet das Preisgericht die Gestaltung des Innenhofs. Eine gut gestaltete Geländeab-senkung wird über eine barrierefrei gestaltete Stufen- und Rampenanlage erreicht. Die vorgeschlagene Absenkung der Sohle im Gewölbekeller gewährleistet auch hier den barrierefreien Zugang zur flexibel nutzbaren Außenfläche. Zusätzlich erhält der Gewölbekeller durch diese Maßnahme eine hohe Aufenthaltsqualität.
Der künftige Ratssaal bleibt in seiner Großzügigkeit erhalten. Notwendige Lagerflächen, sowie Raum für Technik können problemlos integriert werden.
Im OG. werden die Büroräume für Bürgerberatung, Besprechung und Personalnebenräume angebo-ten. Als reizvoll wird die offene Galerie vor dem Büro der Stadtwerke mit Blick-Öffnung zum Ratssaal und einem Ausstellungs- und Infobereich bewertet.
Die vorgeschlagene Ausführung der gläsernen Abgrenzung zum Treppenraum und Aufzug, sollte vom Verfasser nicht nur aus brandschutztechnischer Sicht, sondern auch gestalterisch kritisch hinterfragt werden.
Der Entwurf weist eine insgesamt überzeugende Gestaltungsqualität auf, nimmt Rücksicht auf das Bestehende und wertet mit der angedachten Materialwahl den ehemaligen Kotzenbergschen Hof sensibel und nachhaltig auf.
Das Raumprogramm ist erfüllt, die erforderlichen Rettungswege scheinen nachgewiesen, die Barrie-refreiheit wurde berücksichtigt.
Denkmalpflegerisches Konzept:
Die Planung kommt mit wenigen, für die Nutzung notwendigen Engriffen in die denkmalwerte Bau-substanz aus. (z.B. das neue Treppenhaus) Die größere Öffnung der Hofaußenwand für den neuen Eingangsbereich findet an einer durch frühere Umbauten bereits gestörten Stelle statt. Neue Anbauten für den Eingangsbereich und die Nottreppen werden bewusst modern, aber dennoch harmonisch an der Hofseite eingefügt. Historische Einbauten wie Lambris , Barocktüren und Kamine werden erhalten. Die vorgeschlagene Materialwahl gemäß dargestellten Konzept ist denkmalgerecht.